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Veröffentlicht am 18.05.2020

Ein Fest des Verzichts - aber nicht nur!

Flow flow flow mit Ayurveda
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Belebend und ermutigend in jeder Lebenslage. Ich habe mir immer vorgestellt, dass Ayurveda genau so sein sollte - und bin doch jedes Mal, wenn ich wieder anfing, mich damit zu beschäftigen, verwirrt oder ...

Belebend und ermutigend in jeder Lebenslage. Ich habe mir immer vorgestellt, dass Ayurveda genau so sein sollte - und bin doch jedes Mal, wenn ich wieder anfing, mich damit zu beschäftigen, verwirrt oder sogar rausgerissen worden. Und zwar durch irgendwelche Umständlichkeiten und/oder Komplikationen, die mir so gar nicht ins Konzept passen wollten - weder in das bestehende noch in das zu ändernde. In vielerlei Hinsicht geht es nämlich um Einschränkung, ja sogar um Verzicht, vor allem im Hinblick aufs Essen.

Und genau das war es, was mich daran störte. Denn Ayurveda soll ja etwas sein, das mein Leben, meinen Alltag erleichtert und das bringe ich persönlich nur mit Positivem in Verbindung.

Bei diesem Buch war es mir zum ersten Mal möglich, mich voll und ganz auf das Konzept einzulassen. Bei der Lektüre, wohlgemerkt. Denn in mein Leben einfügen möchte ich nur einige wenige Glaubenssätze und Praktiken - und mehr war auch nie mein Ziel, denn es gibt auch noch anderes, womit ich mich beschäftige, bspw. Traditionelle chinesische Medizin (TCM) zum Beispiel - insbesondere Qi Gong - und Meditation. Dieses schöne Buch hilft mir auf dem Weg dahin

Denn ich finde es toll, wenn mir ermöglicht wird, verschiedene Bausteine miteinander zu kombinieren - und genau das ist mithilfe dieses Buches total einfach! Man ermittelt fix seinen Typ, Dosha heißt das in der Ayurveda-Begrifflichkeit - jedenfalls im Großen und Ganzen. Mit dem muss man dann leben, ob man wil oder nicht. In meinem Fall ganz klar das Letztere, denn ich bin - konnte ich mir ja eigentlich schon denken - genau der Typ, der ganz, ganz viel Verzicht üben muss. Auf die Dinge jedenfalls, die ich gerne mache und vor allem esse! Dieses Buch erleichtert mir das, denn es ermutigt zum schritt- oder auch zum teilweisen Einstieg ins Ayurveda. Und das ist auf einmal gar nicht mehr so abschreckend.

Wobei nochmal ganz klar darauf hinzuweisen ist, dass das Buch an sich ganz und gar nicht abschreckend ist, sondern im Gegenteil ganz liebevoll gestaltet und aufbereitet ist. Quasi ein Fest des Verzichtes. Eines, das ich immer und immer wieder zu feiern bereit bin - mit den Vorschlägen von Lisa Fengler und den Zeichnungen von Mareike Engelke!

Veröffentlicht am 16.05.2020

Nach dem Krieg

Ein Traum vom Glück
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Es ist für mich immer spannend zu lesen, wie es den Menschen nach dem Krieg erging. Die meisten von ihnen mussten quasi aus dem Nichts neu starten, egal ob an ihrem Heimatort oder aber - und das traf nicht ...

Es ist für mich immer spannend zu lesen, wie es den Menschen nach dem Krieg erging. Die meisten von ihnen mussten quasi aus dem Nichts neu starten, egal ob an ihrem Heimatort oder aber - und das traf nicht gerade wenige - nach einer aufreibenden Flucht mit häufig großen Verlusten in einer ganz anderen Ecke Deutschlands. Und oft genug waren Teile der Familie weggebrochen, es war aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich, den angestammten Beruf wieder aufzunehmen und, und, und.

In ihrem Roman "Ein Traum vom Glück" führt uns Eva Völler in die Zechenlandschaft des Ruhrgebietes, konkret nach Essen. Im Mittelpunkt steht Katharina, die mit zwei Töchtern aus dem zerbombten Berlin in den Westen geflüchtet ist, der Mann gilt als vermisst. Sie bringt ihre Töchter mit Schneiderarbeiten durch, als Johannes, der Sohn ihrer Schwägerin, aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurückkehrt und sich als Kumpel in der Zeche verdingt.

