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Veröffentlicht am 06.10.2019

Selten eine so depressive, verheulte Protagonistin begleitet.

Die Welt durch deine Augen
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Sarah Heine hat einen enorm einladenden, stellenweise fast poetischen Schreibstil und erzählt die Geschichte rund um unsere Protagonisten mit jeder Menge Gefühl und voller Intensität. Schon zu Beginn kommt ...

Sarah Heine hat einen enorm einladenden, stellenweise fast poetischen Schreibstil und erzählt die Geschichte rund um unsere Protagonisten mit jeder Menge Gefühl und voller Intensität. Schon zu Beginn kommt eine sehr einnehmende Atmosphäre auf, die sich durch die gesamten 300 Seiten zieht. Man spürt die Emotionen der Figuren am eigenen Leib, man freut sich mit ihnen, leidet aber mindestens genau so stark mit. Die Einfachheit des Schreibstils, die man oft in Young/New Adult – Büchern oder Liebesromanen zu finden ist, fehlte hier komplett, dafür wurde schafft es die Autorin, mich zu berühren und die Schwere der Stimmung sehr gut rüber zu bringen. Ebenso beeindruckend waren die Ausschnitte, aus Enya’s eigenem Werk, die nicht nur kursiv gedruckt, sondern auch nochmal eine Spur poetischer erzählt sind. „Die Welt durch deine Augen“ ist geschrieben aus Enya’s und aus Janosch’s Sicht, was weitere Tiefe mitbringt und einfach passend fürs Geschehen ist. Für mich persönlich gibt’s am Stil und der Sprache keinerlei Kritik – man sollte sich aber im klaren sein, dass es eben keine lockerleichte Lovestory ist, sondern einfach tiefer geht und das spiegelt sich nicht zuletzt in der Art des Erzählens wider.

Enya und Janosch als Protagonisten zu begleiten, macht Spaß, keine Frage. Die Harmonie zwischen ihnen ist einfach einzigartig und so gefühlvoll und intensiv, wie ich es schon lange nicht mehr erlebt habe. Die beiden agieren auf einer Ebene miteinander, die berührt und gleichzeitig staunen lässt. Sarah Heine hat es nahezu perfekt eingefangen, wie sie zueinander stehen und durch die leicht poetisch angehauchten Beschreibungen wird alles noch eingehender und echter.
Jedoch gibt’s in Sachen Figuren nicht nur Lob von meiner Seite aus. Enya war anfangs noch sehr sympathisch und sammelte quasi alle Pluspunkte, die es zu sammeln gibt. Ich konnte mich mit ihr identifizieren und fühlte problemlos mit ihr mit. Dieser Zwiespalt, in dem sie stand, war für mich vollkommen nachvollziehbar und realistisch und ihre damit einhergehenden Gedankengänge ebenso. Mir imponierte, mit welchem Ehrgeiz sie ihrem Traum nachging und jeder Rückschlag traf mich mitten ins Herz. Doch Enya veränderte sich und es dauerte nicht lange, bis ich mich fühlte, als würde ich einer Fremden gegenüberstehen. Die Handlungen ihrerseits waren nicht mehr nachvollziehbar, ihre Art stieß bei mir zunehmend auf Ungläubigkeit und strapazierte meine Nerven. Aus der einst starken Persönlichkeit wurde ein Häufchen Elend, ihr gesamten Rückgrat schien zu verschwinden und zurück blieb eine depressive, im Selbstmitleid ertrinkende Enya, die mich gar nicht mehr begeistern konnte. Nicht nur, dass ihr ständiges Geheule irgendwann kaum noch zu ertragen war; auch übertrug sich diese erdrückende Stimmung auch auf mich, sodass ich stets genervt und schlecht gelaunt aus der Geschichte auftauchte. Vielleicht wäre ein Therapeut an der Stelle gar nicht mal so verkehrt gewesen. Denn selbst positive Ereignisse endeten im Heulkrampf. Das alles wäre keineswegs nötig gewesen; denn es gab keinen Grund, wieso Enya plötzlich so „abstürzte“. Mit ein wenig Mut und Selbstvertrauen hätte sie alles, wirklich alles verhindern können; stattdessen handelt sie völlig unglaubwürdig und für mich in keinster Weise nachvollziehbar. Ich fand das so schade, denn ihre Art ruinierte mir doch so einiges an Lesespaß und so richtig mitfiebern wollte ich ab etwa der Hälfte dann auch nicht mehr.
Janosch hingegen brachte vieles mit, was bei Enya fehlte. Er war selbstbewusst, sympathisch und durchweg glaubhaft. Sein Geheimnis schockte mich zutiefst und kaum dass der Schock überwunden war, stieg meine Bewunderung für ihn noch weiter an. Janosch war ein Macher; jemand der sein Schicksal in die Hand nahm und trotzdem so bodenständig und liebenswert. Seine Aussagen erreichten mich; berührten mich und sein Blick auf die Welt ist beneidenswert. Auch er durchlebte in dem Buch Höhen und Tiefen; doch beides konnte er gleichermaßen gut handhaben und blieb auf ganzer Strecke echt und greifbar. – eigentlich genau das, was ich mir bei Enya gewünscht hätte.
Die Randfiguren waren ein großes Auf und Ab. Es gab einige, die ich echt gerne mochte, wie beispielsweise Luca. Anouk und Carlo zum Beispiel konnten mich aber nicht permanent bei Laune halten – es schwankte einfach; mal gab es mehr Sympathie, mal weniger; doch am Ende war ich dann doch zufrieden mit den beiden; trotz der kleinen Tiefpunkte.

