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Veröffentlicht am 21.03.2020

Der Exit vom Hass

Eine Farbe zwischen Liebe und Hass
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Jessup lebt in einer Familie, in der das rechtsradikale Gedankengut nicht nur zum täglichen Leben gehört, wie das Atmen, nein es nimmt zudem einen sehr hohen Stellwert ein. Selbst eine Kirche der White ...

Jessup lebt in einer Familie, in der das rechtsradikale Gedankengut nicht nur zum täglichen Leben gehört, wie das Atmen, nein es nimmt zudem einen sehr hohen Stellwert ein. Selbst eine Kirche der White Power Bewegung geht Jessups Familie an. Doch bis jetzt ist Jessup den süßen Worten des Hasses dieser Bewegung nicht erlegen. Seine Familie lebt bitter arm in einem Wohnwagen. Als sein Stiefvater aus dem Gefängnis kommt, scheint es so als würde Jessup noch tiefer in diese Bewegung reingezogen und das obwohl er ganz und gar nicht diese radikalen Gedanken vertritt. Er hat eine dunkelhäutige Freundin und will so weit weg von dieser Stadt, wie nur irgend möglich. Er lernt und ist im Foodball Team. Er setzt alles dran mittels Stipendium oder durch den Foodball raus aus dieser Stadt zu kommen. Doch dann passiert ihm was nicht passieren darf, es kommt zu einen tödlichen Unfall. Der führende Kopf der White Power Bewegung schaltet sich ein und will Jessup und seine Familie für seine Ziele ausschlachten. Er schreckt auch nicht Mord zurück. Es kommt zu einem tödlichen Schusswechsel. Und genau dieser ist für Jessups Stiefvater der nötige Weckruf. Er setzt nun alles daran seine Familie diesem rechtsradikalen Gedankengut zu entziehen.

Der Autor schafft es den Leser mit einen nüchternen, abgeklärten Schreibstil zu fesseln. Besonders interessant ist der Perspektivwechsel, da der junge Jessup die Hauptrolle in dieser Geschichte spielt.

Mit relativ kurzen Kapiteln, die jeweils mit einer Überschrift versehen sind, schafft der Autor es mit verschiedenen Spannungsbögen eine wirklich mitreisende Story zu erzählen. Dabei weis man als aufgeklärter Mensch immer. Das ist keine gute Gesellschaft in der sich der Protagonist befindet. Er ist so vielen Verlockungen ausgesetzt. Auch wenn er für sich bereits eine Entscheidung getroffen hat und sich dieser Gemeinschaft zu entziehen versucht, sind die Bänder, da von Kindheit an in dieser Gemeinschaft, sehr stark. Anfangs denkt man noch ok ließt man vielleicht eine Geschichte über die Radikalisierung. Tut man ja in gewisser Weise auch, da der beste Freund und Bruder des Protagonisten, dieser süßen Verlockung des Hasses nicht widerstehen können. Aber Jesup ist anderes, er will raus. Und den Weg, den der Protagonist gehen muss, erzählt der Autor auf eine ganz besondere Weise.

Die Figuren, anhand derer der Autor diese Geschichte erzählt sind zum einen glaubhaft aber auch sehr nüchtern dargestellt. Das heißt jetzt aber nicht das sie emotionslos dargestellt sind nein. Der Autor hält nur eine gewisse Distanz zu seinen Figuren, welche bewirkt dass man das Verhalten besser nachvollziehen kann. Er gibt sich wirklich sehr viel Mühe mit den Figuren, auch wenn sie durch die Distanz und das eingesetzte Brennglas teilweise oberflächlich wirken. Als Leser schaut man immer von außer aus einer gewissen Distanz auf die Handlung. Das heißt aber nicht, dass einen die Figuren nicht ans Herz wachsen. Das Gegenteil ist der Fall. Am Ende ist man sehr froh das Jessup und seine Familie den Absprung schaffen und einen Neuanfang starten.

Fazit: Dieser Roman ist nicht einfach nur einer weiterer Roman über Rassismus in Amerika sondern vielmehr wie man sich diesen entzieht. Ich gebe zu es ist kein einfaches Buch und an den Erzählstil muss man sich auch erst gewöhnen. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt will man einfach nur noch wissen, welchen Weg schlägt der junge Protagonist ein. Es ist ein toller Roman der die Entwicklung eines jungen Menschen und dessen Familie sehr gut nachzeichnet und die Einflüsse zeigt die auf die Entwicklung eines Menschen einwirken können und wie man sich diesen entziehen kann. Mich hat dieser Roman tief bewegt. Ich kann ihn euch nur sehr ans Herz legen. Gegen die Liebe hat der Hass keine Chance.

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Veröffentlicht am 16.03.2020

Frauen an die Macht

Milchmann
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Eine junge Frau zieht ungewollt die Aufmerksamkeit des wesentlich älteren Milchmanns auf sich. Er beginnt sie in immer stärker werdender Intensität zu bedrängen und massiv unterschwellig zu bedrohen. Hinzu ...

Eine junge Frau zieht ungewollt die Aufmerksamkeit des wesentlich älteren Milchmanns auf sich. Er beginnt sie in immer stärker werdender Intensität zu bedrängen und massiv unterschwellig zu bedrohen. Hinzu kommt das diese junge Frau nicht nur in einer sehr gewalttätigen Zeit lebt, in der der Tod, Bomben und Mord zum Alltagsbild geworden sind, sondern das ihr gesellschaftliches Umfeld diese ungewollte Aufmerksamkeit des Milchmanns gegenüber dieser jungen Frau gänzlich fehl interpretiert und für diese junge Frau nun nicht nur eine Nervenaufreibende Zeit beginnt sondern ein regelrechter Spiesroutenlauf, mit Shitstorm, Mobbing und Rufmord. Diese junge Frau befindet sich in einer aussichtslosen Situation, in der nicht mal die engste Familie zu ihr steht. Stattdessen wird sie mit Vorwürfen konfrontiert und in den Nervenzusammenbruch getrieben. Erst als sich der echte Milchmann einschaltet kommt es zu einer Entspannung. Als der Milchmann verletzt ins Krankenhaus eingeliefert wird und es einen Toten gibt erlebt diese Gemeinschaft einen tiefgreifenden Wandel.

Auch wenn die Autorin mich mit ihren rasanten Schreibstil gefesselt hat, hat sich mich das eine oder andere Mal an den Rand des Wahnsinns getrieben. Einerseits ließt es sich als ob man auf der Flucht ist und sich fast überschlägt und dann gerät man immer wieder ins Straucheln. Und diese Häufungen des Strauchelns in anderen Worten das Element des Gedankenkarussells in dem immer wieder die gleichen Gedanken durchgekaut wurden wenn auch aus teilweise verschiedenen Perspektiven haben mich wahnsinnig gemacht. Mich geradezu verzweifeln lassen.

Auch wenn sich der Handlungsort anfangs nicht ganz eindeutig eingrenzen lässt, weil die Autorin auf eine genaue Angabe verzichtet, um darauf hinzuweisen das sich diese Handlung überall so zutragen kann, kann man es doch am Ende auf den Konflikt in England einordnen. Es gibt verschiedene Handlungsstränge, die sich ganz unterschiedlich auf einander auswirken und mit einander verbunden sind. Es geht eben nicht nur um diese junge Frau. Es geht um Feminismus, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, Moral, Belästigungen, das Recht darauf glücklich zu sein und nicht immer nur auf Notlösungen zu setzten. Und ja es geht auch um die richtige und falsche Religion. Doch wer entscheidet was die richtige oder die falsche Religion ist? Und auch welche Macht die Gesellschaft gegenüber einzelner hat.

Die Protagonisten haben alle so ihre Ecken und Kanten entweder man liebt sie oder man hasst sie aus tiefsten Herzen. Ganz klar bekommen alle ihr Fett weg. Frauen wie Männer sind keine Unschuldslämmer. Beider Geschlechter haben es faustdick hinter den Ohren. Bei diesem ganzen hauen und stechen ist es nicht immer leicht den Überblick zu behalten. Vor allem weil die Autorin auch hier die Anonymisierung auf die Spitze treibt. Keiner ihrer Figuren trägt einen richtigen Namen, alles sind so allgemein gehalten und endpersonalisiert, das es einfach schwer fällt eine Beziehung aufzubauen. Einzig und allein der Milchmann heißt wirklich so und selbst darüber wird sich dann groß und breit ausgelassen, weil er so einen außergewöhnlichen Namen trägt.

Fazit: Aus vielerlei Sicht ist dies alles andere als ein einfaches Buch. Auch wenn es sich rasant ließt, bleibt es nicht aus das es auch so einige Längen hat, die dem Leser durchaus sauer aufstoßen können. Auf der anderen Seite werden durchaus wichtige Themen behandelt und welche Auswirkungen diese auf die Gesellschaft wie auch auf jeden einzelnen haben können. Ja das Buch übt einen Reiz aus der sich in einen Sog wandelt. Am Ende bin ich aber nach wie vor zwiegespalten, da ich vom rasanten Schreibstil begeistert war, aber am Ende mit dem Gedankenkarussell mächtig auf Kriegsfuss stand. Und die Figuren so ganz ohne Namen haben mich auch mächtig gestört. Dieses Buch sollte man unbedingt lesen ja unbedingt jedoch wird man an so einigen stellen mächtig zu knappern haben. Entweder man liebt dieses Buch oder eben nicht.

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Veröffentlicht am 13.03.2020

verratene Träume

Die Schule am Meer
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Eine handvoll Lehrer wollen mit neuen Konzepten, Ideen und noch mehr Enthusiasmus auf Juist ein Internat aufbauen. Mit ihnen kommen Schüler unterschiedlichster Herkunft mit auf diese Insel. Es folgt der ...

Eine handvoll Lehrer wollen mit neuen Konzepten, Ideen und noch mehr Enthusiasmus auf Juist ein Internat aufbauen. Mit ihnen kommen Schüler unterschiedlichster Herkunft mit auf diese Insel. Es folgt der steinige und unbequeme Aufbau und Ausbau dieser Schule. Aber auch die Erfolge, die sich einstellen. Die Schüler und welche Entwicklung diese vollziehen. Aber auch die Schattenseiten lassen nicht lange auf sich warten. Nicht alle Insulaner mögen dieses Internat. Die Lange spitzt sich mit dem Erstärken der Nationalsozialisten immer weiter zu. So das nach anfänglichen grandiosen Erfolg der Schule und ihrer Bekanntheit nun immer mehr Schüler und später auch Lehrer dieser Schule am Meer den Rücken kehren müssen. Auf Druck der Nazis findet die Schule ein unrühmliches Ende. Durch die Intervention des Dritten Reiches verliert diese zukunftsweisende Schule nicht nur ihr Herz und Seele sondern auch die Existenz.

Die Autorin schafft es mit ihren fesselnden Schreibstil den Leser in eine andere Zeit zu entführen. Durch ihren mitreisenden Stil ist der Leser so gepackt und gefesselt von diesem Roman, der sich an die wahre Geschichte anlehnt, dass man ihn einfach nicht mehr bei Seite packen kann.

Die Handlung ist in drei Teile, vielmehr Logbücher, geteilt. Man erlebt den Aufbau mit wie schwer und hart dieser war. Dies auf ganz tolle Weise. Die Autorin lässt die Leser Jahre weise an dem Geschehen teilhaben. Man lernt die Schüler kennen wie sie bei der Gründung auf diese Schule kamen was sie erlebten und auch die Freundschaften und Abenteuer die sie erlebten. Einige begleitet man von vom Beginn bis zum Abitur und sieht welche Entwicklung sie vollziehen. Aber auch durch welche Höhen und Tiefen nicht nur die Schule sondern auch das Kollegium gehen muss. Welche Verluste ein jeder schultern muss.

