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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.03.2024

Aufgeblasen und oberflächlich, den Hype kann ich nicht nachvollziehen

Schöne Welt, wo bist du
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Inhalt:
"Schöne Welt, wo bist du", das sind vier junge, schöne Menschen in Irland, die sich und einander suchen, an ihren Karrieren feilen und ihre Werte immer wieder neu überdenken. Sie pendeln zwischen ...

Inhalt:
"Schöne Welt, wo bist du", das sind vier junge, schöne Menschen in Irland, die sich und einander suchen, an ihren Karrieren feilen und ihre Werte immer wieder neu überdenken. Sie pendeln zwischen Liebe, Schmerz und Verlangen hin und her, verbringen zu viel Zeit auf schlechten Partys, tauschen sich in langen Mails aus und lernen jeden Tag neu, ob und wie sehr sie sich und ihrem Gegenüber trauen können.

Meine Meinung:
Zuerst einmal möchte ich erwähnen, dass dieses Buch sehr gute Kritiken erhalten und bereits vor seinem offiziellen Erscheinungstermine einen richtigen Hype ausgelöst hat. Meine persönliche Meinung sieht ein wenig anders aus und das liegt wahrscheinlich daran, dass mich die Geschichte unangenehm an "Cleopatra und Frankenstein", das ich nach 200 Seiten abgebrochen habe, erinnert hat. Ich habe "Schöne Welt, wo bist du" zwar beendet, habe aber leider von der Geschichte nichts mitnehmen können und empfand auch die Figuren als sehr eindimensional und austauschbar beschrieben.
Besonders langweilig empfand ich übrigens den regen Mailverkehr zwischen den Freundinnen Alice und Eileen. Ausgerechnet dieser Part wurde von vielen Leser*innen in den höchsten Tönen gelobt, weil die beiden darin anscheinend äusserst intellektuell daherkommen würden. In meinen Augen waren diese Mails allerdings leider absolut nicht aus dem Leben gegriffen und ehrlich gesagt auch ziemlich aufgesetzt und herablassend geschrieben, was mich irgendwann nur noch genervt hat.
Spannender waren die direkten Interaktionen, die teilweise albernen, manchmal auch tiefsinnigen Gespräche, die erotischen Begegnungen, Diskussionen und der Streit. Dies alles wirkte für mich nämlich viel realistischer.

Fazit:
Der sehr oberflächliche und leider teilweise aufgesetzt wirkende Schreibstil dieses Buches und der eher ein wenig vor sich hin plätschernde Inhalt haben mich leider ein wenig ratlos zurückgelassen. Dieses Buch und ich werden - Hype und begeisterte Kritiken hin und her - einfach keine Freundinnen.

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Veröffentlicht am 28.03.2024

Spannendes Buch, das ein wenig Sitzfleisch verlangt, problematische Autorin

Blüten sammeln unter Feuer
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Inhalt:
Autorin, Feministin, Aktivistin, Liebhaberin, Mutter...Alice Walker blickt in ihren zahlreichen parallel geführten und in diesem umfangreichen Buch chronologisch geordneten Tagebücher auf einige ...

Inhalt:
Autorin, Feministin, Aktivistin, Liebhaberin, Mutter...Alice Walker blickt in ihren zahlreichen parallel geführten und in diesem umfangreichen Buch chronologisch geordneten Tagebücher auf einige Jahrzehnte ihres Lebens zurück und lässt an ihren intimsten Gedanken, ihrem schillernden Leben aber auch ihrer Zerbrechlichkeit und ihren Selbstzweifeln teilhaben. Sie zeichnet damit ein Portrait einer Zeit, in der Autorinnen eine wichtige politische Stimme hatten, Einfluss auf Filme, Kunst und Politik nehmen und sich von ihrem Honorar mehrere Häuser leisten konnten. Eine Zeit der sexuellen und feministischen Revolution.

Meine Meinung:
Die Beschreibung des Verlags bei Instagram hat mich neugierig werden lassen, weshalb ich dieses Buch angefragt habe. Erst als ich zu lesen begann, war ich von der Dichte der Tagebucheinträge und dem langen, aufschlussreichen Anhang mit einem Postskriptum der Autorin, einem Dank der Herausgeberin und zahlreichen Einzelnachweisen fast ein wenig erschlagen. Ich muss deshalb auch ehrlich sagen, dass ich mir dieses Buch zeitweise ein wenig erarbeiten musste, wenn ich auch begeistert bin von den intimen Einblicken in Walkers Leben, ihrem Humor, ihrer freien, offenen Art und ihrer Liebe für ihre Mitmenschen. Es ist kaum fassbar, welchen Berühmtheiten Walker mehrfach begegnet ist, mit wem sie alles zusammengearbeitet und sich angefreundet hat. Ihren Einfluss auf ihr Umfeld und ganze Generationen von Menschen - zuerst und unter anderem durch ihren absolut bahnbrechenden Roman "Die Farbe Lila" - war und ist enorm und ich bin neugierig geworden auf ihre Bücher und Gedichte, deren Entstehung ich anschaulich mitverfolgen konnte.

