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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.09.2020

Zwischenzeit

Am Rand der Dächer
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Andrej, sein Bruder Anton und sein Freund Simon wachsen in der Zeit dazwischen im Berlin dazwischen auf. Was bedeutet: Zwischen Wende und einer Festigung Deutschlands nach der Vereinigung und zwar in Berlin ...

Andrej, sein Bruder Anton und sein Freund Simon wachsen in der Zeit dazwischen im Berlin dazwischen auf. Was bedeutet: Zwischen Wende und einer Festigung Deutschlands nach der Vereinigung und zwar in Berlin Ost, aber doch direkt hinter der ehemaligen Grenze - dort, wo es jetzt wirr ist, wo Neues entsteht, wieder verschwindet und offenbar niemand sich selber findet.

Ich war sehr neugierig auf dieses Buch - ich war in diesen frühen Jahren der Wiedervereinigung häufig in Berlin und habe die Aufbruchstimmung gespürt. Und manchmal genossen. Obwohl deutlich älter und auch gesetzter als die Jungs hatte ich gelegentlich das Gefühl, alles sei möglich. Auch für mich, die ich nur als Gast aus dem Westen dort war.

Ich habe darauf gehofft, diese Stimmung, der nicht nur ich damals erlag, wiederzufinden während der Lektüre dieses Buches, aber ich fand mich in einem Chaos wieder, das mich kaum bis gar nicht berührte. Die Jungs treiben ziellos durch die Stadt, durchstreifen Bauschutt, erproben sich als Schützen mit polnischen Waffen - naja, das war für mich nur mäßig spannend. Ein sehr vager Roman, in dem - zumindest aus meiner Sicht - so gar keine Atmosphäre transportiert wurde. Zu schade - ich hätte mich in dieser so spannenden Zeit so gern wiedergefunden!

Veröffentlicht am 14.09.2020

Weiß - jedenfalls fast

Die verschwindende Hälfte
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Die Zwillingsschwestern Desiree und Stella wachsen gemeinsam in einem kleinen Ort, Mallard, im Staate Louisiana auf, wo sie nur "Die Zwillinge" genannt werden. Denn gemeinsam: das bedeutet bei ...

Die Zwillingsschwestern Desiree und Stella wachsen gemeinsam in einem kleinen Ort, Mallard, im Staate Louisiana auf, wo sie nur "Die Zwillinge" genannt werden. Denn gemeinsam: das bedeutet bei den beiden Mädchen - unzertrennlich.

Dass fast weiß dennoch schwarz ist, das lernen sie früh, als ihr Vater in ihrem Beisein zu Tode getreten wird. Einfach nur so. Denn wenn einer nur fast weiß ist, kann man es mit ihm ja machen.

Als späte Reaktion darauf verlassen die fast weißen, nun fast erwachsenen Schwestern ihr Kaff in Richtung New Orleans, wo sie eine Unterkunft finden und auch Arbeit - natürlich gemeinsam. Doch bald zeichnet sich ein unterschiedlicher Weg ab - während die kesse Desiree in der Wäscherei, in der sie beide starteten, bleibt, findet die wesentlich stillere Stella einen Job im Schreibbüro.

Und damit trennen sich irgendwann ihre Wege - Stella nämlich gilt im Büro nicht als fast, sondern als ganz Weiße und kehrt irgendwann einfach nicht mehr zu ihrer Schwester zurück, die eine gegensätzliche Richtung einschlägt: sie heiratet den dunkelhäutigsten Mann, dem sie begegnet und bekommt eine ebenso dunkle Tochter, mit der sie eine Dekade später zur Mutter in Mallard zurückkehrt - der Mann hat sich als Schläger entpuppt.

Ein wirklich fesselnder Roman, der gerade durch den klaren und gelegentlich distanziert erscheinenden, dann wieder emotional rüberkommenden Stil punktet. Ja, die junge Autorin Brit Bennett hat es wirklich drauf, ich muss nur bemängeln. dass einige Gewichtungen aus meiner Sicht hätten anders gesetzt sein sollen und die Zeit, in der der Roman spielt, nicht ganz klar ersichlich ist. Also rein subjektive Aspekte, die einem anderen Leser möglicherweise gerade besonders zusagen!

Insgesamt ist dies gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehenisse in den Vereinigten Staaten ein wichtiger und eindringlicher Roman über Abgrenzung, Anpassung und Loslösung. Und über vieles mehr. Finden Sie es heraus!

Veröffentlicht am 09.09.2020

Ein Sheriff der besonderen Art

Kalmann
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Das ist Kalmann, der in Islands tiefster Provinz lebt - bisher bei seinem Großvater, der aber inzwischen im Heim untergebracht wurde. Nun lebt Kalmann allein und seine Mutter, die in Akureyri wohnt, einer ...

Das ist Kalmann, der in Islands tiefster Provinz lebt - bisher bei seinem Großvater, der aber inzwischen im Heim untergebracht wurde. Nun lebt Kalmann allein und seine Mutter, die in Akureyri wohnt, einer großen Stadt - naja, jedenfalls aus Kalmanns Sicht.

