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Veröffentlicht am 15.08.2023

Ein großer Genuss

Der Markisenmann
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Das Cover dieser Geschichte taugt auf jeden Fall zum hässlichsten Bucheinband des Jahres und ist wirklich abschreckend. Ein Wunder fast, dass die Marketingabteilung des Verlags es trotzdem gewagt hat, ...

Das Cover dieser Geschichte taugt auf jeden Fall zum hässlichsten Bucheinband des Jahres und ist wirklich abschreckend. Ein Wunder fast, dass die Marketingabteilung des Verlags es trotzdem gewagt hat, damit auf den Markt zu gehen. Aber… es passt zu dem Roman, wie die Faust aufs Auge.

Worum geht es?

In diesem wirklich herzerwärmenden Coming of Age Roman mit ganz viel Ruhrpottcharme lernen wir Ich-Erzählerin Kim und ihre Familie kennen. Sie ist eine aufmüpfige 15Jährige , die mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und dem kleinen Bruder in einer Schicki - Micki Gegend im Speckgürtel von Köln wohnen und wie das bei Pubertierenden so ist, fühlt sie sich übersehen, ungeliebt und unverstanden. Nachdem sie es mit ihren Aktionen auf die Spitze getrieben hat und ihren kleinen Bruder ernsthaft verletzt hat, beschließt die Familie, dass Kim die Sommerferien besser bei ihrem leiblichen Vater verbringen solle, damit wieder Ruhe in das Familienleben einkehren könne. Kim soll obwohl sie ihren Vater überhaupt nicht kennt, die Ferien bei diesem Fremden verbringen. Ihr Vater, optisch schon mal enttäuschend, holt sie am Duisburger Bahnhof ab und nimmt sie mit in eine völlig neue Welt. Hat Kim in der 1. Nacht noch Fluchtgedanken, so macht sie doch eine tolle Entwicklung durch und kehrt nach 6 Wochen Duisburg Meiderich mit Tränen in den Augen in ihr Elternhaus zurück, weil es der beste Sommer ihres Lebens war.

Während ihr Stiefvater reich und arrogant ist, ist der „Unscharfe“ wie sie ihren Vater insgeheim nennt, weil er auf dem einzigen Foto was sie von ihm hat nur verschwommen zu erkennen ist, ein armer Schlucker. Er lebt in einer heruntergekommenen Halle im Industriegebiet und versucht mehr schlecht als recht Markisen im Direktvertrieb an der Haustür zu verkaufen. Sein Verkaufstalent ist unterirdisch, die Markisen, die aus DDR Restbeständen stammen grauenhaft hässlich. Da braucht es schon eine pfiffige Teenagertochter die seine Verkaufsgespräche mit ein paar Tricks ein bisschen pusht.

Kim hat endlich das Gefühl ,dass man ihr zuhört. Sie ist auch bei Papa Ronald Papen‘s Kumpels voll akzeptiert wenn die beiden abends in Rosie‘s Pilstreff etwas Geselligkeit suchen.

Und auch wenn ihr Papa eigentlich nichts zu bieten hat, gibt er seiner Tochter in diesen Ferien doch eine ganze Menge mit für ihr weiteres Leben, vor allem Liebe.

Ich hätte nie gedacht, dass mich dieses Buch so begeistern würde, aber Jan Weiler hat die Geschichte mit einem tollen Humor und trotzdem ganz viel Tiefe sehr einfühlsam erzählt. Es sind immer wieder ganz tolle Bilder, die der Autor , mit seiner Erzählweise hervorruft.

„Der Markisenmann“ ist ein tolles Sommerbuch, eine klasse Urlaubslektüre, ein Buch, dass immer passt und ja tatsächlich ein Überraschungshighlight.



Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 11.08.2023

Traumhafte Radtouren in NRW

NRW-Radtouren – Band 1: Nord–West
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Dieser tolle und informative Radwanderführer führt in 2 Bänden in die schönsten Ecken von NRW. In dem mir vorliegenden Band 1 Nord - West gibt es interessante Tagestouren rund um die Städte:

Bocholt, ...

