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Veröffentlicht am 20.08.2021

Duchess Day Radley, Outlaw

Von hier bis zum Anfang
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Die dreizehnjährige Duchess Radley trägt mit ihren jungen Jahren mehr Verantwortung als ein Kind jemals tragen sollte. Sie ist quasi allein verantwortlich für ihren vierjährigen Bruder Robin, denn die ...

Die dreizehnjährige Duchess Radley trägt mit ihren jungen Jahren mehr Verantwortung als ein Kind jemals tragen sollte. Sie ist quasi allein verantwortlich für ihren vierjährigen Bruder Robin, denn die Mutter, Star, schafft es nicht einmal, ihr eigenes Leben auf die Reihe zu bringen. Ihre Alkoholexzesse haben sie schon oft ins Krankenhaus gebracht und die Kinder mussten um ihr Leben bangen.
Stars Leben geriet vor 30 Jahren aus den Fugen, als sie ihre Schwester Sissy durch einen schrecklichen Unfall verlor, den ausgerechnet ihr damaliger Freund Vincent King verursacht hatte. Der damals 15jährige Vincent wurde verurteilt und sitzt seitdem im Gefängnis. Jetzt wird er entlassen und der kleine Ort Cape Heaven ist in Aufruhr. Walk, Polizist in Cape Heaven und Jugendfreund von Vincent und Star, ist wohl der einzige im Ort, der Vincent wohlwollend gegenübersteht. Doch dann geschieht eine weitere schreckliche Tat, als Täter wird schnell Vincent ausgemacht. Nur Walk glaubt an dessen Unschuld und versucht alles, dies zu beweisen.
Für Duchess und Robin ändert sich ihr Leben über Nacht. Sie müssen weg aus Cape Heaven, nach Montana zu ihrem Großvater, den sie nicht kennen. Duchess, die sich selbst als Outlaw bezeichnet, unter deren harter Schale sich aber ein weicher, verletzlicher Kern befindet, tritt ihm mit Hass entgegen. Sie macht ihn mit verantwortlich für das verkorkste Leben ihrer Mutter und somit auch für ihres und Robins Leben. Erst nach und nach lässt sie etwas Nähe zu und sieht, dass nicht alles so war wie sie dachte.
Ein weiterer Schicksalsschlag beendet auch diesen Abschnitt ihres Lebens. Als Leser ist es sehr aufwühlend, die Kinder durch diese Odyssee zu begleiten und zu erleben, wie ungerecht das Leben sie behandelt. „Von hier bis zum Anfang“ ist ein sehr intensives, spannendes und zutiefst bewegendes Buch, das mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat. Es ist todtraurig und lustig, ein Buch über Schuld und Sühne, Liebe und Hass, Sehnsucht nach Nähe und Abweisung, alle menschlichen Emotionen werden angesprochen. Die poetische Sprache des Autors ist wunderschön, doch niemals kitschig. Dieses Buch ist ein Juwel, das ich jedem ans Herz legen möchte. Ich konnte es kaum aus der Hand legen.

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Veröffentlicht am 16.08.2021

Informativ und amüsant

Ich hätte da was für Sie
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Ich muss zugeben, ich hatte schon jahrelang keinen Ratgeber mehr gelesen bevor ich dieses Buch in die Hand nahm, und auch die Fernsehsendung „Visite“, von der Autorin Vera Cordes moderiert, habe ich noch ...

