Profilbild von Schugga

Schugga

Lesejury Star
offline

Schugga ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Schugga über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.10.2021

Das Leben ist (wie) Schach spielen

Das Damengambit
0

Das Leben von Beth Harmon ist wie ein Schachspiel: Es beginnt mit vielen Möglichkeiten, jeder Zug bietet erneut viele weitere darauf aufbauende Zugmöglichkeiten - aber einmal gesetzt, ist ein Zug nicht ...

Das Leben von Beth Harmon ist wie ein Schachspiel: Es beginnt mit vielen Möglichkeiten, jeder Zug bietet erneut viele weitere darauf aufbauende Zugmöglichkeiten - aber einmal gesetzt, ist ein Zug nicht mehr rückgängig zu machen. Zudem weiß man nie, wie der Gegner bzw. das Schicksal sich entscheiden wird, nicht alle Züge des Gegners lassen sich vorhersehen oder forcieren. Manchmal kommt man nur über Taktik oder Umwege ans Ziel, manchmal muss man aufgeben und neu beginnen.
Das Buch beginnt mit der achtjährigen Beth, die ins Waisenhaus kommt und dort zufällig Schach vom Hausmeister lernt. Schnell stellt sich heraus, dass sie ein wahres Wunderkind zu sein scheint. Statt ihr Talent jedoch zu fördern, wird es ihr als Erziehungsmaßnahme einfach verboten. Erst Jahre später startet ihre Schachkarriere, zunächst über Umwege, jedoch stets mit demselben Ziel: Die Beste zu werden.
Der Start des Romans ist etwas befremdlich, spielt er doch in einer Zeit, als die Kinder in Waisenhäusern noch mit Drogen ruhig gestellt wurden. Nicht auszuschließen, dass dies den Grundstein für Beths späteren Hang zu Beruhigungsmitteln wurde. Das Verfolgen ihrer Karriere und wie sie sich in einer männerdominierten Welt ihren Weg nach oben kämpft ist erstaunlich, ihr Spiel durchaus brilliant. Leider bleibt ihre eigene Charakterentwicklung im Roman sehr auf der Strecke, vielmehr wirkt es, als würde sie die Erfahrungen anderer Jugendlicher wie eine to-do-Liste oder auszuprobierende Spielzüge abhaken: gemeinsamer Mädelsabend, erster Drogenrausch, erster Sex, Komasaufen... Ihre Emotionen bekommt man vielmehr indirekt über ihre Handlungen mit, dabei ist Beth alles andere als gefühlskalt, denn ihre Gegner rufen bei ihr durchaus starke Emotionen wie Angst, Hass, Neid und Unsicherheit hervor. Allerdings lässt sie nicht nur die Leser kaum an sich heran, auch die Menschen um sich herum hält sie lange auf Abstand statt Stärke in Freundschaften zu finden. Dafür bekommt man als Leser ein Übermaß an Spieltaktiken und -zügen präsentiert, welche leider nur dann wirklich Spannung beim Lesen erzeugen, wenn man selbst einen Bezug zum Schach hat. Mir hätte eine ausgewogenere Balance zwischen Spieltaktiken und Beths Emotionen besser gefallen. So blieb mir das Buch etwas zu distanziert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.10.2021

Zwergen-Abenteuer für alte und neue Zwergen-Fans

Die Rückkehr der Zwerge 1
0

Einige Jahrhunderte nach der Saga der Zwerge: Der junge Zwerg Goïmron ist fasziniert von den legendären alten Zeiten und sammelt Artefakte aus ebenjener Epoche. Als er ein Buch mit Aufzeichnungen des berühmten, ...