Dieser tolle und informative Radwanderführer führt in 2 Bänden in die schönsten Ecken von NRW. In dem mir vorliegenden Band 1 Nord - West gibt es interessante Tagestouren rund um die Städte:

Bocholt, Dinslaken, Duisburg, Düsseldorf, Gelsenkirchen, Gronau, Haltern am See, Herten, Kleve, Krefeld, Mettmann, Moers, Mönchengladbach, Münster, Neuss, Ratingen, Rheinberg, Rheine, Solingen, Steinfurt, Warendorf, Wesel, Wuppertal und Xanten

Eine Übersichtskarte findet man direkt am Anfang des kompakten Radführers. Hier sind auch die Ziele von Band 2 aufgeführt.

Nach einer kurzen Einführung, in der auch die Icons, die jeder Tour zugeordnet werden, erklärt sind und in der man einen QR Code zum Downloaden der GPS Daten findet, geht es direkt los.
Immer ist jeder Fahrradtour eine Karte mit der eingezeichneten Tour vorangestellt. Die Startpunkte, und das fand ich im Praxistest wirklich schön, befinden sich in der Regel an Bahnhöfen, so dass man bequem auch mit dem Zug an- und abreisen kann.
Das Herunterladen der GPS Daten funktionierte einwandfrei und wir haben, obwohl wir zunächst wohnortnahe Strecken getestet haben, auch neue Wege kennengelernt. Die Fotos der Highlights jeder Strecke machen Lust sich direkt auf den Sattel zu schwingen.
Die bisher getesteten Touren waren sehr abwechslungsreich und durch die anschaulichen Erklärungen der Wegpunkte und Sehenswürdigkeiten erfährt man ganz nebenher viel Interessantes über die Region.
Die hintere Umschlagseite enthält darüber hinaus neben nützlichen Apps und Webseiten für Fahrradfreunde auch eine Checkliste vor der Radtour und eine Packliste mit den wichtigsten Dingen, die auf keiner Radtour fehlen sollten.
Ich bin wirklich begeistert von dem tollen Radführer und empfehle ihn sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 06.08.2023

Kinderschutz auf die Spitze getrieben

Institut für gute Mütter
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Diese Dystopie von Jessamine Chan, die auch ihr Debüt ist, hat mich berührt, verstört und wütend gemacht. Ich musste dieses Buch ( in meinem Fall das Hörbuch) ganz oft eine Weile an die Seite legen, weil ...

Diese Dystopie von Jessamine Chan, die auch ihr Debüt ist, hat mich berührt, verstört und wütend gemacht. Ich musste dieses Buch ( in meinem Fall das Hörbuch) ganz oft eine Weile an die Seite legen, weil ich die Geschichte kaum ertragen konnte.

In einem recht nüchternen Schreibstil erfahren wir von der schleichenden Entwicklung eines Gesellschaftssystems, dass sich anmaßt zunehmend in den privaten Bereich der Erziehung massiv einzugreifen. Dass zu lesen, ist beängstigend und verstörend und leider gar nicht so undenkbar.

Aus Sicht von Frida, der alleinerziehenden Mutter der 18 Monate alten Harriet erfahren wir, wie ihr „richtig schlechter Tag“ in der Katastrophe mündete. Nachdem ihr Baby aufgrund einer Mittelohrentzündung schon den ganzen Tag durchgeschrien hatte, entschloss sie sich kurz zu ihrer Uni zu fahren, um Unterlagen für ihr Homeoffice zu holen, die sie vergessen hatte. Letztendlich ließ sie ihr Kind zwei Stunden unbeaufsichtigt, und das blieb in der Nachbarschaft nicht unbemerkt. Frida wurde bei der zuständigen Kinderschutzbehörde angezeigt.



