Ich schwärme...
Cassardim 2: Jenseits der Schwarzen TreppeSchreibstil:
Cassardim zu lesen, ist jedes Mal, wie ein großartiger, gewaltiger Sog, dem ich nicht entkommen kann. Die Autorin schreibt einfach wundervoll. Es gibt so viele schöne Details, ohne, dass die ...
Schreibstil:
Cassardim zu lesen, ist jedes Mal, wie ein großartiger, gewaltiger Sog, dem ich nicht entkommen kann. Die Autorin schreibt einfach wundervoll. Es gibt so viele schöne Details, ohne, dass die Welt des Buches je eingeschränkt wird. Dadurch wirkt sie offen und unergründlich genauso wie wunderschön und man bleibt stets neugierig darauf, was sich noch in ihr entdecken lässt. Der Stil der Autorin liegt irgendwo zwischen Jugend- und Erwachsenenbuch. Er ist ernst, nie lachhaft, albern oder kindisch, jedoch auch nicht zu ernst für ein kleines Fellwesen namens Flummel^^ Für mich macht es diese Mischung einfach. Ich war vollkommen gebannt von der Geschichte, habe gelacht, gestaunt, mitgefiebert, sogar ein Tränchen verdrückt. Mit einfach Worten schafft Julia Dippel komplexe Geschehnisse und Strukturen, die die Geschichte einfach zu einem rundum großartigen Paket machen. Allein die Wortwahl der Hauptprotagonisten ist grandios. Ich habe selten ein Buch gelesen, in dem jede Erwiderung so pointiert, so schlagfertig, so gewollt zweideutig und so schlau ausgelegt ist. Sie lässt ihre Protagonisten so reden und auch so über Gesagtes nachdenken, dass man selbst viel komplexer über alles Gesagte nachdenkt. Oft geht es um einzelne Worte oder Worte, die eben nicht gesagt werden. Das ist meiner Meinung nach eine große Leistung und bringt unheimlich viel Raffinesse in die Geschichte. Kurzum: ich weiß nicht, ob mich je ein Schreibstil so gebannt hat.
Meine Meinung:
Bei mir war es jetzt ein ganz klein wenig her, dass ich Band 1 gelesen hatte. Das machte aber nichts. Die Geschichte wird einzig aus der Perspektive Amaias erzählt und die brachte mir schnell wieder in Erinnerung, wer sie ist und was um sie herum passiert. Amaia ist für mich einfach eine grandiose Protagonistin. Sie muss sich immer noch in der Welt zurechtfinden und weiß noch so einiges nicht, dennoch lässt sie sich davon nicht einschüchtern. Sie ist selbstbewusst und selbstbestimmt, erwartet Respekt ihr gegenüber, ist schlagfertig, wunderbar ironisch und sarkastisch und hat ein sehr gutes Herz. In diesem Band steht für die Noár im Mittelpunkt. Es geht darum, ihn besser kennenzulernen, ebenso wie seine Heimat. Amaia hat mich ihm gegenüber immer wieder beeindruckt, da sie nicht wie ein Naivchen durch die Welt gehen will, sondern Antworten verlangt, auch wenn er keine geben möchte. Sie bemerkt die Stellen, an denen er etwas verschweigt, an denen sie selbst etwas akzeptieren muss, was vielleicht nicht ganz ihrer Natur entspricht und auch die Punkte, an denen sie vielleicht noch ansetzen kann, um die Welt besser zu machen.
Natürlich kommen dann auch die Momente, in denen sie sich bewusst gegen ihn stellt und ihr eigenes Ding macht. Sie ist eben eine Kämpferin. Dabei bleibt sie jedoch stets bedacht oder versucht es zumindest. Nichts wäre nerviger als eine unbedachte Protagonistin, die letztlich durch ihre Naivität oder ihren Gutglauben alles noch viel schlimmer macht. Amaia weiß bis zu einem bestimmten Punkt, wann Schluss sein muss. Sie hat Cassardim verstanden und während des Handlungsverlaufes merkt man immer mehr, wie sehr sie von ihrer neuen Heimat eingenommen wird und sie zu lieben beginnt.
Ihr dürft euch außerdem einfach nicht die Stelle entgehen lassen, an der sie der Schattenfürstin demonstriert, wer hier das Sagen hatXD
Noár war für mich wieder der Leckerbissen dieser Geschichte. Man erfährt sehr viel Neues über ihn und es ist einfach zauberhaft, wie er Amaia immer wieder seine Liebe demonstriert. Natürlich ist er aber immer noch der Schattenprinz und hat entsprechend einiges verinnerlicht, dass nicht ganz Amaias Werten entspricht und zudem ist er einfach auch eine Art von Bad Boy. (Zumindest den anderen gegenüber.) So gibt es die ein oder andere hitzige Diskussion, die letztlich aber nur zeigt, wie verletzlich Noár tief im Inneren ist. Er hat ein gutes Herz und ist mit Amaia an seiner Seite definitiv auf dem richtigen Weg, man muss nur überlegen, dass er somit zwei Seiten hat und die Frage ist, ob die Grenzen fließend sind oder hart voneinander abgegrenzt. Das ist auch Amaias Problem in diesem Band. Wann ist es Lüge, wann die Wahrheit? Was darf man glauben, wenn er gleichzeitig ihre einzige Quelle über die Geschehnisse in Cassardim ist?
Diesen Konflikt fand ich innerhalb der Geschichte sehr gut dargestellt. Man spürt die Liebe zwischen den beiden, die verzweifelten Momente, die, in denen Noár darum kämpft, Amaia nicht das Schrecklichste sehen zu lassen. Gerade aber, weil Amaia sich dennoch darum Gedanken macht und hier im Verlauf der Handlung auch berechtigterweise immer wieder an den richtigen Stellen hinterfragt, wird ihre Beziehung wunderbar aufgearbeitet. Es ist kein bloßes Folgen, keine Schwärmerei, keine rosarote Brille, sondern die Realität. Das fand ich wichtig und gut gemacht.
Und keine Angst, wenn ihr denken solltet, ihr würdet den Noár aus Band 1 nicht mehr entdecken bei all der Liebe: die beiden müssen noch lange eine Show hinlegen, die ich gar nicht mal schlecht fand. Vielmehr war das Gegenteil der Fall: dadurch, dass Noár immer mal wieder den arroganten Schattenprinz raushängen ließ, behielt er seinen Charme und seinen Status. Mir war die ganze Zeit bewusst, wer da gerade mit Amaia Händchen hält. Das macht es aufregender.^^
Ebenso geschickt gemacht wie die Dialoge der Protagonisten fand ich den Handlungsverlauf und die Stränge, die da zusammen- und auseinanderlaufen. Erst war ich etwas skeptisch, was die Story jetzt so großartig enthalten soll. Ja natürlich, sie werden heiraten und Amaia wird irgendwann wohl Kaiserin. Aber sonst? Julia Dippel sorgte aber sehr schnell dafür, dass mir der Kopf vor Gedanken zur Handlung schwirrte und ich einfach nur gefangen war. Neben den Beziehungsproblemen und – ereignissen von Amaia und Noàr wird nun erstmals die Schattenfeste zu einem Setting der Handlung, und die hat es in sich. Es tauchen immer mehr Dinge auf, die Amaia nicht kennt und erst verstehen muss. Das ganze Schattenreich präsentiert sich. Noch dazu Noár als Schattenprinz. Die Gepflogenheiten sind da andere. Und auch an weiteren Protagonisten mangelt es nicht. Es kommen Gegenspieler, Neider und geheimnisvolle Gestalten hinzu. Jeder verfolgt in Cassardim seine eigenen Pläne und Amaia steht irgendwie mittendrin und muss filtern, wer auf ihrer Seite steht und wer nicht, wer leicht zu beeindrucken und wer nicht zu unterschätzen ist. Daneben geschehen noch so einige Sachen, die Fragen aufwerfen. Natürlich hängt aber alles irgendwie zusammen. Ich fand es einfach genial, dass wirklich alles irgendwie zusammenhängt. Das Chaos nimmt in diesem Band einen größeren Raum ein und wird präsenter. Dennoch geraten andere Bereiche nicht in Vergessenheit. Überall muss Amaia sich beweisen, überall muss dran gedacht werden und Hinterhalte lauern in selbst harmlos erscheinenden Situationen. Es ist einfach nichts vorhersehbar und ich habe einfach nur gestaunt, wie viel Einfallsreichtum die Autorin besitzt und wie gut sie alles mit der Welt Cassardims verknüpft. Man lernt nicht nur Neues dadurch kennen, dass es präsentiert , sondern auch ganz klammheimlich eingefügt wird. Es war einfach grandios das alles mitzuverfolgen, mit zu fiebern und zu versuchen, die ganze Bandbreite der Geschehnisse zu erfassen.
Dazu kamen viele witzige und süße Elemente wie auch beeindruckende. Ich bin bei Amaia und Noár ja immer noch ganz Fan ihrer Beziehung bzw. wie sie dargestellt wird. Da gibt es nicht immer nur mal ein Küsschen auf die Wange, sondern durchaus auch mehr. Fein portioniert und eingefügt, sodass es nicht Übermaß nimmt und dennoch für Emotionen und romantische Momente sorgt. Weiter fügt die Protagonistin hier auch Situationen ein, in denen ein ganz wenig deutlich wird, dass Amaia noch ein junges Mädchen ist und sich dementsprechend an einigen Dingen erfreut. Wie eben Flummel. Ihr müsst ihn unbedingt kennenlernen! Und selbst da, als ich dacht: oh nein, jetzt wird hier mal wieder ein Kuscheltier eingefügt, beweist sich, dass niemand so ist, wie es auf den ersten Blick erscheint. Dieses Zusammenspiel der vielen Elemente, die die Stimmung einfach durchweg locker gestalten und den Ernst der Lage dadurch wiederum betonen, sorgte für mich dafür, dass ich ganz bei der Sache war. Hier verläuft nichts mal eben nebenbei, in Länge oder vor sich hin siechend. Alles ist stark, pointiert, bildgewandt und hat seine Auswirkungen. Ich liebe es!
Fazit:
Band 2 hat für mich den ersten Band tatsächlich noch übertroffen, obwohl ich dachte, das sei nicht möglich. Der Schreibstil ist grandios. Nach maximal zwei Seiten seid ihr so gebannt, dass ihr euch nicht mehr losreißen könnt. Das kann ich euch versprechen. In die Welt von Cassardim einzutauchen, funktioniert nur auf einem Weg: mit all euren Gedanken. Amaia hat mich wieder beeindruckt und ebenfalls gebannt, Noár blieb geheimnisvoll und gleichzeitig unheimlich verletzlich und emotional und die Handlungsstränge, die die Geschichte so komplex und genial verstrickt machten, waren stark und klug erdacht. Ich staune ja immer wieder über die Fantasie der Autorin. Am meisten hat mich aber wieder verblüfft, wie einnehmen diese Geschichte einfach ist. Eine aus tiefsten Herzen kommende Empfehlung für dieses Buch!
5 von 5 Sterne von mir.