Profilbild von Talisha

Talisha

Lesejury Star
offline

Talisha ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Talisha über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.09.2022

Nicht nur in der Bahn lesenswert

Das Wunder von Bahnsteig 5
0

Jeder, der öfter mal mit der Bahn unterwegs ist, weiss, dass aus fremden, sich anschweigenden Mitreisenden durch kleine spezielle Vorfälle Berührungspunkte entstehen können, sei es durch ein nachfolgendes ...

Jeder, der öfter mal mit der Bahn unterwegs ist, weiss, dass aus fremden, sich anschweigenden Mitreisenden durch kleine spezielle Vorfälle Berührungspunkte entstehen können, sei es durch ein nachfolgendes Schmunzeln oder ein Gespräch.

So eine Szene hat Clare Pooley auserkoren als Einstieg in "Das Wunder von Bahnsteig 5". Hier geht es um Pendler, die normalerweise stillschweigend täglich morgens und abends im selben Wagen, am liebsten am selben Platz sitzen - wehe der "eigene" Sitz ist besetzt!

Man kennt sich vom Sehen, jeder hat in Gedanken seine Mitreisenden längst begutachtet und Spitznamen verteilt. Am auffallendsten ist Iona, die an Mary Poppins heran kommt, wenn es darum geht, alles Mögliche aus der Tasche zu ziehen. Doch auch ihr Kleidungsstil, ihr Schosshündchen Lulu, das einen eigenen Platz bekommt - wogegen sich niemand laut wert - und Ionas Art fallen auf.

Jeder hat seine eigenen Sorgen, so auch der Schnösel im Anzug, Piers. Als er sich eines Morgens verschluckt, ändert sich alles. Iona ruft um Hilfe, Sanjay als Krankenpfleger hilft - und sie alle sind zukünftig keine Fremden mehr. Sie setzen sich zueinander, lernen sich kennen, erst halten alle ihre Schutzschilder noch hoch, doch bald schon lassen sich die fünf Pendler fallen und beginnen sich zu öffnen. Die scheue Martha, die in der Schule gemobbt wird, bekommt Tipps und Hilfe. Sanjay hat mit den Erlebnissen auf der Arbeit zu kämpfen und würde Emmie gerne daten. Die Endzwanzigerin arbeitet in der Werbung, sie würde aber lieber etwas Sinnvolleres machen und wird ausserdem gestalkt, was sie niemandem erzählt. Iona arbeitet bei einer Zeitschrift und wird aufgrund von ihrem Alter, 57, auf die Reservebank verfrachtet. Dabei hatte sie früher so ein aufregendes Leben und fühlt sich nicht zu alt für ihren Job.

Sie alle machen im Lauf der Geschichte einiges durch - die so unterschiedlichen Charaktere zu begleiten macht unheimlich viel Spass. Lustige, humorvolle Szenen wechseln sich mit traurigen oder nachdenklichen Szenen ab und am Ende legt man das Buch seufzend weg - gerne hätte man die inzwischen lieb gewonnen Figuren noch weiter begleitet. Aus einer Zwangsgemeinschaft hat die Autorin eine befreundete Clique erschaffen. Freunde findet man dort, wo man es nicht erwartet, das hätte wohl auch keiner ihrer Romanfiguren gedacht.

Es lohnt sich, nicht nur auf seine Mitreisenden einen zweiten Blick zu werfen, auch diesen Roman solltet ihr in der Buchhandlung nicht zurück lassen. "Das Wunder von Bahnsteig 5" gehört auf jeden Fall zu den Jahreshighlights - ruhig und warmherzig, aber eben auch sehr unterhalten und witzig.

Fazit: Herzliche und humorvolle Unterhaltung - nicht nur in der Bahn lesenswert. Für jeden Pendler unbedingt empfohlen.
5 Punkte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.08.2022

Was ein Wunschbaum mit einem Radiosender verbindet

Mein einziger Wunsch bist du
0

"Der Wunschbaum in Irish Falls", so der Originaltitel übersetzt, steht in der Nähe von Annies Zuhause in der Gegend der Adirondack Mountains, in Irish Falls. Da, wo jeder jeden kennt. Annie glaubt nicht ...

