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Veröffentlicht am 15.10.2023

Von Jägern und Wölfen

Ich träumte von einer Bestie
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Nina Blazon ist eine Autorin mit vielseitigem Repertoire. Kinder-, Jugend-, Fantasy-, aber auch Erwachsenenromane hat sie bisher geschrieben. Ihr neues Buch mit dem Titel "Ich träumte von einer Bestie" ...

Nina Blazon ist eine Autorin mit vielseitigem Repertoire. Kinder-, Jugend-, Fantasy-, aber auch Erwachsenenromane hat sie bisher geschrieben. Ihr neues Buch mit dem Titel "Ich träumte von einer Bestie" scheint nun ein Mix aus allen Genres zu sein. Und dieser ist ihr unfassbar gut geglückt.

Fleur lebt relativ zurückgezogen und arbeitet als sogenannte Datenforensikerin. Sie geht Spuren im Internet nach und taucht dabei oft ein in die Welt des Worldwide Web. Im richtigen Leben läuft es nicht so glatt für die junge Frau. Als Leser:in merkt man schnell, dass Fleur ein Geheimnis umgibt. Doch was es sein kann, bleibt lange verborgen. Erst als Fleur durch das Erbe ihrer gehassten französischen Großmutter auf die Spur einer jahrhundertealten ungelösten Familiengeschichte stößt, nimmt auch die Geschichte fahrt auf. Nina Blazon verwebt hier die Legende der Bestie des Gévaudan mit der Geschichte von Fleurs Familie. Blazon führt uns in die abgelegene Gegend der Auvergne in Frankreich. Auf sehr fesselnde Weise, die ab und an auch einen kleinen Schauer hervorruft, wird das Geheimnis am Ende gelüftet.
Ich kann dieses Buch allen empfehlen, die gerne in märchenhafte Geschichten eintauchen. Perfekt wird das Ganze durch die Informationen zur Legende der Bestie. Sehr passend zur kommenden dunklen Jahreszeit.

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Veröffentlicht am 09.10.2023

Bezauberndes Buch

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
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Auch im Alter kann noch Erstaunliches passieren. Mrs. Quinn liefert dafür das beste Beispiel.

Seit fast sechs Jahrzehnten sind Jennifer und Bernhard Quinn ein Ehepaar und leben beschaulich in einer englischen ...

Auch im Alter kann noch Erstaunliches passieren. Mrs. Quinn liefert dafür das beste Beispiel.

Seit fast sechs Jahrzehnten sind Jennifer und Bernhard Quinn ein Ehepaar und leben beschaulich in einer englischen Kleinstadt. Jennifers großes Hobby ist das Backen. Schon früh hat sie gelernt, dass das Zubereiten von Backwerk eine Art von Liebesbeweis sein kann. In ihrer Familie hat das Anfertigen von Köstlichkeiten eine Tradition. Rezepte werden aufgeschrieben und so für die Nachwelt festgehalten. Seit frühester Jugend verwöhnt sie ihre Lieben mit ihren Kreationen und ist somit eine Meisterin im Backen geworden. Jennifer stellt sich einer neuen Herausforderung, als sie sich (ohne ihrem Mann Bernhardt davon etwas zu sagen) für einen Backwettbewerb im Fernsehen anmeldet. Woche für Woche wird nun das köstlichste Gebäck produziert, und tatsächlich ist mir beim Lesen das Wasser im Munde zusammengelaufen. Für Jennifer entwickelt sich der Wettbewerb zu einer großen Freude. Ein Geheimnis aus Jennifers Vergangenheit trübt allerdings ihre Freude über den Erfolg. Doch letztlich kommt es auch hier zu einem guten Ende.

Der späte Ruhm der Mrs Quinn liest sich so locker und leicht wie ein mit Liebe gebackenes Kuchenstück von Jennifer Quinn wohl schmecken mag. Es gibt wenig Überraschendes in diesem Buch, und Fans von liebenswerten Charakteren kommen hier voll auf ihre Kosten. So warmherzig und routiniert von der Autorin Olivia Ford geschrieben, dass man es kaum glauben kann, dass dies ihr Debütroman ist.
Ich bin nun gespannt, ob es demnächst ein Backbuch geben wird. Mich würde es auf jeden Fall freuen.

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Veröffentlicht am 22.09.2023

Echt und atmosphärisch

Als wir an Wunder glaubten
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Als wir an Wunder glaubten: Ein Roman, so echt und atmosphärisch, dass das Lesen wie von selbst geht. Am Ende des Buches taucht man auf und reibt sich verwundert die Augen und fragt sich: Alles lange her, ...

Als wir an Wunder glaubten: Ein Roman, so echt und atmosphärisch, dass das Lesen wie von selbst geht. Am Ende des Buches taucht man auf und reibt sich verwundert die Augen und fragt sich: Alles lange her, oder etwa doch nicht?

Ein norddeutsches Dorf wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges: die Bewohner von Unnenmoor tragen noch an der Last, die der Krieg und die
Nationalsozialisten Ihnen aufgebürdet haben. Ehemänner sind im Krieg geblieben oder noch in Gefangenschaft, die Täter und Mitläufer der untergegangenen Diktatur haben sich in der neuen Zeit bereits bestens eingerichtet und Frauen beginnen, sich in der neuen Ordnung ihre Plätze zu sichern. Die alten Gewissheiten tragen nicht mehr, und so mancher bastelt sich ein neues Weltbild. Aberglaube und Religion sind gern genommene Zutaten, um das zu erklären, was den Alltag der kleinen Dorfgemeinschaft bestimmt. Dazu gehören auch die Wunder, an die man glaubt oder glauben möchte.

So auch die beiden Hauptfiguren Annie und Edith, die während des Krieges fest zusammengehalten haben. Die Männer im Krieg, die Arbeit auf den Höfen muss weitergehen. Hoffnung auf Rückkehr der Männer haben sie beide, doch nur einer kommt zurück. Annie sorgt aufopferungsvoll für ihren kriegsversehrten Mann, doch bei dem flammt ein altes Begehren auf. Nicht Annie, sondern Edith will er. Was liegt da Näher, als in Edith eine Hexe zu sehen, die Annies Mann verzaubert hat? Und wie praktisch, dass man der "Töverschen" dann auch gleich andere vermeintlich nicht erklärbare Geschehnisse anhängen kann. Das Unheil bleibt wie eine dunkle Wolke über Unnenmoor hängen, bis nichts mehr geht.

Die Autorin Helga Bürster führt den Leser:innen in Ihrem neuen Buch Als wir an Wunder glaubten authentisch und präzise den Mikrokosmos Dorf vor Augen. Dabei trifft sie den damals herrschenden Zeitgeist detailgenau. Selber aus Norddeutschland stammend, gelingt es ihr hervorragend die Lebenswelt von einst stimmungsvoll zu beschreiben. Auch die plattdeutsche Sprache, die sie ihren Protagonist:innen immer wieder in den Mund legt, tut das Übrige.
Ich habe diese Buch verschlungen. Bürsters Erzählstil ist unkompliziert, aber dadurch nicht weniger packend. Die Geschichte der Einwohner von Unnenmoor scheint lange her zu sein. Aus meiner Sicht passt sie aber sehr gut in unsere Zeit der Verschwörungserzähler und Esoterikschwurbler.
Einen kleinen Kritikpunkt habe ich aber am Buch: der Klappentext spricht von wahren Begebenheiten. Darüber hätte ich gerne mehr erfahren. Helga Bürster deutet in ihrer Danksagung etwas an, aber leider kann man damit nicht viel anfangen.
Eine große Empfehlung an Alle, die gerne in Geschichten aus Norddeutschland eintauchen. Weitere Bücher der Autorin liegen bereits ganz oben auf meinem Bücherstapel.

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Veröffentlicht am 14.04.2023

Hat meine Erwartungen nicht erfüllt

Gleißendes Licht
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Der Musiker und Komponist Marc Sinan hat mit "Geißendes Licht" seinen ersten Roman vorgelegt. Das Werk trägt viele autobiographische Züge. Kaan, der Protagonist von Gleißendes Licht, hat ebenso wie Sinan ...

Der Musiker und Komponist Marc Sinan hat mit "Geißendes Licht" seinen ersten Roman vorgelegt. Das Werk trägt viele autobiographische Züge. Kaan, der Protagonist von Gleißendes Licht, hat ebenso wie Sinan türkisch-armenische Wurzeln. Kaan begibt sich auf Spurensuche in der Heimat seiner Familie. Auf poetische (mir an vielen Stellen zu poetisch) Art und Weise wird das Leiden der durch Völkermord traumatisierten Armenier in eine Geschichte gegossen, die durch das häufige Springen in unterschiedliche zeitliche Ebenen für mich oft kaum lesbar war.

Ich hatte mir mehr erhofft von Marc Sinans Buch. Zu oft habe ich den roten Faden der Geschichte verloren. Die Handlung springt nicht nur zwischen den Zeiten, auch durch Kaans häufig wirre Träume wird es nicht leichter der Handlung zu folgen.

Über die Geschichte des Völkermords durch die Türken an den Armeniern erfährt man leider nicht sehr viel. Mich hat Gleißendes Licht leider nciht begeistern können.

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Veröffentlicht am 14.04.2023

Kompromisslos ehrlich

Keine gute Geschichte
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Es klingt fast wie eine Warnung: Sowohl der Titel "Keine gute Geschichte" als auch der erste Satz des Buches "Dies ist keine gute Geschichte" weisen ausdrücklich darauf hin, womit man es bei dem Debütroman ...

Es klingt fast wie eine Warnung: Sowohl der Titel "Keine gute Geschichte" als auch der erste Satz des Buches "Dies ist keine gute Geschichte" weisen ausdrücklich darauf hin, womit man es bei dem Debütroman der aus dem Ruhrgebiet stammenden Lisa Roy zu tun hat. Kompromisslos legt sie den Finger in die Wunden einer im Brennpunkt lebenden Gesellschaft, womit ihr aus meiner Sicht eine richtig gute Geschichte gelungen ist.

Die in prekären Verhältnissen in Essen-Katernberg aufgewachsene Arielle Freytag hat es geschafft: als Social-Media-Managerin führt sie ein finanziell unabhängiges Leben, ihre Herkunft allerdings möchte sie vergessen. Dies gelingt leider gar nicht, denn Arielles Großmutter benötigt Hilfe, sodass sie nach zwölf Jahren das erste Mal wieder in die Lebenswelt ihrer Kindheit und Jugend zurückkehren muss.
In Arielles Leben gibt es einige Geheimnisse zu lüften. Wer ist ihr Vater? Wohin ist ihre Mutter vor 24 Jahren spurlos verschwunden? Und wie hält man ein Leben in der Trostlosigkeit eines von der Politik vergessenen Stadtteils aus?
Arielle trifft auf Freundinnen aus ihrer Kindheit, für die sie anfangs nur Unverständnis und Überheblichkeit empfinden kann. Je mehr sich die "neue" raue Arielle mit dem mutter- und vaterlosen Kind Arielle von damals anfreundet, desto mehr "gesundet" die Protagonistin.

Am Ende blieb bei mir Ernüchterung, Mitgefühl und irgendwie auch Verständnis für Lisa Roys perfekt belebte Figuren. Hier weiß jemand wirklich Bescheid über das, was er schreibt. Nichts wirkt ausgedacht, alles scheint selbst erlebt zu sein. Auch wenn Roys Sprache oft holzhammermäßig daherkommt, so gehört doch alles genau so. Und: Warnungen vor dieser Geschichte gab es genug...
Lisa Roy: eine Autorin, von der ich sicherlich nicht das letze Mal gelesen habe.

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