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Veröffentlicht am 27.11.2022

Chinesisch-malaiische Mythen und Mystik aus dem Jenseits

Schattenbraut
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Vor zwei Jahren las ich Nachttiger von Yangsze Choo. Das Buch hatte mich schwer begeistert und ich war damals mehr als enttäuscht, dass das Debütwerk der Autorin The Ghost Bride nicht auf Deutsch erhältlich ...

Vor zwei Jahren las ich Nachttiger von Yangsze Choo. Das Buch hatte mich schwer begeistert und ich war damals mehr als enttäuscht, dass das Debütwerk der Autorin The Ghost Bride nicht auf Deutsch erhältlich war. Umso erfreuter war ich, als ich im Goldmann Herbstprogramm nun doch endlich die Übersetzung entdeckte und wollte es natürlich sofort lesen.

Faszination Malaysia
Wie schon in Nachttiger entführt uns Yangsze Choo erneut ins historische Malaysia, wenngleich dieses Mal nicht in die Zeit des Swing, sondern gut 50 Jahre weiter zurück ins Ende des 19. Jh. Die 17-jährige Li Lan lebt in Malakka, eine Stadt, die zu dem Zeitpunkt zwar ihre Blütezeit als Königin des Gewürzhandels schon hinter sich hat, aber immer noch ein Schmelztiegel zwischen Niederländern, Portugiesen, Chinesen, Briten und Malayen ist. Besonders die ausgewanderten Chinesen haben viel von ihrer Kultur in Malaya, so der historische Name des Landes, in der neuen Heimat etabliert und eine faszinierende Mischkultur zwischen chinesischen Ahnenkult und malayischem Folklore erschaffen und wie auch schon in Nachttiger gelingt es Yangsze Choo wieder hervorragend den/die Leser/in an die Hand zu nehmen und in diese einzigartige Welt eintauchen zu lassen. Das ist nicht nur spannend zu lesen, man lernt auch eine ganze Menge über Malakka und Malaya, zwar wirkt das manchmal etwas zu gewollt eingeschoben und Li Lan muss meist als Erklärbär herhalten, dennoch fand ich diese Einblicke sehr interessant.

Vom Diyu, Geisterhochzeiten und Höllengeld
Wie Titel und Klapptext schon vermuten lassen, spielt der chinesische Glaube des Jenseits eine wichtige Rolle in dem Buch. Allzu genau möchte ich auf die Handlung gar nicht eingehen, da es mehr Spaß macht es mit Li Lan zusammen zu entdecken, nur so viel sei gesagt: Im Vergleich zum Nachttiger wo die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwommen und unklar waren, wird es hier doch konkret mystisch. Wer also so gar nichts mit Übernatürlichem anfangen kann und einen reinen historischen Roman erwartet hat, wird es eventuell schwer mit dem Buch haben. Ich würde jetzt so gern euch von Li Lans Abenteuer im Einzelnen erzählen, aber ich glaube wirklich, dass es in diesem Fall am besten ist, mit null Vor-Erwartungen an das Buch ranzugehen, also verzeiht, dass ich so wage bleibe.
Auf jeden Fall kann ich nur wiederholen, dass man so einiges lernt, speziell über die chinesischen Vorstellungen vom Jenseits, der Ahnenverehrung und den Gebräuchen rund um die Toten. An dieser Stelle möchte ich auch den kleinen Anhang loben, der einige Dinge aus dem Buch in den dazugehörigen historischen/kulturellen Kontext setzt und den ich sehr aufschlussreich fand.

Kommen wir nochmal auf den Inhalt zurück, denn ich mag zur Handlung nicht viel verraten können, aber ich kann euch ein bisschen was über Protagonistin Li Lan erzählen. Tatsächlich brauchten wir beide etwas, um miteinander warm zu werden. Li Lan ist eine kluge und sympathische junge Frau, ist aber bedingt durch ihre zeittypische isolierte Kindheit auch etwas naiv. Dass mein persönlicher Geduldsfaden mit naiven Charakteren recht kurz ist, war der Grund, warum ich etwas brauchte, um Li Lan zu mögen, das fällt für mich aber nicht als Kritikpunkt aus, da es glaubhaft und authentisch ist, warum Li Lan so ist, wie sie ist. Es ist also eher eine Geschmackssache, als ein Kritikpunkt. Letztendlich macht Li Lan aber auch eine Entwicklung im Laufe des Romans durch, das hat mir gut gefallen.

