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Veröffentlicht am 04.10.2021

Alles für die Familie

Wenn ich wiederkomme
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Daniela lebt mit ihrer Familie in Rumänien. Die Gegend ist arm, Jobs sind rar gesät. Ihr Ehemann ist seit Jahren arbeitslos, sie ist allein dafür verantwortlich, die Familie zu ernähren. In einer Nacht- ...

Daniela lebt mit ihrer Familie in Rumänien. Die Gegend ist arm, Jobs sind rar gesät. Ihr Ehemann ist seit Jahren arbeitslos, sie ist allein dafür verantwortlich, die Familie zu ernähren. In einer Nacht- und Nebelaktion verlässt sie Rumänien, um wie tausende andere osteuropäische Frauen in Italien als Altenpflegerin zu arbeiten. Vor allem ihr Sohn Manu trägt ihr dies nach. Er versteht nicht, wie die Mutter sie zurücklassen konnte, um sich -vermeintlich – in Italien ein schönes Leben zu machen. Manu, der immer ein guter Schüler war, lässt in seinen Leistungen nach. Angelica, die ältere Schwester, kommt besser mit der Situation klar. Dann macht sich auch noch der Vater auf und davon, um anderswo Arbeit zu finden. Fortan kümmern sich die betagten Großeltern, vor allem der Großvater, um die beiden Jugendlichen.
Der erste Abschnitt des Buchs wird aus Manus Perspektive erzählt, im zweiten kommt die Mutter Daniela zu Wort. Der Leser erfährt, welch hartes Leben sie in Italien führt. Sie arbeitet schwarz und ist praktisch rund um die Uhr für den alten Mann verantwortlich, dessen Pflegerin sie ist. Das Highlight ihrer Tage sind die abendlichen Telefongespräche mit der Heimat, doch Manu wird immer einsilbiger, er „bestraft“ sozusagen die Mutter für ihren angeblichen Verrat. Daniela nimmt all die Strapazen auf sich, weil sie möchte, dass ihre Kinder es einmal besser haben sollen als sie, sie will ihnen eine gute Schulbildung ermöglichen. Angelica ergreift die Chance und studiert, doch Manu hat kein Interesse am Gymnasium, das er besucht. Er würde am liebsten auf die Landwirtschaftsschule wechseln und wie sein Großvater das Land bearbeiten. Als der Großvater stirbt, bricht Manus Welt zusammen. Dann geschieht ein Unglück und Daniela kehrt nach Rumänien zurück. Viel ist in der Zwischenzeit passiert, die Kinder haben sich von ihr entfremdet, der Mann ist weg, die Heimat fühlt sich nicht als solche an. Hat sich ihr Opfer gelohnt? War es die richtige Entscheidung, nach Italien zu gehen? Diese und viele weitere Fragen wirft dieses eindringliche Buch auf, das die Situation der vielen Pflegekräfte aus dem Osten beleuchtet. Ein ganz und gar lesenswertes Buch, das unter die Haut geht.

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Veröffentlicht am 04.10.2021

Einsamkeit macht krank

NEBEL
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Die Kommissarin Hulda ist nach einem traumatischen Ereignis im Februar wieder zurück im Dienst. Aufgrund der ungewöhnlichen Erzählweise dieser Trilogie, bei der Huldas Leben von hinten nach vorne aufgerollt ...

Die Kommissarin Hulda ist nach einem traumatischen Ereignis im Februar wieder zurück im Dienst. Aufgrund der ungewöhnlichen Erzählweise dieser Trilogie, bei der Huldas Leben von hinten nach vorne aufgerollt wird, können sich die Leser, die die beiden Vorgängerbände kennen, denken, um was es dabei geht.
Jetzt soll Hulda einen Fall bearbeiten, bei dem in einer abgelegenen Gegend Islands zwei Leichen auf einem abgelegenen Hof gefunden wurden. Vor Ort wird klar, dass es sich um Mord gehandelt haben muss. Hulda und ihr Team vor Ort beginnen mit der Suche nach dem Täter und finden das abgestellte Auto eines Mannes, der seit Weihnachten vermisst wird. Es stellt sich heraus, dass er auf der Suche nach seiner ebenfalls vermissten Tochter Unnur war. Doch wo ist er abgeblieben und was ist mit der Tochter? Alles deutet darauf hin, dass er die Bauersleute Einar und Erla getötet hat, doch welchen Grund sollte er dafür gehabt haben? Die beiden lebten ein abgeschiedenes Leben auf einem einsamen Hof, der im Winter vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten war, was Erla, die ursprünglich aus Reykjavik stammte, zunehmend zu schaffen machte. Im Sommer nahmen sie ab und zu junge Leute bei sich auf, die sich durch Arbeit auf dem Hof etwas Geld dazuverdienten. War Unnur auf ihrer Reise durch Island ebenfalls auf dem Hof gelandet? Durch mühsame Kleinarbeit und akribische Suche schafft es das Team um Hulda, trotz der widrigen Wetterbedingungen die Teile des Puzzles zusammenzusetzen.
„Nebel“ ist zweifelsohne sehr spannend, allerdings fiel es mir im Mittelteil des Buchs zunehmend schwer, die immer wieder gleichen Gedanken anders formuliert zu lesen. An den ersten Band der Trilogie, „Dunkel“ kommt es nicht heran, doch es ist durchaus lesenswert.

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Veröffentlicht am 28.09.2021

Die Flora und Fauna Montanas

Fuchs und ich
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Catherine Raven lebt ein abgeschiedenes Leben in den Bergen Montanas. Wo immer es geht, vermeidet sie es, mit Menschen zusammenzutreffen, denn sie hat keine gute Meinung von den meisten ihren Mitmenschen ...

Catherine Raven lebt ein abgeschiedenes Leben in den Bergen Montanas. Wo immer es geht, vermeidet sie es, mit Menschen zusammenzutreffen, denn sie hat keine gute Meinung von den meisten ihren Mitmenschen und weist darüber hinaus autistische Züge auf. Alles was sie braucht, ist die Natur. Auf Wanderungen und von ihrem Haus aus, das aus zwei Zimmern besteht, wobei eines davon rundherum Glaswände hat, beobachtet sie stundenlang die Tiere in ihrer Umgebung. Eines Tages fällt ihr ein magerer Fuchs auf, der neugierig ihre Nähe zu suchen scheint. Jeden Tag erscheint er zur selben Zeit auf ihrem Grundstück und sie beginnt, ihm aus „Der kleine Prinz“ von Antoine Saint-Exupéry vorzulesen und ihm kleine Fundstücke zu zeigen, um ihn bei Laune zu halten.
Die Absätze, in denen Catherine Raven vom Fuchs erzählt, fand ich ganz interessant, aber leider sind sie sehr viel spärlicher, als der Titel des Buchs vermuten lässt. Raven lässt sich auf zahlreichen Seiten detailliert über die Flora und Fauna Montanas aus. Wenn Sie also schon immer alles über Wiesenstärlinge und Hüttensänger, Bitterwurz, Bocksbart, Dachtrespen und Prachtscharten erfahren wollten, sind Sie hier richtig. Mich haben diese Beschreibungen leider sehr gelangweilt. Das Buch springt außerdem von einem Thema zum anderen. Man bekommt zwar einen guten Einblick in das Einsiedlerdasein von Catherine Raven und welchen Herausforderungen sie sich täglich stellen muss, doch ist vieles einfach zu langatmig. Es gibt keinen roten Faden. Wenn ich nicht Teil einer Leserunde gewesen wäre, hätte ich das Buch spätestens in der Mitte weggelegt. Gegen Ende des Buchs erfährt man dann endlich mehr über ihre Beziehung zu Fuchs, aber dem Leser wird wirklich viel Geduld abverlangt, bis dieser Punkt erreicht wird. Zum Ende hin wird das Buch interessanter, nicht zuletzt, weil die Autorin auch ein wenig über sich selbst erzählt und wie die Beziehung zu Fuchs sie verändert hat. Manches in der Geschichte hat mich berührt, doch die langatmigen, strukturlosen Aneinanderreihungen von Gedankengängen waren schwierig zu lesen und stellen den Leser auf eine harte Probe.

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Veröffentlicht am 19.09.2021

Seicht und vorhersehbar

Erben wollen sie alle
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Die Witwe Bianca, die auf Mallorca eine schöne Finca besitzt, wird 75. Vor kurzem hat sie den etwas jüngeren Wolfgang kennengelernt und spontan beschlossen, ihre Finca zu verkaufen und mit „Wolfi“ eine ...

Die Witwe Bianca, die auf Mallorca eine schöne Finca besitzt, wird 75. Vor kurzem hat sie den etwas jüngeren Wolfgang kennengelernt und spontan beschlossen, ihre Finca zu verkaufen und mit „Wolfi“ eine Weltreise zu unternehmen. Wozu alles den Kindern vererben, die sich sowieso nicht um sie kümmern?
Doch ebendiese werden von Biancas Putzfrau Teresa über das Vorhaben informiert und fliegen höchst alarmiert ein, schließlich sehen sie ihre Felle bzw. das Erbe davonschwimmen. Sie sind überzeugt, dass es sich bei Wolfi um einen Heiratsschwindler handelt.
Biancas Sohn und Tochter hatten sich von ihr entfremdet, nachdem sich Bianca von ihrem Mann getrennt hatte und dieser kurz darauf starb. Obwohl sie eigentlich nur des Geldes willen nach Mallorca kamen, entwickelt sich nun doch wieder eine Art von Familienverbundenheit und manches kommt zutage, von dem sie keine Ahnung hatten.
Den Beginn des Buchs fand ich noch ganz amüsant. Nach vielen Lektüren mit schwerer Kost wollte ich mal zwischendurch mal etwas Lustiges lesen. Allerdings war mir diese Geschichte dann doch zu seicht und klischeehaft. Bianca hat die nervige Angewohnheit, ihre Tage abends im Telegrammstil in Form von Tagebucheinträgen festzuhalten. Man liest unzusammenhängende Gedankenfetzen, z.B. „also weiterlügen, würde Steffen helfen, zurück nach Deutschland?“, das Ganze gespickt mit Emojis. Diese Art von Schreibstil mögen manche Leute lustig finden, ich empfand es als Zumutung. Überhaupt ist das Ganze äußerst leichte Kost, ich hatte mir mehr Humor und ein Minimum an Tiefgang versprochen. Wie das große Geheimnis um den verstorbenen Ehemann gelüftet wird, ist einfach lachhaft und an den Haaren herbeigezogen. Die vielen Missverständnisse und Probleme werden selbstverständlich nach entsprechendem Hin und Her aus der Welt geräumt und am Ende sind alle wie zu erwarten glücklich. Ich habe mich ziemlich durch das Buch gequält.

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Aufwühlend und verstörend

SCHWEIG!
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Es ist kurz vor Weihnachten, eine Zeit, in der Familien zusammengehören, findet Esther. Deshalb beschließt sie, ihre Schwester Sue, genannt Schnecke, zu besuchen, die seit ihrer Scheidung in einer abgeschiedenen ...

Es ist kurz vor Weihnachten, eine Zeit, in der Familien zusammengehören, findet Esther. Deshalb beschließt sie, ihre Schwester Sue, genannt Schnecke, zu besuchen, die seit ihrer Scheidung in einer abgeschiedenen Villa mitten im Wald wohnt. Esther befürchtet, dass Sue ganz alleine feiern wird und möchte sie am liebsten zu ihrer Familie in die Stadt mitnehmen. Zu diesem Zeitpunkt macht Esther den sympathischen Eindruck einer liebevollen Schwester. Im nächsten Kapitel kommt Sue zu Wort und die Dinge sehen plötzlich ganz anders aus. Sue ist weder depressiv noch einsam, im Gegenteil, sie ist glücklich, Weihnachten fernab aller Zwänge und Erwartungen allein zu verbringen. Daher ist sie alles andere als begeistert, als ihre ältere Schwester unangemeldet vor der Tür steht. Am liebsten wäre ihr, Esther würde sofort wieder verschwinden. Es wird klar, dass die Schwestern ein schwieriges Verhältnis zueinander haben und ihre Wahrnehmung der Dinge sich grundlegend unterscheidet. Als Leser ist man sehr verwirrt: Was stimmt denn nun? Ist Esther tatsächlich das manipulative Biest, das schon in der Kindheit seine kleine Schwester getriezt hat? Oder ist sie wirklich um „Schnecke“ besorgt? Ist Sue tatsächlich ein körperliches und psychisches Wrack oder im Einklang mit sich und ihrer Lebenssituation? Diese Diskrepanz, nie zu wissen, was stimmt und was nicht, macht einen großen Teil der Spannung aus und hat mich kolossal aufgewühlt. Die Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht der beiden Schwestern geschildert, später kommt dann noch Martin, Esthers Mann, zu Wort, sowie ein nicht näher bezeichnetes Mädchen, das aus seiner Kindheit erzählt. Anhand von Martins Schilderungen wird klar, dass Esthers und seine Ehe keineswegs so harmonisch ist wie von Esther dargestellt.
Die Dinge zwischen Esther und Sue schaukeln sich am Tag vor Heiligabend mehr und mehr hoch, und als Leser ist man schockiert von den Abgründen, die sich auftun. Es ist klar, dass dieser Tag kein gutes Ende nehmen wird…
„Schweig“ hat die Bezeichnung Psychothriller wirklich verdient. Während des Lesens habe ich ein extremes Unbehagen verspürt und ich wollte so schnell wie möglich dieses Eintauchen in die Welt einer ganz und gar dysfunktionalen Familie hinter mir lassen. Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, das mich dermaßen aufgewühlt hat.

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