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Veröffentlicht am 25.12.2023

Ein Krimi zum Analysieren

Die rätselhaften Honjin-Morde
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Die wohlhabende Ichiyanagi-Familie plant die anstehende Heirat ihres ältesten Sohnes. Das Haus mit seinen Bewohner:innen und Bediensteten ist den Vorbereitungen entsprechend angespannt. In der Hochzeitsnacht, ...

Die wohlhabende Ichiyanagi-Familie plant die anstehende Heirat ihres ältesten Sohnes. Das Haus mit seinen Bewohner:innen und Bediensteten ist den Vorbereitungen entsprechend angespannt. In der Hochzeitsnacht, nachdem Braut und Bräutigam sich in ein Nebengebäude des Anwesens zurückziehen, wird die Stille der Nacht von einem Schrei und einer Melodie auf der Koto schrill unterbrochen. Als die letzten Gäste in den Hof stürmen, um der Störung auf den Grund zu gehen, erwartet sie im frisch gefallenen Schnee ein blutiges Katana-Schwert.
Der Fall gibt der eintreffenden Polizei Rätsel auf, denn das Nebengebäude war von innen verschlossen. Man entscheidet sich, den Privatdetektik Kosuke Kindaichi zu beauftragen, der sich einen Namen damit gemacht hat, besonders kniffelige Fälle aufzuklären. Als dann Kindaichi am Tatort eintrifft, glaubt niemand, dass dieser abgehalfterte Bursche mit seiner nachlässig getragenen Kleidung und seiner Stotterei seinem Ruf gerecht werden kann. Doch Kindaichi weiß um seinen messerscharfen Verstand und ist sich sicher, diesen Locked-Room-Fall lösen zu können.

Gemächlich baut sich die Geschichte auf, und diese Zeit braucht man als Nicht-Japaner:in bei den teils ähnlich klingenden Namen auf. Japanophilen attestiere ich, werden bei diesem Kriminalroman auf ihre Kosten kommen, alle anderen werden sicher das eine oder andere Wort recherchieren müssen. Das Ende kommt so aprupt die der Schlag des Katana über das Brautpaar und ebenso unerwartet (für mich zumindest, die im Rätseln gar nicht so gut ist). Kindaichi ist ein etwas wirrer, leicht eitler aber durchaus liebenswerter Protagonist, von dem die Reihe sicher auch zu einem erheblichen Teil mit getragen wird - das ergründe ich im zweiten Band!

Veröffentlicht am 28.02.2023

FÜR DIE FREIHEIT!

Amy und die geheime Bibliothek
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Amys Lieblingsort ist die Schulbibliothek. Nicht nur, weil sie zu Hause nie einen ruhigen Moment für sich hat, weil ihre beiden Schwestern ständig nerven, sondern auch, weil sie total gerne liest.
Als ...

Amys Lieblingsort ist die Schulbibliothek. Nicht nur, weil sie zu Hause nie einen ruhigen Moment für sich hat, weil ihre beiden Schwestern ständig nerven, sondern auch, weil sie total gerne liest.
Als eines Tages ihr Lieblingsbuch aus der Bibliothek verschwunden ist, sagt ihr die Bibliothekarin, Mrs Jones, dass der Schulausschuss entschieden hat das Buch aus dem Regal zu nehmen, weil einige Eltern der Meinung sind, dass das Buch für ihre Kinder ungeeignet sind. Und immer mehr Bücher werden aus dem fadenscheinigen Grund der Pädagogik aus der Bibliothek entfernt. Eigentlich steckt nur eine einzige Mutter dahinter, diese hat die verbannten Bücher gar nicht mal gelesen, und andere Eltern folgen ihr blind.
Amy, die eigentlich ein stilles Mädchen ist, findet es unerhört, dass man ihr vorschreiben will, was sie lesen darf und was nicht. Das sollten nur ihre eigenen Eltern dürfen, nicht aber irgendwelche fremden Eltern, die gar keine Ahnung vom Inhalt der Bücher haben!

Eine Unterhaltung mit ihren Schulfreunden führt zutage, dass viele andere Kinder die verbannten Bücher kennen. Dieses Kind hat dieses Buch, jenes Kind hat jene Buchreihe. Es entwickelt sich ein wahnwitziger Tausch untereinander, denn auf das Verbot aufmerksam gemacht, wollen nun auch die ganz Lesemuffeligen wissen, was in den Büchern steht.
Amy entscheidet sich ihr Schulschließfach als Lager für die Bücher zu nutzen, die man jetzt in der Bibliothek nicht mehr leihen kann, und schon bald ist sie die Bibliothekarin der G.S.B., der „Geheimen Schließfachbibliothek“. Von ihrem Taschengeld kauft sie sich weitere der verbannten Bücher, andere Kinder spenden ebenfalls Exemplare, und als ein Autor einer aus der Schulbibliothek verbotenen Buchreihe einen Vortrag in der Schule hält, spendet dieser seine Buchreihe ohne genau zu wissen wofür, denn Amy und die Kinder müssen ihr Projekt geheimhalten. Sie entwickeln geniale Pläne ihre versteckte Bibliothek geheim zu halten, weiter aufzustocken und bauen ein richtiges Netzwerk auf. Amy selbst lernt durch ihr Vorhaben die Facetten kennen, die Mrs Jones als Bibliothekarin in ihrem Job ausmachen und wird selbst eine richtige kleine Bibliothekarin.

Dann aber wird die G.S.B. entdeckt und Amy wird dafür bestraft. Die anderen Schüler ermuntern sie dazu nicht aufzugeben und versichern ihr ihre Mithilfe. Amy will ihre zweite Chance nutzen den Schulausschuss davon zu überzeugen die verbannten Bücher wieder für alle Kinder zugänglich zu machen.

Eine Plädoyer für die Freiheit, verpackt Alan Gratz Missstände, wie sie aktuell wahrhaftig in den USA herrschen (er erwähnt dies im Nachwort), in eine wunderbare Geschichte und liebenswerte Charaktere. Gerade durch die Bücher sind erst die Kinder auf ihre Stärken aufmerksam geworden und haben sich weiterentwickelt. Mir hat es so gut gefallen, dass ich es ganz vielen Leuten weiterzuempfehlen gedenke!

Veröffentlicht am 28.02.2023

Großartiges Debüt der Autorin!

Emilia und der Junge aus dem Meer
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Die kleine Emilia, genannt Lämpchen, lebt mit ihrem Vater Augustus zusammen im Leuchtturm. Die beiden führen ein entbehrliches, einsames Leben. Dem Vater fehlt ein halbes Bein, darum geht seit Jahren schon ...

Die kleine Emilia, genannt Lämpchen, lebt mit ihrem Vater Augustus zusammen im Leuchtturm. Die beiden führen ein entbehrliches, einsames Leben. Dem Vater fehlt ein halbes Bein, darum geht seit Jahren schon Emilia abends hoch, zündet das Leuchtfeuer an und morgens hoch, um es zu löschen. Den beiden fehlt vor allen Dingen eine Mutter, die auch Emilia hieß, weshalb Lämpchen zu ihrem Spitznamen gekommen ist, denn der Verlust der Mutter für Lämpchen und der Frau für Augustus ist nach wie vor groß. Zwischen Vater und Tochter gibt es keine Zuneigung, dennoch weiß Lämpchen irgendwie, dass ihr Papa sie liebt, auch wenn er ihr das nie zeigt. Darum verliert das Mädchen sich auch häufig in Tagträumen.
So auch eines Tages, als sie sich unbedingt dran erinnern wollte, dass sie dringend noch Streichhölzer kaufen muss – sie hatte es vergessen. Aber das Licht im Leuchtturm muss immer brennen, und so macht sie sich während eines aufkommenden Sturms auf zum Krämerladen, um eine Packung Streichhölzer zu kaufen. Der Sturm entfaltet sich während der Diskussion der Krämersfrau, die für Lämpchen nicht erneut anschreiben will. Durch das Eingreifen des netten Krämers kommt sie dann doch endlich weg, aber draußen tobt der Sturm nun sehr. Lämpchen schafft es gerade so heil nach Hause, die Streichhölzer jedoch sind verloren. Und es kommt wie befürchtet: Das Licht im Turm bleibt aus und ein Schiff läuft auf den Felsen in der Bucht auf. Die Obrigkeiten machen Augustus für den Schaden verantwortlich und sperren ihn im Turm ein, damit er die Schulden abarbeitet. Lämpchen indessen wird in das gefürchtete Schwarze Haus geschickt, von dem Gerüchte besagen, dass ein Monster darin hausen soll.
Traurig lebt Lämpchen sich in dem schmuddeligen Haus ein bei Martha, die den Haushalt führt, ihrem Sohn Lennie und Nick, der sich um den Garten kümmert. Ihre Neugier treibt Lämpchen eines Tages ins Turmzimmer des Schwarzen Hauses, wo sie auf das leibhaftige Monster trifft: Einen Meerjungen. Er ist in einem bedauernswerten Zustand, weil die Bewohner des Hauses sich nicht zu ihm trauen. Edward, wie der Meerjunge heißt, stellt sich als der Sohn des Admirals vor, dem das Schwarze Haus gehört. Marthas Mann, der ihn vorher liebevoll versorgt hat, ihm Lesen und Schreiben, Geografie und vieles andere beigebracht hat, ist kurz vor Lämpchens Ankommen im Schwarzen Haus nämlich verstorben. Martha ist froh, dass Lämpchen von sich aus erklärt sich künftig um Edward, den sie zu seinem Ärgernis nur Fisch nennt, zu kümmern. Die beiden Kinder stellen fest, dass sie beide etwas gemeinsam haben, denn auch Edward hat die Mutter verloren. Die Lämpchen und Fisch werden Freunde.
Eines Tages kehrt von einer langen Seereise der Admiral nach Hause. Er bringt die neu entsandene Harmonie im Hause völlig durcheinander, was Entscheidungen nach sich zieht, die alle betreffen...

„Emilia und der Junge aus dem Meer“ war für mich wirklich eine tolle Geschichte. Es ist nicht nur eine Märchengeschichte, die an Hans Christian Andersens kleine Meerjungfrau denken lässt, sondern es sind ernste Themen in ihr verarbeitet. Unausgesprochene Liebe beherrscht viele der Charaktere, so dass sie zu einem einsamen Leben verdammt sind, weil sie sich nicht trauen ihre Zuneigung den Menschen zu bekunden, die sie innig lieben. Darum, anders zu sein, geht es. Lämpchen hat zwar eine herzliche Art, wird aber durch ihre Armut von den Dorfbewohnern ausgegrenzt und von ihrem Vater, der seinen Schmerz lieber im Schnaps ertränkt, wenig wahrgenommen; innerliche Zwiesprache mit ihrer Mutter offenbart dem Leser, wonach Lämpchen sich sehnt. Fisch wird durch den Willen seines Vaters einen normalen Jungen als Sohn zu haben, in eine Rolle gepresst, die ihn seinen meerischen Ursprung verleugnen lässt. Und Lennie, der Sohn der Haushälterin, wird durch seine geistige Zurückgebliebenheit, ständig unterschätzt, obwohl viel mehr in ihm steckt. Geselligkeit finden die Ausgestoßenen nur untereinander wie die „Freak-Show“ auf dem Jahrmarkt deutlich macht.

Ich kann mir gut vorstellen, dass gerade jüngere Leser (das Buch wird für eine Altersklasse ab 10 Jahren empfohlen) ein bisschen elterliche Begleitung gebrauchen könnten, weil es an manchen Stellen doch ein wenig melanchonisch macht. Aber auch ansonsten ist es eine sehr schöne Geschichte – und das nicht nur dadurch, dass die Rollenverteilung der Meerjungfrau einmal umgedreht wurde.
Ich hoffe, Annet Schaap schreibt auch weiterhin solche schönen Bücher! Ich werde die Autorin auf jeden Fall weiter verfolgen.

Veröffentlicht am 09.06.2024

Liest sich wie ein Auftakt zu mehr

Die Stadt der Schattenschläfer und die Melodie der Albträume
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Im beschaulichen Quedlinburg lebt wohl die größte Fangemeinde von Blasmusik. Die 13-jährige Elly kann das dauernde Buff-ta-ta nicht mehr hören, es verursacht ihr beinahe körperliche Schmerzen. Ellys Musik ...

Im beschaulichen Quedlinburg lebt wohl die größte Fangemeinde von Blasmusik. Die 13-jährige Elly kann das dauernde Buff-ta-ta nicht mehr hören, es verursacht ihr beinahe körperliche Schmerzen. Ellys Musik Vorliebe für Metal macht sie zur Randfigur. Aus diesem Grund entschließt Elly sich, Quedlinburg und ihre Eltern zurückzulassen. Doch dann taucht Holger Hellborn als neuer Lehrer an Ellys Schule. Seine offene und gar nicht zur Mentalität der Stadt passende Art bringt Elly mit Nana, Schatten, Lucky und Lederhosen-Boy zusammen, und für die Dauer eines Liedes erleben die Jugendlichen das erste Mal, wie es ist, sich frei zu fühlen.
Hellborn verschwindet und hinterlässt nichts als ein mysterisöses Notenheft. Keiner glaubt, dass der neue Lehrer freiwillig gegangen ist, und weil es nicht der erste seltsame Vorfall ist, versuchen die Außenseiter-Kids Hellborn zu finden. Sie stoßen auf ein altes Geheimnis unter der Stadt und erfahren, wie es mit der fanatischen Vorliebe für Blasmusik in Quedlinburg zusammenhängt.
Elly willl Hellborn unbedingt finden und erfährt dabei auch ein großes Geheimnis über sich selbst.

Ich empfand dieses als ein ungewöhnliches Kinderbuch mit leicht düsterem Setting. Ich brauchte ein bisschen, mich in die Story einzulesen, aber sowohl Humor als auch Charaktere sind sehr gelungen. Elly ist eine Außenseiterfigur mit großem Identifikationspotential, die mir direkt sympathisch war.
Gegen Ende hin habe ich mich gefragt, wohin die Geschichte auf den letzten paar Seiten noch gehen könnte, und dann war sie auch schon vorbei, ohne übriggebliebene Fragen aufzuklären. Mein Gefühl sagt mir, dass Die Stadt der Schattenschläfer und die Melodie der Albträume der Auftakt zu mehr war, und über ein Wiedersehen mit Elly und den anderen Außenseiter-Kids würde ich mich nur zu sehr freuen!

Veröffentlicht am 09.06.2024

Hervorragend recherchiertes Sittenporträt!

Berlin Rosalie
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Das „Rosalie“ ist ein Edelbordell in Berlin Kreuzberg. Es ist der Arbeitsort von Julia und Christin. Tagsüber leben die beiden zusammen in einer WG, abends arbeiten sie im Rosalie. So wie dutzende andere ...

Das „Rosalie“ ist ein Edelbordell in Berlin Kreuzberg. Es ist der Arbeitsort von Julia und Christin. Tagsüber leben die beiden zusammen in einer WG, abends arbeiten sie im Rosalie. So wie dutzende andere Frauen.
Dem Bordell voran steht Gisela, eine reife Frau, die es perfektioniert hat, die Lust der Männer zu Geld zu machen. Doch Gisela ist nicht nur Geschäftsfrau, sie ist in ihrem Metier auch für ihre faire Art bekannt. So kommt es, dass sie Olga befreit, die unter falschen Versprechen für eine lukrative Arbeit nach Deutschland gelockt wurde. Die Frau aus Osteuropa ist der Besitzerin des Edelbordells dankbar, doch statt in ihre Heimat zurückzukehren und die traumatischen Erfahrungen zu vergessen, arbeitet sie nicht nur von nun an für Gisela, sie spezialisiert sich in Richtung Seualassistenz. Ihre Arbeit mit behinderten Männern, die ohne Olga ihre seuellen Bedürfnisse nicht realisierten könnten, erfüllt Olga mit dem Gefühl, der Gesellschaft einen relevanten Dienst zu leisten.
Berührt von der Geschichte Olgas bieten Christin und Julia ihr an, mit in die WG zu ziehen. Tagsüber zu Hause, abends und nachts im Rosalie.
Der Wind dreht sich, als das Rosalie erst einzelnen Menschen und schließlich der Bürokratie ein Dorn im Auge wird. Die Frauen müssen sich überlegen, ob jede für sich alleine streitet oder alle zusammen kämpfen.

Zunächst einmal vielen Dank an Frank Ewald für das Rezensionsexemplar! Ich war sehr neugierig, wie ein Mann das Thema Sxarbeit verarbeiten würde. Ich finde es wirklich gut recherchiert. Allein dass das Thema Sxualbegleitung aufgegriffen wird, war schon bemerkenswert, aber auch, dass der Autor die spezielle Besteuerung von S*xworkerinnen geschildert hat oder über Anmeldeverfahren Bescheid wusste, zeigt, dass er bei Frauen im Gewerbe recherchiert hat. Dem Buch liegen wahre Begebenheiten zugrunde, und auch wenn ich manche Sätze manchmal seltsam fand (als wären die Protagonist:innen alle eher aus „einfachem Hause“, ist die Story auf jeden Fall ein gutes Porträt in einen Bereich, in den es sonst wenig Einblicke gibt.