Keine Neuerfindung des Rads aber doch sehr unterhaltsam
Finde mich. Jetzt (Finde-mich-Reihe 1)Kathinka Engel hat einen sehr leichten, alltäglichen Schreibstil, der sich wunderbar schnell und flüssig lesen (und hören) lässt. Sie verwendet eine einfache, verständliche Sprache und erzählt mit jugendlicher ...
Kathinka Engel hat einen sehr leichten, alltäglichen Schreibstil, der sich wunderbar schnell und flüssig lesen (und hören) lässt. Sie verwendet eine einfache, verständliche Sprache und erzählt mit jugendlicher Leichtigkeit sehr gefühlvoll, bildhaft und greifbar. Es fiel mir als Leser weder schwer, mir die Charaktere und Settings vorzustellen, noch mit besagten Charakteren mitzufühlen. Die Gliederung in zwei verschiedene Perspektiven bringen sie uns zudem auch nochmal deutlich näher und lassen uns ausgesprochen tief in die jeweiligen Gefühls,- und Gedankenwelten blicken.
Ein weiterer Pluspunkt war die Aufteilung der beiden Sprecher; so übernimmt – wer hätte es gedacht – Dagmar Bittner den Part von Tamsin und Bastian Korff dementsprechend den von Rhys. Da mir die weibliche Stimme bereits aus anderen Hörbüchern bekannt war, war es keine große Überraschung, dass sie einen tollen Job macht. Obwohl es hier manchmal ein wenig ins „Säuseln“ abdriftet, was stellenweise etwas anstrengend wirkt. Dagegen überzeugt der männliche Sprecher auf ganzer Linie. Seine Stimmlage ist äußerst angenehm, mitreißend und transportiert dazu die Emotionen noch enorm gut. Kurz um: beide Vorleser haben einen tollen Job gemacht, auch wenn Tamsin’s Parts teilweise ein wenig zu gestellt anmuteten.
(Bevor ich nun zu den Figuren ganz allgemein komme, möchte ich mal kurz über die Namensgebung meckern – also mehr SJM ging nicht, oder? Tamsin und Rhys? So wie Tamlin und Rhysand? Naja. Lassen wir das mal so stehen.) Sowohl Sprecher als auch Sprecherin verliehen den beiden Protagonisten also ihre ganz eigene Lebendigkeit und Dynamik. Doch auch charakterlich stechen Tamsin und Rhys heraus. Tamsin, die quirrlige junge Frau mit einer Menge Lebensfreude, Ausstrahlung und Energie begeistert durch authentisches, ehrliches Auftreten und nimmt den Leser schon während den ersten Seiten für sich ein. Sie mag vielleicht nicht die Außergewöhnlichkeit in Person sein, doch dank ihres Temperaments und ihrer sympathischen, einnehmenden Art überzeugt sie auf ganz alltägliche Weise. Ihre Gedankengänge und Handlungen sind in den meisten Fällen glaubhaft und nachvollziehbar; ihre Emotionen schön eingefangen und wiedergegeben und durch und durch realistisch. Manchmal erweckt sie den Eindruck, ein wenig blauäugig und naiv durchs Leben zu gehen, doch das lässt sich, in Anbetracht all ihrer anderen positiven Eigenschaften, verschmerzen.
Ganz anders wie viele andere New Adult Protagonisten ist Rhys. Rhys ist eigentlich das pure Gegenteil von allen anderen. Das Leben hinter Gittern, und das über Jahre hinweg, haben ihn das Vertrauen in die Menschen und die Welt ganz allgemein gekostet. Als er dann endlich in Freiheit kommt, ist er unbeholfen, wirkt fast ein bisschen weltfremd, ist alles andere als fehlerfrei und glänzt durch Unerfahrenheit. Ihm ist so vieles entgangen und man hat oft das Gefühl, einem 15-jährigen Teenager gegenüber zu stehen. Dabei ist er durchaus gewillt, alles richtig zu machen; sich alles zu erarbeiten, wonach er strebt. Er ist offen gegenüber der Welt und es ist wunderschön mit anzusehen, wie er sich entwickelt. Dabei gibt es aber immer noch diesen dezenten Bad Boy – Aspekt, der hin und wieder durchschimmert. Man will sich auch bei Gott nicht vorstellen, was man im Gefängnis alles erleben muss – wie man dort ÜBERleben muss. Kurz um: Rhys ist der Grund, warum diese Geschichte überhaupt funktioniert. Er ist ein äußerst interessanter Charakter, der für Spannung sorgt und den Leser an sich bindet und dementsprechend mitreißt. Man wünscht diesem jungen Mann von Herzen alles erdenklich Gute und man möchte um jeden Preis wissen, welche Entscheidungen er trifft und welche Fehler er macht und welche Aufwirkungen besagte Fehler auf sein weiterführendes Leben haben werden.
Andere Figuren, wie beispielsweise Malik und Zelda, die ja in Band 2 die Hauptrolle übernehmen, sind ausreichend interessant dargestellt, um auch ihre Geschichte kennenlernen und erleben zu wollen. Vor allem Zelda ist eine wunderbare Persönlichkeit, die ihren Charme versprüht und trotzdem genügend Tiefgang verpasst bekam, um greifbar und authentisch zu sein. Auch sie hat, genau so wie all die anderen Charaktere, ihr Päckchen zu tragen und eben jenes Päckchen macht sie interessant und in gewisser Weise sogar vielschichtig. Keiner sticht immens aus der Masse an Figuren in solchen Romanen heraus, doch die Sympathie und das Interesse an ihnen stand definitiv auf ihrer Seite; und das ist schließlich das, was zählt.
Die Idee hinter diesem Roman ist vielversprechend. Es macht eine Menge Spaß, Tamsin auf ihrer Reise in ihr neues Leben zu begleiten und auch Rhys‘ Leben ist von interessanten Elemente gesäumt. Das Potential war definitiv da, ebenso wie auch die allgemein interessante Kombination aus zwei sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten. Die war es letztlich wohl auch, die so unterhalten und in gewisser Weise sogar mitreißen kann. Der allgemeine Aufbau ist allerdings eher 0-8-15 und deshalb enorm vorhersehbar. Kathinka Engel bedient sich in Sachen Abhandlung an einigen sehr bekannten, um nicht zu sagen, ausgelutschten Bausteinen und erzeugt so eine mehr als klischeehafte Storyline. Das typische Muster, in das diese eigentlich so vielversprechende Beziehung, hineingepresst wurde, ist derart typisch für New Adult, dass es beinahe weh tut. Schon der erste Satz, in dem Tamsin ihre Koffer packt, weil sie es mit ihren Eltern nicht mehr aushält, verursacht regelrecht Bauchschmerzen. Das Kennenlernen mit Rhys ist zwar keine Überraschung gewesen, doch alles in allem sehr schön ausgearbeitet und in Szene gesetzt, So verhält es sich eigentlich mit allen Parts des Buches – im Großen und Ganzen ergibt es eine banale Story nach dem bekannten Schema (Mädchen zieht weg zum studieren, lernt mysteriösen Kerl kennen, sie verlieben sich; das große Drama folgt, ehe alles wieder gut wird). Doch betrachtet man mal jede Szene für sich, wird das Talent der Autorin doch deutlich. Jede Szene ist sehr schön geschrieben, abwechslungsreich ausgearbeitet und interessant zu verfolgen. Das war auch der springende Punkt: wäre das nicht so gewesen, hätte es niemals dieses Gefühl von Unterhaltung gegeben. Denn trotz der ganzen Kritik, ließ sich die Geschichte binnen zwei Tagen komplett durchhören und ich war, trotz allem Gemecker, beinah durchgehend gefesselt (auch wenn die Augenroll-Momente nicht ausblieben).
Das Ende war dann noch einmal mit ein wenig mehr Spannung gespickt und dementsprechend etwas rasanter, als der Rest des Romans. Es gibt zwar keine umwerfenden Überraschungen oder super unvorhersehbare Wendungen, doch die Art und Weise, wie die Autorin die Geschichte beendet, sprach doch für sich. Es war emotional wie mitreißend, wieder schön insziniert und dargestellt und rundete alles gänzlich ab. Außerdem keimt während den gesamten 432 Seiten immer mehr die Neugier auf Zelda’s und Malik’s Geschichte auf – was man auch nicht unerwähnt lassen sollte.
FAZIT:
Der Auftakt der „Finde mich – Reihe“ von Kathinka Engel ist eine süße, nette Unterhaltung für zwischendurch. Nicht perfekt, nicht super überraschend und auch nichts, was man nicht schon etliche Male gelesen hätte; aber gleichzeitig doch irgendwie mitreißend und fesselnd. Besonders gut gefiel mir hier, dass endlich mal der weibliche Part mehr Erfahrung hat und dementsprechend dem männlichen Protagonisten anleitet. Das hat dem klischeehaften Aufbau doch deutlich in die Karten gespielt und lässt so manches Augenrollen ein bisschen verblassen. Ich jedenfalls freue mich auf Band 2 der Trilogie und hoffe auf ein bisschen weniger Vorhersehbarkeit und mehr Überraschungen – und wenn es das nicht gibt; dann hab ich zumindest wieder einige schöne Lese, – oder Hörstunden.