Die Autorin hat ihren Roman proppenvoll gepackt mit diversen Ereignissen, die typisch waren für die Nachkriegszeit und zu denen ich mich an dieser Stelle nicht im Detail äußern möchte, um künftige Leser nicht der Spannung zu berauben. Auf jeden Fall ist es mir persönlich des Guten zu viel. Beim Lesen entstand in mir der Eindruck, dass hier eine Vorlage für eine aus sehr, sehr vielen Teilen bestehende Fernsehserie geschaffen wurde. Für einen Roman und auch generell für menschliche Einzelschicksale wirkt diese Fülle an Schicksalsschlägen viel zu überladen, auch wenn das Leben im Ruhrpott durchaus atmosphärisch geschildert wird und auch der Dialekt durchaus authentisch rüberkommt. Wer sich in dieser Epoche nicht so gut auskennt, wird mit Sicherheit sehr viel Neues erfahren!

Veröffentlicht am 16.05.2020

Frauen hatten es nicht leicht

Die Tote in der Sommerfrische
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Nein, ganz und gar nicht. Vor allem nicht die, die am unteren Ende der sozialen Abstufung standen, doch nicht nur - auch diejenigen aus besseren Kreisen kamen oft nicht zu Potte. Wie hier Viktoria Berg, ...

Nein, ganz und gar nicht. Vor allem nicht die, die am unteren Ende der sozialen Abstufung standen, doch nicht nur - auch diejenigen aus besseren Kreisen kamen oft nicht zu Potte. Wie hier Viktoria Berg, die Lehrerin werden will. Genauer gesagt, ist sie das schon, denn ihre Ausbildung konnte sie durchsetzen. Auch wenn ihr Vater eigentlich eine lukrative Heirat für sie ins Auge gefasst hat und ihr deshalb noch vor Antritt der ersten Stellen einen schicken Urlaub - damals als Sommerfrische bekannt - auf Norderney spendiert.

Doch Viktoria wäre nicht sie selbst, wenn sie nicht ein Herz für Menschen hätte, die nicht so auf der Sonnenseite des Lebens stehen. So ist die Bekannte, die sie gleich zu Beginn ihrer Ferien trifft, auch keine Gleichgestellte, sondern ein Hausmädchen aus ihrem Hotel, dem sie früher das Lesen beigebracht hat. Wie furchtbar, dass diese kurz darauf tot aus dem Wasser gefischt wird! Und zwar von dem jungen Journalisten Christian Hinrichs, der ebenso wie sie selbst ein großes Interesse an der Aufklärung der Hintergründe dieses Todesfalls zu haben scheint!

Wundervoll spannend kommt dieser Krimi daher, in dem es Schlag auf Schlag geht - Autorin Elsa Dix legt auch im ruhigen Norderney ein gehöriges Tempo vor. Wobei sie jedoch, was die atmosphärische und historische Einbettung angeht, niemals aus dem Rahmen fällt. Nein, im Gegenteil: sehr gekonnt führt sie den Leser in die sozialen Verhältnisse im Jahre 1912 ein und lässt ihn ebenso versiert die Seeluft der damaligen Zeit schnuppern - ich habe mich während der gesamten Lektüre perfekt in die damalige Umgebung versetzt gefühlt.

Einfach herrlich, obwohl der Todesfall ein so trauriger ist. Aber Ella Dix versteht es, eine Leichtigkeit in die Handlung zu bringen, die an keiner Stelle oberflächlich ist und sogar - immer sehr passend - hier und da ein wenig Humor einbringt. Viel zu schnell musste ich das ausgelesene Buch aus der Hand legen und freue mich nun schon auf den nächsten Band - denn Viktoria Berg wird uns weiterhin als Krimiheldin erfreuen!

Veröffentlicht am 11.05.2020

Eine Frau geht ihren Weg

Mrs Fletcher
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Mann schon länger weg, Sohn nun auch bald - das kann es doch nicht gewesen sein, meint die 46jährige Eve Fletcher. Und versucht, sich selbst als Frau neu zu definieren.

Das Problem ist nur, dass der ...



Mann schon länger weg, Sohn nun auch bald - das kann es doch nicht gewesen sein, meint die 46jährige Eve Fletcher. Und versucht, sich selbst als Frau neu zu definieren.

Das Problem ist nur, dass der Autor Tom Perrotta das für sie übernimmt und seine Darstellung einer Frau in mittleren Jahren, die es noch einmal wissen will, strotzt nur so von Vorurteilen und wimmelt von Klischees.

