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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.05.2023

Gute Idee, schwache Umsetzung

Die Stille des Todes
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Es geht wieder los, etwas wiederholt sich, etwas, das die gesamte Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Mit der Inhaftierung des mutmaßlichen Täters vor 20 Jahren gab es ein kollektives Aufatmen, ...

Es geht wieder los, etwas wiederholt sich, etwas, das die gesamte Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Mit der Inhaftierung des mutmaßlichen Täters vor 20 Jahren gab es ein kollektives Aufatmen, doch jetzt scheint die Serie weiterzugehen. Der Verbrecher – noch immer in Haft. Handelt es sich um einen Nachahmungstäter, gab es damals Ermittlungsfehler? Viele Fragen, kaum Antworten und ganz besonders wenig Zeit, denn die Anzahl der potentiellen weiteren Opfer ist hoch und die Chance sie alle schützen zu können verschwindend gering..


Rückblickend wird von den damaligen Taten und Ermittlungen erzählt, nichts deutet darauf hin, dass man den falschen geschnappt hat. Die ganze Stadt glaubt das Monster gut verwahrt hinter Gittern. Doch plötzlich stehen Inspector Ayala und sein Team vor einer schier unwirklich anmutenden Szenerie. Der Leser ist ähnlich ratlos und beginnt bereits ohne konkrete Hinweise sämtliche Möglichkeiten durchzuspielen. Dass es jemandem gibt, der geschickt die Fäden zieht und gekonnt zu manipulieren weiß, scheint offensichtlich und unumstritten. Doch wo ist derjenige zu suchen und vor allem zu finden? Eine Mammutaufgabe, die eigentlich viel Zeit in Anspruch nimmt, aber genau die ist knapp bemessen, denn das Morden geht weiter.


Neben den aktuellen Ereignissen und den vergangenen Taten, die erzählerisch in das gegenwärtige Geschehen eingewoben werden, erhält man durch tatsächliche Rückblenden noch einiges mehr an Hintergrundwissen. Zunächst weiß man dieses nicht genau einzuordnen, doch mit der Zeit ergibt sich ein Gesamtbild, das plötzlich erschreckend klar vor dem Auge des Betrachters erscheint.


So interessant und gut durchdacht die Idee hinter der Geschichte auch ist, in ihrer Umsetzung wirkt sie doch in weiten Teilen recht langwierig. Einzelne Passagen werden so lange durchgekaut, bis jedes noch so kleine Detail erläutert und jeder Winkel inspiziert wurde, obwohl es schon viel früher an der Zeit gewesen wäre endlich zum Punkt zu kommen. Bei weitem nicht alle ausführlich dargelegten Beschreibungen sind für die Handlung relevant, häufig ist man mitunter sogar genervt, wenn sich wieder einmal eine längliche Erklärung ankündigt. Dies hat zwangsläufig Auswirkungen auf die Spannungskurve und das Lesevergnügen. Auch schafft man es so nicht den Charakteren auf emotionaler Ebene zu begegnen, eine gewisse Distanz bleibt vorhanden.


Ein Auftaktband, der maximal als solide zu betiteln ist und den Leser unschlüssig zurücklässt was das Weiterverfolgen der Reihe angeht.

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Veröffentlicht am 15.05.2023

Artifiziell

Playlist
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Als die Teenagerin Feline Jagow vor mehreren Wochen verschwand und die Polizei sie nicht wiederfinden konnte, schwand die Hoffnung bei ihren Eltern. Eines Tages steht jedoch ein Transporter vor ihrem Wohnhaus, ...

Als die Teenagerin Feline Jagow vor mehreren Wochen verschwand und die Polizei sie nicht wiederfinden konnte, schwand die Hoffnung bei ihren Eltern. Eines Tages steht jedoch ein Transporter vor ihrem Wohnhaus, in dem sich die entführte Feline befand. Ihr Vater Thomas ist zunächst überglücklich, doch Felines Entführer gibt sich nicht so einfach geschlagen – er hat ein perfides Spiel in der Hinterhand. Thomas bekommt einen Anruf, der ihn vor eine Entscheidung stellt.

Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt, sowohl aus der des Opfers, deren Familie, Ermittlern und alten Bekannten.

Ich hatte so hohe Erwartungen an das Buch. Eigens für die Geschichte komponierte Songs? Da muss dann doch abgeliefert werden. Dachte ich. Auch wenn die Idee wirklich vielversprechend war, drang das alte Gefühl zurück, dass Fitzek und ich einfach nicht warm miteinander werden.

Die Dialoge sind für mich viel zu stumpf und teilweise auch einfach nicht autenthisch. Und damit mein ich abgesehen von den Dialogen, die Menschen in Extremsituationen führen, bei denen man einfach nicht rational handelt. Es sind diese gezwungen leicht anmutenden Dialoge, die mich einfach komplett an der Echtheit zweifeln lassen.