Aufbau:
Obwohl Walker meistens mehrere Tagebücher parallel geführt hat, sind im Buch alle Einträge aus allen Tagebüchern chronologisch geordnet (und natürlich überarbeitet und zusammengestrichen). Zahlreiche Anmerkungen und Nachweise sorgen für ein grösseres Verständnis und helfen, die Einträge in einen historischen und gesellschaftlichen Kontext zu verordnen. Ein Lob geht deshalb sowohl an die Herausgeberin Valerie Boys als natürlich auch an die Übersetzerin Cornelia Holfelder-von der Tann.

Transparenzhinweis:
Die Instagrammerin Eliane @mintundmalve hat mich darauf hingewiesen, wie problematisch Alice Walker als Person ist (in den letzten Jahren geworden ist). Auch wenn sich in ihren Tagebüchern bis 2000 lediglich eine zunehmende Nähe zur Esoterik finden lässt und ich keine eigentlich problematischen Passagen entdeckt habe (zumindest nicht bewusst), ist Walker als Person in den letzten Jahren durch antisemitische und transfeindliche Äusserungen, ihre Unterstützung der BDS sowie ihre Nähe zum rechtsesoterischen Verschwörungstheoretiker David Icke aufgefallen. In meinen Augen ist zwar ihr (frühes) Werk unendlich wichtig, sie als Person gehört aber boykottiert.

Fazit:
So gerne ich das Buch für Lesende mit Sitzfleisch und grossem Interesse an der Autorin empfehlen möchte, so sehr kann ich es aufgrund der problematischen, antisemitischen Haltung Walkers sowie ihrer Nähe zu rechtsextremen Verschwörungstheoretikern einfach nicht tun. "Die Farbe Lila" werde ich mir bei Gelegenheit gebraucht kaufen, der Roman interessiert mich nämlich wirklich.

Veröffentlicht am 23.03.2024

Unterhaltsam aber eine nicht wirklich neue Idee

Die Liste der vergessenen Wünsche
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Inhalt:
Clara hat mit dem Tod ihres Verlobten nicht nur ihren liebsten Menschen, sondern auch ihren Lebenswillen verloren. Auch ihre beste Freundin und ihre Familie hat sie von sich gestossen und in ihrem ...

Inhalt:
Clara hat mit dem Tod ihres Verlobten nicht nur ihren liebsten Menschen, sondern auch ihren Lebenswillen verloren. Auch ihre beste Freundin und ihre Familie hat sie von sich gestossen und in ihrem Job, in dem vor dem tragischen Unfall noch eine baldige Beförderung gewinkt hatte, ist sie kaum noch leistungsfähig. Während eines Besuchs bei ihrer Familie öffnet sie ein Päckchen, das eine Zeitkapsel mit Wünschen und Plänen enthält, die sie als Kind festgehalten und in der Zwischenzeit vergessen hat. Sie hat nichts zu verlieren und pausiert ihr gesamtes Leben, um wieder ein wenig Freude zu finden.

Meine Meinung:
Der Partner stirbt, die Partnerin verliert allen Lebenswillen und wird dann durch eine ganz persönliche Challenge (Briefe, Wunschliste, Bucket-List, Aufgabe...) herausgefordert und zurück zum Leben und vielleicht sogar zur Lebensfreude geführt? Kennen wir, mögen wir, passt und unterhält wunderbar. Robin Gold hat eine sympathische Protagonistin geschaffen, die aber für mich ein wenig oberflächlich blieb, während ich ihren Bruder, der immer für sie da ist, sehr ins Herz geschlossen habe.
Die einzelnen Wünsche oder eher To Do's, denen Clara nachgeht, waren einfallsreich gestaltet. Weniger gut gefallen haben mir die riesigen Zeitsprünge. Manchmal begleiten wir unsere Protagonistin über Tage hinweg intensiv, dann wieder springen wir einen ganzen Monat in die Zukunft und das "Erfüllen" der Aufgabe wird nur ganz kurz abgehandelt und abgehakt. Schade, hier hätte ich mir mehr Details gewünscht, das Bearbeiten und Erfüllen einzelner Aufgaben wird nämlich sogar ganz ausgeklammert. Gerade dann hätte das Buch in meinen Augen aber durchaus einige Seiten mehr vertragen können, zumal ich gerne Zeit mit den Figuren verbracht habe. Alles in allem hat mich die Geschichte aber gut unterhalten und auf langen Zugfahrten begleitet.

Meine Empfehlung:
Die Idee ist nicht neu aber mit viel Charme und Humor umgesetzt und somit beinhaltet das Buch zwar definitiv keine Geschichte, die lange nachhallt, aber eine Handlung, die unterhält, berührt und gemütliche, hoffnungsvolle Lesestunden schenkt. Die perfekte Lektüre für unterwegs oder nebenher.

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Veröffentlicht am 19.03.2024

Vom Loslassen. Und vom Durchbrechen toxischer Strukturen

Wir sitzen im Dickicht und weinen
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Inhalt:
Ihre eigene Kindheit hat Valerie nicht sehr glücklich in Erinnerung, weshalb sie es bei ihrem Sohn anders, besser machen will und ihm ein Zuhause schafft, in dem er nach Strich und Faden verwöhnt ...

Inhalt:
Ihre eigene Kindheit hat Valerie nicht sehr glücklich in Erinnerung, weshalb sie es bei ihrem Sohn anders, besser machen will und ihm ein Zuhause schafft, in dem er nach Strich und Faden verwöhnt wird. Doch der sechzehnjährige Tobias will seinen eigenen Weg gehen, ein wenig räumliche Distanz zwischen sich und seiner Mutter schaffen. Als Valeries eigene Mutter Christina an Krebs erkrankt und mit ihrem plötzlichen Bedürfnis nach ungeteilter Aufmerksamkeit alte Wunden aufreisst, kommt Valerie an ihre Grenzen und muss sich intensiv mit dem Loslassen und der Befreiung von eigenen Vorurteilen und eingeredeter Schuld auseinandersetzen.

Meine Meinung:
Ich bin froh, dieses Buch in einer Leserunde gelesen zu haben, es bietet viel Diskussionsstoff und noch mehr Handlung auf wenigen Seiten. Prokopetz arbeitet mit Leerstellen und webt doch einen sehr dichten Text, den ich gerne als Buch gelesen hätte, weil ich beim Lesen von eBooks immer das Gefühl habe, oberflächlicher zu lesen. Leider gab es Probleme mit den Leseexemplaren und damit wir das Buch trotzdem rechtzeitig lesen konnten, haben wir alle ein eBook erhalten, was natürlich eine gute Lösung war und wofür ich auch dankbar bin.
Leider war es tatsächlich so, dass ich während des Lesens permanent das Gefühl hatte, nie wirklich Tiefgang zu erfahren, den Figuren nie richtig nahe zu kommen. Klar lässt Prokopetz einige sehr wichtige, grosse Themen wie verschiedene Facetten von Mutterschaft oder den Kampf um Frauenrechte in ihre Geschichte einfliessen und ja, es wird immer wieder einmal emotional, es geht hitzig zu. Und doch kann ich mir keine Figur (vor allem nicht Valeries Vorfahren) bildlich vorstellen, ihr Handeln kann ich begrenzt nachvollziehen, ihre Dramen berühren mich kaum. Das liegt sicher auch am Medium, aber ich denke auch, dass ein paar Seiten und Details mehr der Geschichte alles andere als geschadet hätten. Die Idee hat mich sehr überzeugt, auch wenn das Ende vorhersehbar war. Die Umsetzung hätte aber noch runder sein können. Vielleicht liegt es daran, dass feministische Texte zu meinem Alltag gehören und ich schon viele Bücher gelesen habe, welche ähnliche Themen, wie das Durchbrechen toxischer, patriarchisch geprägter Familienstrukturen, beinhalten. "Blutbuch" von Kim de l'Horizon erzählt beispielsweise eine ähnliche Familiengeschichte, es beleuchtet ebenfalls mehrere Generationen von Frauen. Dennoch denke ich, dass "Wir sitzen im Dickicht und weinen" aufwühlender und unangenehmer hätte sein, den Finger noch mehr in die Wunde hätte legen dürfen.

Schreibstil und Aufbau:
In den eher kurzen Kapiteln wird in zwei Handlungssträngen die Geschichte von Valeries Familie erzählt. Die Gegenwart zeigt Valeries gerade eher ausweglos scheinende Situation aus, in der Vergangenheit begegnen wir Valeries Urgrosseltern und nähern uns nach und nach der Gegenwart an. Es tauchen sehr viele Personen auf, die Zeitsprünge sind oft eher gross und weil sich im Buch kein Stammbaum findet, ist es empfehlenswert, sich selber einen zu skizzieren.
Es ist spannend und fordernd zugleich, sich mit den familiären Strukturen in diesem Buch auseinanderzusetzen. Es waren natürlich andere Zeiten, die Verantwortung für die Erziehung und den Haushalt lag fast immer fast vollständig bei den Müttern, die Gewalt, die ihnen von ihren Männern und ihren eigenen Müttern angetan worden war, belastete sie und alle ihre Beziehungen. Valerie versucht, dieses transgenerationale Trauma hinter sich zu lassen, toxische Strukturen aufzubrechen, Grenzen zu ziehen, es anders zu machen. Beim Lesen wird schmerzlich bewusst, welche Opfer Valerie auch dafür bringen muss, für sich und ihre eigenen Entscheide einzustehen und dass wir leider noch weit von einer Gesellschaft entfernt sind, in der Frauen und Männer die gleichen Möglichkeiten haben.

Meine Empfehlung:
Ich bin beeindruckt von der Wucht und Fülle dieser Geschichte, die auf so wenigen Seiten Platz hat, von dieser grossen Idee, dieser klugen, aufwändigen Umsetzung. Ein wenig detaillierter hätte ich mir alles gewünscht, ein wenig näher hätte ich den Figuren sein wollen, aber insgesamt überzeugt dieses Debüt und macht Lust auf mehr.

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Veröffentlicht am 15.03.2024

Traurig, aber hoffnungsvoll, tolle Figuren

Das Brombeerzimmer
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Inhalt:
Nora ist seit einem Jahr verwitwet, noch vor ihrem dreissigsten Geburtstag hat sie ihren Mann ganz plötzlich verloren und muss Schritt für Schritt ein neues Leben beginnen. Wie besessen geht die ...

Inhalt:
Nora ist seit einem Jahr verwitwet, noch vor ihrem dreissigsten Geburtstag hat sie ihren Mann ganz plötzlich verloren und muss Schritt für Schritt ein neues Leben beginnen. Wie besessen geht die Lebensmitteltechnologin ihrem Hobby, dem Zubereiten von Marmelade, nach und stapelt Glas um Glas im Arbeitszimmer ihres verstorbenen Mannes Julian. Dort findet sie auch einen Brief, der nicht nur ein Rezept, sondern auch ein Geheimnis birgt, das Julians Familie akribisch hütet. Nora hat nichts zu verlieren und macht sich auf, um eine noch lebende und bisher verschollene Verwandte zu finden und tritt dabei in Erfahrung zu bringen, was es mit einem alten Nussbaum, einem verborgenen Keller und einem Versteck in Marmeladengläsern auf sich hat.

Meine Meinung:
Das Buch habe ich von Irene vom Blog Igelabooks bekommen. Ich habe es mir aus ihren aussortierten Büchern ausgesucht, weil das Cover und der Titel mich für sich eingenommen haben. Ich wurde nicht enttäuscht und habe sehr unterhaltsame Lesestunden mit Nora, einer liebenswerten Protagonistin mit riesigem Herz, einer einfühlsamen besten Freundin und einer charmanten Fellnase verbringen dürfen. Auch die ältere Dame Klara und Mandy, welche etwa in Noras Alter ist und mit Rat und Tat zur Seite steht, haben dazu beigetragen, dass ich diesen Ostseeroman, der zusätzlich mit wundervollen Beschreibungen der Landschaft auftrumpft, kaum noch aus den Händen legen konnte.
Sehr gerne wäre ich sofort nach Kinnbackenhagen gereist, um mich dem bunt zusammengewürfelten Abenteuertrupp anzuschliessen und die kulinarischen Köstlichkeiten zu geniessen. Zum Glück lässt uns die Autorin Anne Töpfer an ihren Leckerein teilhaben und im Buch finden sich sieben verschiedene Rezepte, die ich mir definitiv noch einmal näher ansehen werde.

Meine Empfehlung:
Diese Geschichte entwickelt sich nach einem sehr traurigen Start zu einem abenteuerlichen und sehr lustigen Roman, der voller Lebensweisheiten steckt, ein Geheimnis aus Kriegszeiten, einige rüstige alte Damen, viele tolle Freundschaften, ein wenig Romantik und einige schmackhafte Rezepte beinhaltet. Ein echtes Lesevergnügen und eine herzliche Empfehlung.

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