Durch meine doch recht ausgeprägten Probleme mit Enya fällt es mir jetzt auch schwer, ein Urteil zur eigentlichen Geschichte zu fällen. Mir gefiel erst einmal die Idee sehr gut. Enya als angehende Schriftstellerin, trifft auf Janosch, der ihr Leben grundlegend auf den Kopf stellt. Auch die Plots, die Sarah Heine verbaut hat, waren interessant und brachten Spannung mit. Besonders beeindruckend war für mich das Geheimnis von Janosch – ich hätte ja bei Gott mit allem gerechnet, aber sicher nicht damit. Sehr einfallsreich und toll umgesetzt, wie ich finde. Allein die ganzen Hinweise, die so gut versteckt waren, dass man sie erst bemerkte, als das Geheimnis gelüftet wurde – dafür eindeutig Daumen hoch.
Da es mir aber grundsätzlich eher schwer fiel, mit Enya mitzufiebern, blieb auch das „gefesselt sein“ ein wenig auf der Strecke. Zwar wurde meine Neugier geweckt und ich wollte durchaus wissen, wie es weitergeht, doch besonders in den Momenten der Freude erreichte mich die Geschichte nicht. Das änderte aber letztlich nichts daran, dass es eine wirklich gut durchdachte, ausgefeilte und berührende Storyline war, die ihre Höhen und Tiefen hatte; die mal mehr, mal weniger spannend ausfiel und die mich alles in allem doch genug erreichte, um mitfühlen zu können. Besonders der Schriftsteller-Aspekt war eine Wohltat für die Seele. So gibt es quasi, wie oben erwähnt, eine Geschichte in der Geschichte, die nicht nur passend, sondern auch interessant ist. Desweiteren wird die Verlagssuche ausreichend beleuchtet, um als Nicht-Autor einen Einblick in diese knochenharte Artbeit zu bekommen.
Das Ende war dann, genau wie erwartet – und trotzdem will ich es nicht kritisieren; denn die finale Szene ist einfach perfekt ins richtige Licht gerückt worden und überzeugt durch eine gefühlvolle, berührende Stimmung. Das zuvor stattgefundene Drama wurde für mich zufriedenstellend aufgelöst ich war mit dem Schluss rund herum glücklich.

FAZIT:
Sarah Heine hat mit „Die Welt durch deine Augen“ ein sehr emotionales, tiefergehendes Buch geschrieben, das eine enorm interessante, gefühlsgeladene Storyline beinhaltet. Leider konnte mich die Protagonistin überhaupt nicht von sich überzeugen, sodass auch der Rest der Geschichte ein wenig darunter leiden musste. Trotzdem kann ich durchaus eine Lese-Empfehlung dafür aussprechen; besonders für diejenigen unter euch, die vielleicht selbst etwas mit dem Schreiben zu tun haben – denn die Einblicke in die Arbeit eines Autors sind mehr als gut in Szene gesetzt. Ich vergebe letztlich passable 3.5 Sterne.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Ein wichtiges Jugendbuch - nur leider für mich nicht emotional.

Drei Schritte zu dir
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In „Drei Schritte zu dir“ stoßen wir auf eine Thematik, die doch sehr niederschmetternd und erdrückend wirkt. Unsere Protagonistin Stella leidet an unheilbarer Mukoviszidose – ein Krankheitsbild, das über ...

In „Drei Schritte zu dir“ stoßen wir auf eine Thematik, die doch sehr niederschmetternd und erdrückend wirkt. Unsere Protagonistin Stella leidet an unheilbarer Mukoviszidose – ein Krankheitsbild, das über kurz oder lang zum Tod führen wird. Wir lernen Stella also in ihrer zweiten Heimat, dem Krankenhaus, kennen und erfahren nicht nur einiges zu ihrem Leiden, sondern auch über ihren Umgang damit und wie sie trotz allem versucht, ein Stückchen Normalität in ihr Leben zu bringen. Doch nicht nur sie spielt eine tragende Rolle, sondern auch andere Patienten der Station. Schon während den ersten Seiten kommt diese typische Krankenhaus-Atmosphäre auf und nimmt einen als Leser komplett in Beschlag. Ich finde es wahnsinnig mutig von Rachael Lippincott, eine Geschichte rund um Mukoviszidose zu bauen und das alles auch noch für Jugendliche auszulegen; denn meiner Meinung nach hat sie das nahezu perfekt gemeistert. Mit einfachen, aber trotzdem spürbar gut recherchierten Erklärungen und Informationen bringt sie dem Leser die Krankheit näher und zeigt die Problematik deutlich auf. Sie sorgt dafür, dass auch Jugendliche nun darüber sprechen – oder zumindest Bescheid wissen. Ich selbst gehöre schon nicht mehr zu der Zielgruppe und doch konnte ich durch die Geschichte einiges neues erfahren und dazu lernen. Desweiteren fiel mir positiv auf, dass Rachael Lippincott auch ganz moderne Elemente ins Geschehen einband, sodass auch die jüngeren Leser und Leserinnen einen Bezug zu Stella herstellen konnten.
Aber – trotz allem positiven muss ich auch gestehen, dass mich das Buch emotional nicht erreichen konnte. Ich fand es interessant, keine Frage. Ich war neugierig, was wohl passieren würde und was Stella & Co. noch erleben werden bzw. überleben müssen; auch keine Frage. Selbst die kleinen Nebeneinflüsse in die Geschichte fand ich toll [beide haben ihre Hobbies, die einen recht wichtigsten Teil der Geschichte einnehmen]. Aber ich fühlte viel zu wenig, um richtig mitzufiebern. Ich weiß nicht, ob mir da die Verbindung zu den Protagonisten fehlte oder ob es an etwas anderem lag, aber Spannung war für mich kaum spürbar. Nicht falsch verstehen, ich las es gerne und fühlte mich auch gut unterhalten; und ich wollte auch gern wissen, wie es endet – aber egal was auch geschah, es ging fast komplett an mir vorbei. Selbst die Liebesgeschichte, die hier ganz zart aufgebaut wird, erzielte genau den selben Effekt, wie der Rest der Handlung. Ich nahm den Protagonisten ihre Gefühle nicht ab. Die Freundschaft untereinander ja; aber von Liebe war da nicht viel spürbar. Es gab ein paar wenige Momente, die man an einer Hand abzählen kann, die mich lächeln ließen; das schafften auch so manche Dialoge aber alles in allem fehlte mir der Wow-Effekt; die Gänsehaut; die Echtheit des Ganzen. Selbst das Ende war meines Erachtens nach nichts halbes und nichts ganzes; einfach nicht rund genug; als hätte man dem Happy End und dem Bad End gleichermaßen den Stecker gezogen sodass am Ende nur ein Mittelmaß von beidem übrig blieb.

