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Veröffentlicht am 25.04.2024

Folgen psychischer und physischer Gewalt

Der Nachtläufer
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Was bewegt diesen Mann, nachts in Wohnungen und Häuser einzudringen, die Bewohner mit der Waffe zu bedrohen und dann wieder zu gehen? Was bedeutet der Zettel mit den Zahlen, den er immer hinterlässt? Kommissar ...

Was bewegt diesen Mann, nachts in Wohnungen und Häuser einzudringen, die Bewohner mit der Waffe zu bedrohen und dann wieder zu gehen? Was bedeutet der Zettel mit den Zahlen, den er immer hinterlässt? Kommissar Eddie Feber ahnt, dass irgendwann eins der Opfer nicht überleben wird. Zugleich wird er von Meidel Jonsson gerufen, denn dessen Großvater ist gestorben. Handlungsbedarf sieht Feber hier nicht. Alte Menschen sterben nun mal irgendwann, auch wenn sich Meidel sehr seltsam verhält. Das liegt aber vor allem an der Angst vor seinem Vater.

Dies ist ein sehr außergewöhnlicher Thriller. Das Thema ist schwierig und geht sensiblen Menschen dann doch an die Nieren. Ein Großteil des recht kurzen Buches dreht sich um die Gedanken und Gefühle von Meidel. Er erklärt sich quasi selbst, was er warum tut. Die Ermittlungsarbeiten nehmen recht wenig Raum ein, auch das Privatleben von Eddie Feber wird eher nur grob angerissen. Endlich mal ein skandinavischer Ermittler, der nicht völlig kaputt, aber dennoch außergewöhnlich ist. Seine Großfamilie ist alles andere als durchschnittlich! Die Anzahl der Figuren hält sich angenehm in Grenzen.

Skandinavische Thriller finde ich immer besonders düster, also eher bedrückend denn nervenaufreibend. Das ist hier nicht anders. Sehr erfreulich finde ich, dass Karin Fossum sich auf die Geschichte konzentriert und nichts aufbläht, um Seiten zu füllen. Der Thriller ist damit verhältnismäßig kurz ausgefallen, wodurch keine langweiligen Längen entstehen. Das Ende ist speziell, gefällt mir aber tatsächlich recht gut und ich finde, es passt perfekt zu den beiden Strängen, die quasi wie zwei Züge unaufhaltsam aufeinander zulaufen und das auf dem selben Gleis. Doch die Autorin hat sich etwas einfallen lassen, das nicht vorhersehbar war und Meidel in ein ganz neues Licht rücken lässt.

Man muss hier aufpassen, um nicht die kleinen Feinheiten zu verpassen, die erklären, was genau geschehen ist und warum und dann noch Eddies Handlungsweise zu verstehen. Frank Stieren passt einfach perfekt als Sprecher für skandinavische Thriller und macht auch dieses Mal einen großartigen Job. Obwohl ich nicht komplett abgeholt wurde, gebe ich vier Sterne, denn drei sind mir insgesamt für die Leistung zu wenig.

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Veröffentlicht am 19.04.2024

Monster der anderen Art

Holly
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Holly Gibney ist Privatermittlerin. Zusammen mit Pete Huntley führt sie Finders Keepers. Pete ist durch Corona vorerst außer Gefecht und Holly durch den Tod ihrer gern mal schwierigen Mutter in einer Lebenskrise. ...

Holly Gibney ist Privatermittlerin. Zusammen mit Pete Huntley führt sie Finders Keepers. Pete ist durch Corona vorerst außer Gefecht und Holly durch den Tod ihrer gern mal schwierigen Mutter in einer Lebenskrise. Da taucht die Mutter von Bonnie Dahl auf. Da die Polizei sich nicht veranlasst fühlt, Bonnie zu suchen, die seit drei Wochen unauffindbar ist, beauftragt sie Holly. Die entdeckt schnell erschreckende Hinweise und Zusammenhänge. Doch ahnt sie nicht, wie schlimm es wirklich ist!

Stephen King hat sich im Laufe seiner Schriftstellerkarriere stets weiterentwickelt und immer wieder selbst neu erfunden. King führt uns zunächst, wie er das gern macht, ganz sanft und locker in die Geschichte ein. Holly kennt und mag man als Dauerleser bereits sehr. Kein Wunder also, dass man besonders stark mit ihr fühlt und uneingeschränkt hinter ihr steht. Nach und nach merkt man, dass man auch Bonnie besonders mag. Das hat King auch gut eingefädelt. Sie schreibt! Zwar keine Romane, Thriller oder Horrorstorys, dafür aber Gedichte. Und hier muss man fast ein wenig schmunzeln. Kennt man doch die Probleme, die Schreibende bei King immer mal haben. Gleichzeitig aber ahnt man auch genau deshalb, dass das nicht gut enden kann.

Durch die Zeitwechsel erfährt der Leser immer mehr und bekommt einzelne Puzzleteile in die Hand, die sich schnell und sauber zu einem klaren Bild zusammenfügen lassen. Und dieses Bild ist nicht sehr hübsch anzusehen, sondern zeigt, wohin der Wahnsinn Menschen führen kann. Subtil aber klar zeigt King, wie blind das Umfeld sein kann, wenn die Menschen einfach nur sehen, was sie sehen wollen und damit ihre persönlichen Klischeevorstellungen als Fakt nehmen. Auch sind die aktuellen zeitgeschichtlichen Geschehnisse und dazugehörenden Gedanken, Gespräche und Handlungen sehr stimmig eingearbeitet. So wird das Geschehen noch realer.

Mir gefällt sehr gut, dass man von Anfang an weiß, wer hinter allem steckt, auch die Gründe sind recht klar. Es geht also um die Unfassbarkeit der Sache, auch der Tatsache, dass niemand Verdacht schöpfte und eben dem Fehlverhalten der Polizei. Selbst Holly wird von der Polizei nicht ernst genommen und gerät allein schon durch ihre Hautfarbe in Gefahr. Auch das ist eines der vielen akuten Themen im Buch. Keins davon wird intensiv ausgeführt, aber immer wieder dem Leser unter die Nase gerieben, damit dieser selbst die hoffentlich richtigen Schlüsse ziehen kann. King nimmt Stellung? Klar! King sagt seine Meinung? Aber sicher doch! So kennen seine Fans ihn und wer damit nicht klarkommt, nur weil er selbst eine andere Sichtweise hat, der kann sich hier wunderbar aufreiben.

Das Buch strengt an, eindeutig. Doch meine ich das nicht als negative Kritik. Im Gegenteil. Gerade diese Anstrengung beim Lesen zeigt, wie gut King es geschafft hat, eine fürchterliche Verbrechensserie in einer noch fürchterlichen Zeit für die ganze Welt anzusiedeln und zwar so, dass man all dies in der eigenen Nachbarschaft erleben könnte. Daher gebe ich insgesamt die vollen fünf Sterne, obwohl ich wohl noch nie so lange an einem Werk von King gelesen habe!

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Veröffentlicht am 19.04.2024

Backen wie die Profis

Der süße Zauner
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Ganz im aktuell so erfolgreichen Format des Rezeptbuches mit Lesestoff kommt Der süße Zauner daher. Es geht um die Liebe zur Konditorei, um die Familiengeschichte und Traditionen, um Bad Ischl und alle, ...

Ganz im aktuell so erfolgreichen Format des Rezeptbuches mit Lesestoff kommt Der süße Zauner daher. Es geht um die Liebe zur Konditorei, um die Familiengeschichte und Traditionen, um Bad Ischl und alle, die gern genießen. Das ist schön zu lesen und stimmt auf die Rezepte geradezu ein. Die Familiengeschichte und ganz besonders die Fotos aus längst vergangenen Zeiten gefallen mir sehr. Bei mir hat das Buch schon deshalb gewonnen, weil es die in Heidelbergs ältestem Café erfundenen Studentenküsse beinhaltet.

Die Rezepte sind klar strukturiert und dabei klassisch aufgebaut. Der Titel, eine kurze Bemerkung, die Zutatenliste, die Zubereitungsschritte und ein aussagekräftiges Foto – so mag ich das. Und weil es hier um edles Gebäck geht, finde ich es stimmig, dass auf Angaben von Nährwerten und sonstigem verzichtet wurde. Die Rezepte sind einfach nicht für eine Diät gedacht! Und wer sich ansonsten bewusst ernährt, kann sich auch zwischendurch mal eine solche kleine süße Sünde erlauben.

Die Rezepte sind teils aufwändig und für Anfänger nicht sehr gut geeignet. Das ist für mich jedoch kein Problem, da es immerhin Konditoren-Rezepte sind und einen Teil der Produkte widerspiegelt, die im Café Zauner verkauft werden.

Ein sehr schönes und hochwertig verarbeitetes Buch, das auch ein wunderbares Geschenk ist für alle, die gern schlemmen und backen. Von mir fünf Sterne!

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Veröffentlicht am 16.04.2024

Aufwühlend

Ein Ort für immer
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Carol verliebt sich überraschend in Declan. Seine Kinder sind Schüler von ihr. Sie ist geschieden, Declans Frau vor vielen Jahren verschwunden. Es wird getuschelt, denn Carol zieht recht bald zu Declan, ...

Carol verliebt sich überraschend in Declan. Seine Kinder sind Schüler von ihr. Sie ist geschieden, Declans Frau vor vielen Jahren verschwunden. Es wird getuschelt, denn Carol zieht recht bald zu Declan, obwohl die beiden nicht heiraten. Sally und Killian, Declans Kinder, lehnen Carol immer mehr ab, je älter sie werden. Als Declan dann dement wird und die Krankheit rasant fortschreitet, entscheiden sie, dass ihr Vater ins Pflegeheim kommt und das Haus, das er so sehr liebte und das Carols Zuhause geworden war, verkauft wird. Carol landet mit fast 50 Jahren wieder im Elternhaus. Als diese sie mit dem Kauf von Declans Haus überraschen, ahnen sie nicht, was damit ins Rollen kommt.