Fazit:


Mit Schattenbraut entführt uns Yangsze Choo erneut in eine faszinierende und beeindruckende Welt voller Mystik und Folklore und lässt das vergangene Malaya lebendig wiederauferstehen, sodass man schnell in den Bann gezogen wird. Lediglich zur Mitte des Buches hin hätte das Tempo etwas zügiger sein können, trotzdem hat mich das Buch sehr gut unterhalten und ich freue mich darauf, mehr von der Autorin zu lesen (ein dritter Roman steht wohl in den Startlöchern, hurra).

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Nicht nur Griechenland hat tolle Mythen/Sagen

Mythen der Antike: Gilgamesch (Graphic Novel)
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Auf diesen Mythen der Antike Band habe ich mich bereits lange gefreut. Denn er ist etwas ganz Besonders. Statt Hera, Athena und Zeus, greifen hier Anu, Ischtar oder Samas in die Geschicke der Menschen ...

Auf diesen Mythen der Antike Band habe ich mich bereits lange gefreut. Denn er ist etwas ganz Besonders. Statt Hera, Athena und Zeus, greifen hier Anu, Ischtar oder Samas in die Geschicke der Menschen ein. Die Namen sagen euch nichts? Nun, das könnte daran liegen, dass es keine griechischen Götter sind, sondern sumerische. Die Reihe verlässt nämlich den griechischen Sagenkreis und macht einen Ausflug ins alte Mesopotamien.

Der älteste schriftlich überlieferte Mythos der Welt
Für diesen Ausflug, weg von Herakles, Perseus und Co, sucht sich Luc Ferry nicht irgendwas aus. Nein, mit Gilgamesch adaptiert er nicht weniger als die älteste erhaltene schriftlich überlieferte Geschichte der Welt, quasi den ersten Bestseller der Menschheitsgeschichte. Das Gilgamesch-Epos ist vermutlich über 4000 Jahre alt! Das sind ganz schön große Fußstapfen, doch die füllt diese Graphic Novel ohne Probleme aus.
Da dieser Band, ähnlich wie schon bei Jason im franz. Original aus drei Bänden besteht, ist die Geschichte rund um Gilgamesch und Enkidu dreigeteilt. Im ersten Teil geht es darum, wie Gilgamesch die Götter verärgert, wie Enkidu geschaffen wird, und wie die beiden aufeinandertreffen. Der zweite Teil beschreibt die Heldentaten von Gilgamesch und Enkidu, die sie zusammen verbringen und mit denen sie die Götter noch mehr verärgern und im dritten Teil macht sich Gilgamesch auf die Suche nach Unsterblichkeit. Alles in allem eine sehr sinnvolle Unterteilung, die an schlüssigen Stellen des Mythos Trennlinien setzt.

Wie nah diese Comicadaption an der sumerischen Überlieferung ist, kann ich dieses Mal nicht sagen, denn indem wir das antike Griechenland verlassen haben, haben wir auch mein vertrautes Terrain verlassen. Zwar kante ich ein paar sumerische Götter grob vom Namen und Aufgabengebiet her, aber das war’s auch schon mit meinem Wissen über Mythen und Kultur der Sumerer. Daher war dieser Band eine einzigartige Erfahrung für mich in dieser Reihe, ist es bisher doch der einzige Band, den ich völlig ohne Vorwissen gelesen habe. Verständnisprobleme hatte ich aber überhaupt nicht. Der Mythos wird linear und leicht verständlich erzählt und für die diversen auftretenden Götter gibt es im Nachwort ein Miniglossar. Und auch wenn Ort und Pantheon verschieden sind, so völlig unvertraut ist die Geschichte Gilgamesch dann doch nicht, behandelt sie doch ähnliche Themen, wie sie auch oft in den griechischen Mythen zu finden sind, einfach, weil es Themen sind, mit denen die Menschheit sich schon immer auseinandergesetzt hat: Freundschaft, Heldentaten, der Einfluss der Götter auf das Schicksal der Menschen und das Sehnen des Menschen nach Unsterblichkeit. Es zeigt sich, auch wenn jede Kultur ihre eigenen Mythen und Geschichten hat, gewisse Themen und Elemente sind universell und beschäftigen alle Menschen über Kulturen und Jahrhunderte hinweg gleichermaßen.

Grafisch konnte mich der Band ebenfalls erzeugen. Pierre Taranzano hat eine starke, aber auch sehr saubere Strichführung und ein Händchen für detaillierte Mimik. Tatsächlich gefalle mir seine Mimik bisher von allen Bänden am besten, sind sie doch stets treffend, aussagekräftig und detailreich, selbst bei Figuren im Mittelgrund des Panels, wo bei anderen Künstlern die Gesichter schon schwammig werden. Bei der Kolorierung wird hier in meinen Augen stärker auf Erd- und Naturtöne gesetzt, als bei den Bänden zur griechischen Welt, was ich aber sehr passend und stimmig fand.

Fazit:


Es lohnt sich definitiv für die Mythen der Antike Reihe ab und zu den griechischen Pantheon zu verlassen, denn Gilgamesch hat eindrucksvoll bewiesen, dass die Mythen anderer Kulturen genauso spannend sind. Das Epos wird flott und gut verständlich erzählt und von Pierre Taranzano ansprechend bebildert. Rundum gelungen.

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Jason und der magische Chiton der Medea

Mythen der Antike: Jason und das Goldene Vlies (Graphic Novel)
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Mein erster “großer” Band von der Mythen der Antike Reihe. Es freut mich sehr, dass der Splitter Verlag beschlossen hat, die im Original dreigeteilte Geschichte in einem Band zu veröffentlichen, sonst ...

Mein erster “großer” Band von der Mythen der Antike Reihe. Es freut mich sehr, dass der Splitter Verlag beschlossen hat, die im Original dreigeteilte Geschichte in einem Band zu veröffentlichen, sonst hat man es bei deutschen Übersetzungen ja eher andersherum.

 
Die Abenteuer der Argonauten
Der Titel dieser Graphic Novel gibt den Weg vor: Es geht um Iason (ich verwende lieber diese, am Original nähere Schreibweise, als das eingedeutschte Jason) und seine Suche nach dem goldenen Vlies. Doch was ist dieses Vlies überhaupt? Dieser Frage widmet sich der Comic auch und erzählt zunächst auf den ersten 13 Seiten, dessen Ursprung. Es folgen im ersten Teil Pelias gewaltvolle Machtübernahme, Iasons Kindheit bei Cheiron, seien Rückkehr nach Iolkos und der Bau der Argos. Im zweiten Teil müssen dann die Argonauten, ähnlich wie Odysseus, allerhand Gefahren auf ihrer Reise bestehen und der dritte Teil handelt davon, wie sie in Kolchis das Vlies letztendlich erlangen und zurückbringen.
Diese Aufteilung funktioniert erzählerisch und vom Spannungsbogen her gut, hat mich aber dennoch etwas überrascht. Vielleicht hatte ich die falschen Erwartungen. Ich war irgendwie davon ausgegangen, dass Iasons gesamtes Leben erzählt wird, nicht nur die Suche nach dem Vlies. Dementsprechend war ich ziemlich überrascht, als nach der Rückkehr nach Iolkos plötzlich Schluss war. Der Mythos geht danach nämlich noch weiter, wobei es gar nicht mal so sehr um Iasons weiteres (aus heutiger Sicht eher unrühmliches) Schicksal, sondern um Medea schade ist, die nach Rückkehr nach Iolkos noch einiges erlebt und tut. Ich hoffe sehr, dass dies nochmal in einem extra Medea Band behandelt wird, sonst wäre ich sehr enttäuscht, ist die Episode mit dem Vlies doch gerade mal die Hälfte von dem, was es an Mythen über Medea gibt.