Wie Frida dann von ihrer Freundin und Anwältin erfährt, passierte dieser Vorfall zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Von staatlicher Seite hatte man die Kinderschutzbehörde gerade reformiert, und mit neuen Befugnissen ausgestattet. Viel schneller als früher war die Behörde nun berechtigt „unfähigen“ Eltern ihre Kinder zu entziehen, und diese zu einem neuen 1jährigen Schulungsprogramm zu zwingen. Natürlich war dieses Programm ein „freiwilliges“ Angebot, aber ein Muß für jeden, der die Chance erhalten wollte, sein Kind jemals zurück zu bekommen.



Das ewige Mantra dieser Schule, und das spricht schon für sich, lautete:

„Ich bin eine schlechte Mutter, aber ich lerne eine Gute zu sein.“



Mit Hilfe von KI Puppen soll Frida in dem Institut nun all die Kompetenzen erlernen, die eine gute Mutter ausmachen, während Frida‘s Exmann derweil das vollständige Sorgerecht für Harriet bekommt und sich zusammen mit Susanna seiner neuen Frau um deren Wohlbefinden kümmert.

Der Roman ist bitterböse und provokant und weist deutlich auf Missstände in den USA, dem Heimatland Chan’s hin.

Höchst fragwürdige, oft antiquierte Erziehungsmethoden werden unter totaler Überwachung, inklusive ständiger Gehirnwäsche mit den Puppenkindern trainiert. Misserfolge werden sofort sanktioniert. Gerne werden z.b Telefongespräche nach Hause für mehrere Monate gestrichen. Neben dem Institut für Frauen, gibt es auch noch eine weitere Schule für Männer, natürlich mit wesentlich lockereren Regeln.

Eins lernt Frida recht schnell, nämlich, das von ihr erwartet wird eigene Bedürfnisse komplett aufzugeben. Eine Mutter hat sich vollkommen aufzuopfern.

Für diese Geschichte braucht es einen etwas längeren Atem, und sie ruft natürlich vielerlei Emotionen hervor. Ich fand diese erschreckende Dystopie sehr gelungen.

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Veröffentlicht am 05.08.2023

Viel Potential verschenkt, leider enttäuschend

Vom Ende der Nacht
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Rosie und Will sind in ihrem letzten Highschool Jahr, als sie sich kennenlernen und ihre besondere Zuneigung zueinander entdecken. Will gibt Rosie‘s Zwillingsbruder Josh Nachhilfe, und so lernen sich die ...

Rosie und Will sind in ihrem letzten Highschool Jahr, als sie sich kennenlernen und ihre besondere Zuneigung zueinander entdecken. Will gibt Rosie‘s Zwillingsbruder Josh Nachhilfe, und so lernen sich die beiden zufällig kennen und sind sofort fasziniert voneinander auch wenn sie sehr unterschiedlich sind. Rosie ist eher die schüchterne, pflichtbewusste und strebsame Schülerin und Will der rebellische , draufgängerische Frauenheld mit entsprechendem Ruf.

Die Autorin, Claire Daverley hat in ihrem Debüt eine Liebesgeschichte über verpasste Chancen in der Liebe geschrieben und so begleiten wir die beiden Protagonisten viele Jahre lang, denn es gelingt ihnen einfach nicht ein Paar zu werden. Immer wieder kommt ihnen das Leben dazwischen.

So hat der Roman von Beginn an auch einen sehr melancholischen Grundton, der sich durch das Buch hindurchzieht.

In der Geschichte sind Trauerarbeit, Depression und Zwangsstörungen Themen, die die Autorin aufgreift. Der Fokus der Autorin liegt aber auf Rosie’s Unfähigkeit ihr Leben nach eigenen Wünschen zu gestalten. Immer wieder sagen ihr andere, was sie tun sollte, und selbst als Erwachsene kann sie sich dem ganz lange nicht entziehen.