Graham Norton hat eine unverwechselbare, einzigartige Art, ganz besondere Geschichten zu erzählen. Seine Figuren sind so klar gezeichnet, dass man sie vor Augen sieht. Der Plot dieser Story ist atemberaubend und wirkt unrealistisch, dennoch halte ich es durchaus für möglich, nur eben nicht für alltäglich. Doch das ist ja auch nicht nötig!

Mir ist nicht wirklich klar geworden, warum Sally und Killian Carol so sehr abweisen. Da diese aus einer äußerst liebevollen Familie stammt, muss das ganz besonders hart für sie gewesen sein. Ich möchte nicht wie sie erleben, so abrupt auf die Straße gesetzt zu werden und nichts dagegen tun zu können, dass zu Lebzeiten der Besitz des Lebensgefährten veräußert wird.

Was nach dem Kauf des Hauses geschieht, ist unfassbar und wirkt sehr unrealistisch. Hier gibt es eine Menge Hochspannung, die ich so nicht erwartet hätte. Die Wendung, die die Geschichte dann nimmt, macht das Entsetzen dann noch schlimmer, denn zu beruhigen. Man weiß nicht, welche Variante man beunruhigender und besorgniserregender finden soll und wen man mehr bedauern muss. Insgesamt sind hier die Frauen das starke Geschlecht.

Die eine oder andere Nebengeschichte ist mir etwas zu sehr dem Zeitgeist geschuldet. Ich habe hier einfach den Eindruck, das musste sein, um politisch korrekt zu sein. Das finde ich sehr schade und ich hätte gut darauf verzichten können, denn es trägt weder zur Geschichte bei, noch ist es in anderer Hinsicht ein Glanzstück oder irgendwie hilfreich. Dazu dann ein Ende, das ein bisschen unzufrieden zurücklässt.

Dennoch wurde ich sehr gut unterhalten und zum Nachdenken gebracht. Auch gab es viele Schmunzel-Stellen, gerade in den Szenen mit Carols Mutter. Daher bin ich nicht ganz so streng und gebe vier Sterne.

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Veröffentlicht am 15.04.2024

Ein Klassiker als Comic

Agatha Christie Classics: Die Tote in der Bibliothek
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Dorothy Bantry hält ihr Dienstmädchen für hysterisch, als dieses in aller Frühe ins Schlafzimmer platzt und verkündet, dass eine Leiche in der Bibliothek liegt. Doch leider irrt sie sich nicht. Da sich ...

Dorothy Bantry hält ihr Dienstmädchen für hysterisch, als dieses in aller Frühe ins Schlafzimmer platzt und verkündet, dass eine Leiche in der Bibliothek liegt. Doch leider irrt sie sich nicht. Da sich die örtliche Polizei nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert, schaltet sie ihre Freundin Miss Marple ein.

Die Zeichnungen sind im klassischen Comic-Stil, nicht zu modern. Das gefällt mir sehr. Auch dass die Figur der Miss Marple nicht jener ähnelt, die man von den Schwarzweißfilmen kennt. Diese Miss Marple ist eine nette, ältere Dame, die hin und wieder etwas übergriffig erscheint, aber dennoch sehr sympathisch ist. Die Story als Comic zu lesen, ist wirklich interessant und cool. Ich finde es nur etwas befremdlich, wie arrogant und selbstherrlich die beiden Polizisten insgesamt doch sind. Selbst Dorothy Bantry ist nicht ganz so nett, wie ich sie gern hätte. Auch stört mich, dass einige der Phrasen nicht übersetzt werden, also im Englischen wiedergegeben werden. Man versteht es auch dann, wenn man nur Grundenglisch beherrscht, aber es ist in meinen Augen nervig und nicht nötig. Zudem ist das Geschehen gute 20 Jahre weiter in die Gegenwart verschoben worden. Das Original ist aus den 1940ern, hier schreiben wir die 1960er, mitsamt der Beatles-Mania. Kann man machen, aber den Sinn dahinter verstehe ich nicht so ganz.

Wäre es nicht ein Krimi mit Toten und der einen oder anderen etwas pikanteren Szene, und wären die typischen Verhaltensweisen der 1960er Jahre für sie nicht verwirrend, fände ich den Comic sogar für Kinder geeignet. Die Art der Zeichnungen wäre gut getroffen. Für Krimifans und Fans englischen Humors aber eine feine Sache. Auch wer einen Klassiker im Schnelltempo lesen oder seine Erinnerungen daran auffrischen möchte, ist mit diesem Buch gut beraten. Für alle, die die Story nicht kennen, sind die Wendungen sicher auch in Comic-Form und der entsprechenden Kürze gut dargestellt und überraschend.

Insgesamt hatte ich schon echt Spaß beim Lesen, finde jedoch, dass die Zeitverlegung doch eher schadet denn nützt. Dafür gefällt mir, dass Jane Marple in dieser Version echt Humor beweist. Vier Sterne!

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