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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2019

Ein Postbote dreht ein bisschen am Schicksal, auf gute Art

Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall
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Girifalco ist ein kleines Dorf in Kalabrien, in Italiens Süden. Hier verläuft das Leben ruhig und weitgehend harmonisch. Aber natürlich haben auch die Menschen, die hier leben, ihr Päckchen zu tragen und ...

Girifalco ist ein kleines Dorf in Kalabrien, in Italiens Süden. Hier verläuft das Leben ruhig und weitgehend harmonisch. Aber natürlich haben auch die Menschen, die hier leben, ihr Päckchen zu tragen und gerade die schicksalhaften Dinge, die ihre Seele zuweilen tief niederdrückt, machen diese meist eher im Stillen mit sich selbst aus, auch oder vielleicht auch gerade, weil hier jeder jeden kennt.
Und mitten unter ihnen der Postbote dieser kleinen Gemeinde. Leise und ruhig stellt er Tag für Tag die an sie adressierten Briefe zu, immer zuverlässig und stets freundlich. Doch dieser nette Mann weiß mehr über sie, als sie sich denken können, denn er kennt den Inhalt der Briefe, die sie erhalten. Und das deshalb, weil er viele der Briefe vorher öffnet, den Inhalt auf eine bestimmte Weise archiviert, und sie erst dann, in einigen Fällen manchmal auch ein bisschen umgeschrieben, milder und schonender, weiter gibt. Dabei ist es stets das Wohl der Dorfbewohner, das ihn zu seinem Tun anhält. Und darüber hinaus vielleicht auch einfach das Bedürfnis, auf diese Weise am Leben teilzunehmen, denn von einem eigenen wirklich lebendigen Leben hat er sich weitgehend zurückgezogen, seitdem ihm seine große Liebe versagt geblieben ist.
Die Langsamkeit, mit der wir Leser diesen mit einer oftmals philosophischen Betrachtungsweise durch sein Dorf wandelten Postboten begleiten dürfen, getragen von der sanften Fluss der Sprache des Autors, das ist einfach schön und lässt, trotz kleiner durchaus vorhandener Turbulenzen, einen selbst, zufrieden und mit einem Lächeln auf den Lippen mit spazieren. Der einzige Wermutstropfen liegt im eigenen Bewusstsein, das dieser eigenartige Mensch dabei wohl an einem eigenen Leben vorbeilebt, ein bisschen so als ob ihm der Mut dafür fehlen würde. Und das ist natürlich ein bisschen traurig.

Veröffentlicht am 24.04.2019

Drei Frauen gehen ihren Weg im New York der 1930er Jahre

Eine eigene Zukunft
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Emilio, der viele Jahre ein unstetes Leben an allen möglichen Orten auf der Welt geführt hat, scheint nun tatsächlich ein Plätzchen gefunden zu haben, an dem er zusammen mit seiner Familie, seiner Frau ...

Emilio, der viele Jahre ein unstetes Leben an allen möglichen Orten auf der Welt geführt hat, scheint nun tatsächlich ein Plätzchen gefunden zu haben, an dem er zusammen mit seiner Familie, seiner Frau und seinen drei schon fast erwachsenen Töchtern, sesshaft werden will. Und so holt er diese von Andalusien, wo sie bisher gelebt haben, nach New York, um dort mit ihrer Hilfe ein kleines spanisches Lokal zu betreiben. Doch dann kommt es zu einem Unfall, Emilio stirbt und die vier Frauen bleiben verzweifelt und zumindest anfangs hilfslos zurück. Wie soll es weitergehen. Gerade die drei Töchter, Victoria,Mona und Luz, kommen letztendlich zu dem Schluss, dass sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müssen und so beschließen sie, in den Räumen ihres Restaurants einem Nachtclub zu eröffnen. Der Weg, diesen erfolgreich zu führen, ist steinig und macht auch den jungen Frauen ganz neue Menschen. Sie erkennen ihre eigenen Fähigkeiten und werden von zurückgezogenen zaghaften und zweifelnden Menschen zu selbstbewussten und starken Persönlichkeiten.
Es ist eine Freude, diese unterhaltsame Familiengeschichte mit all ihren Wendungen im New York der 1930er Jahren in dieser sehr umtriebigen Zeit zu lesen. Der wunderbar fließende Schreibstil der Autorin und das ständig in Bewegung befindliche Leben der nie aufgebenden Familie machen den Roman zu einem wahren Genuss und es fällt einem schwer, dieses Buch überhaupt einmal aus der Hand zu legen.

Veröffentlicht am 23.04.2019

Wie das Leben wirklich war

Die Angehörigen
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Gene Ashe hat gerade seine Ehefrau verloren. 40 Jahre war er mit Maida verheiratet und nun ist er allein. Die engsten Freunde des Ehepaars, Ed Donelly und seine Frau, nehmen die Dinge des Alltags für ihn ...

Gene Ashe hat gerade seine Ehefrau verloren. 40 Jahre war er mit Maida verheiratet und nun ist er allein. Die engsten Freunde des Ehepaars, Ed Donelly und seine Frau, nehmen die Dinge des Alltags für ihn in die Hand, ganz selbstverständlich und leise und auch seine Tochter Dary ist mit seiner Enkelin gekommen, um die Beerdigung vorzubereiten, für die er eine kleine Rede vorbereiten soll. Gene zieht sich innerlich zurück, sucht Erinnerungen an das Leben mit seiner Frau, an ihr Kennenlernen über Ed, der schon zu Studentenzeiten zu seinem Freund wurde. Dabei erhält er ganz neue Einblicke in das Wesen seiner Frau und erstaunt und aufgerührt stellt sich ihm die Frage, ob sich das Leben, so wie er es über all die Jahre wahrgenommen hat, auch für sein Umfeld so dargestellt hat.
Tief hinein in die Seele des trauernden Gene geht dieser Roman, erzählt vom Ende eines langen Lebensabschnitts, vielleicht sogar vom Zusammenbruch einer für Gene realen Illusion und dann auch mit einem Anflug von Hoffnung, gar vom eigentlichen Beginn eines Neuanfangs.
Ergreifend und berührend, diese Geschichte, man muss es nur zulassen, sich diesem Buch zu öffnen, dann kann man viel mitnehmen für sich selbst und seine Lieben.

Veröffentlicht am 09.04.2019

Tante Poldi in höchsten klerikalen Kreisen

Tante Poldi und die Schwarze Madonna
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Tante Poldis vierter Fall ist ganz nah dran an ihrem Geburtstag, denn dieses einschneidende Ereignis wird alles verändern. Ein alter Wegbegleiter hat es vorausgesagt und in der Regel treten dessen Ankündigungen ...

Tante Poldis vierter Fall ist ganz nah dran an ihrem Geburtstag, denn dieses einschneidende Ereignis wird alles verändern. Ein alter Wegbegleiter hat es vorausgesagt und in der Regel treten dessen Ankündigungen auch ein. Deshalb muss die Poldi bei der Lösung ihres mit den höchsten klerikalen Kreisen in Verbindung stehenden Falls einen ordentlichen Zahn zulegen, denn es geht diesmal auch um ihre allerengsten Lieben, verwandtschaftstechnisch und bzgl. ihrer ganz großen sizilianisch vulkanischen Liebe. Ein köstliches Vergnügen für alle Freunde von schrägem Humor auf italienisch bayrische Art. Tante Poldi Freunde, lasst uns einfach mitfeiern, wenn uns unsere Freundin zeigt, wie man das Leben nimmt, selbst wenn der nervige Gevatter Tod einem dabei gehörig auf die Nerven geht. Und eingeladen sind natürlich auch alle Neuzugänge, hereinspaziert. Denn Freunde kann man nie genug haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Schreibstil
  • Humor
  • Lesespaß
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.03.2019

Zwei Menschen, zwei Lebenswege und man trifft sich wieder

Bella Ciao
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Giulia und Anita sind sehr enge Freundinnen, wachsen zusammen in einem kleinen Dorf im Piemont auf und gehen gemeinsam durch Dick und Dünn. Doch dann, eines Tages, entdeckt Giulia, das ihr Verlobter Pietro ...

Giulia und Anita sind sehr enge Freundinnen, wachsen zusammen in einem kleinen Dorf im Piemont auf und gehen gemeinsam durch Dick und Dünn. Doch dann, eines Tages, entdeckt Giulia, das ihr Verlobter Pietro sie mit Anita betrügt. Fassungslos packt sie ihre Sachen und nimmt das nächste Schiff nach Amerika. Dort trifft sie es gut. Trotz ihrer Schwangerschaft findet sie einen Mann, mit dem zusammen sie sich ein gutes Leben aufbaut. 1946, 46 Jahre nachdem sie ihr Dorf verlassen hat, kehrt sie zusammen mit ihrem Sohn Michael zurück in ihre alte Heimat, mit der Absicht, nach Anita und Pietro zu suchen, zu erfahren, wie es ihnen ergangen ist und sich vielleicht auch mit ihnen zu versöhnen. In vielen Rückblenden erfährt man so Stück für Stück, wie es den beiden Freundinnen in ihren so unterschiedlichen Leben ergangen ist. Auf der einen Seite Giulias relativ gutes Leben in New York und dann Anitas hartes Dasein, hindurch durch zwei Weltkriege, mit all den zu verkraftenden Verlusten an geliebten Menschen. Und es geht auch um die schweren Zeiten der italienischen Bevölkerung in ihrer Rolle als geschundener Arbeiterklasse und dem verzweifelten Partisanenkampf gegen Mussolinis aufkommenden Faschismus in dieser Zeit. Man erfährt viel von der Geschichte Italiens, sehr einprägsam und packend erzählt in einer Sprache, die man wirklich als literarisch bezeichnen kann, so präzise und Wort für Wort genau auf den Punkt gebracht. Das ist eine echte Freude für den Leser und man nimmt die Qualität dieses Schreibstils sehr bewusst wahr. Es ist wirklich nicht als leichte Unterhaltung zu bezeichnen, dieser Roman, der uns stellvertretend für diese umfassende schwere Zeit, die Geschichte der beiden jungen Frauen erzählt, bis ins Alter hinein. Die Begeisterung für dieses im kleinen schon monumentale Werk wird jedoch etwas abgebremst durch die vielen, manchmal etwas plötzlichen Rückblenden, die den Fluss des Lesegeschehens schon erheblich stört und das immer wieder aufs Neue. Aber letztendlich muss es vielleicht auch so sein, um uns verharren zu lassen in den intensiven Bildern und ganz nah bei den Menschen, denen wir hier begegnen und deren Persönlichkeiten so fein und kunstvoll gezeichnet worden sind.
Ein hervorzuhebendes Buch, dem man unbedingt Aufmerksamkeit schenken sollte. Auf keinen Fall sollte man 'die Mühe' scheuen, sich mit der hierfür nötigen Konzentration durch diese Geschichte zu lesen.