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Veröffentlicht am 02.06.2025

Wenn Regency auf Schatten trifft – und eine Frau keine Angst davor hat, alles zu wollen.

The Shadows Between Us
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Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal auf eine Protagonistin getroffen bin, die so gnadenlos klug, charmant berechnend und dabei überraschend verletzlich war wie Alessandra aus „The Shadows Between Us“.
Man ...

Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal auf eine Protagonistin getroffen bin, die so gnadenlos klug, charmant berechnend und dabei überraschend verletzlich war wie Alessandra aus „The Shadows Between Us“.
Man könnte sagen, dieses Buch ist „Bridgerton“ – aber in düster und mit einer Heldin, die sich nicht damit zufriedengibt, dekorativ auf dem Heiratsmarkt zu posieren. Nein, Alessandra will mehr. Viel mehr. Ihr Plan ist ebenso waghalsig wie faszinierend: Den Schattenkönig verführen, ihn heiraten und dann töten, um selbst den Thron zu übernehmen.
Was nach einem simplen Plot klingt, entpuppt sich schnell als clever verwobene Mischung aus Krimi, Hofintrigen und dunkler Romanze. Denn Kallias, der geheimnisvolle Schattenkönig, ist alles andere als eine leichte Beute. Seit der Ermordung seiner Eltern vertraut er niemandem. Sein Hofstaat bleibt auf seinen Wunsch hin am Palast, denn er will den Mörder seiner Familie entlarven.
Die Autorin hat gekonnt ein dunkles Regeney-Setting erschaffen: Die Konventionen der feinen Gesellschaft, pompöse Bälle, Teezeremonien und die wichtige Wahl der richtigen Garderobe spielen eine wichtige Rolle und das Gesellschaftsbild, das gezeichnet wird, ist durchzogen von Macht, Erwartungen und Intrigen.
Die Protagonistin Alessandra ist sexuell emanzipiert, klug und nicht bereit sich kleinzumachen. Somit wird sie schnell zur Zielscheibe und gilt in der Welt der Männer als Flittchen. Ich mochte sehr, welches Frauenbild hier gezeichnet wird: stark, durchsetzungsfähig, selbstbewusst.
Zwischen den Schatten, die Kallias wie eine zweite Haut umgeben, und dem Feuer, das in Alessandra lodert, entspinnt sich eine faszinierende Dynamik.
Was ich allerdings sagen muss: Ich hatte mehr Fantasy erwartet, da das Buch in das Genre Dark-Romantasy eingeordnet wurde.
Außerdem habe ich ungewöhnlich lange an dem Buch gelesen. Es war unterhaltsam und ich wollte unbedingt die Auflösung erfahren, aber ein Pageturner war es für mich nicht.
Fazit:
„The Shadows Between Us“ ist ein düsterer Regency-Krimi mit einer starker Heldin und einer Story, die einen mit jeder Seite mehr in ihre höfische Welt zieht. Wer Intrigen, Ballkleider und selbstbestimmte Frauen liebt, wird dieses Buch mögen. Ich jedenfalls mochte es, auch wenn ich mir ein kleines bisschen mehr Magie gewünscht hätte. 4/5 Sternen

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Veröffentlicht am 25.05.2025

Ein echtes Highlight!

A Tale of Foxes and Moons
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"Queen of Thieves and Shadows" war ein letztes Jahr ein Highlight für mich und so war klar, dass ich das neueste Buch von der Autorin Rebecca Humpert auch lesen werde. Ich habe es signiert bestellt und ...

"Queen of Thieves and Shadows" war ein letztes Jahr ein Highlight für mich und so war klar, dass ich das neueste Buch von der Autorin Rebecca Humpert auch lesen werde. Ich habe es signiert bestellt und sogar noch eine Bloggerbox erhalten — happy me und herzlichen Dank dafür! Die Erwartungen waren dementsprechend hoch und obwohl "A Tale of Foxes and Moons" anders war als erwartet, wurden sie sogar noch übertroffen.

Aiko und Chiaki sind zwei Jugendliche, die beide eine Reinkarnationen in sich tragen. Die eine trägt das Erbe der Fuchsgöttin Inari in sich, der andere ist niemand Geringerer als die Reinkarnation von Tsukuyomi, dem Mondgott. Ihr Auftrag: verlorene magische Gegenstände von Geistern zurückholen, um die Kodama, das sind Baumgeister, zu retten. Und dabei geraten sie in eine Geschichte, in der nichts ist, wie es scheint. Weder ihre Aufgabe noch ihre Verbindung zueinander.