Mein Hauptproblem sehe ich aber definitiv bei den Figuren. Obwohl mir die Dialoge untereinander enorm zusagten und stellenweise fast etwas von Poesie hatten, wurde ich mit keinem Charakter richtig warm. Stella war mir zu Beginn noch sehr sympathisch – eine richtige, kleine Kämpferin, die trotz ihres Schicksals das Beste aus ihrem Leben machte. Vernünftig und verantwortungsvoll bestritt sie ihren Alltag – achtete penibel darauf, sich an alle Regeln und Vorschriften zu halten und wirkte alles in allem genau wie man sich eine totkranke junge Frau vorstellt. Sie wusste, was sie erwartete, wirkte aber trotzdem nicht hoffnungslos. Sie hatte Hobbys und Freunde, sie lachte aus vollem Herzen und wenn manchmal konnte man glatt vergessen, dass ihr die Mukooviszidose irgendwann die Luft raubt. Doch im Laufe der Geschichte nahm sie immer seltsamere Züge an. Sie ließ sich, meiner Meinung nach, viel zu sehr negativ beeinflussen und verwandelte sich in einen nicht mehr nachvollziehbaren Trotzkopf. Stella ist 17 und handelte zunehmend wie ein kleines Kind. Wie konnte sie eine derart rückläufige Entwicklung durchmachen? Schade. Ich hatte am Anfang noch ein echt gutes Gefühl mit ihr, aber die hauchzarte Verbindung, die ich zu ihr geknüpft hatte, wurde gekappt und trieb uns beide immer mehr auseinander; sodass ich ab der Mitte eigentlich gar nicht mehr mit ihr mitfühlen, geschweige denn ihre Handlungen und Gedankengänge nachvollziehen konnte.
Bei Will war das etwas anders. Ihn mochte ich anfangs überhaupt nicht; fand ihn einfach rebellisch, trotzig und dumm. Bei ihm galt: hauptsache dagegen. Doch scheinbar hatte sie verantwortungsbewusste Stella einen guten Einfluss auf ihn, sodass er sich nach und nach ein paar wenige Sympathiepunkte verdienen konnte. Während Stella also immer mehr abwärts rutschte, kämpfte sich Will mühsam nach oben – gen Mitte trafen sich die beiden mal kurz, entfernten sich dann aber doch wieder. Was mir bei Will aber positiv auffiel war sein Umgang mit seinen Freunden: sehr authentisch, echt und liebenswert.
Wahrscheinlich lag es vor allem daran, dass ich Jason und Hope unglaublich gerne mochte – weil sie ein Stück Normalität mit ins Krankenhaus brachten; genau so wie Mya und Camila. Barb und Julie waren ebenfalls voll nach meinem Geschmack, auch wenn mir bis heute nicht einleuchten will, warum manches bei ihnen so war, wie es war.

Zum Schreibstil hab ich dabei keinerlei Kritik. Ich hatte die Art und Weise, wie Rachael Lippincott wichtige Informationen und medizische Erklärungen in die Geschichte einbaut, ja zuvor schon gelobt und auch der Lesefluss war definitiv gegeben. Ich kam relativ schnell und locker durch die Seiten; und das trotz der schweren Thematik. Die Autorin erzählt sehr anschaulich und bildhaft, trotzdem nicht zu detaillverliebt. Ich hatte also stets ein klares Bild vor Augen, ohne mich von Beschreibungen überschwemmt gefühlt zu haben. Erzählt wird übrigens aus Sichten beider Protagonisten, sodass sie uns noch ein wenig näher gebracht werden – in diesem Fall nicht unbedingt positiv; aber an und für sich eine sehr schöne Idee und die beste Möglichkeit, Abwechslung in eine Geschichte zu bringen.

FAZIT:
„Drei Schritte zu dir“ von Rachael Lippincott und Co. ist für mich ein Buch gewesen, das ich gerne gelesen habe. Die Idee und vor allem die Recherche, die hinter dieser Handlung steckt, ist beeindruckend und erschütternd zugleich. Chapeau, dass sich die Autorin einem so wichtigen Thema annimmt aufzeigt, wie schrecklich die Diagnose Mukoviszidose für Betroffene wie Angehörige gleichermaßen ist. Nichts desto trotz konnte mich die Geschichte leider emotional nicht packen, sodass ich mir bis zuletzt sehr schwer tat, überhaupt mitzufiebern. Schade. Denn die einzelnen Plots und auch der Haupttwist waren großartig und hatten jede Menge Potential.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Großartiger Jugendroman mit topaktueller Thematik!

Staat X
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„Staat X“ ist eine wirklich besondere Geschichte. Hinter diesem hübschen Cover verbirgt sich eine Handlung, die einerseits zum Nachdenken anregt, andererseits aber auch erschreckende Parallelen zur Wirklichkeit ...

„Staat X“ ist eine wirklich besondere Geschichte. Hinter diesem hübschen Cover verbirgt sich eine Handlung, die einerseits zum Nachdenken anregt, andererseits aber auch erschreckende Parallelen zur Wirklichkeit aufweist. Der Staat, der allein von den Schülern regiert wird, wartet mit allem auf, was es für ein solches System braucht: das Parlament, das Gericht, die Polizei inklusive Präsidenten und das „kleine“ Volk. Selbst die Presse ist vertreten und so fällt es nicht schwer, die Handlung auf das reale Leben zu übertragen. Unwillkürlich stellt man sich als Leser etliche Fragen; allen voran: geht es in der Politik tatsächlich so zu? Aber auch „Ist das wirklich nur Fiktion?“. Hier spielen einige Elemente mit, die sicher so oder so ähnlich auch in Deutschland – oder irgendwo anders auf der Welt – genau so stattfinden. Korruption, Erpressung, Manupulation und Sabotage. Und das ist nur der Gipfel des Einbergs. Die Autorin hat noch ganz andere Problematiken aufgezeigt, die weniger auf der politischen als viel mehr auf der privaten Ebene zu Hause sind. Misstrauen, das Gegeneinander ausspielen, aber auch Freundschaft, Liebe und Vertrauen.
Schon auf den ersten Seiten wird klar, dass das Buch eher von einer unterschwelligen Spannung lebt, und auch von der Neugier des Lesers darauf, zu erfahren, in welcher Form alles aus dem Ruder läuft und wie die Schüler mit dieser Situation und der damit einhergehenden Verantwortung umgehen. Dabei hat Carolin Wahl eine Storyline geschaffen, die absolut rund, absolut nachvollziehbar ist; bei der wirklich jedes Zahnrad ins andere greift und alles logisch und authentisch vonstatten geht. Eine echt gruselige Tatsache, dass sich Menschen von Macht derart beeinflussen lassen und sich innerhalb kürzester Zeit verändern. Trotzdem zeigt die Autorin auch auf, wie sehr der familiäre Hintergrund dabei eine Rolle spielt.
Ich für meinen Teil war komplett begeistert von der Idee, die hinter diesem Buch steckt. Wenn man erst einmal beginnt zu lesen, wird einem aber auch schnell klar, dass die Geschichte mehr von unterschwelliger Spannung und vor allen Dingen, von den Charakteren lebt [dazu gleich nochmal mehr]. Wir begeben uns hier in eine Welt, die realistischer nicht sein könnte und so war es für mich überhaupt kein Problem, mich von der Handlung an sich gefangen nehmen und mitreißen zu lassen. Dennoch ist das Erzähl-Tempo eher im mittleren Bereich angesiedelt, schließlich soll „Staat X“ kein Actionthriller sein, sondern ein Buch, das nachdenklich macht und ganz aktuelle Problematiken aufzeigt. Ich muss zugeben, dass ich gerade zu Beginn der Geschichte eher schwer ins Geschehen rein fand; was nicht zuletzt an der Vielzahl an Charakteren lag. Ich tat mir schwer, sie alle zuzuordnen, mir ihre Namen und ihre Jobs zu merken und auch noch ihre Vergangenheiten bzw. familiären Verhältnisse einzuprägen. Es verging einige Zeit, ehe ich mich zurecht fand, doch als dieser Punkt erreicht war, war ich eins mit den Figuren und fieberte auch problemlos mit ihnen mit. Für mich war dieser Einstieg, der noch recht wenig mit dem Staat zu tun hatte, zu lang – obwohl mir natürlich einleuchtet, dass auch Tiefgang Platz braucht und Seiten in Beschlag nimmt. Man wird auch gleich, wenn ich auf die Charaktere zurück komme klar merken, dass es auch einige Vorteile bot, dass sich Carolin Wahl für so viele Hintergrund-Informationen entschieden hat. Trotzdem hätte ich mir vorstellen können, das alles etwas knackiger zusammengefasst wird und der eigentliche Twist früher einsetzt. Gerade als es anfängt, temporeicher und dramatischer zu werden, ist das Ende schon nah und mir fehlte ein wenig die Ausgeglichenheit zwischen Vorgeschichte/Charakterinfos und der Handlung allgemein. Sehr schade, wie ich finde – aber natürlich befinden wir uns im Jugendbuch-Bereich und natürlich will ich diese großartige Idee und deren Umsetzung nicht kritisieren; denn die Ausarbeitung, die Gedanken die dahinter stecken und diese runde Gesamtbild grenzen eindeutig an Perfektion.

