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Veröffentlicht am 09.09.2018

Aufwühlend und so aktuell

Du wolltest es doch
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„Nein. Nein. Nein. Das ist das Einzige, was ich in letzter Zeit sage. Vielleicht zum Ausgleich für das eine Mal, als ich es nicht sagen konnte. Als ich nicht die Chance bekam, es zu sagen.“ (Emma in Du ...

„Nein. Nein. Nein. Das ist das Einzige, was ich in letzter Zeit sage. Vielleicht zum Ausgleich für das eine Mal, als ich es nicht sagen konnte. Als ich nicht die Chance bekam, es zu sagen.“ (Emma in Du wolltest es doch)

Worum geht’s?
„Emma ist hübsch und beliebt, die Jungs reißen sich um sie. Und sie genießt es, versucht, immer im Mittelpunkt zu stehen: Das Mädchen, das jeden herumkriegt. Bis sie nach einer Party zerschlagen und mit zerrissenem Kleid vor ihrem Haus aufwacht. Klar, sie ist mit Paul ins Schlafzimmer gegangen. Hat Pillen eingeworfen. Die anderen Jungs kamen hinterher. Aber dann? Sie erinnert sich nicht, aber die gesamte Schule weiß es. Sie haben die Fotos gesehen. Ist Emma wirklich selber schuld? Was hat sie erwartet – Emma, die Schlampe in dem ultrakurzen Kleid?“ [Klappentext des Buches]

Gestaltung / Schreibstil
Die Gestaltung des Covers ist schlicht, aber zugleich sehr ansprechend und aufmerksamkeitsfördernd. Ich bin erstmalig in der Buchhandlung auf das Buch aufmerksam geworden, indem mir das Cover auffiel. Anhand des Covers kann man bereits erahnen, um was für eine Art Geschichte es sich handeln könnte. Der deutsche Titel „Du wolltest es doch“ ist hierbei sehr gut und passend gewählt und steht dem englischen Originaltitel „Asking for it“ in nichts nach. Die nackten Beine und die Rosenbettwäsche werden hierbei auch als Bestandteil aus dem Roman aufgegriffen.

Das Buch hat einen Umfang von 368 Seiten und besteht aus zwei Teilen: Letztes Jahr und dieses Jahr. Beide Teilen nehmen relativ genau die Hälfte des Buches ein. Jeder Teil umfasst einige, aufeinanderfolgende Tage im Leben der Protagonistin Emma. Letztes Jahr steht hierbei für die Zeit vor der verhängnisvollen Nacht und die drei Tage kurz danach, während dieses Jahr für Emmas Zustand ein gutes Jahr später und die Folgen der Nacht steht. Die jeweiligen Tage sind als Kapitel gestaltet, wodurch sie teilweise sehr umfangreich sind und über viele Seiten gehen können.

Die Geschichte ist komplett aus der Sicht von Emma erzählt. Der Schreibstil ist sehr flüssig mit vielen kurzen Sätzen, man spürt regelrecht Emmas Gedankengänge. Allerdings springt man auch direkt in die Geschichte, lernt beiläufig die Charaktere kennen, aber alles bleibt sehr vage und oberflächlich. Anfangs fiel es mir sehr schwer, in die Geschichte reinzukommen, es war beinahe alles wirr und zusammenhangslos für mich. Doch nach den ersten 100 Seiten war es gar kein Problem mehr. Besonders gut fand ich hierbei die Kennzeichnung von Emmas Gedankengängen in Klammern, die teilweise noch einmal ein anderes Bild auf die Situationen werfen.

Sehr gelungen finde ich auch den Umbruch zwischen letztes Jahr und dieses Jahr. Die sprachlichen Feinheiten passen sehr gut zum Gemütszustand und lassen alles noch mehr mitfühlen. Die Autorin verzichtet bewusst auf das Wort Vergewaltigung an den meisten Stellen, weil Emma das Wort nicht hören möchte und somit zugleich dem Leser Spielraum gegeben wird, selbst ein Wort zu finden.