Kalmann ist Jäger. Manchmal jedenfalls. Meistens fischt er nach Haien und stellt Gammelhai nach dem unschlagbaren Rezept seines Großvaters her. Auf der Jagd findet er ein riesige Blutlache.

Die müsste eigentlich reichsten Mann der Gemeinde sein, der seit kurzem verschwunden ist. Kalmann setzt seinen Cowboyhut, den er von seinem Vater, einem Amerikaner geerbt hat, auf und beginnt zu ermitteln. Er liebt es, wenn man ihn erkennt und Sheriff nennt.

Trotz dieser Kriterien kein Krimi, sondern ein warmherziger Roman, verbunden mit einer sozialkritischen Note, die nicht zu knapp ist. Dass ich mit ihm nicht so ganz warm wurde, liegt an den vielen Widersprüchen - sowohl in der Figur Kalmanns als auch im Handlungsverlauf. Hier wurden tolle Ideen geboren, die leider nicht ganz so toll ausgearbeitet wurden - meiner Meinung nach jedenfalls!

Veröffentlicht am 06.09.2020

Ein Weg zu mehr Gelassenheit im Alltag

Probier's mal mit Gelassenheit
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Auch wenn es mehrmals angesprochen wird: aus meiner Sicht ist dies eher kein Ratgeber, der bei ernsthaften psychischen Problemen in Bezug auf Belastbarkeit und Stressresistenz hilfreich ist. Eher etwas ...

Auch wenn es mehrmals angesprochen wird: aus meiner Sicht ist dies eher kein Ratgeber, der bei ernsthaften psychischen Problemen in Bezug auf Belastbarkeit und Stressresistenz hilfreich ist. Eher etwas für Frauen, die im Hamsterrad des Alltags gefangen sind und ein paar Tipps brauchen, um herauszukommen.

In den einzelnen Abschnitten gibt es kurze, nicht allzu sehr in die Tiefe gehende Abhandlungen von Expertinnen.

Der Schwerpunkt liegt jedoch auf Fallbeispielen, die von meinem Leben denkbar weit weg waren und mich eher von einer Lösung entfernten als ihr näher brachten.

Das muss jedoch längst nicht für jede Frau zutreffen - wer ein paar Anregungen anderer Christinnen gebrauchen kann, um sich selbst einen Ruck zu geben, der ist hier genau richtig!

Veröffentlicht am 05.09.2020

Bye bye Miss American Spy

American Spy
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Marie ist Afroamerikanerin, Tochter einer fast weißen Mutter aus Martinique und eines sehr, sehr dunklen Vaters. Eines Vaters, der Karriere bei der Polizei gemacht hat und beste Verbindungen ...

Marie ist Afroamerikanerin, Tochter einer fast weißen Mutter aus Martinique und eines sehr, sehr dunklen Vaters. Eines Vaters, der Karriere bei der Polizei gemacht hat und beste Verbindungen zum CIA hat.

Sie ist eine von zwei Schwestern, die immer kämpfen wollten - die jüngere. Ihre ältere Schwester Helene musste bereits ihr Leben lassen. Sie war Soldatin - ist sie im Kampf gestorben? Es ranken sich so einige Fragen um ihr Schicksal.

Durch einen Freund ihres Vaters gerät Marie in die Kreise der CIA - und verwickelt sich dort schnell in die komplexen Machenschaften - wie sehr, das wird ihr selbst zunächst gar nicht klar.

Während eines Auftrags lernt sie Thomas Sankara kennen, den Präsidenten von Burkina Faso (den es tatsächlich gab; er regierte von 1983 bis zu seinem Tod 1987). Obwohl klar ist, dass sie sich in einer politischen Gemengelage befinden, die - gelinde gesagt - unübersichtlich ist, ist zwischen ihnen eine starke Anziehungskraft zu spüren. Und tatsächlich verschlägt es Marie beruflich nach Burkina Faso. Was dort zwischen ihr und Sankara pasisert und wie und warum sie irgendwann auf Martinique landet und ob sie dort bleiben will ... ja, das lesen Sie bitte lieber selbst.

Auf jeden Fall kommt die Protagonistin herum und so heißt es öfter mal (und aus unterschiedlichen Perspektiven): Bye, bye, Miss American Spy.

Sie werden es aufgrund meiner bisherigen Darlegungen eher nicht glauben, aber in der Tat ist dies ein eher ruhiger Roman, einer, in dem es um Herkunft, Familie, Wurzeln und Bindung geht - aber eben nicht nur bzw. in diesem ganz spezifischen Spionage-Setting.

Ein dichter und interessanter Roman, der für mich aber auch recht verwirrend war, erstens durch den permanenten Wechsel der Zeitebenen, doch auch die Entwicklung der Handlung und der Figuren empfand ich zeitweise als irritierend. Eines aber kann ich ganz sicher sagen: er ist so weit weg vom Main Stream, wie ein Roman überhaupt nur sein kann!