– Möglicher Spoiler! –
Ebenso das Gespräch um die Auflösung hat mich einfach nur noch mit den Augen rollen lassen. Der Täter erzählt den Plan im Sinne von „weißt du noch, das war doch unser Plan, nicht wahr?“ Ich konnt gar nicht glauben, dass er diese Art der Auflösung gewählt hat, weil sie einfach niemals so passieren würde. Man hätte den gleichen Effekt durch eine ein wenig glaubwürdigere Herangehensweise erzielen können „wieso bist du vom Plan abgewichen, es war doch so geplant“.
– Möglicher Spoiler Ende! –

Ebenso einige Gegebenheiten waren so artizifiell, dass mir die Lust am Lesen relativ früh genommen wurde – wenn ich da zum Beispiel an Ambrosia denke.

Ich versteh einfach den Hype nicht und muss wohl leider zu dem Entschluss kommen, dass wir in diesem Leben nicht mehr warm werden.

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Veröffentlicht am 15.05.2023

Eine geballte Ladung Emotionen

Der Gesang der Flusskrebse
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Ein Mord in einer Kleinstadt. Natürlich wird die naturverbundene Außenseiterin – das Marschmädchen – dafür verantwortlich gemacht, weil sie gut darin ist, ungesehen zu bleiben. Für die meisten Bewohner ...

Ein Mord in einer Kleinstadt. Natürlich wird die naturverbundene Außenseiterin – das Marschmädchen – dafür verantwortlich gemacht, weil sie gut darin ist, ungesehen zu bleiben. Für die meisten Bewohner der Kleinstadt ist klar, wer der:die Täter:in ist. Doch ist es wirklich so einfach?

Die Geschichte wird in zwei Erzählsträngen wiedergegeben. Der eine befasst sich mit der Vergangenheit der Protagonistin, bei dem nach und nach ans Licht kommt, warum diese allein aufwächst, wie ihr Leben bisher verlaufen ist und warum sie ist, wie sie eben ist. Der zweite setzt sich mit der Gegenwart auseinander, den Mordermittlungen und Kyas Leben, das durch äußere Einflüsse langsam auf den Kopf gestellt wird.

Ich muss gestehen, dass ich nicht wirklich gut in das Buch reingekommen bin. Die vielen, zunächst, belanglos erscheinenden Hintergrundinformationen über Kyas Familie führten für mich anfangs zu nichts. Ich wurde überschüttet von Emotionen, die ich keinem Charakter so wirklich zuordnen konnte und mit denen ich einfach überfordert gewesen bin, weil sie mit so einer geballten Wucht auf mich einprasselten. Ich bin aber froh, drangeblieben zu sein, denn die zweite Hälfte besticht dann mit der Aufklärung des Kriminalfalls.

Je mehr ich mich mit Kya auseinandersetzte, umso mehr wurde mir bewusst, dass es sich hier nicht nur um eine Aneinanderreihung von Klischees handelte, die dem:der Leser:in eine Protagonistin vermitteln sollte, die es möglichst schwer in ihrer Kindheit hatte. Es steckte noch so viel mehr in Kya, was mir aber erst durch die Geschichte hinweg bewusst wurde.

Ein Buch voller Trauer, Verzweiflung, Eigenständigkeit, Ausgrenzung, einer zarten Liebe, Wissensvermittlung und so vielem mehr. Eine ganz klare Leseempfehlung für jede:n, der:die bereit ist, sich komplett auf die Geschichte einzulassen.

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Veröffentlicht am 07.05.2023

Subtile Spannung

Die Wahrheit
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Von den einen auf den anderen Tag verliert Bill seine Ehefrau und Mutter ihrer gemeinsamen Tochter Sally an Krebs. Sie hielt die Familie am Laufen, brachte das Geld nach Hause, bezahlte fällige Rechnungen ...

Von den einen auf den anderen Tag verliert Bill seine Ehefrau und Mutter ihrer gemeinsamen Tochter Sally an Krebs. Sie hielt die Familie am Laufen, brachte das Geld nach Hause, bezahlte fällige Rechnungen und kümmerte sich um Sally. Kaum ist sie nicht mehr da, entgleitet Bill alles. Um Rechnungen bezahlen zu können, vermietet er Sallys Kinderzimmer an die Jurastudentin Karla. Um sich neben dem Studium über Wasser zu halten, arbeitet sie als Reinigungskraft für den angesehenen Kinderarzt Steven und seine schwerkranke Frau Regina Rytter. Schnell wird Karla bewusst, dass mit dem Paar etwas nicht stimmt, denn was hat es mit der ominösen Krankheit von Regina auf sich, weswegen sie seit Jahren das Haus, geschweige denn ihr Zimmer kaum verlassen hat?
Jennica ist die ehemals beste Freundin von Bills verstorbener Frau. Schon vor der Beerdigung hatten sie einen verheerenden Streit, der sie dazu veranlasste, nicht auf deren Beerdigung zu gehen. Sie scheint das Glück in Steven gefunden zu haben, den sie über eine Dating-App kennenlernte.
Doch dann werden Steven und seine Frau Regina tot in ihrem Haus aufgefunden und die Geschichte nimmt ihren Lauf.