Fazit
Du wolltest es doch ist ein sehr emotionales und aufwühlendes Buch. Es ist ein Buch, was einen sicher nicht kaltlässt und hoffentlich auch zum Nachdenken anregt. Die Autorin spielt bewusst mit dem Aufbau einer unsympathischen Hauptdarstellerin, einer Katastrophe und einer detaillierten Beschreibung der Umstände. Hierdurch erreicht sie vor allem eins: Der Leser ist gezwungen, über eine eventuelle Antipathie gegen Emma hinwegzuschauen und für sich zu entscheiden, zu welchem „Team“ man eigentlich gehört. War Emma selbst Schuld? Was wäre wenn, hätte vielleicht, sollte man – das alles sind Fragen, die sich einem beim Lesen aufdrängen. Und vielleicht erwischt man sich das ein oder andere Mal auch dabei, wie man sich fragt „hat sie (Mit-)Schuld?“ Das Buch besticht durch eine starke Geschichte, die gegenwärtig präsent und diskussionswürdig ist wie schon lange nicht mehr. Die leichte Sprache macht das Buch sehr geeignet für junge Leser, allerdings vermisse ich an der ein oder anderen Stelle vielleicht eine etwas differenziertere Ausarbeitung der Gedankengänge und Meinungen, da das Buch größtenteils doch eher von schwarz und weiß lebt. Eine Einbindung des Buchs etwa als Schullektüre in höheren Klassen kann ich mir auch sehr gut vorstellen.

*** Es folgen im weiteren mögliche Spoiler ***
Während die erste Hälfte des Buches in mir hauptsächlich ein Kopfschüttel-Verhalten gegenüber Emma hervorrief, war der Sprung in „Dieses Jahr“ wirklich harter Tobak. Das Mädchen, was alles hatte und vor allem eine hohe Meinung von sich selbst, ist nur noch ein Wrack und hat zwei Selbstmordversuche hinter sich. Die Autorin bleibt bei ihren Schilderungen aber absolut realistisch und es wirkt einfach alles erschreckend echt. Vielleicht hat deshalb der zweite Teil auch eine so starke Wirkung auf mich. Der Fokus des Buches liegt fast ausschließlich auf dem Opfer und seinem Umfeld, was emotional sehr mitreißend ist. Hin und wieder fragt man sich, wie es nur soweit kommen konnte, gelegentlich möchte man Emma nahezu zurufen „wach auf, schau in was für ein Verderben du läufst“.

Sehr gelungen fand ich auch den familiären Kontrast. Nach der Nacht besteht die Familie nur noch aus einem Haufen Scherben. Jedes Familienmitglied geht anders mit der Situation um: Die Mutter neigt zum Alkohol und möchte eigentlich nur eine funktionierende Emma, der Vater verbringt kaum noch Zeit zuhause und kann seine Tochter nicht mehr angucken, der Bruder ist der Einzige, der sich um Emma kümmert und versucht, dass alles irgendwie gut wird. Stark finde ich hierbei auch den Nachbarsjungen Connor, der Emma jeden Tag eine Mail schreibt, auch wenn sie nicht antwortet. Er ist einer der wenigen, der offenkundig an ihre Seite der Geschichte glaubt. So fand ich es unglaublich berührend, als er schrieb, er würde alles dafür tun, diese Nacht rückgängig zu machen und sie früher am Abend zu küssen, damit sie gar nicht erst auf die verhängnisvolle Party gehen.

Immer mehr zeichnet sich das Trümmerfeld ab, was diese Nacht und die Entscheidung, zur Polizei zu gehen, hinterlassen hat. Interessant ist hierbei, dass Emma einer Freundin vor der Nacht von einer Anzeige abgeraten hat, als diese in einer nicht eingewilligten Sexualbeziehung zu einem der späteren mutmaßlichen Täter landete und Emma um Rat bat. Der Kontrast zwischen dem „relativ normalen“ Weiterleben der Jamie, die die Tat nicht angezeigt hat, und dem absoluten Scherbenhaufen der Emma nach der Anzeige, sind ein starker Aspekt der Geschichte.

Toll finde ich auch die kritische Einbindung von Medien, sozialen Medien und dem Dorftratsch. Jeder hat eine Meinung, viele teilen sie auch gerne. Die populären Sportjungs gegen das Mädel, was eh andauend die Beine breit gemacht hat? Die allgemeine Meinung ist doch relativ klar. Erschreckenderweise spricht die Autorin hierbei ein sehr gegenwärtiges und immer wieder medial diskutiertes Thema an: Wie kurz darf der Rock sein? Wie viel Alkohol darf ein Mädchen trinken? Können die anständigen Sportler sowas tun?

Insgesamt muss man sagen, dass das Buch sehr gelungen ist. Lange musste ich überlegen, wie mir das Ende gefällt. Sie zieht die Anzeige zurück, weil sie möchte, dass es vorbei ist, dass ihre Eltern wieder „normal“ sind, sie ihr Leben zurückbekommt, ihr Vater sie wieder anguckt. Doch insgeheim wünscht sie sich eigentlich nur, dass jemand mal sagt „du wolltest es doch nicht“.