Die Personen wachsen einen dermaßen ans Herz, das es wirklich schwer fällt das Buch beiseite zu legen. Man sieht junge Menschen, wie sie ihren Weg gehen, erwachsen werden. Anfangen selbstständig und kritisch zu denken aber auch wie einige von vom Nationalsozialismus geblendet werden und das sind nicht nur Schüler. Am meisten haben mich wirklich das Schicksal von Anie und ihrer Familie, Moskito und der Köchin Kea und deren unehelichen Tochter beeindruckt. Und noch so viele andere Einzelschicksale, die einen berühren und nicht mehr loslassen.

Fazit: Ich bin begeistert von diesen tollen Roman. Die Autorin schafft es den Leser nicht nur in eine andere Zeit zu entführen sondern die Geschichte dieser ganz besonderen Schule, ihren Schülern und Lehren zu erzählen und dies in keinster Weise kitschig nein ja fast neutral und sachlich. Und dies macht den Reiz dieses Buches aus. Wie nicht nur Leben sondern auch Träume zerstört werden können, wenn die falschen Kräfte das Ruder übernehmen. Ich lege euch dieses Buch wärmstens ans Herz. Es ist so eindringlich geschrieben und in gewisser Weise auch warnend. Auch wenn es ein historischer Roman ist, lasst euch davon nicht abschrecken ihr werdet dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen können.

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Veröffentlicht am 03.03.2020

afrikanische Freundschaften

Das kann uns keiner nehmen
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Eigentlich wollte Hans mit der Besteigung des Kilimandscharos nur sein Afrikatrauma überwinden und mit diesem Kontinent seinen Frieden schließen. Doch dieser Plan wird im Krater des Kilimandscharos vom ...

Eigentlich wollte Hans mit der Besteigung des Kilimandscharos nur sein Afrikatrauma überwinden und mit diesem Kontinent seinen Frieden schließen. Doch dieser Plan wird im Krater des Kilimandscharos vom Tscharlie in ganz andere Bahnen gelenkt. Denn Tscharlie ist ein alter Haudegen, der es auch noch mal wissen will. Und Hans ist anfangs alles andere als davon angetan. Erst nach und nach merkt Hans das hinter dem großspurigen Auftreten und Äußerungen eine verzweifelte Seele steckt. Dem Tscharlie geht es gar nicht mehr gut. Schon beim Aufstieg hatte er Probleme mit der Verdauung, die sich auch beim Abstieg fortsetzen. Unten angekommen wollen ihm die Führer schnellst möglich in ein Krankenhaus schaffen. Doch wer nicht will ist der Tscharlie. Er will mit dem Hans eine Abschiedtour durch sein Afrika machen. Nach und nach schließen sie bei dieser Abschiedtour eine afrikanische Freundschaft und erzählen sich ihre Lebensgeschichte. So fahren die beiden mit Motorrädern kreuz und quer durch Afrika. Nur wird der Zustand vom Tscharlie immer schlechter bis Hans nichts anderes übrig bleibt als den Tscharlie mit Hilfe eines Führers und jeder Menger andere Hilfe ins Krankenhaus zu schaffen. Und nun erzählt Hans dem Tscharlie seine eigene Geschichte.

Auch wenn der Autor es schafft den Leser mit seiner Geschichte zu fesseln schafft er dies nicht unbedingt mit einem flüssigen Schreibstil. Eher mit der Geschichte und den Protagonisten. Als Leser muss man sich regelrecht durch das Buch durchbeißen. Da kaum das man sich reingebissen hat schafft es der Autor immer wieder mit dem Stilmittel des aufgesetzten bayrischen Dialekts, den einer der Protagonisten spricht aus dem Lesefluss zu reisen. So das man am Ende einfach nur fürchterlich genervt ist und auf einen Abschnitt hofft in dem der Hans bzw. der Erzähler die Oberhand gewinnt.

Die Protagonisten allen voran der Tscharlie ist alles andere als eine einfache Persönlichkeit. Ein Haudegen, wie er im Buche steht. Jedoch wird auch recht schnell klar das all das nur eine Fassade ist. Nicht nur mit seinen Sprüchen und Taten eckt er bei Leser an. Ihn zu mögen fällt wirklich schwer und am Ende fragt man sich was von dem was er von sich preisgegeben hat stimmt und was war die Erfindung eines Erkrankten. Und der Hans nun ja er wird mit der Zeit für eine Zeit immer mehr zu dem Tscharlie den er eigentlich gar nicht mag. Und zu einer Art Freund. Nach dem er auch seine Geschichte erzählt hat versteht man ihn ein wenig besser. Was man ihn allerdings vorhalten muss ist das er den Tscharlie wider besseres Wissen nicht umgehend nach dem Abstieg vom Berg in ein Krankenhaus geschafft hat und lieber tagelang mit einem zum Tode geweihten durch Afrika gurkt. Als Leser wird man da schon sauer auf ihn.

Der Autor beschäftigt sich mit drei Handlungssträngen. Zum einen die Freundschaft zwischen Tscharlie und Hans. Dann die jeweilige Geschichte von Hans und Tscharlie. Und zum Schluss auch die Liebesgeschichte, die Hans noch heute bewegt. Zum anderen setzt sich der Autor aber auch mit Bergtourismus und den Folgen auseinander, ebenso mit verfehlter Entwicklungspolitik in verschiedenen Dekaden, auch mit Rassismus und Kolonialismus ebenso mit der medizinischen Versorgung als auch mit Bürgerkriegen und deren Folgen. Und auch aktuell mit der Flüchtlingsproblematik und das so viele junge Leute Afrika ihr Heil in Europa suchen, weil es sie für sich in Afrika keine Hoffnung sehen. Auch mit der Einflussnahme ausländischer Regierungen auf Afrika und deren Landerwerb setzt er sich auseinander. Und da ist dann auch das Problem. Er reist so vielen kurz an und lässt den Leser dann damit im regen stehen. Er zeigt auf das und das ist die Folge von dem und dem Handeln.

Die Sprache ist zum einen beeindruckend, die Bilder die der Autor erschafft sind beeindruckend. Und zum anderen mag der Leser irgendwann einfach nicht mehr. Ganz einfach weil der Autor den bayrischen Dialekt dermaßen überzeichnet, das er am Ende einfach nur noch nervt.

Fazit: Ein beeindruckendes Zeugnis von Afrikas Land und Leute, das es dem Leser alles andere als einfach macht. Es eckt hat, packt dem Leser am Kragen und schleift ihn durch Afrika und zeigt Probleme auf, die das Resultat von Generationen von verfehlter und falscher Entwicklungspolitik sind. Aber auch das sich in Afrika Freundschaften entwickeln könne wenn auch nur kurz. Dieses Buch ist schon speziell und nicht jeder wird sich damit anfreunden können schon allein durch den Erzählstil und stilistischen Feinheiten, die der Autor nutzt. Auch die Charaktere ecken ganz schön an. Kurz alles andere als ein einfacher Roman. Er ist schon was für Beißer. Wenn man sich erstmal in dieses Buch seine Geschichte und seinen Protagonisten verbissen hat und es einen gepackt hat, lässt man es auch nicht mehr aus der Hand bis man es hinter sich gebracht hat. Lesen lohnt sich auf jeden Fall auch wenn es hier und da so seine Tücken hat.

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Veröffentlicht am 26.02.2020

Gegen das Vergessen

Rote Kreuze
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Tatjana wird in privilegierte Verhältnisse hineingeboren, lebt mit ihrem Vater und Kindermädchen verschiedene Jahre im Ausland und erlernt dadurch verschiedene Fremdsprachen. Dadurch kommt sie an einen ...

Tatjana wird in privilegierte Verhältnisse hineingeboren, lebt mit ihrem Vater und Kindermädchen verschiedene Jahre im Ausland und erlernt dadurch verschiedene Fremdsprachen. Dadurch kommt sie an einen Job in einem Ministerium der UdSSR. Sie verliebt sich heiratet und bekommt eine Tochter. Grad als sie denkt das Leben meint es gut mit ihr bricht der 2. Weltkrieg aus und Stalin übernimmt das Zepter über ihr Leben und so vieler anderer. Ihr Mann wird einberufen und gerät in Gefangenschaft. Als sein Name auf einer Liste auftaucht, ist dies der Anfang vom Ende ihres schönen Lebens. Sie manipuliert eine Liste und macht sich lebenslang Vorwürfe. Und dann überschlagen sich die Ereignisse. In einer Nacht und Nebelaktion werden sie und ihre kleine Tochter aus der Wohnung geholt, getrennt und verschleppt. Tatjana lernt die brutalen Verhörmethoden der Regierung kennen, erleidet im Krankenhaus einen Nervenzusammenbruch und landet Wochen später in einem Gulag, der Hölle auf Erden, wo sie fast ein Jahrzehnt verbringt. Ohne zu wissen was aus Mann und Tochter wurde. Am Ende ihres Lebens zieht in der Wohnung ihr gegenüber der junge Vater Sascha ein. Diese Gelegenheit nutzt sie Sascha ihre traumatische Geschichte zu erzählen. Sie werden Freunde und nach und nach offenbart sie ihm immer grauenvollere Einzelheiten ihrer Geschichte und nimmt ihn auch zu einem Massengrab mit, das einer Autobahn weichen soll, ohne das die Gebeine umgebettet werden sollen. Beide werden inhaftiert und vernommen. Für Sascha ist es das erste Mal, für Tatjana eine nicht. Ohne Angst sitzt sie dem Beamten gegenüber. Und nun erzählt sie Sascha den Rest ihrer langen Geschichte.

Der Autor schafft es mit seinen nüchternen ja geradezu gefühlskalten flüssigen und rasanten Schreibstil den Leser zu fesseln. So wird der Leser zwischen Entrüstung, Fassungslosigkeit, Schnappatmung und Herzrassen hin und hergerissen.

In erster Linie geht es um die Geschichte von Tatjana, die grauenvoller kaum sein kann. Ein Staat, geführt von dem Diktator Stalin, zerstört und zerfetzt Tatjanas geordnetes Leben und bricht sich damit fast. Mit über 90 Jahren beginnt Tatjana ihr Vermächtnis ihre Geschichte diesen jungen Vater Sascha zu offenbaren, der die Stalindiktatur nicht mehr kennenlernen musste. Indem sie ihm ihre Geschichte offenbart legt sie den Stein gegen das Vergessen in seine Hand. Dadurch das der Autor Originaldokumente in die Geschichte einfließen lässt entwickelt die Geschichte noch mal eine ganz eigene Dynamik.

Die Figuren sind nüchtern und klar beschrieben und schaffen es gerade dadurch in das Herz des Erzählers. Am Ende ist die Demenzkranke Tatjana mehr als die schrullige Alte, die ihr Gedächtnis verliert. Sie ist eine Zeitzeugin, die ihre Geschichte an die nächste Generation weitergibt um ein Vergessen zu verhindern.

Fazit: Ein Buch gegen das Vergessen. Ein absolut lesenswertes Buch. Auch wenn man sich erst an den Schreibstil des Autors gewönnen muss, bin ich absolut begeistert und kann es jeden nur wärmstens an Herz legen. Es legt die ganze Brutalität der Stalinregierung offen und wie die Menschen darunter zu leiden hatten. Es läuft einen ein ums andere mal kalt den Rück runter ganz zu schweigen von Schnappatmung und Herzrasen. Unbedingt lesen und niemals vergessen.

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