Wenn man jedoch nicht weiß, dass da eigentlich noch mehr kommt, funktioniert die Handlung, wie gesagt, soweit ganz gut und ist halbwegs rund, wenngleich die Balance zwischen detailliertem Start und zügigen Ende dennoch nicht ganz ausgeglichen ist.

Was mir nicht ganz so gut gefallen hat, sind die in diesem Band verstärkt auftretenden Abweichungen vom Mythos bez. den Quellen. Natürlich gestehe ich solchen Adaptionen eine gewisse künstlerische Freiheit zu, doch manche Abweichungen erschienen mir einfach unnötig, oder albern. So sind z. B. Galionsfiguren eine Sache der Schifffahrt der Neuzeit. Dass Athena eine solche also verlangt und diese dann überlebensgroß ins Heck des Schiffes gepackt wird, sieht nicht nur absolut lächerlich aus, ist auch einfach genauso absurd, wie der aus GOT entsprungene Drache. Hier hätte ich mir mehr historische Genauigkeit gewünscht.
An anderer Stelle erzeugen Abweichungen eine fast schon Verfälschung der Mythen, z. B. wenn Medea eine Verbindung zu Hades zugeschrieben wird, indem sie dessen Höllenhunde (die es gar nicht gibt, es gibt nur Kerberos) beschwört und auf den Riesen Talos loslässt. Macht von vorne bis hinten keinen Sinn. Was hat Hades bitteschön mit Magie und Medea zu tun, wenn dann eher noch Hekate? Warum überhaupt diese Änderung? Auch im original trägt Medea zum Sieg über Talos dabei, allerdings wird ihm da wortwörtlich der Stöpsel von ihr gezogen, wenn es also darum ging sie, als Figur zu stärken, hättet man auch beim Original bleiben können.

Ja ich weiß, wahrscheinlich sind diese Punkte für die allermeisten Kleinigkeiten und ohne Belang und ich denke auch, die meisten können diese Geschichte lesen, ohne dass sie die Ungereimtheiten beschäftigt, mich hat es aber trotzdem gestört.

Sexy Gardinen Medea
Nun hätte ich für all dies nur einen Punkt abgezogen, wenn mich denn die grafische Umsetzung überzeugt hätte. Leider hatte dieses es auch nicht und ich hoffe inständig, dass das Team Alexandre Jubran (Zeichnung)/Scarlett Smulkowksi (Kolorierung) nicht noch einmal an einem Mythen der Antike Band arbeiten wird. Im Wesentlichen gab es zwei Punkte, die mich gestört haben. Erstes ist eine ziemlich seltsame Art Schatten darzustellen. Wenn sich eine Figur im Schatten befindet, kommt es oft vor, dass sie einfach komplett monochrom gefasst wird. Am Anfang dachte ich tatsächlich, dass das ein Druckfehler sei.

Der andere Punkt, der mich noch mehr störte, ist Medeas magisches Gardinen Gewand. In den meisten Szenen ist es ein Hauch von nichts und gewährt uns zahlreiche Einblicke auf wahlweise ihre Brustwarzen, ihren Po oder ihren Schritt. Sind diese “interessanten” Stellen von anderen Figuren oder Sprechblasen verdeckt, ist der Chiton magischer weise wieder völlig blickdicht. Gibt ja grade nichts zu sehen. Neben Medea hat auch die eifersüchtige Stiefmutter Ino den magischen Gardienenchiton. Hier findet eine klare Trennung statt: “gute, reine, aufrichtige” Frauen, wie die Göttinnen, einfache Dienerinnen oder Heldin Atalante haben zu jeder Zeit blickfeste Chitons, genau wie die Männer. “Veruchte, hinterhältige und moralisch verwerfliche” Frauen, das transparente Nichts. Was man daraus ableiten kann, kann jetzt jeder selbst entscheiden…

Achja und eine Art, wie Medea Magie wirkt, ist natürlich, indem sie sich selbst befriedigt, was natürlich auch in aufreizender Weise dargestellt ist. Das ist einfach nur unnötige Sexualisierung. Es geht nicht darum, dass Nacktheit nicht dargestellt werden darf, im Gegenteil, es gibt viele Figuren in der Mythologie, die nicht bedeckt sind und sie so darzustellen, ist quellennah. Aber hier dient Medeas Dessous offenbar einzig und allein der aufreizenden Zurschaustellung für ein (männliches) Publikum.