Carolin Wahl schreibt, wie es nicht anders zu erwarten war, einfach großartig. Blidhaft, aber klar strukturiert kam die Geschichte zügig in Fahrt, jedoch nicht ohne vorher einige interessante und vor allem wichtige Informationen zur Handlung zu klären. Wie schon in „Die Traumknüpfer“ hatte ich permanent ein klares Bild vor meinem geistigen Auge, konnte mich wunderbar leicht in die Szenen hinein versetzen und fühlte mich als Teil des Ganzen. Erzählt wird „Staat X“ aus den Sichten aller vier Protagonisten plus einer weiteren allgemeinen Perspektive, was zwar etwas verwirrend war, weil eben jede Figur einen anderen Umgang hat und so etliche weitere ins Spiel kommen; aber alles in allem sehr passend. Wie ihr wisst, bin ich schon ein großer Freund von zwei Perspektiven; bei insgesamt fünf Sichten kommt daher deutlich mehr Spannung auf, in dem die einzelnen Kapitel dann prompt bei einem Cliffhanger enden und wir uns stets fragen, wie es denn nun mit Lara, Vincent, Melina oder Adrian weitergeht; jedoch vorher noch die Perspektiven der anderen Protas lesen müssen, um wieder an die Stelle des Cliffhangers zu kommen.

Die Charaktere sind ein riesiger Bestandteil des Buches und sorgten dafür, dass die Geschichte gut funktioniert. Ich hatte oben schon erwähnt, dass sie alle mit erstaunlich viel Tiefgang ausgestattet sind und dem Staat X so allein schon eine gehörige Portion Leben schenken. Durch die enorme Ausleuchtung aller Beteiligten entstand ein klares Bild von jedem einzelnen und zeigte auf, wieso sie heute so sind, wie sie sind und wieso sie handeln und denken, wie sie es innerhalb des Schulprojekts tun. Ich glaube, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass ich selten so klar strukturierte und detaillierte Figuren kennenlernen durfte wie die vier Teenager hier. Und da spreche ich erst einmal nur von den Protagonisten. Diese Schüler boten eine Bandbreite an unterschiedlichen Eigenschaften, Erlebnissen und Hintergründe und sie alle waren nicht nur im Verhalten, sondern auch in ihrer Sichtweise grundverschieden.
Gleichzeitig wird aber durch eben jene Informationen auch deutlich, dass sich ihre Entwicklung nicht aus heiterem Himmel ereignet sondern durch Erziehung, Lebensumstände und Familie herbeigeführt wird. Erschreckend, aber unheimlich realistisch und greifbar.
Adrian, Melina, Vincent und Lara wären sich an der Schule wahrscheinlich nie wirklich näher gekommen, sind aber nun durch das Projekt aufeinander angewiesen und lernen sich so gezwungenermaßen besser kennen. Trotzdem geht jeder irgendwie seinen eigenen Weg und hat seine eigene Sicht auf die Dinge, die die anderen nicht automatisch gutheißen müssen. Das war ein weiterer Punkt, der für Konflikte sorgen könnte und somit ein weiterer Punkt, der mir sehr gut gefiel.
Adrian verkörpert hier wohl den Antagonisten, und trotzdem ist er durchgängig mein Lieblingscharakter gewesen; und zwar weil seine Beweggründe nachvollziehbar und verständlich waren. Er brachte immer wieder frischen Wind ins Geschehen und durch ihn wurde es nie langweilig. Lara war das pure Gegenteil – Carolin hat sie in unserem Instagram-Chat wiefolgt beschrieben: neu und ohne einen Plan. Und das trifft es genau. Lara sticht durch ihre herrliche Normalität aus der Masse an Charakteren heraus und besticht durch ihr sympathisches, liebenswertes Wesen. Auch die anderen beiden empfand ich als interessant und authentisch; nur konnten sie für mich eben nicht mit Lara und Adrian mithalten.

FAZIT:
Mit „Staat X“ ist Carolin Wahl eine erschreckend realistische Geschichte gelungen, die aufzeigt, mit welch einfachen Mitteln man die Macht erlangt und wie sehr Macht einen Menschen verändern kann. Einfache Schüler werden zu Bürgern eines Staates und benehmen sich genau so, wie man es nur aus Polithrillern kennt. Besonders diese Schüler waren es, die mich rund herum beeindruckt haben, die aber gleichzeitig auch dafür sorgten, dass mir der Einstieg nicht ganz leicht viel. Ein enorm starker Jugendroman mit einer brisanten, topaktuellen Thematik; aber leider auch mit kleineren Schwächen. Trotzdem gibt’s von mir eine bedingungslose Lese-Empfehlung; denn diese Geschichte kann nicht nur Jugendlichen, sondern auch Erwachsenen die Augen öffnen und zum Nachdenken animieren.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Typischer Marie-Force-Charme lässt die Herzen höher schlagen

Vergiss die Liebe nicht
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Man muss schon sagen, dass es hauptsächlich die Charaktere sind, von denen die Geschichte lebt. Schon in anderen Büchern der Autorin wuchsen mir Haupt,- wie Nebenfiguren enorm ans Herz und da bildet dieser ...

Man muss schon sagen, dass es hauptsächlich die Charaktere sind, von denen die Geschichte lebt. Schon in anderen Büchern der Autorin wuchsen mir Haupt,- wie Nebenfiguren enorm ans Herz und da bildet dieser Auftakt keine Ausnahme. Ich bin immer wieder begeistert, wie einfach ich mit den Protagonisten, die Marie Force zum Leben erweckt, mitfiebern und mitfühlen kann. Sie wirken alle so greifbar, sind hochgradig sympathisch und einfach liebenswert. Man fühlt sich als Leser pudelwohl an der Seite aller und begleitet sie gerne durch ihr Leben – mit allen Höhen und Tiefen.
In diesem Fall treffen wir auf Jack, einen dreifachen Familienvater, den das Schicksal ganz schön hart getroffen hat. Ich kann mich beim besten Willen nicht in seine Situation hineinfühlen, doch die Autorin hat es geschafft, dass ich mich voll und ganz von Jack’s Trauer anstecken lasse und sie tatsächlich am eigenen Leib fühlen konnte. Eine Tatsache, die mich zutiefst beeindruckte. Doch auch seine Entwicklung war bemerkenswert und mir gefiel es zu sehen, wie er langsam aus dem schwarzen Loch, in dem er gefangen war, herauskroch und wieder ins Leben zurückfand. Jack war facettenreich und vielschichtig, brachte alles mit, was es für einen guten Protagonisten braucht und begeisterte mich sowohl in Sachen nachvollziehbaren Gedankengängen als auch bei seinen glaubhaften Handlungen. Jack war einerseits ein so fürsorglicher, liebevoller Vater, der jedoch erst in genau diese Rolle hineinfinden musste. Ein Prozess, den ich gern mitverfolgte und der mir sehr zusagte. Nicht zu schnell, aber auch nicht zu sehr in die Länge gezogen. Andererseits war aber auch seine berufliche Laufbahn interessant und spannend zu verfolgen. Meines Erachtens nach verkörperte Jack die perfekte Mischung aus gefühlvollem Vater, erfolgreichem Architekt und sinnlicher und sanfter Liebhaber. Ich bin wirklich glücklich darüber, dass Marie Force ihn so dargestellt hat, wie er dargestellt wurde. Er dachte immer wieder an seine Ehefrau, war in dieser Hinsicht sehr verantwortungsvoll und gewissenhaft und für seine drei Mädels das perfekte Vorbild. Ich hatte ja enorme Angst, dass die neue Frau auftaucht und Clare, die ja im Koma lag, einfach vergessen war – das bewahrheitete sich zum Glück nicht. Kurz um: Jack war die perfekte Besetzung für diese Geschichte.
Andi, die schon früh ins Spiel kommt, gefiel mir genau so gut. Sie war absolut bodenständig, sympathisch und liebenswert. Als neue Frau an Jack’s Seite hatte ich zu Beginn noch Probleme, da meine Loyalität eher auf Clare’s Seite lag, doch im Laufe der Zeit, wuchs sie mir immer mehr ans Herz und ich verstand zunehmend, was Jack in ihr sah. Besonders gut gefiel mir, wie sie mit Jack’s Kindern umging und wie viel Mühe sie sich mit ihnen gab. Doch auch mit ihrem eigenen Sohn ging sie herzallerliebst um und vergötterte den 5-jährigen total. Trotzdem konnte ich diese liebevoller Mutter wunderbar mit der starken Karriere-Frau in Einklang bringen und sie auf beiden Ebenen voll und ganz nachvollziehen.
Besonders schön fand ich aber, wie beinah in all den Marie Force Geschichten, die Nebenfiguren. Hier drehte sich sehr viel um Jack’s Schwester und seinen besten Freund; doch auch die vier Kinder der Protagonisten waren großartig und sooo echt! Die beiden pubertierten Mädels waren perfekt getroffen und ich erkannte mich in vielen Situationen wider, als ich so alt war. Wundervoll – alle – wie immer.

Marie Force schafft es problemlos, mich in ihre Geschichten hinein zu ziehen. Ich fühle stets wohl und auch in diesem Auftakt war wieder dieser Wühlfühl-Faktor spürbar, den ich so sehr liebe. Man fühlt sich als Mitglied der Familie, als wichtiger Teil der Geschichte und kann sich nicht nur emotional fallen lassen, sondern auch in die traumhaften Beschreibungen der Umgebung. Ich spürte mit jeder Seite mehr, wie Fernweh in mir aufstieg und musste Rhode Island umgehend auf meine Bucketlist setzen. Marie Force erzählt so flüssig und angenehm, und trotzdem sehr gefühlvoll und mitreißend, dass man quasi nur so durch die Seiten rauscht und kaum aufhören kann zu lesen.
Erzählt aus zwei verschiedenen Sichten bekommen wir als Leser einen Einblick in beide Gedanken,- und Gefühlswelten und fühlen uns so den beiden Protagonisten noch näher, als es ohnehin schon der Fall war. Auch die gewählte dritte Person fand ich hier sehr passend; auch wenn ich eigentlich die Ich-Perspektive bevorzuge.

Die Idee hinter dem Buch ist vielversprechend; keine Frage. Auch die Handlung an sich ist alles andere als schlecht. Schon nach den ersten Seiten war ich komplett abgetaucht und fühlte mich rund herum wohl in der Geschichte. „Vergiss die Liebe nicht“ trumpft mit dem typischen Marie Force Charme auf, sodass man sich in eigentlich fremden Gebieten und bei völlig fremden Familien direkt heimisch fühlt. So war es auch hier. Bevor ich auch nur dazu kam, die Protagonisten und Nebenfiguren kennen zu lernen, fühlte ich mich schon Zuhause und wollte nie wieder von Rhode Island weg. Das ist einfach diese heimelige Atmosphäre, die einen hier komplett in Beschlag nimmt. Besonders die Emotionen, die so wunderbar authentisch zum Leser transportiert werden, fesseln genug, um das Buch kaum aus den Händen zu legen. Man sollte sich einfach von vorn herein klar werden, dass es eine süße, lockerleichte (um nciht zu sagen, seichte) Liebesgeschichte ist, die rein von den Figuren und den Emotionen lebt. Nervenaufreibende Action sucht man hier natürlich vergeblich; es ist schöne Unterhaltung für zwischendurch mit jeder Menge berührenden Momenten und herzerwärmenden Szenen. Trotzdem finde ich, dass es nicht das stärkste Buch der Autorin ist. Ich hatte oftmals das Gefühl, dass so ein bisschen Leerlauf aufkam und die Handlung nicht wirklich weiterkommt. Manche Elemente fand ich auch etwas unnötig, denn letztlich sorgten sie nur dafür, dass sich die Geschichte in die Länge zog. Beim Auftakt der Green Mountain Saga beispielsweise hätte ich 1000 Seiten davon lesen können, ohne auch nur an Langeweile zu denken; doch hier verspürte ich stellenweise schon eine gewisse Langatmigkeit. Aber ich möchte die beiden Bücher gar nicht miteinander vergleichen. Das Ende von „Vergiss die Liebe nicht“ war dann auch keine umwerfende Überraschung mehr. Alles wirkte ein wenig vorhersehbar und gewisse Elemente davon sogar ein bisschen zu zufällig. Trotzdem war es schön, es zu erleben und zu verfolgen. Kein bahnbrechendes Finale, aber doch einfach passend für das Buch. Alles in allem war dieser Auftakt sehr unterhaltsam und äußerst stimmungsvoll, auch wenn es letztlich nicht ganz kritikfrei davon kommt.

FAZIT:
„Vergiss die Liebe nicht“ ist ein herrlich unterhaltsamer, lockerleichter Zeitvertreib voller Emotionen. Die so typische Atmosphäre, die wir schon aus anderen Marie Force Werken kennen, ist auch hier wieder einer der Gründe, wieso ich das Buch so gern gelesen habe. Stimmungs,- und gefühlvoll erzählt die Autorin eine berührende Geschichte rund um den dreifachen Familienvater Jack, den ich nicht nur äußerst sympathisch fand, sondern auch sofort tief ins Herz schloss. Selbst die Nebenfiguren fanden einen Platz darin und sind aus dem Buch nicht mehr wegzudenken. Trotzdem gibt es auch Kritik von mir, wie beispielsweise die zu sehr in die Länge gezogene Handlung – oder die Vorhersehbarkeit mancher Wendungen. Alles in allem nicht perfekt, aber trotzdem lesenswert – vor allem für all diejenigen, die zum Beispiel Redwood Love gerne mochten. Für die ist Marie Force und somit auch dieser Auftakt der Neuengland-Reihe ein Muss.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Überraschend mitreißende Geschichte mit schottischem Setting

Ein Augenblick für immer. Das erste Buch der Lügenwahrheit (Die Bücher der Lügenwahrheit 1)
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Zugegeben, meine Erwartungshaltung war trotz des Hypes um die Geschichte eher im mittleren Bereich angesiedelt. Ich habe mit einer beinah schon gewöhnlichen Romantasy-Story gerechnet und ich kann jetzt ...

Zugegeben, meine Erwartungshaltung war trotz des Hypes um die Geschichte eher im mittleren Bereich angesiedelt. Ich habe mit einer beinah schon gewöhnlichen Romantasy-Story gerechnet und ich kann jetzt rückblickend auch sagen, dass ich mit dieser Einschätzung gar nicht mal so falsch lag. Rose Snow bedient sich an einigen bekannten Elementen, die uns auch in anderen Romanen bereits öfters begegnet sind; wie beispielsweise das Auslandsjahr inklusive neuer Schule und einem mysteriösen Typen – bzw. in diesem Fall sogar zwei mysteriöse Kerle. Oder aber die seltsamen Zwischenfälle, die auch nichts Neues sind. Das alles ist nichts besonderes; was jedoch überraschend für mich war, war die Tatsache, dass ich es trotzdem unendlich interessant und spannend fand. Denn das Autorenduo hat es geschafft, völlig neuartige und innovative Aspekte in das Bekannte einzuweben und so eine völlig erfrischende Storyline zu kreieren, die fesseln und mitreißen kann. So gefiel mir beispielsweise die magischen Elemente sehr gut; die sich wirklich vom Einheitsbrei abhoben und sehr interessant und detailreich dargestellt wurden. Ich persönlich bin einer solchen magischen Gabe jedenfalls noch nie begegnet und war sehr positiv angetan davon. Auch die Kulisse spielte der Handlung absolut in die Karten und brachte ein weiteres interessantes Element mit sich. Und wer hätte denn bitte je gedacht, dass mich sogar eine Dreiecksbeziehung jemals wieder begeistern könnte? In diesem Buch spielt die nämlich eine tragende Rolle und nimmt, neben der eigentlichen Story einiges an Platz ein. June und ihre beiden Cousins Blake und Preston. Während man meist eher auf ein nerviges Hin und Her trifft, war es im ersten Buch der Lügenwahrheit viel mehr ein unterhaltsamer zweiter Handlungsstrang, der mit humorvollen Dialogen, gefühlvollen Momenten und einem realistischen Gefühlschaos von Seiten June’s aufwarten kann. Ich behaupte sogar, dass dieses Buch ohne diese Dreiecks-Sache niemals so funktioniert und niemals diesen Charme entwickelt hätte, den ich so lieben gelernt habe.
Dabei wird aber sowohl die Haupt-Handlung wie auch diese Sache zwischen June, Preston und Blake eher etwas ruhiger erzählt wird und trumpft nur stellenweise mit temporeichen Szenen und actiongeladenen Plots auf. Das hat in meinen Augen aber auch komplett gereicht. Mir hat in dieser Hinsicht nichts gefehlt und trotz der gediegenen Momenten fühlte ich mich stets gefesselt und vor allen Dingen unterhalten – und niemals gelangweilt. Alles in allem also eine Handlung, die mich nicht komplett aus den Socken hauen konnte, aber doch genügend begeisterte, um schnellstmöglich Band 2 lesen oder hören zu wollen. Vor allem nach diesem überraschenden Ende, das mich so gar nicht mehr loslässt und weiterhin permanent beschäftigt.

Das Erzähltempo ist also, wie bereits erwähnt, etwas langsamer und trotzdem nicht minder spannend gehalten. Das Autorenduo Rose Snow schreibt sehr locker, sehr flüssig und das Abtauchen in June’s Welt und in das wunderschöne Cornwall fällt nicht weiter schwer. Ich kam sehr leicht und schnell voran und konnte mir die Charaktere, Szenen und die verschiedenen Settings wunderbar vorstellen und es gibt eigentlich nichts, was mir in der Hinsicht negativ aufgefallen wäre. Jedoch gibt es in gewisser Hinsicht auch nichts, was mir enorm positiv aufgefallen wäre. Der Schreibstil war gut, nicht bahnbrechend, aber doch sehr passend für die Zielgruppe und für die Geschichte an sich.
Marie-Isabel Walke hat eine tolle Stimme, die sich wunderbar für diese Art von Büchern eignet und obwohl sie mir noch lange nicht so vertraut ist wie andere, bin ich mir doch sicher, dass dieses Werk nicht das letzte war, was ich von ihr gehört habe. Mir gefiel vor allem ihre Betonung und ihre verschiedenen Tonlagen – sie konnte mir emotional berührende Szenen genau so gut und glaubhaft verkaufen, wie böse Streitereien zwischen den Figuren. Alles in allem also sehr passend für diesen Trilogie-Auftakt und ich freue mich, mir von Frau Walke auch die anderen beiden Bände vorlesen zu lassen.

June ist die perfekte Besetzung als Protagonistin. Zu Beginn treffen wir auf einen ganz normalen, leicht verunsicherten jungen Teenager, der nach Cornwall reist, um dort beim Onkel, den beinah fremd ist, zu leben. Dieser Schritt ins Ungewisse beschert der 17-Jährigen einige Zweifel; kein Wunder also dass auch Unsicherheit und Zurückhaltung aufkeimen. Erst im Laufe der Geschichte fängt June an langsam aufzutauen – nur um dann durch die aufkeimende magische Gabe wieder verunsichert zu werden. Ein großer Pluspunkt an der Stelle: June war nicht von jetzt auf gleich ein Profi, was ihre Gabe betrifft, sondern sie hat sich langsam und vorsichtig ran getastet, nicht ohne Rückschläge auskommen zu müssen. Selbst die Selbstzweifel, die ständige Frage, ob sie vielleicht verrückt wurde, fand ich enorm passend und sorgte für Lebendigkeit und Realismus. Trotzdem zeigt sie sich nach kurzem Eingewöhnen als schlagfertig, besonders im Umgang mit ihrem beiden Cousins. Auf die witzigen Dialoge und ausufernden Streitigkeiten untereinander wollte ich echt nicht verzichten. Kurz um: June ist hochgradig sympathisch, unendlich liebenswert und einfach authentisch und echt. Ihre Gedankengänge, Handlungen und Schlussfolgerungen waren vollkommen nachvollziehbar und realistisch; gut durchdacht und nicht kopflos. Bei ihr hatte einfach alles Hand und Fuß und gerade durch ihre Normalität eroberte sie mich Leser-Herz im Sturm.
Blake und Preston sind zwar Brüder, aber auf allen Ebenen grundverschieden. Während Blake mehr der Bad Ass Charakter ist, ist Preston dr zuvorkommende, höfliche Part. Beide hatten also ihre Vor,- und Nachteile und ich könnte mich für keinen entscheiden – weil sie beide Abwechslung ins Geschehen brachten und June’s Kopf ganz schön verdrehten – nur eben jeder auf seine eigene Art und Weise. Doch beide durchlebten, ebenso wie die weibliche Hauptfigur, eine Entwicklung, die mir sehr gut gefiel und die ich nicht als überzogen betrachtete.
Nebenfiguren, sofern vorhanden (ja es gibt hier tatsächlich recht wenige, wirklich wichtige Nebencharaktere), fand ich ausreichend dargestellt. Keiner bis auf Grayson und Lilli konnten mich richtig erreichen – aber das war auch gar nicht nötig. Mir reichte das, was geboten wurde total aus und ich freue mich einzig und allein auf die Protagonisten und auf die beiden neuen Freunde von June.

FAZIT:
„Ein Augenblick für immer – Das erste Buch der Lügenwahrheit“ von Rose Snow war unterhaltsam, interessant und durchweg spannend. Trotzdem gestehe ich, dass ich den Hype um diesen Auftakt nicht wirklich nachvollziehen kann. Für mich war das Buch sehr gut, nur eben kein Highlight. Dafür fehlte mir der große Wow-Effekt. Handlung, Charaktere, Schreibstil, Sprecherin, Humor – alles tiptop, aber für die 5 Sterne reicht es nicht. Vielleicht lag’s am Erzähltempo – wer weiß. Ich hab mich dennoch sehr gut unterhalten gefühlt und freue mich sehr auf Band 2 der Reihe. Für alle Romantasy-Fans gibt’s auf alle Fälle ne klare Leseempfehlung.