Ich fand den immer und immer wieder strapazierten Begriff MILF in einem Roman, der eigentlich die Frau in den Mittelpunkt stellt, absolut deplaziert und erniedrigend.

Nein, Tom Perotta meint es absolut nicht gut mit den Frauen - vielleicht meint er, dass er das tut, aber seine Sicht und Interpretation ist irgendwo in den 1950ern stehengeblieben. Wenn überhaupt. Nein, diese Lektüre war leider alles andere als ein Vergnügen für mich. Selbiges fängt erst jetzt, danach wieder für mich an - nachdem ich das Buch mit großer Freude in die Ecke gepfeffert habe, wo es auch bleiben soll!

Veröffentlicht am 10.05.2020

Das ist die Kölner Luft - mit Parfum-Duft!

Die Lilienbraut
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Schon die Ansiedlung des neuen Romans von Teresa Simon machte mich neugierig - nirgendwo anders als in meiner Heimatstadt Köln spielt die Geschichte der Lilienbraut und das in einer sehr unbarmherzigen ...

Schon die Ansiedlung des neuen Romans von Teresa Simon machte mich neugierig - nirgendwo anders als in meiner Heimatstadt Köln spielt die Geschichte der Lilienbraut und das in einer sehr unbarmherzigen Zeit, nämlich während des Zweiten Weltkriegs. Wobei es wie immer bei dieser Autorin auch einen Erzählstrang gibt, der in der Gegenwart stattfindet.

Hier treffen wir die Niederländerin Liv, die mit ihrem kleinen Söhnchen frisch nach Köln gezogen ist und im Stadtteil Ehrenfeld einen Parfumladen eröffnet hat. Rasch lernt sie ihre Umgebung kennen und freut sich, dass viele Kölner ihr offen und ausgesprochen hilfsbereit begegnen. Aber längst nicht alle! Bald schon muss sie einen ganz besonders fiesen und heimtückischen Angriff auf ihren Laden hinnehmen und alles deutet mehr und mehr auf eine Verbindung in die Vergangenheit. Denn warum hat Livs kürzlich verstorbene Tante, der sie den Geldsegen für die Gründung des Ladens verdankt, wohl darauf bestanden, dass Liv diesen in Köln einrichtet?

Schauen wir zurück in die Vergangenheit, landen wir in einer für Köln ganz besonders schweren Zeit, war es doch die Stadt, die von allen in Deutschland am häufigsten bombardiert wurde und zwar in allen Phasen des Krieges. Nellie Voss lebt mit Mutter und Bruder in Ehrenfeld und hat eine Anstellung in der rennomierten Parfumerie 4711 ergattert. Ihre Mutter betreibt eine kleine Kneipe, in der sie abends hilft. Wie so viele Kölner sind die Vossens fromme Katholiken und besuchen regelmäßig den Gottesdienst. Und gerade dort trifft Nellie ihre große Liebe.

Peu à peu bewegen sich beide Erzählstränge geschickt aufeinander zu, um sich kurz vor dem Finale geschickt miteinander zu verbinden. Gut getroffen ist hier sowohl der besonders offene Geist der Kölschen sowie die multikulturelle Veedels-Atmosphäre, die gerade in Ehrenfeld auch "in echt" ausgesprochen präsent ist. Als bemerkenswert empfinde ich die lebendigen Darstellungen Kölns, insbesondere Ehrenfelds in Vergangenheit und Gegenwart - hier hat die Autorin, die selbst keine Kölnerin ist, voll ins Schwarze getroffen - das muss man erst mal hinbekommen!

Allerdings hätte sie ihr Personal aus meiner Sicht nicht auf Kölsch sprechen lassen sollen, denn da passt so einiges nicht. Ich selbst bin auch nicht sattelfest und halte mich in der Regel zurück, kann Fehler aber erkennen.

Zudem ist bei einer derart erfolgreichen Autorin wie Teresa Simon davon auszugehen, dass sich nicht nur Leser an das Buch wagen, die Köln und seine Eigenarten kennen - hier hätten einige Begriffe wie bspw. "Köbes" genauer erläutert werden können. Aber all das hat mein Lesevergnügen nur minimal einschränken können - insgesamt hatte ich viel Freude mit und Liv, Nellie und allen anderen, auch wenn der Roman schon aufgrund der Thematik nicht gerade leichtfüßig daherkommt!