Einige Jahrhunderte nach der Saga der Zwerge: Der junge Zwerg Goïmron ist fasziniert von den legendären alten Zeiten und sammelt Artefakte aus ebenjener Epoche. Als er ein Buch mit Aufzeichnungen des berühmten, im Grauen Gebirge verschollenen Tungdil Goldhand findet, ist er sicher: Die letzten Einträge sind erst kürzlich verfasst worden. Auch wenn Goïmron bislang kein Held war, könnte er durch die Suche mit seinen Gefährten nach Tungdil Goldhand zu einem werden, denn schon bald sehen sie sich gefährlichen Gegnern gegenüber: Drachen und Albae.
Von Markus Heitz` fantastischer Ideenvielfalt bin ich bereits sein längerem begeistert, auch wenn ich seine Zwerge bisher noch nicht gelesen habe. Der Hinweis, dass diese Dilogie „Die Rückkehr der Zwerge“ auch ohne Vorkenntnisse verständlich sei, hat mich überzeugt, mich nun auch in seine Zwergenwelt zu wagen. Das Buch startet mit eine Karte in der Buchklappe sowie Glossar und Personenregister. Zu Beginn fühlte ich mich von den vielen Eindrücken der bisher für mich fremden Welt sowie den vielen Personen und ungewohnten Namen etwas erschlagen, entsprechend langsam kam ich zunächst nur voran. Dennoch wurde mir nicht zuviel versprochen, es lässt sich wunderbar auch ohne Vorkenntnisse lesen, die Besonderheiten der Zwerge, Elben und Albae werden ebenso deutlich gemacht wie die diverser andere Völker und Arten, so dass ich mich nach einiger Zeit wunderbar zurechtfand. Alles wirkt bereits von Beginn an herrlich lebendig, unzählige Eindrücke bereichern die Handlung und haben mich mit jeder Seite mehr in ihren Bann gezogen. Die Handlung ist angenehm komplex, ebenso die Figuren, Zwergenhumor inklusive.
Ein anspruchsvoll ausgearbeitete, komplexes High Fantasy Abenteuer mit hohem Unterhaltungswert, welches sich auch ohne Vorkenntnis der früheren Zwergensaga lesen lässt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.09.2021

Freiheitskämpfer im alternativen Steampunk-England

Florance Bell und die Melodie der Maschinen
0

England 1820: Der französische Kaiser Napoleon errang zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Sieg über England. Unter seiner Regierung verbleiben den Engländern seitdem nur eingeschränkte Rechte, während in ...

England 1820: Der französische Kaiser Napoleon errang zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Sieg über England. Unter seiner Regierung verbleiben den Engländern seitdem nur eingeschränkte Rechte, während in den Highlands die Freiheitskämpfer die Befreiung des englischen Königs planen. In dieser Zeit wächst Waisenkind Florance im Haushalt eines englischen Earls auf. Der französische Chefmechaniker des Erfinders erkannte ihre Begeisterung für Maschinen und bildet sie seit einigen Jahren zu seiner rechten Hand aus. Die einzige Herausforderung neben ihrer Tätigkeit als Mechanikerin sind die Zusammentreffen mit den Kindern des Earls, beide ebenso versnobt wie arrogant. Dies ändert sich, als bei einer Veranstaltung des Hausherren ein Überfall stattfindet und die neueste Erfindung des Kaiserreiches gestohlen wird - in ihr verborgen Florance.
Die Idee des Worldbuilding ist recht interessant mit einer alternativen Zeitlinie und so manchen mechanischen Erfindungen, welche dem Ganzen einen Hauch von Steampunk verleihen. Zunächst lernt man die toughe Florance kennen, welche als Mechanikerin recht geschickt ist, mit den verzogen wirkenden Kindern des Earl, Victoria (14) und Edward (17), doch eher etwas überfordert. Die Steampunkelemente sind verhältnismäßig eingesetzt, ohne übertrieben zu wirken. Auch die Besetzung durch Napoleon und deren Folgen werden zu Beginn deutlich erläutert, u.a. durch vorangehende Zeitungsauschnitte. Entsprechend hatte ich schnell ein Bild dieser alternativen Zeitlinie im Kopf. Das eigentliche Abenteuer mit dem Überfall und der Entführung beginnt erst nach rund 100 Seiten, wobei die Steampunk-Komponente immer mehr in den Hintergrund gerät und das pro und contra der Freiheitskämpfer thematisiert wird. Hierbei machen die drei Jugendlichen eine interessante Charakterentwicklung durch, was sich insbesondere bei den versnobten Kindern des Earl anbietet, wobei ich Victoria leider bis zum Schluss als übertrieben nervig empfand. Auch vermisste ich das Steampunk-Feeling zum Ende hin, da war es doch mehr ein Freiheitskämpfer-Roman mit ein paar motorisierten Geräten, so richtiges Steampunk-Feeling hatte ich da nicht mehr.
Ein spannendes Abenteuer für eine starke Protagonistin, platziert in einer alternativen Steampunk-Zeitline. Das Steampunk-Feeling nimmt im Verlauf des Romans leider ab zugunsten der Abenteuer rund um die Freiheits-Rebellen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.09.2021

Fantastische Mordermittlungen in einer magischen Stadt

Die Stadt ohne Wind 1 – Arkas Reise
0

Hyperborea ist die einzige Stadt, in welcher Magie noch erlaubt ist. Geschützt durch eine Kuppel ist sie die Stadt ohne Wind, zu bewundern auf dem wunderschön gestalteten Cover. Hier hofft die dreizehnjährige ...