"Der Wunschbaum in Irish Falls", so der Originaltitel übersetzt, steht in der Nähe von Annies Zuhause in der Gegend der Adirondack Mountains, in Irish Falls. Da, wo jeder jeden kennt. Annie glaubt nicht mehr an Wünsche, weshalb sie auch schon lange keine weiteren Wünsche an den Baum hängt.

Der in Irish Falls beliebte Radiobesitzer und -moderator Jake ist verstorben, nun warten alle, dass Jakes Neffe nach Irish Falls kommt und sein Erbe antritt. Annie, für die Jake wie ein Vater war, ist erstaunt, als der Neffe eines Tages überraschend in der Bäckerei steht und sie in ihm den bekannten Songwriter Seth Taggart erkennt.

Seth hat keine Ahnung, was er alles erbt und ist überrascht, dass er von seinem Onkel, zu dem der Kontakt bereits in seiner Kindheit abbrach, überhaupt etwas vererbt bekommt. Sein Erbe ist an eine Bedingung geknüpft, die ihm nach einigem Überlegen gut gelegen kommt.

Misstrauisch beäugt von den Einwohnern, hilft Annie ihm, sich zurecht zu finden. Sie freunden sich an und merken, dass da noch andere Gefühle mit im Spiel sind. Doch es ist kompliziert. Beide sind alleinerziehend: Seths Sohn studiert und hält kaum Kontakt; Annie hat eine 16jährige Tochter, die nichts anderes will, als Sängerin werden. Annie möchte aber, dass Hannah erst noch die Schule zu Ende bringt oder etwas lernt, um ein zweites Standbein zu haben, falls das mit der Musik nicht hinhauen sollte. Hannah versteht das nicht, doch Annie hat ihre Gründe, wie ihre Geschichte zeigt.

Freundschaft, Familie, Gemeinschaft und Liebe sind zentrale Themen. Aber, wie könnte es anders sein, wenn ein Songwriter die Buchbühne betritt und einen Radiosender übernehmen soll, steht auch die Musik im Vordergrund. Und längst nicht nur wegen Seth oder Hannah...

"Mein einziger Wunsch bist du" ist eine bezaubernde Kleinstadt-Romanze, ein schöner und stimmiger Auftakt zu der "Irish Falls"-Reihe. Die Charaktere sind allesamt liebeswürdig, haben nachvollziehbare Probleme und hoffen auf zweite Chancen. Das Setting des fiktiven Irish Falls nahe der Grenze zu Kanada überzeugt und man könnte sich selbst vorstellen dort zu leben oder zumindest mal eine Reise dorthin zu unternehmen und sich den Wunschbaum und andere Sehenswürdigkeiten in der Nähe mit eigenen Augen anzusehen. Natürlich würden tägliche Besuche in der Bäckerei dazu gehören, damit man sich durch alle Spezialitäten durch probieren könnte. Vielleicht, wenn man Glück hat, käme man noch in den Genuss eines spontanen ad hoc, könnte ja sein. Dieser Auftakt macht auf jeden Fall Lust, auch den nächsten Band zu lesen, in dem es um Annies Schwester, die jung verwitwete Tara geht.

Wer noch nie einen Roman von Jen Gilroy gelesen hat, sollte hier zugreifen. Ich selbst mochte schon die "Firefly Lake"-Reihe der Autorin, aber erst ab dem zweiten Band so richtig, doch diesen ersten Band der "Irish Falls-"Reihe gleich schon von Anfang an. Der Roman hätte, wenn ich jetzt so darüber nachdenke, mehr als 4 Punkte verdient. Aber den einen Punkt mehr spare ich mir für den zweiten Band auf.

Fazit: Das tolle Setting und die sympathischen Figuren sorgen für gemütliche und unterhaltende Lesestunden - vielleicht hängt Annie am Ende ihrer Geschichte ja wieder einen Wunsch an den Baum, wer weiss.
4 Punkte

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.07.2022

Schwere, melancholische Kost

Die Insel der Zitronenblüten
0

Ganz anders als erwartet und anders als das Cover suggerieren und der Klappentext erzählt. Es ist keine leichte Sommergeschichte, sondern es lastet eine grosse Schwere darauf. Mich erinnerte die Story ...

Ganz anders als erwartet und anders als das Cover suggerieren und der Klappentext erzählt. Es ist keine leichte Sommergeschichte, sondern es lastet eine grosse Schwere darauf. Mich erinnerte die Story stark an Valentina Cebenis Bücher, die ähnlich schwermütig sind.

Marina, eine Ärztin, die bei einer Hilfsorganisation arbeitet und nie sehr lange in einem Land lebt, steht erneut vor einer schweren Entscheidung bei der Arbeit, als sie von einem ihr zustehenden Erbe erfährt. So fliegt sie zurück nach Mallorca, um das Erbe zu begutachten und zusammen mit ihrer Schwester alles Rechtliche zu erledigen.

Marinas Schwester Anna lebt äusserlich ein High Society-Leben, ist zutiefst aber unglücklich, ebenso ihre Tochter. Das geerbte Haus würde bei einem Verkauf viel Geld einbringen, darauf spekuliert Annas Mann. Doch Marina will nicht verkaufen, vieles erinnert sie an früher, doch sie kann es nicht benennen und Fragen im Dorf will niemand beantworten.

Der Einstieg in den Roman, bei denen man Zeuge von Marinas wichtiger (vielleicht oft auch vergeblicher?) Arbeit wird, fand ich noch fesselnd. Doch dann überwiegen die vielen verschiedenen Erzähperspektiven und überraschenden Rückblicke, die auf die Leser*innen herein prasseln. Der Plot, bzw. das Geheimnis hinter dem Erbe, ist zwar einigermassen interessant, aber gesamthaft zu melancholisch.

Während ich Marina noch einigermassen klar kam, nervte mich ihre Schwester Anna sehr, ihr Mann noch mehr. Marina hat einen interessanten Beruf und auch wenn sie sich im Laufe des Romans entwickelt, hätte man da wahrscheinlich noch mehr draus machen können.

Die Idee zu diesem Roman ist per se nicht schlecht, nur die Umsetzung fand ich leider gar nicht gelungen.

Fazit: Keine leichte Urlaubslektüre, sondern schwere, melancholische Kost.
3 Punkte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.07.2022

eine grossartige Stimme

Das Buch Ana
0

Mit "Das Buch Ana" nimmt Sue Monk Kidd uns Leser*innen nach Galiläa mit. Zur Zeit als die Römer das Land regierten und Jesus lebte. Egal, ob man an Jesus der Bibel glaubt oder nicht: der historische Jesus ...

Mit "Das Buch Ana" nimmt Sue Monk Kidd uns Leser*innen nach Galiläa mit. Zur Zeit als die Römer das Land regierten und Jesus lebte. Egal, ob man an Jesus der Bibel glaubt oder nicht: der historische Jesus ist belegt, und sein Charisma muss gross gewesen sein.

Dieses Charisma, eingebettet in die damalige Zeit, fängt die Autorin sehr gut ein. Eng entlang der neutestamentlichen Erzählung lässt sie uns aus Sicht von Ana teilhaben an dem, was hätte sein können, was vielleicht sogar auf die eine oder andere Art und Weise auch war. Sie zieht den Fokus näher ans Alltagsleben ran, erzählt vom Menschen Jesu, von seiner Familie und eben von Ana.

Ana wächst in einer jüdischen Familie auf. Ihr Vater ist Schriftgelehrter im Palast von Herodes Antipas und will seine Tochter verheiraten. Die weigert sich, den auserkorenen Mann zu ehelichen, was ihren Eltern missfällt. Ein Sohn, der den falschen Leuten folgt und jetzt auch noch eine widerspenstige Tochter! Die Lesen und Schreiben kann und dies auch täglich tun will - und Geschichten sammeln. Mit ihrem ganzen Wesen eckt Ana zuhause an. Das geht gar nicht, schliesslich ist der Vater ein Mann von hohem Rang. Ana muss sich einiges gefallen lassen, bis sie endlich auf ihrer eigenen Lebensreise angekommen ist, nur unterstützt von ihrer Tante Yaltha. Viel leichter ist ihr Leben später an Jesus Seite nicht, aber wenigstens lebt sie nun bei dem Mann, den sie liebt. Zumindest lebt sie fast mehr bei seiner Familie, denn Jesus war bekanntlich ja oft unterwegs.

Anas mögliches Leben als Ehefrau von Jesus hat Sue Monk Kidd hervorragend geschildert. Die Autorin hat die damalige Zeit perfekt eingefangen, man merkt, wie akribisch sie recherchiert haben muss. Sie gibt in ihrem Roman den Frauen eine Stimme, die unter dem Patriarchat und dem Machtgehabe einiger Herrscher leiden mussten. "Das Buch Ana" ist ein Lese-Highlight sondergleichen. Es ist toll geschrieben und hat mich als Leserin sofort abgeholt.

Aber es reichte dann doch nicht für die ganzen 5 perfekten Punkte, denn der Roman hatte Längen. Es war enorm viel los und auch wenn es eigentlich alles davon brauchte was erzählt wurde, verspürte ich trotzdem manchmal eine gewisse Langatmigkeit zwischendurch.

Ich hoffe sehr, dass durch diesen Roman, der die Ängste, Wünsche und Sehnsüchte der Charakter dermassen lebendig aufzeigt, viele Menschen weltweit einen anderen, einen näheren Zugang zum biblischen Jesus und seiner Zeit bekommen.

Fazit: Ein mitreissender und absolut fesselnder historischer Roman, eine Zeitreise mit einer grossartigen Stimme.
4.5 Punkte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.07.2022

Netter Abschluss

Der kleine Garten zum Verlieben
0

Mit "Der kleine Garten zum Verlieben" liegt der vierte und letzte Teil der Herzbach-Reihe vor. Mir hat er besser gefallen als der dritte Band, welcher mir zu einfach gestrickt war. Auch wenn die Geschichten ...

Mit "Der kleine Garten zum Verlieben" liegt der vierte und letzte Teil der Herzbach-Reihe vor. Mir hat er besser gefallen als der dritte Band, welcher mir zu einfach gestrickt war. Auch wenn die Geschichten in dieser Reihe in sich abgeschlossen sind, empfiehlt es sich, die Reihenfolge einzuhalten, damit man Veränderungen und Figuren besser einordnen und auch verstehen kann.

Maria wird zur Job-Zwangspause und zum Runterkommen verdonnert. Sie reist nach Herzbach, wo sie die Wohnung von Ellie hütet. Hier ist sie auch in der Nähe ihrer Mutter, die seit kurzem im neuen Seniorenstift wohnt.

Als ein Workshop im Dorf ausfällt, kommt Maria auf die Idee - oder wird vielmehr dazu genötigt - eine Stilberatung für Herzbachs Damenwelt anzubieten. Spätestens jetzt trifft man wieder auf altbekannte Figuren aus den drei ersten Bänden. Und Maria erneut auf Landschaftsgärtner Jan. Seit ihrem ersten Kennenlernen fliegen die Funken, aber Jan ist verlobt und Maria soll mit ihm für die Feier entsprechende Kleidung shoppen gehen.

Es kommt wie es kommen muss. Auf eine gute, witzige Art und Weise. Da die Geschichte abwechselnd aus Sicht von Maria und Jan erzählt wird, bekommt man deren Gedanken und Gefühle direkt aus nächster Nähe mit.

Mehr Tiefgang als in "Der kleine Brunnen der guten Wünsche), viel Humor und eine einfühlsame Geschichte erwartet die Leserinnen in diesem Band.

Fazit: Netter Wohlfühlroman und Abschluss einer kurzweiligen Reihe.
4 Punkte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere