Profilbild von Readaholic

Readaholic

Lesejury Star
offline

Readaholic ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Readaholic über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.05.2019

Der Alemão an der Algarve

Weiße Fracht
0

Alexander Lost, der im Rahmen eines Austauschprogramms der Polizei von Hamburg an die Algarve kam, hat sich dort mittlerweile so gut eingelebt, dass er am liebsten dableiben möchte. Leider läuft das Austauschprogramm ...

Alexander Lost, der im Rahmen eines Austauschprogramms der Polizei von Hamburg an die Algarve kam, hat sich dort mittlerweile so gut eingelebt, dass er am liebsten dableiben möchte. Leider läuft das Austauschprogramm demnächst aus und Alexander muss nach Hamburg zurück. Seine portugiesische Dienststelle wäre sogar bereit, eine Planstelle für ihn zu schaffen, doch es liegt an Hamburg, darüber zu entscheiden.
Ein deutscher Aussteiger, ein Schreiner und Bruder von Alexander Losts früherem Dienststellenleiter in Hamburg, ist ermordet worden. Da der Bruder in Hamburg ein Interesse daran hat, dass der Mörder schnell gefasst wird (und er den Portugiesen so eine Mordermittlung anscheinend nicht zutraut), schickt er zwei deutsche Beamte nach Fuseta. Weshalb er dafür ausgerechnet zwei dermaßen tumbe Exemplare von Polizisten auswählt, ist nicht ganz klar. Jedenfalls radebrechen sie sich durch die Gegend und lassen kein Fettnäpfchen aus, während sie zur eigentlichen Ermittlung herzlich wenig beitragen. Die beiden können es kaum glauben, dass ihr früherer Kollege Lost von den Portugiesen als Ermittler und Mensch sehr geschätzt wird.
Dann kommt den Ermittlern zu Ohren, dass an der Algarve ein großer Drogendeal über die Bühne gehen soll und es geschieht ein weiterer Mord.
Die Kriminalfälle sind ganz nett, aber das Buch lebt, wie schon die Vorgängerbände, von der Person des Alexander Lost, einem Autisten, der nicht lügen kann. Dies führt immer wieder zu urkomischen Situationen. Da Alexander außerdem Eidetiker ist, also ein fotografisches Gedächtnis hat, kann er einmal Gesehenes jederzeit wieder abrufen und so wichtige Hinweise zur Lösung der Verbrechen geben.
Ein netter Zeitvertreib für zwischendurch, der Sehnsucht nach dem warmen Klima und der Lebensart an der Algarve weckt!

Veröffentlicht am 05.05.2019

Leben außerhalb der Norm

Mein Leben als Sonntagskind
0

Jasmijn Vink ist schon als Kind anders als die anderen. Sie ist am liebsten allein mit ihrer geliebten Hündin Senta, deren Gesellschaft ihr lieber ist als die anderer Menschen. Sie erträgt die vielen Gerüche ...

Jasmijn Vink ist schon als Kind anders als die anderen. Sie ist am liebsten allein mit ihrer geliebten Hündin Senta, deren Gesellschaft ihr lieber ist als die anderer Menschen. Sie erträgt die vielen Gerüche und Geräusche nicht und weiß nie, wie man sich richtig verhalten soll. Deshalb sind der Kindergarten und später die Schule ein Graus für sie. In den Pausen zieht sie sich an einen stillen Ort im Schulhaus zurück, obwohl sie als Teenager in ihren Klassenkameraden Elliot verliebt ist, der sich natürlich, wie alle anderen, im Schulhof oder der Aula aufhält. Jasmijm weiß nicht, wieso sie so anders ist als ihre Klassenkameraden. Erst als Erwachsene erfährt sie, dass sie an Asperger, einer Form von Autismus, leidet. Trotz ihres Andersseins findet Jasmijn während der Schulzeit eine gute Freundin, Kirstin, mit der sie in kleinen Schritten beginnt, die Welt zu erkunden und zum Beispiel auch mal zum Kleiderkauf in ein Einkaufszentrum zu gehen anstatt sich etwas im Katalog auszusuchen.
In diesem Buch begleiten wir Jasmijn von der Kindergartenzeit bis ins Erwachsenenleben und erfahren, wie ein Mensch mit Asperger die Welt wahrnimmt, was eine sehr berührende und interessante Erfahrung ist. Immer wieder habe ich gedacht, mach schon Jasmijn, spring über deinen Schatten und habe mich mit ihr über kleine Erfolge gefreut, wenn sie es schafft, Menschen in die Augen zu sehen oder sich in unbekannte Situationen zu begeben. Ein äußerst lesenswertes Buch, ein dicker Schmöker, der mir bis zur letzten Seite sehr gut gefallen hat.

