3,5 Sterne: Nicht schlecht, aber auch kein Highlight – kam auch bei meiner Klasse nicht wirklich an!
Sankt Irgendwas Spoilerfreie Rezension!
Inhalt (Klappentext)
Viele Gerüchte ranken sich um die angeblich extrem aus dem Ruder gelaufene, vollkommen schiefgegangene Schullandwoche der 10B. Ein Elternabend wurde einberufen, ...
Spoilerfreie Rezension!
Inhalt (Klappentext)
Viele Gerüchte ranken sich um die angeblich extrem aus dem Ruder gelaufene, vollkommen schiefgegangene Schullandwoche der 10B. Ein Elternabend wurde einberufen, möglicherweise wird die gesamte Klasse der Schule verwiesen? Was ist wirklich passiert? Das dürfen wir Leser:innen den Protokollen entnehmen, die von den Schüler:innen verfasst wurden.
Übersicht
Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählweise
Perspektive: viele verschiedene Perspektiven
Kapitellänge: mittel
Inhaltswarnung: Mobbing, S+xismus, Machtmissbrauch
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: --- ♥
Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:
- viele verschiedene Perspektiven und Schreibstile
- Protokollstil
- Setting: Schulreise
- Freundschaft, Klassengemeinschaft, Zusammenhalt
- Konflikte zwischen Schüler:innen und Lehrer:innen
- Mobbing, Machtmissbrauch
Lieblingszitate
„‘Was wollen die denn machen, eine ganze Klasse von der Schule schmeißen? Oder alle sitzen bleiben lassen? Das geht doch gar nicht, oder?‘“ Seite 5
„‘Ich mag Multiple Choice.‘
‚So siehst du auch aus.‘“ Seite 15
„Herr Utz machte im Bus tatsächlich den Witz, wie man unterscheiden kann, was Stalaktiten und Stalagmiten sind. Und lachte blöde (und alleine), bis irgendwer von hinten ‚s+xistischer Sche+ßdreck‘ gesungen hat.“ Seite 41
„Wir stehen da und sind so jung. Wir sind so schnell vorbei wie ein Fingerschnippen.“ Seite 89
Meine Rezension
„Sankt Irgendwas“ (ab 14 Jahren) wurde mir von einer Kollegin empfohlen, die es seit Jahren mit ihrer 9. Schulstufe liest. Die Kürze des Buches (die für den Einstieg in den Literaturunterricht in der Oberstufe perfekt ist, weil sie auch Lesemuffel nicht so schnell abschreckt) und die ungewöhnliche Erzählweise haben mich sofort neugierig gemacht!
Ganz überzeugen konnte mich die Novelle allerdings am Ende nicht – ich fand sie okay, nicht schlecht, mehr aber auch nicht. Dabei gibt es durchaus einige Aspekte, die dieses Buch zu etwas Besonderem machen und positiv überraschen. Als besonders gelungen empfand ich den ungewöhnlichen Anfang – nur direkte Reden ohne Begleitsätze, nur Gerüchte, die über die 10B im Umlauf sind. Hier kann man natürlich gleich ansetzen und als Lehrer:in die Jugendlichen um ihre eigenen Theorien bitten, was wohl passiert sein könnte, dass nun womöglich eine ganze Klasse der Schule verwiesen wird. Das gemeinsame Rätseln hat den Jugendlichen sichtlich Spaß gemacht (mir auch!).
Der Protokollstil und die vielen Perspektivwechsel sind zudem erfrischend anders und eignen sich sehr gut, um über verschiedene Erzählperspektiven und deren Stärken und Schwächen zu sprechen. Themen wie Mobbing, Machtmissbrauch, Freundschaft und Zusammenhalt werden mit (zumindest für die Kürze der Geschichte) angemessener Tiefe behandelt und die Auflösung wird bis ganz zum Schluss hinausgezögert, was zum Weiterlesen animiert. Aus feministischer Sicht habe ich bis auf vereinzelte Rollenklischees nichts auszusetzen, da der S+xismus eines Lehrers sogar offen kritsiert wird.
Enttäuscht waren die Kinder als auch ich vom kaum vorhandenen Spannungsbogen (es passiert sehr wenig Interessantes) und der (vergleichsweise) harmlosen Auflösung. Nach all dem Drama, nach den ganzen Gerüchten haben wir uns da alle einfach mehr erwartet. Probleme haben den Schüler:innen auch die vielen Perspektivwechsel gemacht, durch die es schwer für sie war, sich in Figuren hineinzuversetzen und mit ihnen mitzufühlen. Dafür lernt man sie einfach nicht gut genug kennen.
Obwohl das Buch bei meiner Klasse nur mittelmäßig bis schlecht angekommen ist (von 3 Sternen bis hin zu einem Stern waren alle Bewertungen dabei), würde ich es zumindest eingeschränkt anderen Lehrpersonen und generell Jugendlichen empfehlen, weil es dünn (perfekt für Lesemuffel!) und altersgemäß ist und genug Stoff zum Diskutieren bietet. Allerdings muss man sich auf die unkonventionelle Erzählweise (Protokollstil, viele Perspektivwechsel) einlassen können, um an dem Buch Freude zu haben. Ich werde es in den kommenden Jahren bestimmt noch einmal mit einer anderen Klasse versuchen!
Mein Fazit
„Sankt Irgendwas“ ist eine unkonventionell erzählte Novelle mit einer sehr guten Grundidee, aus der man jedoch noch deutlich mehr herausholen hätte können. Was am Anfang versprochen wird, können der Spannungsbogen und die Auflösung nicht halten. Von mir gibt es eine eingeschränkte Leseempfehlung für Klassen und Jugendliche, die sich auf die ungewöhnliche Erzählweise einlassen können.
Bewertung (in Schulnoten)
Cover / Aufmachung (altes Cover): 3
Idee: 2
Inhalt, Themen, Botschaft: 2-3
Tiefe: 2-3
Umsetzung: 2-3
Worldbuilding: 3
Einstieg: 1+ ♥
Ende: 3
Schreibstil: 3
Figuren: 3
Spannung: 3-4
Pacing/Tempo: 4
Wendungen: 3-4
Atmosphäre: 4
Emotionale Involviertheit: 3
Feministischer Blickwinkel: 2
Einzigartigkeit: 2
Insgesamt:
Note 2-3