Mythen im Großstadtnebel – Gods of Chicago als düstere Romantasy-Offenbarung
Gods of Chicago | Mit wunderschönem FarbschnittMit Gods of Chicago gelingt J.T. Sheridan ein atmosphärisch dichtes Debüt, das klassische griechische Mythologie in ein modernes Urban-Fantasy-Gewand hüllt – düster, verführerisch und emotional intensiv.
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Mit Gods of Chicago gelingt J.T. Sheridan ein atmosphärisch dichtes Debüt, das klassische griechische Mythologie in ein modernes Urban-Fantasy-Gewand hüllt – düster, verführerisch und emotional intensiv.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Alice, deren Leben nach einer schweren Trennung ins Wanken gerät. Ihre Begegnung mit dem geheimnisvollen V – einem charismatischen Mann mit düsterer Aura – zieht sie in eine Welt jenseits des Sichtbaren. Der Einstieg in die Handlung erfolgt fast beiläufig, wie eine zufällige Begegnung in einer Bar. Doch rasch wird klar: Es geht um weit mehr als Romantik. Alice trägt ein dunkles Erbe in sich, das sie auf eine gefährliche Reise in den Hades führt – nicht nur, um ihre verschwundene Mutter zu finden, sondern um sich selbst und ihre Macht zu begreifen.
„Sein Blick, so dunkel und unergründlich wie Obsidian, verspricht Abgründe, die tiefer gehen als alles, was sie sich vorstellen kann.“
Dieses Zitat ist exemplarisch für den Ton des Buches: poetisch, geheimnisvoll und voller Andeutungen. Sheridan versteht es, mit Sprache zu spielen. Ihr Schreibstil ist elegant, aber zugänglich – niemals überladen, aber stets mit einem Hang zum Bildhaften. Sie setzt gezielt düstere Sinnlichkeit ein, ohne je ins Klischee abzurutschen. Gerade die emotionale Innenwelt der Figuren wird präzise, aber mit feinem Gespür gezeichnet.
Besonders gelungen ist die Verschmelzung von realer Großstadtatmosphäre mit mythischen Elementen. Das Chicago, das hier beschrieben wird, ist rau, neblig, gefährlich – und doch voller Magie. Die Götter, die darin wirken, sind keine fernen Gestalten, sondern tief verstrickt in menschliche Schwächen und Sehnsüchte.
Die Themen des Romans kreisen um Verlust, Herkunft, weibliche Selbstermächtigung und Schuld. Alice ist keine passive Heldin, sondern eine Figur in Entwicklung – manchmal impulsiv, oft verletzlich, aber nie schwach. Ihre Reise in die Unterwelt ist nicht nur physisch, sondern symbolisch: eine Konfrontation mit den eigenen Schatten.
Fazit: Gods of Chicago ist mehr als nur eine Fantasy-Romanze. Es ist ein literarisches Kaleidoskop aus Mythos, Magie und moderner Identitätssuche – geschrieben mit einer Stimme, die Emotion, Spannung und Stil gekonnt verbindet. Wer düstere Romantasy mit Tiefe und Atmosphäre sucht, wird in diesem Buch einen echten Schatz finden.