Gutes Buch, aber kein Highlight!
Die Tribute von Panem L. Der Tag bricht an Spoilerfreie Rezension!
Inhalt
Wie ist Haymitch Abernathy eigentlich zum verbitterten Alkoholiker geworden, dem wir in „Die Tribute von Panem – Tödliche Spiele“ begegnen? Dieses Prequel erlaubt uns, ...
Spoilerfreie Rezension!
Inhalt
Wie ist Haymitch Abernathy eigentlich zum verbitterten Alkoholiker geworden, dem wir in „Die Tribute von Panem – Tödliche Spiele“ begegnen? Dieses Prequel erlaubt uns, die Figur näher kennenzulernen, liefert Antworten auf offene Fragen und enthüllt interessante Hintergrundinfos zu den Anfängen der Rebellion…
Übersicht
Einzelband oder Reihe: Einzelband, Prequel
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präsens
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: lang
Inhaltswarnung: Blut, Gewalt, Tod von Menschen und Tieren (auch Kindern), Alkoholmissbrauch, Trauer, psychische Krankheiten, Suizid, Tierquälerei
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Tussi, hysterisch
Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:
- brutale/blutige Dystopien
- Setting: Diktatur
- Prequels (mit vielen bekannten Gesichtern)
- Slow-Burn-Geschichten
- Gesellschaftskritik mit Tiefe
- Themen: Politik, Rebellion, Propaganda, Manipulation, Freundschaft unter widrigen Umständen, Erwachsenwerden, Familie, Liebe, Tod, Armut
Lieblingszitate
„‘Das ist ja das Schlimme. Dass alle denken, man kann sowieso nichts ändern. Dass keiner an eine Veränderung glaubt.‘“ Seite 22
„[W]ie lange wird es dauern, bis ich nur noch eine Erinnerung bin?“ Seite 78
„‘Warum macht ihr da mit? Warum mache ich mit? Warum haben eigentlich alle immer mitgemacht?“ Seite 135
„Konzentrische Kreise des Verlustes werden die Familien der toten Tribute erfassen, ihre Freunde und Nachbarn bis an die Grenzen des Distrikts. Je näher an der Mitte, desto schwerer spürt man den Schlag.“ Seite 348
Meine Rezension
Da ich als Jugendliche die „Panem“-Trilogie so geliebt habe, ist Suzanne Collins immer noch eine meiner absoluten Lieblingsautor:innen. Deshalb habe ich mir auch vorgenommen, alle ihre neuen Bücher, die in diesem Universum spielen, zu lesen. Haymitch stand ich lange Zeit zwiegespalten gegenüber – einerseits ließ sich erahnen, dass er einiges durchgemacht hat, andererseits kam ich mit seiner ruppigen, rauen Art oft nicht klar. „Die Tribute von Panem L – Der Tag bricht an“ konnte mir da zum Glück einige offene Fragen beantworten und wichtige Hintergrundinfos geben, sodass ich Haymitch näher kennenlernen konnte und ihn als Figur nun besser verstehe.