Veröffentlicht am 02.05.2019

Ivy House

Der dunkle Garten
0

Der 28jährige Toby Hennessy wird nach einer Kneipentour in seiner Wohnung überfallen und zusammengeschlagen. Schwer verletzt, traumatisiert und mit Gedächtnislücken wacht er im Krankenhaus auf. Die Diebe ...

Der 28jährige Toby Hennessy wird nach einer Kneipentour in seiner Wohnung überfallen und zusammengeschlagen. Schwer verletzt, traumatisiert und mit Gedächtnislücken wacht er im Krankenhaus auf. Die Diebe werden nicht gefasst und Toby fürchtet in seiner Wohnung erneut Ziel eines Angriffs zu werden.
Als sein Lieblingsonkel Hugo schwer erkrankt, beschließt Toby, zusammen mit seiner Freundin Melissa vorübergehend zu Hugo ins Ivy House zu ziehen, wo er in seiner Kindheit und Jugend glückliche Tage erlebt hat. In der anderen Umgebung erholt sich Toby zusehends, doch dann wird ein Skelett im Garten gefunden, bei dem es sich zu allem Überfluss um einen früheren Klassenkameraden handelt. Auf der Suche nach Beweisstücken oder eventuell weiteren Leichen gräbt die Polizei den Garten um und fällt Bäume. Durch die Polizeipräsenz und die Suche nach dem Mörder – denn bald stellt sich heraus, dass es tatsächlich Mord war – hat sich die Atmosphäre im Ivy House verändert, es ist nicht mehr die Idylle und der sichere Rückzugsort wie zuvor. Als Täter kommen nur eine Handvoll Leute in Betracht, allen voran Toby und zwei seiner Verwandten. Da bei dem Toten aber etwas gefunden wurde, das Toby gehört, ist er der Hauptverdächtige. Aufgrund seiner Gedächtnislücken weiß Toby nicht mehr genau, was in jenem Sommer geschah, in dem der damalige Kumpel verschwand. Zu dem Zeitpunkt gingen alle davon aus, dass er sich umgebracht hatte. Bis der Leser erfährt, was wirklich damals geschah, vergeht allerdings noch einige Zeit...
Mir hat „Der dunkle Garten“ sehr gut gefallen. Das Buch kommt ohne viel Blutvergießen aus und lebt von der psychologischen Spannung. Über weite Strecken ist es eher ein Roman als ein Krimi. Mir gefällt Tana Frenchs Schreibstil ausgesprochen gut. Was ich auch als sehr positiv empfunden habe, ist die hervorragende Übersetzung ins Deutsche. Das Buch liest sich sehr flüssig und man stolpert nicht ständig über schlecht übersetzte Ausdrücke, bei denen man genau weiß, wie sie im englischen Original hießen. Mir hat dieses Buch wirklich spannende und schöne Lesestunden bereitet.

Veröffentlicht am 30.04.2019

Ein sehr persönliches Werk

Kaffee und Zigaretten
0

Ich habe alle Bücher von Ferdinand von Schirach gelesen und sein Schreibstil gefällt mir wirklich sehr. Bei den ersten Tracks dieses Hörbuchs war ich noch etwas skeptisch, weil ich etwas ganz anderes erwartet ...