Es hätte eine tolle und berührende Liebesgeschichte mit Tiefgang werden können, auch wenn die Autorin das Rad nicht neu erfunden hat. Das Grundgerüst des Romans ließ mich immer wieder an „Zwei an einem Tag“ von David Nicholls denken.

Leider hat Claire Daverley meiner Meinung nach viel Potenzial verschenkt. Sie hat viele Themen nur angerissen. Mir fehlten auch die Hintergrundgeschichten zu den beiden Elternhäusern der Protagonisten, die die Traumata und psychischen Störungen bei Rosie und Will erklären würden. Das Hin und Her in der Beziehung ging mir zunehmend auf die Nerven und ich hätte Rosie, die mir nicht wirklich nah gekommen ist bis zum Schluss , manchmal gerne geschüttelt.

Nachdem ich mich zu Beginn des Buches etwas schwer getan habe, fand ich den Erzählstil später wirklich gut und mitreißend. Bis zu einem gewissen Punkt wollte ich auch gerne wissen, wie es weitergeht. Die letzten Seiten haben für mich die Geschichte nochmal künstlich in die Länge gezogen und hätten unbedingt straffer erzählt werden sollen. Leider hielt das wunderschöne Cover nicht was es versprach. Sehr schade.

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Veröffentlicht am 26.07.2023

Leben ist Abenteuer

Paradise Garden
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Elena Fischer‘s Debüt „Paradise Garden“ war für mich ein Volltreffer, eine Coming of Age Geschichte, die mitten ins Herz trifft.

Die zu Beginn des Buches 14jährige Billie wächst bei ihrer alleinerziehenden ...

Elena Fischer‘s Debüt „Paradise Garden“ war für mich ein Volltreffer, eine Coming of Age Geschichte, die mitten ins Herz trifft.

Die zu Beginn des Buches 14jährige Billie wächst bei ihrer alleinerziehenden Mutter Marika auf, die zwar wenig Geld hat, aber umso mehr Fantasie und Abenteuerlust. Sie hält sich und ihre Tochter mit 2 Jobs über Wasser und zum Ausgleich, dass das Geld am Monatsende nur noch für Nudeln mit Ketchup reicht, beginnt der neue Monat mit einem Ausflug in die Eisdiele und dem titelgebenden, grandiosen Eisbecher „Paradise Garden“. Marika kommt ursprünglich aus Ungarn, ihre Träume sind ein Stück weit zerplatzt und dennoch lebt sie ihr Leben energiegeladen, positiv und voller Liebe für Billie. Nur über deren Vater mag sie überhaupt nicht reden. Dann taucht auch noch die ungarische Großmutter in der kleinen Wohnung im Hochhausblock auf. Sie bringt ein bisschen ungarische Folklore und deftige Kochrezepte mit. Das Verhältnis zwischen ihr und Marika ist alles andere als harmonisch.

Der Tod ihrer Mutter verändert für Billie alles, und plötzlich verspürt sie das dringende Bedürfnis ihren Vater zu suchen. Wir folgen der jungen Protagonistin auf ihrem Roadtrip zum Meer und wünschen ihr, dass sie nicht enttäuscht werden wird.

Elena Fischer schreibt voller Herzblut und mit viel Humor, und ich mochte Billie und ihre Mutter Marika mit ihren verrückten Ideen total gerne. Dass Marika sterben musste, fand ich sehr traurig. Wir erfahren es aber schon im 1.Satz des Romans.

Auch die Nebenfiguren sind einfach nur tolle Menschen, die wenig besitzen aber das Wenige trotzdem gerne teilen.

Den Roadtrip fand ich ein klein wenig unrealistisch. Dass die minderjährige Billie den alten Nissan ihrer Mutter unbehelligt bis an die Nordsee fahren konnte, war schon sehr verwunderlich.

Das ist aber auch mein einziger Kritikpunkt, und wenn man darüber hinwegsieht, kann man diese warmherzige Geschichte einfach nur genießen.

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