Die Handlung wird aus den verschiedenen Perspektiven und auf unterschiedlichen Zeitachsen von Jennica, Bill und Karla erzählt. Ebenso Teil des Erzählstils und der Informationsbeschaffung sind Polizeiberichte und -befragungen sowie Zeitungsartikel. Auf diese Weise erhalten die Leser:innen nach und nach Häppchen, die sich am Ende zu einem großen Ganzen zusammensetzen.
Ich mochte die kurzen Kapitel, die verschiedenen Erzählweisen und Blickwinkel wirklich gern. So zog sich der Inhalt nicht unnötig in die Länge, sondern hielt immer etwas Neues bereit, das mal mehr, mal weniger wichtig für das Gesamtbild war.

Die Charakter haben mir ebenso gut gefallen. Hatte ich anfangs noch meine Sympathieträger:innen, so musste ich ganz schnell feststellen, dass nichts war wie es anfangs schien. Von Seite zu Seite kamen Geschehnisse, Charakterzüge und Geheimnisse ans Licht, die mich an meiner Menschenkenntnis zweifeln ließen.

Der Spannungsbogen war nicht offensichtlich gespannt, jedoch war mir die ganze Zeit bewusst, dass bald etwas passieren musste, dass mich dem:der Täter:in auf die Spur bringen würde. So schwang stetig eine subtile Spannung mit, die mich immer weiterlesen ließ.

Alles in allem ein sehr kurzweiliger Roman, der mich gut unterhalten und mit seinem flüssigen und angenehmen Schreibstil überzeugen konnte.

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Veröffentlicht am 03.05.2023

Erdrückende Schwere

Von hier bis zum Anfang
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Duchess, ihr kleiner Bruder und ihre Mutter Star leben in der beschaulichen Küstenstadt Cape Haven in Kalifornien. Seit ihre kleine Schwester vor 30 Jahren ermordet wurde, befindet sich Star in einer Depression ...

Duchess, ihr kleiner Bruder und ihre Mutter Star leben in der beschaulichen Küstenstadt Cape Haven in Kalifornien. Seit ihre kleine Schwester vor 30 Jahren ermordet wurde, befindet sich Star in einer Depression und kann nur gerade so viel Energie aufbringen, um sich selbst durch den Alltag zu bringen. Barexzesse, Männerbesuche, Tabletten- und Alkoholkonsum tragen sie von einem zum anderen Tag. Deswegen kümmert sich die 13-jährige Duchess um ihren kleinen Bruder und ebenso um ihre Mutter Star.
Als der angebliche Mörder von Stars Schwester aus dem Gefängnis entlassen werden soll, droht das bereits schon sehr angeschlagene Familiengefüge auseinanderzubrechen.

Ich bin sehr gut in die Geschichte reingekommen und konnte mich mit dem Schreibstil sofort anfreunden. Er ist flüssig, trägt eine gewisse Schwere in sich, neigt manchmal zu einigen Ausschweifungen, die sich in einigen Längen manifestieren. Dennoch ist er sehr atmosphärisch und trägt eine gewaltige Schwere in sich, in der all das Leid der Charaktere übermittelt wird.
Es gab einige Wortwiederholungen, bei denen ich stark mit den Augen rollen musste, jedoch wurde mir im Nachhinein klar, dass z. B. „ich bin ein Outlaw“ ein stilistisches Mittel war, das Duchess als Coping Mechanism nutzte.

Für mich ging es in diesem Buch nicht um Sympathie, die ich bei Charakteren vergeblich suchte. Vielmehr um das Leid, die Päckchen, die jeder einzelner Charakter zu tragen hatte und der Versuch, den Alltag zu bewältigen.

Die Geschichte hallt seit ein paar Tagen nach, was sicherlich an den letzten Puzzleteilen liegt, die am Ende aufgedeckt wurden. Ich hätte nie gedacht, dass die Geschichte diese Wendung nehmen könnte, auch wenn sie gar nicht soweit hergeholt und am Ende sogar die einzig logische Erklärung ist. Dennoch dachte ich, dass sie sich in eine ganz andere Richtung entwickeln würde.

Ein unfassbar schweres Familiendrama für das man bereit sein sollte.

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