So viel zu meinen Kritikpunkten. Es gab natürlich auch einige Passagen, die mir gefallen haben. Eigentlich fast alles vor Teil drei mit Gardinen Medea. Die Abenteuer der Argonauten auf dem Weg nach Kolchis sind spannend und rasant erzählt und die Graphic Novel macht an diesen Stellen viel Spaß. Auch das Nachwort ist gut gelungen, dieses Mal weniger philosophisch einordnend, und dafür mit mehr Kontexten und historischen Erläuterungen, klasse. Leider kann mich das nicht komplett mit dem Rest versöhnen.

Fazit:


Aufgrund von einigen Verfälschungen und unnötig sexualisierte Darstellungen, für mich leider bisher einer der schwächsten Bände der Reihe. Es tut weh nur 3 Punkte vergeben zu können, da ich weiß, dass die Reihe es sonst besser kann.

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Klassische High Fantasy mit tollen Charakteren

Das Reich der Asche - Realm Breaker 1
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Victoria Avayard kennen die meisten als Autorin der bekannten Jugendbuchreihen “Die rote Königin” (Red Queen). Schon diese hatte mir ganz gut gefallen, daher war ich sehr gespannt auf dieses neues Buch ...

Victoria Avayard kennen die meisten als Autorin der bekannten Jugendbuchreihen “Die rote Königin” (Red Queen). Schon diese hatte mir ganz gut gefallen, daher war ich sehr gespannt auf dieses neues Buch und ob die Autorin sich tatsächlich vom Jugendbuchstil lösen kann.
 
Allwacht
Wie so oft möchte ich mit dem Worldbuild beginnen, denn dieses hat mir ausgesprochen gut gefallen. Aveyard hat hier, wie es für High Fantasy typisch ist, eine recht große und detailliere Welt entworfen, die sehr unterschiedliche Regionen und Kulturen aufweist und dadurch für mich sehr interessant war. Es gibt Reiche, die ans europäische Mittelalter angelehnt sind, andere beziehen ihre Inspiration offenbar aus dem arabischen Raum, der Mongolei, Indien oder Skandinavien. Diese Vielfalt mochte ich und ich wäre mehr als bereit, Allmacht noch weiter zu bereisen, als es bereit sind diesem ersten Band getan wird.
Zugegeben auf den ersten Seiten brauchte es etwas, um z.B. die eigentümliche Bezeichnung Spindel als eine Art Portal zu anderen Welten zu identifizieren, aber aus dem Kontext heraus erschließen sich solche Begriffe nach einer Weile, daher nur Geduld, es klärt sich schon auf.

6 Helden? die auszogen, die Welt zur retten
Soviel zum Handlungsort. Kommen wir zu den Charakteren. Im Verlauf der Handlung findet sich mehr oder weniger freiwillig eine Truppe von sechs zusammen, um Allwacht vor dem drohenden Untergang zu retten. Dabei stoßen wir auf sehr genretypische Charaktere, wie Assassinin Sorasa, Kopfgeldjägerin Siegel oder Knappe Andry. Diese tun genau das, was man von dieser Art von Charakter erwartet: Sorasa ist geheimnisvoll, tödlich, sarkastisch, Siegel raubeinig und stark und Andry edel, treu und mutig. Ihren Beitrag zur Gruppendynamik erledigen sie so zwar gut und unterhaltsam, besonders einfallsreich sind diese Charaktere aber nicht. Zum Glück besteht unsere Heldentruppe nicht nur aus solchen Fantasyklischees. So mögen Piratentochter Corayne, Prinz Dom und Fälscher Charlie auf den ersten Blick auch typische Fantasy Narrative bedienen, weichen in ihren Charakterzügen aber stärker davon ab, als Soasa und Andry. Mein heimlicher Liebling war jedoch die alte Valtik, die ich als erfrischen anders und sehr, sehr unterhaltsam fand. Würde das Buch je verfilmt werden, würde ich wahrscheinlich die Hälfte der Zeit Valtik beobachten, die sehr wahrscheinlich im Hintergrund rumlaufen und allerhand kurioses anstellen würde.