Ich muss zugeben, ich hatte schon jahrelang keinen Ratgeber mehr gelesen bevor ich dieses Buch in die Hand nahm, und auch die Fernsehsendung „Visite“, von der Autorin Vera Cordes moderiert, habe ich noch nie gesehen. Die Leseprobe zum Buch hat mich aber direkt angesprochen, denn wer kommt schon auf die Idee einer „Sauna für die Augen“ bei trockenen Augen?
Das Buch ist eine gelungene Mischung aus überlieferten Gesundheitstipps, die wahrscheinlich unsere Großeltern noch kannten, vermischt mit neuen Erkenntnissen der Wissenschaft, das Ganze verpackt in einen ansprechenden, amüsanten Schreibstil. Dabei werden ganz unterschiedliche Probleme angesprochen. Der erste Teil des Buchs befasst sich mit körperlichen Beschwerden und wie man mit einfachen, nicht allzu zeitaufwendigen Übungen beispielsweise Rücken- und Fersenschmerzen in den Griff bekommt. Im nächsten Abschnitt geht es um Kopf und Seele. Jeder weiß, dass Lachen gesund ist, doch hier wird diese einfache Weisheit durch wissenschaftliche Tests (und nicht ganz so wissenschaftliche Zitate) belegt. Eckart von Hirschhausen: „Ein Kind lacht 400-mal am Tag, ein Erwachsener 20-mal, ein Toter gar nicht mehr. Ohne viel von Statistik zu verstehen: Die Tendenz ist eindeutig. Wer lacht, lebt länger.“
Im dritten und letzten Teil geht es um Vorbeugen und Wissen. Hier fand ich besonders das Kapitel „Das Apfeldilemma“ sehr interessant, denn auch ich war bisher der Meinung, je mehr Obst ich esse, umso besser. Nun, Vera Cordes hat mich eines Besseren belehrt.
Kleine Illustrationen und Zitate lockern den Text auf und sorgen dafür, dass das vermittelte Wissen nie trocken rüberkommt. Alles in allem ein sehr gelungenes kleines Büchlein, das ich allen, die etwas für ihre Gesundheit tun möchten, empfehlen kann!

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Veröffentlicht am 15.08.2021

Denk ich an Deutschland in der Nacht...

Heimatsterben
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Hannah Ahrens, die als Journalistin in New York lebt, erhält einen Anruf ihrer Schwester Trixie: ihre 97jährige Großmutter, bei der sie aufgewachsen ist, liegt im Sterben. Hannah schafft es gerade noch ...

Hannah Ahrens, die als Journalistin in New York lebt, erhält einen Anruf ihrer Schwester Trixie: ihre 97jährige Großmutter, bei der sie aufgewachsen ist, liegt im Sterben. Hannah schafft es gerade noch rechtzeitig zurück nach Deutschland, um sich von der Matriarchin Tilde verabschieden zu können.
Als junge Frau war Tilde in den Wirren des zweiten Weltkriegs aus dem Osten nach Niedersachsen geflohen, ihr Erstgeborener hatte die Flucht nur knapp überlebt. Dort heiratete sie einen verwitweten Gutsbesitzer und hatte mit ihm zwei weitere Kinder, eines davon Hannahs und Trixies Mutter Lou, der jedoch ihre Unabhängigkeit wichtiger war als ihre Kinder. Auf dem Sterbebett verspricht Hannah Tilde, auf ihre Schwester achtzugeben. Trixie ist mit dem Adligen Felix Graf von Altdorff verheiratet, der einer rechten Partei angehört und als Bundeskanzler kandidiert. Zu ihrem großen Erstaunen fragt Felix die liberal eingestellte Hannah, ob sie nicht für ihn arbeiten möchte. Die gegensätzlichen Einstellungen empfindet er als Herausforderung. Nach längerem Zögern willigt Hannah ein, zumal ihr Leben in New York gerade nicht so rund läuft.
Die weitverzweigte Verwandtschaft und Familiengeschichte der Hauptpersonen stellt eine Herausforderung dar, sehr hilfreich ist dabei der zu Anfang des Buchs eingefügte Familienstammbaum, ohne den man als Leser wahrscheinlich verloren wäre.
Die Geschichte spielt in der nahen Zukunft und viele der beschriebenen Probleme und politischen Strömungen bestehen auch heute schon. Ein großes Thema ist beispielsweise Migration und Fremdenfeindlichkeit. Ein immer größerer Teil der Bevölkerung lehnt sich gegen die Überfremdung Deutschlands auf und ultrarechte Kräfte wehren sich durch die Gründung einer sogenannten Bürgerwehr. Obwohl Felix Graf von Altdorff selbst sehr konservativ ist, sind ihm diese Strömungen äußerst suspekt, doch manches geschieht, ohne dass er darauf Einfluss nehmen könnte. Hannah ist von der politischen Entwicklung in Deutschland zunehmend abgestoßen und beschließt, sich aus der Politik zurückzuziehen. Doch längst sind die Dinge nicht mehr zu kontrollieren, da sie den Alltag jedes Einzelnen bereits mitbestimmen...
Obwohl es sich bei diesem Roman um eine Dystopie handelt, ist es ein sehr realistisches Szenario, das sich abspielt und das jederzeit so oder so ähnlich stattfinden könnte. Dieser Gedanke macht Angst und erinnert an Heinrich Heine: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“
Sarah Höflich hat mit „Heimatsterben“ einen sehr eindringlichen und spannenden Debütroman geschrieben, der mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat. Absolute Leseempfehlung und 5 Sterne!

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Veröffentlicht am 08.08.2021

Sehr enttäuschend

Eine perfekte Ehe
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Die Anwältin Lizzie erhält einen seltsamen Anruf aus dem berüchtigten New Yorker Gefängnis Rikers. Ihr früherer Studienkollege Zach, dessen Frau Amanda in der Wohnung des Paars tot aufgefunden wurde, wird ...

Die Anwältin Lizzie erhält einen seltsamen Anruf aus dem berüchtigten New Yorker Gefängnis Rikers. Ihr früherer Studienkollege Zach, dessen Frau Amanda in der Wohnung des Paars tot aufgefunden wurde, wird dort festgehalten und bittet Lizzie, seine Verteidigung zu übernehmen. Lizzie, die sich eigentlich auf Wirtschaftskriminalität spezialisiert hat, willigt nach längerem Zögern ein.
Wie sich herausstellt, war das Paar am Abend von Amandas gewaltsamen Tod bei einem befreundeten Ehepaar zu einer „Sexparty“ eingeladen, bei der die Partygäste im Obergeschoss dem Partnertausch fröhnen. Anscheinend handelt es sich dabei um eine alljährliche Tradition im Sommer, wenn sich die Kinder der Gäste allesamt in Feriencamps aufhalten. Bei den Anwesenden handelt es sich durchweg um wohlhabende Paare, Unternehmer, Ärzte, Anwälte. Hat einer von ihnen Amanda umgebracht? Allerdings deutet vieles darauf hin, dass Zach, Amandas Ehemann, der Täter ist, denn sein Golfschläger lag neben der Toten und er war derjenige, der die Tote fand.
Mit der Ehe der beiden stand es nicht zum Besten, sie hatten viele Geheimnisse voreinander. Zum Beispiel wurde Amanda gestalkt und erhielt seltsame Telefonanrufe, doch ihrem Ehemann erzählte sie nichts davon, genauso wenig wie von ihrer traumatischen Kindheit. Auch die Beziehungen ihrer Freundinnen scheinen alles andere als glücklich, beim Lesen dieses Buchs bekommt man den Eindruck, dass die Ehe für die meisten eine reine Zweckgemeinschaft ist. Die beschriebenen Paare sind allesamt sehr klischeehaft dargestellt, die Frauen richtige Tussis, die sich mehr Gedanken über die richtigen Sommerkleider und Schuhe („so New York!“) als um ihre Kinder machen.
Das Buch hat durchaus seine spannenden Momente, doch ist die Geschichte total abstrus. Jeder hat Dreck am Stecken, es wimmelt von Hackern, Mördern, Kinderschändern, Erpressern, Alkoholikern mit Filmriss, deren Ehepartner ihnen einen Mord zutrauen würden. Alles in allem wurde versucht, zu viele Handlungsstränge in eine ohnehin abwegige Geschichte einzubauen.
Durch die vielen positiven Bewertungen wurde ich auf dieses als „meisterhaften Thriller“ angepriesene Buch aufmerksam, doch leider war das Buch für mich eine einzige Enttäuschung.