Ich habe alle Bücher von Ferdinand von Schirach gelesen und sein Schreibstil gefällt mir wirklich sehr. Bei den ersten Tracks dieses Hörbuchs war ich noch etwas skeptisch, weil ich etwas ganz anderes erwartet hatte. Doch dann fing das Hörbuch an mich zu faszinieren, nicht zuletzt dank der unaufgeregten Sprechweise von Lars Eidinger. Von Schirachs Aussage „Lars Eidinger liest, wie ich schreibe“ trifft den Nagel auf den Kopf.
„Kaffee und Zigaretten“ spricht sehr viele verschiedene Themen an. Der Autor erzählt von seiner Kindheit , Jugend und Schulzeit, die er im Internat Salem am Bodensee verbracht hat, von Menschen und Ereignissen, die ihn geprägt haben, von Prozessen und Klienten, Filmen, die ihn beeindruckt haben, den Stammheim Prozessen und ihren Auswirkungen und einer Vielzahl anderer Themen. Ich bin sicher, dass ich mir dieses Hörbuch noch einmal anhören werde.

Veröffentlicht am 24.04.2019

Mörder wider Willen

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
0

Sommer 1994: In der Kleinstadt Orphea an der Ostküste der USA geschieht während der Premiere eines Theaterfestivals ein Vierfachmord. Opfer sind die Familie des Bürgermeisters sowie eine Joggerin, die ...

Sommer 1994: In der Kleinstadt Orphea an der Ostküste der USA geschieht während der Premiere eines Theaterfestivals ein Vierfachmord. Opfer sind die Familie des Bürgermeisters sowie eine Joggerin, die wohl Zeugin des Verbrechens wurde.
Die beiden jungen Polizisten Jesse Rosenberg und Derek Scott klären den Fall schnell auf, der Schuldige kommt bei einer Verfolgungsjagd ums Leben.
Inzwischen schreiben wir das Jahr 2014 und Jesse Rosenberg, den alle aufgrund seiner perfekten Aufklärungsrate „Mister 100 Prozent“ nennen, steht kurz vor der Pensionierung. Ausgerechnet bei seiner Abschiedsparty spricht ihn die Journalistin Stephanie Mailer an, die behauptet, sie hätten damals den Falschen gefasst und der wahre Mörder sei noch auf freiem Fuß. Bevor Stephanie Jesse mitteilen kann, was sie zu dieser Annahme bringt, verschwindet sie und wird wenig später tot aufgefunden.
Die Polizei von Orphea ist zunächst wenig begeistert, dass der alte Fall wieder neu aufgerollt werden soll, doch dann geschehen weitere Morde...
Um dieses Buch wurde vor Erscheinen so ein Hype gemacht, dass ich es unbedingt lesen bzw. hören wollte. Der Anfang ist wirklich sehr spannend, und der Roman ist sehr gut und ansprechend gelesen. Der Fall ist mysteriös und spannend, es geraten immer mehr Verdächtige ins Visier der Ermittler und auch die persönliche Geschichten von Jesse und Derek sowie die der anderen Protagonisten sind bis zu einem gewissen Grad interessant. Allerdings ist genau dies auch der Schwachpunkt dieses Romans: er verliert sich auf zu vielen Nebenschauplätzen. Ein früherer Polizeichef, der jetzt als durchgeknallter Regisseur lebt, ein Verleger, dessen Geliebte ständig teure Geschenke von ihm fordert und ihn an den finanziellen Ruin bringt (dieser Handlungsstrang ging mir am meisten auf die Nerven, da mir das beschriebene Verhalten völlig überzogen vorkam), ein drogensüchtiges junges Mädchen, das den Tod einer Mitschülerin verschuldet hat und vieles mehr. Irgendwann war mir das alles zuviel, zumal es einige Querverbindungen gibt und irgendwann fast jeder als Mörder in Frage kommen könnte.
Das Ende ist dann einigermaßen überraschend und es kommt wieder etwas von der anfänglichen Spannung auf. Wenn dieser Roman nicht ganz so lang wäre, würde er sehr gewinnen. Nicht schlecht, aber der langweilige, teils verwirrende und in die Länge gezogene Mittelteil hat mein Vergnügen etwas getrübt.