Nun ist bei solch einer Fantasyquest Geschichte die Gruppendynamik zwischen den Charakteren sehr wichtig. Zum Glück kann man in dieser Hinsicht bei Realm Breaker nicht meckern. Die Charaktere sind individuell genug, um sie klar voneinander zu unterscheiden, funktionieren aber trotzdem gut zusammen. Zum Glück wird auch auf allzu viel Romantik verzichtet. Es zwischen sich zwar zwei Ships ab, doch das nimmt nicht allzu viel Raum ein und tatsächlich feiere ich einen dieser Ships auch ziemlich (der andere ist meh).

Ein kleines Aber
Die Handlung folgt dem typischen Quest Muster: Die Welt steht vor dem Untergang, also werden die nötigen individuellen “Helden” eingesammelt um zu versuchen das Böse aufzuhalten. Das erfindet das Rad sicher nicht neu, wird aber von der Autorin trotzdem unterhaltsam umgesetzt. Und es hat ja einen Grund, warum diese Art von Geschichte seit Ewigkeiten funktioniert und mit ihren Charakteren und den Details im Worldbuilding zeigt Aveyard für mich ausreichend Individualität, sodass ich trotz bekannter Muster nicht das Gefühl hatte, etwas “verbrauchtes” zu lesen. Und mit einem Plottwist in Bezug auf die Gegenspieler, konnte sie mich sogar erwischen.
Ebenfalls angenehm fand ich die Komplexität der Welt und Handlung. Aveyard ist es hier tatsächlich gelungen, sich vom Jugendbuch zu lösen und echte High Fantasy zu schreiben inklusive der Kinderkrankheit, von der dieser oft begleitet wird: ein langsamer Handlungsaufbau. Wer viel Epic und High Fantasy liest, wird daran gewöhnt sein, denn in diesem Genre gibt es da noch ganz andere Kaliber, dennoch komme auch ich nicht ganz umhin zu sagen, dass an der ein oder anderen Stelle das Tempo ruhig hätte angezogen werden können.

Fazit:


Victoria Aveyard löst sich sichtlich von ihrem Jugendbuch Stil und schreibt waschechte High Fantasy inklusive deren Stärken (spannender Quest, mit tollen Charakteren) und Schwächen (langsamer Handlungsaufbau). Insgesamt konnte mich dieser Dilogie Auftakt aber durchaus überzeugen und unterhalten und ich freue mich sehr auf Band zwei.

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Leben mit der Hexe im Wohnzimmer

Hex
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Letztes Jahr konnte mich Echo von Thomas Olde Heuvelt überzeugen, daher stand für mich fest, dass ich auch sein Debütwerk Hex lesen wollte, gesagt, getan.

Leben mit einer Hexe
Ein Punkt, der dieses Buch ...

Letztes Jahr konnte mich Echo von Thomas Olde Heuvelt überzeugen, daher stand für mich fest, dass ich auch sein Debütwerk Hex lesen wollte, gesagt, getan.

Leben mit einer Hexe
Ein Punkt, der dieses Buch von anderen abhebt, ist definitiv die Idee. Black Spring in New York könnte ein so idyllischer Ort sein. Inmitten von der Natur des Hudson Valley umgeben wirkt es wie das Paradies für Austeiger und jene, die ihre Familie fernab von Hektik aufzehen wollen. Wäre da nicht Katherine. Katherine, die vor 200 Jahren in Black Sping als Hexe gehängt wurde und seitdem das Dorf heimsucht. Da ihre zerstörerischen Kräfte gebannt sind, wirkt die Hexe gruselig, aber harmlos und die Bewohner von Black Spring arrangieren sich mit ihr. Oberste Priorität: Niemand außerhalb von Black Spring darf von der Hexe erfahren. In Zeiten von Globalisierung, Smartphones und Internet stellt das die Hex Truppe, die für den Schutz der Stadt vor Katherine zuständig ist, vor einige Herausforderungen.
Wie lebt man also, wenn der Albtraum aus den Gruselgeschichten mitten unter einen wandelt? Diesen Aspekt fand ich sehr faszinierend und Heuvelt hat ihn auch sehr detailliert ausgearbeitet. Es ist schon manchmal absurd, was die Dorfbewohner sich so einfallen lassen, damit Touristen (auf die das Dorf wirtschaftlich angewiesen ist) und andere Fremde nichts von der dorfeigenen Hexe mitbekommen. Und am Anfang des Buches wirkt die ganze Situation auch gar nicht so schlimm. Doch dann nimmt die Handlung ihren Lauf. Stück für Stück enthüllt Heuvelt, wie sehr die Dorfbewohner ihr Leben an Katherines Anwesenheit anpassen mussten, wie eingeschränkt sie wirklich sind und was ganz lustig und harmlos begann, wird von Seite zu Seite bedrückender und verstörender.

In dem langsamen aber stetigen Stimmungswechsel im Buch zeigt sich eine von Heuvelts Stärken: das Heraufbeschwören einer dichten Atmosphäre. So wie Katherine Black Spring in ihren Bann hält, wird auch der/die Leser/in immer mehr in den Bann gezogen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man mit dem zugegeben, etwas eigenwilligen Erzählstil Heuvelts zurechtkommt. Da ich Echo bereits gelesen hatte, wusste ich schon, was mich erwartet, aber ich kann auch verstehen, dass dieser Erzählstil nicht jedem zusagt. Der Autor lässt sich Zeit, der Horror schwebt eher als Damoklesschwert über allem und biss er ausbricht, verwendet Heuvelt viel Zeit darauf das Portrait einer Gemeinschaft zu zeichnen, die nur an der Oberfläche funktioniert. Man muss Geduld bei diesem Buch mitbringen, allerdings kann ich zumindest sagen, dass die bereits erwähnte Atmosphäre mich so einnahm, dass mir nicht langweilig wurde.

Wer ist das Monster?
Ist der erste Teil des Buches noch eher ein Psychodrama, in dem die Gesellschaft Black Springs unter Katherines Einfluss dargestellt wird, geraten die Dinge mit Fortschreiten der Handlung zunehmend außer Kontrolle, bis hin zur völligen Eskalation am Ende. Diese erst langsam beginnende und dann rasant fortschreitende Steigerung gefiel mir gut, wenngleich das Ende, dass sich in seinem Tempo im Vergleich zum restlichen Buch schon beinahe überschlug, an einigen Stellen etwas konfus war. Hier hätten kurze Atempausen gut getan.
Dafür hat mir das Spiel mit der Frage, wer das wahre Monster ist, Mensch oder Hexe, sehr gut gefallen. Ich kann natürlich nicht viel verraten, aber soviel sei gesagt: in dem Buch treffen wir sowohl auf übernatürlichem Horror, als auch die ganz nüchternen Abgründe menschlichen Tuns. Was am Ende der größere Horror ist, ist eine der Fragen, die in einem nach dem Lesen noch eine Weile nachhallen.

Lediglich ein Punkt, hat mir an dem Buch weniger zugesagt und das ist eine seltsame Fixierung auf Frauenbrüste. Nicht nur, dass es in der Hinsicht zu einigen grotesken Situationen und eine mehr als bizzare Wahnvorstellung im Finale kommt, auch sprachlich stellt der Autor an den seltsamsten Stellen Metaphern und Vergleiche mit Brüsten her. Das wirke oft, um es modern zu sagen: einfach nur cringe.

Fazit:


Thomas Olde Heuvelts eigenwilliger Erzählstil polarisiert. Entweder man kommt überhaupt nicht damit klar, oder man wird, so wie ich, von der dichten Atmosphäre und der schrittweisen Steigerung des Horrors in den Bann gezogen. Hex überzeugt mit einer genialen Idee und dem detaillierten Porträt einer Dorfgemeinschaft, wo nicht klar ist, wer hier das eigentliche Monster ist.

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