Im Internet habe ich wenige Tage nach der Veröffentlichung bereits unzählige begeisterte und gerührte Rezensionen zum vorliegenden dystopischen Roman gelesen, immer wieder wurde „Panem L“ darin als bis dato bestes Buch der Autorin bezeichnet – ich muss leider sagen, dass ich mich den Lobeshymnen nicht ganz anschließen kann. Versteht mich bitte nicht falsch, ich fand die Geschichte interessant und habe sie gerne gelesen, aber ein Jahreshight oder gar neues Lieblingsbuch ist es am Ende für mich nicht geworden…
Doch von vorne: Denn von der ersten Seite an hat mich Suzanne Collins mit ihrem intelligenten Schreibstil wieder abgeholt. Sie hat mittlerweile viel Übung und weiß genau, was sie tut – das merkt man einfach. Hier sitzt jedes Adjektiv, hier wird jeder Kurzsatz bewusst platziert – das macht beim Lesen natürlich Spaß. Freuen dürfen sich Fans der Reihe auch über das zahlreiche „Namedropping“ (viele bekannte Figuren tauchen auf), auch wenn es manchen bestimmt schon ZU viel sein wird. Ich jedoch fand es sehr spannend und interessant, geliebte Charaktere in jüngerer Form wiederzutreffen und auch die Anfänge der Rebellion verfolgen zu können (mich hat es sehr erstaunt, wie lange es diese schon gibt/gab)! Wie gewohnt steht Collins‘ Gesellschaftskritik in diesem Prequel wieder im Mittelpunkt, außerdem werden Themen wie Selbstfindung, Erwachsenwerden, Leben in einer Diktatur, Manupulation und Propaganda, Freundschaft unter widrigen Umständen, Liebe und Tod/Trauer wieder mit für einen Jugendroman angemessener Tiefe behandelt – wirklich viel oder bahnbrechend Neues gibt es hier aber nicht.
Überzeugt haben mich (wie immer) auch die liebevolle Figurenzeichnung, die überraschenden Wendungen und die (vereinzelten) atemlos spannenden Szenen. Auch aus feministischer Sicht gibt es wieder überhaupt nichts auszusetzen – im Gegenteil, hier liefert Suzanne Collins einfach immer! Erneut treffen wir auf viele starke, intelligente und vielschichtige weibliche Figuren, die Rollenklischees sprengen und auf ganzer Linie überzeugen.
„Bis hierhin klingt das doch alles gut!“, werdet ihr euch nun denken. Und ja, das war es auch: gut. Um großartig zu sein, wurde mir allerdings leider zu viel Potential verschenkt. Manche Handlungsfäden laufen ins Leere (man hätte viel mehr aus ihnen machen können) und ich hatte ich die Hungerspiele irgendwie spannender und mitreißender in Erinnerung… Leider bricht bei „Panem L“ außerdem immer wieder die Spannungskurve ein, weil das Erzähltempo einfach zu gemächlich ist. Manche Szenen haben mich durchaus berührt, aber nach den emotionsgeladenen Bewertungen habe ich erwartet, dass ich „Rotz und Wasser“ heulen würde – das ist leider ausgeblieben. (Vielleicht kommt das ja noch – z. B. beim Buch über Finnick Odair, falls es das irgendwann gibt.) Daher steht für mich fest: Auch dieses Prequel kommt für mich an die Original-Trilogie nicht heran…
Mein Fazit
„Die Tribute von Panem L – Der Tag bricht an“ hat mir deutlich besser gefallen als das Snow-Prequel – nämlich insgesamt wirklich gut. Trotz der gewohnten Stärken (intelligenter Schreibstil, liebevolle Figurenzeichnung, tiefgehende Gesellschaftskritik) kommt allerdings auch diese Vorgeschichte an die Original-Trilogie nicht heran – dafür war sie mir nicht flott und spannend genug erzählt und dafür hat sie mich zu wenig berührt. Eine Leseempfehlung gibt es natürlich trotzdem für alle Fans der Reihe – und all jene, die (wie ich) immer ihre Probleme mit Haymitch hatten und sich danach sehnen, ihn als Figur besser zu verstehen.
Bewertung (in Schulnoten)
Cover / Aufmachung (altes Cover): 2
Idee: 2
Inhalt, Themen, Botschaft: 2
Tiefe: 2
Umsetzung: 2
Worldbuilding: 1+♥
Einstieg: 3
Ende: 1+♥
Schreibstil: 1+♥
Protagonist: 2
Figuren: 1+♥
Spannung: 3
Pacing/Tempo: 3
Wendungen: 1+♥
Atmosphäre: 2
Emotionale Involviertheit: 2-
Feministischer Blickwinkel: 1+♥
Einzigartigkeit: 2
Insgesamt:
Note 2