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Veröffentlicht am 28.07.2021

Geheimnisvolle Isdal-Frau

Das letzte Bild
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Die Schriftstellerin Eva glaubt ihren Augen nicht trauen zu können, als sie eines Morgens in der Zeitung mit den großen Buchstaben das Foto einer Frau entdeckt, die ihr und ihrer Mutter verblüffend ähnlich ...

Die Schriftstellerin Eva glaubt ihren Augen nicht trauen zu können, als sie eines Morgens in der Zeitung mit den großen Buchstaben das Foto einer Frau entdeckt, die ihr und ihrer Mutter verblüffend ähnlich sieht. Wie sich herausstellt, handelt es sich um das Bild einer in den 1970er Jahren in Norwegen ermordeten Frau, deren Identität nie geklärt wurde. Neue wissenschaftliche Methoden machten es nun möglich festzustellen, dass diese Frau ihre Kindheit in der Nähe von Nürnberg verbracht haben muss, eine Gegend, in der Evas Urgroßeltern wohnten.
Als Eva ihrer Mutter das Bild zeigt, reagiert diese äußerst abweisend, doch es ist klar, dass sie etwas verheimlicht.
Eva beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen und fährt nach Norwegen. Ein DNA Test bringt Klarheit: Eva ist tatsächlich mit der Isdal-Frau verwandt. Vor Ort erhält sie die alten Ermittlungsunterlagen, die eine Menge Rätsel aufgeben.
Den Fall der Isdal-Frau gab es wirklich. Damals berichtete „die Zeit“ darüber. Ausschnitte aus dem Artikel sind den einzelnen Kapiteln vorangestellt.
Das Buch basiert also auf einem wahren Fall, den Anja Jonuleit ausgeschmückt und eine Geschichte darum konstruiert hat, wie es sich damals hätte zutragen können. In ihrem Buch wurde die Tote, Marguerite, als 6-Jährige in den Wirren der letzten Kriegstage von Mutter und Zwillingsschwester getrennt und versuchte Zeit ihres Lebens, ihre Familie wiederzufinden. Im Zuge ihrer Recherchen findet sie heraus, dass die Mutter als Ärztin in den „Lebensborn“-Heimen des Dritten Reichs tätig war. Marguerite lässt nichts unversucht, Zeitzeugen zu finden, die ihre Mutter gekannt haben und ihr den entscheidenden Hinweis darauf geben können, die Familie endlich wiederzufinden.
Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen: in der Jetztzeit, in der Eva versucht, das Geheimnis der Isdal-Frau zu lüften, und in den 1970-er Jahren, als Marguerite auf der Suche nach ihrer Familie ist. Das Buch beginnt zunächst sehr spannend, doch dann fand ich die vielen Sackgassen und Erzählstränge etwas ermüdend und in die Länge gezogen. Dazu kommt, dass ich nicht wirklich Empathie mit den Personen empfinden konnte und mir manches nicht nachvollziehbar erschien. Warum hat nur Marguerite nach ihrer Familie gesucht, weshalb hat die Mutter nicht alle Hebel in Bewegung gesetzt, die verlorene Tochter zu finden? Weshalb reagiert die Zwillingsschwester zunächst so abweisend? Dass Marguerite ihr Leben als Prostituierte und in Begleitung des unsympathischen Damiano finanziert, macht sie auch nicht wirklich sympathisch. Die Auflösung des Falls und die Enttarnung eines Nationalhelden erscheinen mir wenig glaubhaft. Alles in allem kein schlechtes Buch, aber nicht so spannend wie erwartet.

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