[Diese Rezension wurde auf Grundlage eines Rezensionsexemplars erstellt, welches mir freundlicherweise von NetGalley.de und dem Carlsen Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Meine Meinung zu dem Buch ist hiervon unberührt]

Veröffentlicht am 09.09.2018

Fesselnde Liebesgeschichte

Tempting the Beast
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„Ich muss völlig den Verstand verloren haben, mich auf ein solch gefährliches Spiel mit ihnen einzulassen.“ (Celeste in Tempting the Beast)

Worum geht’s?
Celeste soll mit ihrem Bruder auf einer exklusiven ...

„Ich muss völlig den Verstand verloren haben, mich auf ein solch gefährliches Spiel mit ihnen einzulassen.“ (Celeste in Tempting the Beast)

Worum geht’s?
Celeste soll mit ihrem Bruder auf einer exklusiven Party jobben. Vor Ort trifft sie auf einen geheimnisvollen Mann namens Hunter, den sie für einen Privatdetektiv hält und der später mit einem Todesfall zu tun hat. Geschockt vom Miterlebten vertraut sich Celeste ihren Bruder an, der sie nach Hause schickt und sagt, er würde sich um die Sache kümmern. Nach dieser Unterhaltung sieht Celeste ihren Bruder nicht wieder, schlimmer noch, er verschwindet vom Erdboden, sein Name ist im Polizeisystem unauffindbar, seine Sachen verschwunden und Fotos von ihm fehlen. In großer Sorge wendet sich Celeste an den geheimnisvollen Privatdetektiv, der ihr helfen will, ihren Bruder zu suchen. Sein Preis? Sie, in seinem Haus, wann immer er will, wo immer er will, bis er ihren Bruder findet. Und aus Verzweiflung Liebe zu ihrem Bruder entscheidet sich Celeste für diesen Deal mit „The Beast“…

Gestaltung / Schreibstil
Tempting the Beast erscheint als Ebook mit einem Umfang von 250 Seiten. Das Cover ist sehr schlicht gehalten und gibt keinen Hinweis auf den zu erwartenden Inhalt. Die schlichte Eleganz war es aber, die mich dazu gebracht hat, die Inhaltsangabe zu lesen, weil ich mir anhand des Covers überhaupt nicht vorstellen konnte, worum das Buch gehen könnte und in welches Genre es mich führen könnte.

Das Buch besteht aus 22 Kapiteln (eigentlich 21 und ein Rückblick) und wird teils aus der Sicht von Celeste und teils aus der Sicht von „The Beast“ Braden Hunter erzählt. Ich mag diese Erzählweise sehr, weil man so auch die Gedanken der Charaktere erfährt und unterschiedliche Blickwinkel aufs Geschehen erhält. Stilistisch unterscheiden sich beide Charaktere nicht wirklich voneinander. Der Schreibstil ist kurz und knackig, was für einen sehr guten Lesefluss sorgt. Ich konnte mich sehr schnell ins Buch finden.

Fazit
Um ein Fazit abzugeben, muss ich kurz aufgreifen, mit welchen Erwartungen ich an das Buch gegangen bin. Zunächst ist mir die Autorin bislang unbekannt gewesen und ich habe aufgrund des Klappentextes mich für das Buch entschieden. Die Kombination aus „der geheimnisvolle Böse“ und „die süße Unschuldige“ haben mich angesprochen und natürlich als großer Liebhaber des Märchens „Die Schöne und das Biest“ auch die angedeutete Anspielung auf die Story, wo die Schöne zur Gefangenen des Biestes wird. Um ehrlich zu sein, war ich mir zu Beginn des Buches nicht ganz sicher, ob „The Beast“ nun wirklich ein Biest oder – wie etwa bei Beastly – eine entstellte Person sein wird, ob hier fantastische Elemente auf mich warten werden oder es wirklich eine rein „normale“ Geschichte sein wird. Ich war erleichtert, als ich feststellte, dass wir hier keine verzauberten Haushaltsgegenstände haben und auch das Biest nicht pelzig und mit Fangzähnen ausgestattet ist. Überrascht war ich allerdings über den teils hocherotischen, aber nie billigen Anteil von Intimität.

Die Story enthält einige Elemente, die aus dem „Die Schöne und das Biest“ Märchen bekannt sind. Die moderne Adaption und ihre Umsetzung fand ich hierbei aber durchweg erfrischend. Sobald Celeste im „Schloss“ auftaucht, nimmt die Geschichte viel Fahrt auf. So tritt z.B. mit dem Charakter Kane als bester Freund und Kollege von Braden eine Person auf, die schwer durchschaubar, aber für einige Aspekte durchaus wichtig ist. Je weiter man kommt, desto faszinierter ist man von Braden, seinen Geheimnissen und der angedeuteten Hintergrundstory, was Braden und Celeste verbindet, von der Frage, was mit Celestes Bruder passiert ist, aber auch, was eigentlich passiert, wenn Braden ihn findet. Stück für Stück baut sich eine spannende, aber auch emotionale Geschichte auf, die in einem überraschenden Höhepunkt endet und mit einem traurigen Cliffhanger, der eigentlich kein Cliffhanger ist, aber sich wie einer anfühlt, das Buch schließt. Hat man die letzte Seite erreicht, so will man nur eins: Mehr.

***Es folgen im weiteren mögliche Spoiler***
Die Charaktere sind fast alle sehr ausgewogen dargestellt. Braden, ein wunderschöner Mann mit jeder Menge Geheimnissen, vielen Narben, einem Herz aus Eis – so scheint es zumindest- trifft auf Celeste, eine fast schon naive hübsche Frau, die Braden so fasziniert, dass sein Eisherz schmilzt. Die Chemie zwischen den beiden Charakteren stimmt von Anfang an, es geht zwar alles schnell, aber es wirkt nie übertrieben gehetzt. Es knistert gewaltig, auch in erotischer Hinsicht. Die Erotikparts sind hierbei aber nicht übermäßig lang und bleiben sehr stilvoll, wenn auch ziemlich explizit. Nur die Szene, wo Kane messerwerfend an sich Hand anlegt und Braden mit Celeste in Aktion beobachtet, lies mich doch etwas verstört zurück. Steht man nicht so auf Erotik, kann man diese Teile aber auch ohne Probleme überblättern, sie sind nicht so lang und kommen auch nicht so häufig vor. Darüber hinaus hat Braden einen doch ziemlich schnell in seinen Bann gezogen.

Spannend fand ich die Hintergrundgeschichte um Braden, der eine Art Auftragskiller oder wie er sagt Kopfgeldjäger ist. Eine derartige „Berufsgestaltung“ habe ich in vergleichbaren Geschichten noch nicht gefunden. Die hieraus entstehenden moralischen Fragen sind gut eingearbeitet und zeigen vor allem an Celeste, wie sie mit der Zeit von der – zugegeben anfangs sehr – naiven Beauty (so nennen Braden und Kane sie) immer weiter zur selbstbewussteren Frau wird, die auch reflektiert und teilweise in das Dilemma sogar mit hineingezogen wird.

Die vorherrschende Problematik im Buch ist definitiv die Frage, wer will eigentlich was. Celeste, die anfangs immer wieder an Flucht denkt, aber irgendwie doch bleiben möchte und Braden, der eigentlich Celeste so weit weg haben will wie nur möglich, aber sie nicht gehen lassen kann, weil er sie braucht. Bradens Entwicklung und die langsame Auflösung seiner Widerstände und das damit verbundene Preisgeben von immer mehr Aspekten aus seinem Leben fesseln einen dabei genauso, wie die Hoffnung, dass am Ende für beide eine Lösung steht, wie ihr Leben – natürlich zusammen! – weitergehen könnte. Der kleine Twist am Ende, der nach Celestes Entscheidung zu Braden zu halten, dann doch alles umwirft, kam überraschend, aber ein Stück weit auch vorhersehbar daher. Es war für mich klar, dass es nur eine Person geben könnte, die an dieser Stelle die beiden noch wieder auseinandertreiben könnte. Ich denke jedoch, dass Cameron auch nicht die ganze Geschichte um die verhängnisvolle Nacht kennt und warte so auf die Auflösung, was genau damals passiert ist, und seitdem das Schicksal von Celeste und Braden miteinander verbindet. Hinzu kommt auch die immer noch offene Frage, wieso es Braden so sehr nach Rache sinnt. Das Buch spielt also mit einer gesunden Mischung an Auflösung, um spannend zu sein, und Fragen, um spannend zu bleiben.

Einzig die generelle Frage, ob ein normaler Mensch sich auf diesen Deal einlassen würde, macht die Story etwas schwer greifbar. Schaut man hierüber aber einfach hinweg und behandelt das Buch als die Fiktion, die es nunmal auch ist, so findet man eine wunderbare Story mit viel Spannung, einer Prise Erotik und tollen Charakteren. Ich kann Band 2 gar nicht abwarten und bin gespannt, ob es hierbei ähnlich wie bei dem zugehörigen Märchen darum gehen wird, dass diesmal vielleicht Celeste zurückkehren muss, um ihr Biest – vor sich selbst? – zu retten.

[Diese Rezension wurde auf Grundlage eines Rezensionsexemplars erstellt, welches mir freundlicherweise von NetGalley.de und dem LYX Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Meine Meinung zu dem Buch ist hiervon unberührt]