Es ist ein Fantasybuch, das sich traut, anders zu sein. Die japanische Mythologie ist nicht bloß Kulisse, sondern durchdringt die Erzählung in Bildern, in der besonderen Atmosphäre und in der Sprache selbst. An diese Sprache musste ich mich gewöhnen. Es war nicht sofort Liebe auf den ersten Blick, aber ich habe mich darauf eingelassen und wurde mehr als belohnt. Hilfreich waren das Glossar und Personenverzeichnis auf den letzten Seiten.

Das Buch ist wunderschön gestaltet und ein echtes Schmuckstück im Regal. Aber unterschätzen sollte man es nicht, denn die Geschichte geht unter die Haut und lässt einen auf wunderbare Weise verloren zurück. Verloren im besten Sinn: weil man das Gefühl hat, etwas Einzigartiges erlebt zu haben.

Fazit: „A Tale of Foxes and Moons“ ist ein Buch, das ich nicht mehr aus dem Herzen bekomme. Poetisch, gruselig, tiefgründig. Rebecca Humpert hat sich damit ein weiteres Mal einen Platz auf meiner Herzensbuch-Liste gesichert und ich kann wieder von einem Highlight sprechen. 5*/5 Sternen.

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Veröffentlicht am 24.05.2025

Ein Wettlauf gegen die Zeit

Aschesommer
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Woran erkennt man gute Thriller? Daran, dass man das Atmen vergisst beim Lesen. Benjamin Cors kann das. Das hat er schon mit „Krähentage“ bewiesen. Und mit „Aschesommer“ legt er nun eindrucksvoll nach ...

Woran erkennt man gute Thriller? Daran, dass man das Atmen vergisst beim Lesen. Benjamin Cors kann das. Das hat er schon mit „Krähentage“ bewiesen. Und mit „Aschesommer“ legt er nun eindrucksvoll nach – dieser Teil hat mir sogar noch besser gefallen als der erste.

Ein paar Monate nach den Ereignissen von Band eins stolpert die Sonderermittlungseinheit „Gruppe 4“ – zuständig für schwere Seriendelikte – über eine unscheinbare Todesanzeige. Und wieder beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Sie spüren gleich zwei Leichen auf und am Fundort macht eine mit Asche geschriebenen Botschaft klar, dass das Sterben weitergehen wird.

Mila Weiss und Jakob Krogh erzählen abwechselnd, auch der Täter kommt zu Wort. Das erzeugt Tempo und Tiefe, die Perspektivwechsel lassen einen ganz nah an die Figuren heran.

Es ist ein Fall, der in historische Bezüge eingebettet wird und diese Verbindung hat mir unheimlich gut gefallen. Die Täterfigur ist erfrischend anders. Genie und Wahnsinn liegen bekanntlich nah beieinander. Allein das hat eine regelrechte Sogwirkung auf mich erzeugt.

Wo wir im ersten Teil Geheimnisse von Jakob erfahren haben, wird es nun für Mila persönlich. Deshalb empfehle ich die Bücher in chronologischer Reihenfolge zu lesen.

Benjamin Cors hat einen schnörkellosen, atmosphärischen und spannenden Sprachstil und der Fall ist klug konstruiert. Scheinbar mühelos steigert er von Kapitel zu Kapitel die Spannung. Das in Zusammenhang mit unvorhersehbaren Wendungen und einem Ende, das ich so nicht habe kommen sehen, macht den Thriller zu einem echten Highlight für mich!

Fazit: Benjamin Cors hat mit „Aschesommer“ nachgelegt – und wie! Für mich ist es, wie schon „Krähentage“, ein glasklares Fünf-Sterne-Buch. Intelligent konstruiert, gut erzählt, mit stetig steigender Spannung. Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Fall von Gruppe 4 und kann die Reihe nur empfehlen!

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Veröffentlicht am 22.05.2025

Ein wunderbar illustriertes Sachbilderbuch über die Zusammenhänge des Lebens

LIFE – Die bunte Vielfalt des Lebens
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Das Buch „LIFE – Die bunte Vielfalt des Lebens“ fällt sofort ins Auge: Zum einen ist es groß, zum anderen hat es wunderschöne und leuchtende Illustrationen auf dem Cover. Das Farbschema und der Zeichenstil ...

Das Buch „LIFE – Die bunte Vielfalt des Lebens“ fällt sofort ins Auge: Zum einen ist es groß, zum anderen hat es wunderschöne und leuchtende Illustrationen auf dem Cover. Das Farbschema und der Zeichenstil ziehen sich durch das gesamte Buch – farbenfroh und detailverliebt.

Und von den Illustrationen gibt es viele. Kein Wunder: Jennifer Smith, die Autorin, hat alle Bilder selbst gezeichnet – sie ist eine preisgekrönte Künstlerin, und das sieht man auf jeder Seite.

Doch das Buch ist nicht nur ein Fest fürs Auge, sondern auch ein Schatz an Wissen. Seite für Seite erklärt es den Ursprung und die Artenvielfalt des Lebens auf unserem Planeten – kindgerecht, aber niemals banal. Ich habe beim Vorlesen selbst einiges dazugelernt: Was sind Habitate? Welche Biome gibt es? Wie begann alles Leben, wie funktioniert genetische Vielfalt, wer nutzt wem – und was können wir für die Artenvielfalt tun?

Was mich besonders beeindruckt hat: Die Autorin schafft es, große ökologische Zusammenhänge so zu erzählen, dass sie verständlich und greifbar werden. Und über allem steht die zentrale Botschaft: Alles Leben auf der Erde ist miteinander verflochten.

Am Ende des Buches gibt es ein hilfreiches Glossar, das wichtige Fachbegriffe noch einmal erklärt – eine schöne Ergänzung, die auch größeren Leser:innen Orientierung gibt.

Fazit:
Ein wunderbar illustriertes Sachbilderbuch, das Wissen liebevoll verpackt und zum Staunen einlädt. LIFE macht sichtbar, wie wertvoll unsere Vielfalt ist – und warum es sich lohnt, sie zu schützen. Eine große Empfehlung für große und kleine Entdeckerherzen. 5/5 Sternen.

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Veröffentlicht am 22.05.2025

Wann endet das Schweigen?

Unter Grund
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Manchmal reicht ein einziger Moment, um eine Vergangenheit aufzubrechen, die längst begraben schien. Franka, Mitte zwanzig und Referendarin, sitzt mit ihrer Schulklasse im Zuschauerraum eines NSU-Prozesses. ...

Manchmal reicht ein einziger Moment, um eine Vergangenheit aufzubrechen, die längst begraben schien. Franka, Mitte zwanzig und Referendarin, sitzt mit ihrer Schulklasse im Zuschauerraum eines NSU-Prozesses. Was dort verhandelt wird, sollte Lehrstoff sein, doch die Worte im Gerichtssaal reißen alte Wunden auf. Plötzlich steht sie auf und verlässt fluchtartig den Raum. Es ist kein politisches Statement, sondern ein persönlicher Zusammenbruch. Etwas bricht auf in ihr – etwas, das tief in ihrer eigenen Vergangenheit verborgen lag. Ein Echo, das sie zurückführt in die fränkische Provinz, zu einer Zeit, die sie längst verdrängt glaubte.

Was sie aufwühlt, bleibt nicht lange im Verborgenen. Wenige später reist sie in ihre Heimat – ein kleiner Ort mit stillen Weihern, Fachwerkhäusern und einer Geschichte, über die niemand spricht. Dort beginnt eine unnachgiebige Selbstbefragung. Denn Franka war selbst Teil einer rechten Gruppe. Nicht aus politischem Kalkül. Sondern aus Einsamkeit nach dem Tod ihres Vaters und aus Sehnsucht nach Zugehörigkeit. Zu spät merkte sie, wohin die „Freundschaft“ mit Janna und Patrick, den Coolen vom Dorf, führen würde.
Annegret Liepold verwebt Gegenwart und Rückblenden zu einer Erzählung, die zeigt, wie subtil Radikalisierung verlaufen kann. Wie verführerisch es ist, wenn man endlich dazugehört. Und wie tief die Scham sitzt, wenn man Jahre später erkennt, was man mitgetragen hat.
Franka stellt sich ihrer Vergangenheit – und findet darin weitere Schatten: Die Geschichte ihrer eigenen Familie reicht zurück bis in die NS-Zeit. Auch dort gibt es Schuld. Auch dort gibt es Schweigen.
Beim Lesen dachte ich oft an die Frage: Wann beginnt Verantwortung? Und wer spricht über Schuld, wenn alle schweigen?
Leider hat mir der Sprachstil nicht immer mitgerissen, trotzdem habe ich das Buch beendet und bin im Nachhinein sehr froh darüber.
„Untergrund“ ist kein lautes, aber ein wichtiges Buch. Es erzählt von inneren Kämpfen, von schmerzhafter Aufarbeitung und von der Entscheidung, nicht wegzusehen.
Fazit: „Unter Grund“ ist ein lesenswertes Debüt über ein wichtiges Thema, deshalb: 4/5 Sternen.

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