Hyperborea ist die einzige Stadt, in welcher Magie noch erlaubt ist. Geschützt durch eine Kuppel ist sie die Stadt ohne Wind, zu bewundern auf dem wunderschön gestalteten Cover. Hier hofft die dreizehnjährige Arka, ihren Vater zu finden, der dort ein mächtiger Magier sein soll. Zudem hilft sie dem jungen Magier Lastyanax, den Mörder seines Mentors zu finden.
Mit ihrem Roman entführt uns die Autorin nicht nur in eine faszinierende magische Stadt, sondern auch in eine Welt voller Magie, Intrigen und Geheimnisse, zu welchen sich noch ein mysteriöser Fluch gesellt. Allein das Erkunden der äusserst vielfältigen Stadt ist eine wahre Freude, hier hat sich die Autorin wunderschöne Details einfallen lassen, von denen ich nichts vorweg nehmen möchte, um nicht zu spoilern.
Gelungen sind auch die beiden jungen Protagonisten des Abenteuers, welche sich auf ihre Art ergänzen. Arka ist ein cleveres und mutiges, teils etwas eigenwilliges Mädchen, fernab jeglichen Braven-Mädchen-Klischees, während der wenig ältere Magier Lastyanax eher als verschrobener Denker daherkommt. Um eine zusätzliche Liebesgeschichte zwischen den beiden muss man sich entsprechend keine Sorgen machen. Erzählt wird hauptsächlich abwechselnd aus ihrer beider Perspektive, wodurch zusätzliche Abwechslung ins Spiel kommt. Der Stil ist unterhaltsam, die Handlung komplex, wenn auch mit einigen Längen. Die Beschreibungen sind bildhaft und die Ideen für das Worldbuilding brilliant. Unterstützend werden Begriffe und magische Ränge in einem Anhang kurz erläutert.
Spannung, Humor, faszinierende Details und überraschende Wendungen ergeben einen gelungenen AllAge-Fantasy-Krimi, der Spaß macht zu lesen und den ich gerne weiterempfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.09.2021

Aussergewöhnliches Märchen vor tragischem Hintergrund

Die Mäusekönigin
0

Wieder einmal hat es Jay Kay geschafft, mich zu begeistern. Diesmal geht es um eine ganz besondere Freundschaft. Vietnamesin Nhi ist seit ihrer Geburt von den Folgen des Einsatzes von Agent Orange im Vietnamkrieg ...

Wieder einmal hat es Jay Kay geschafft, mich zu begeistern. Diesmal geht es um eine ganz besondere Freundschaft. Vietnamesin Nhi ist seit ihrer Geburt von den Folgen des Einsatzes von Agent Orange im Vietnamkrieg gezeichnet, sie kam ohne Beine auf die Welt. Zusätzlich besitzt sie ein aussergewöhnliches Talent: Sie kann Tiere verstehen und mit ihnen kommunizieren. Ihr bester Freund ist die Maus Bao, welche sie als verlorenen gegangenen Nestling fand und heimlich bei sich aufnahm. Als sie zu ihrer entfernten Familie in ein kleines vietnamesisches Dorf zieht, wächst Nhi über sich hinaus und setzt sich gemeinsam mit Bao für ganz besondere Opfer der Unterdrückung ein. Bis die Situation eskaliert.
Eine wunderschöne Komposition aus einer märchenhaften Erzählung sowie Hintergründen zu Vietnams Geschichte und Politik. Manches ergänzt sich, während manchmal Gegensätze aufeinander treffen, welche die jeweiligen Themen umso drastischer erscheinen lassen. Die Abenteuer von Nhi und Maus Bao, welche wie in einem Märchen gemeinsam stark und stets füreinander da sind, werden somit erzählerisch ergänzt durch interessante Fakten, aber auch durch Erinnerungen daran, was dem Land Vietnam einst angetan wurde. Nach und nach lassen sich Parallelen erkennen, wie jeweils Unschuldigen unnötiges Leid angetan wurde und wird. Hinzu kommt eine fast schon unschuldig wirkende Kulisse, in welcher sich die anstehende Katastrophe Bahn bricht.
Sowohl die Erlebnisse von Nhi und ihren Freunden als auch die vielen interessanten Fakten, mit welchen die Erzählung gespickt ist, haben mich das Buch vor Begeisterung kaum zur Seite legen lassen. So manches Details hat mich dazu verleitet, parallel ein wenig zu recherchieren, wodurch mir das Buch umso mehr naheging. Ein in allen Punkten faszinierendes Abenteuer, märchenhaft und bewegend zugleich und vor einem tragischen Hintergrund platziert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere