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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.03.2020

Halloween in Fredenbüll

Friedhof der Krustentiere
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Der Titel dieses achten Fredbüll-Krimis erinnert nicht zufällig an Stephen King. Man könnte sagen - volle Absicht.

Seit dem letzten Band haben sich einige Änderungen ergeben. Nicole Stappenbeck ist als ...

Der Titel dieses achten Fredbüll-Krimis erinnert nicht zufällig an Stephen King. Man könnte sagen - volle Absicht.

Seit dem letzten Band haben sich einige Änderungen ergeben. Nicole Stappenbeck ist als wieder KHK tätig, allerdings im eher beschaulichen Husum statt in Kiel. Thies, der inzwischen vom POM zum PHM befördert worden ist, hat ein neues Dienstfahrzeug (hoffentlich in der richtigen Lackierung), einen ausgemusterten Ford Focus, mit dem er allerdings nicht in die Husumer Altstadt einfahren darf, dem Umweltschutz und des Dieselverbots wegen.

Doch zurück nach Fredenbüll: Der Friseursalon Alexandra hat einen neuen Star: Eddie, mit den Scherenhänden, der die Mehrheit der Kundenköpfe verschönert. Allerdings herrscht nicht nur eitel Wonne und Sonnenschein (eh klar, es ist Spätherbst), denn eine Einbruchserie verunsichert die Einwohner.
Als dann noch des Schimmelreiters Mustang verschwindet und wenig später mit dessen toter Tante auf dem Beifahrersitz im Watt gefunden wird, ist es endgültig mit der Beschaulichkeit vorbei.

Doch damit noch nicht genug: Eine Gruppe „Hellsichtiger und Hellhöriger“ ist ausgerechnet zu Halloween unter der Anleitung von Ex-Elternvertreterin Iris Lammers-Lindemann in einem recht heruntergekommenen Hotel auf der Hallig Westeroog zusammengekommen, um ihre übersinnlichen Fähigkeiten auszuprobieren. Mit von der Partie, eines Praktikums im Hotelgewerbe wegen: Tadje Detlefson, eine von Thies‘ Zwillingstöchtern. Auch ereignen sich einige gruselige Dinge. Ein Mann in einem blauen Arbeitsoverall versetzt Tadje und Sabine in Angst und Schrecken, genauso wie Nebelschwaden aus denen Skelette emporschweben.
Während Nicole und Thies dem Mörder von Schimmelreites Tante Telse nachspüren, ereignet sich auf Westeroog ein weiterer Mord.

Meine Meinung:

Im Gegensatz zu den vorherigen Bänden ist dieser hier ziemlich düster. Nun gut, es ist Spätherbst und die Novemberdepression hat alle fest in Griff. Ich vermisse die Leichtigkeit, die Krischan Kochs Krimis in der Vergangenheit so ausgezeichnet hat. Für heitere Momente sorgen diesmal nur Piet Paulsen und seine Beziehung zu Alexa. Man erinnere sich, der allein stehende Piet hat ein künstliches Knie erhalten und braucht ein wenig mehr Aufmerksamkeit, die ihm seine Verwandtschaft durch Alexa zuteil werden lässt. Diese Dialoge sind köstlich zu lesen, vor allem, wenn er von Alexa daran erinnert wird Hrubesch und Magath zu füttern und selbst seine Medikamente einzunehmen oder ihm Kochrezepte mit Tofu empfiehlt. Auch sein Faible für den HSV inklusive Panini-Album macht ihn so richtig liebenswürdig. Herzlich lachen musste ich, als die Einbrecher von Alexa zugetextet werden.

Die unterschiedlichen Handlungsstränge sind diesmal doch ein wenig verwirrend geraten. Auf der einen Seite erfahren wir recht viele Details aus dem Leben von Hotelierssohn Michi Meyer, andererseits erschließt sich das Motiv für den Mord an Tante Telse erst recht spät durch ein belauschtes Gespräch auf dem Begräbnis von Telses Bruder, der kurz vor ihr das Zeitliche gesegnet hat.

Fazit:

Für mich leider nicht der beste Fredenbüll-Krimi. Daher kann ich diesmal nur 4 Sterne vergeben.

Veröffentlicht am 05.03.2020

Europa 2049

China am Ziel! Europa am Ende?
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Christoph Leitl, rund 20 Jahre Chef der österreichischen Wirtschaftskammer, beleuchtet die Situation der europäischen Wirtschaft gegenüber der chinesischen. Es scheint, als ob die Chinesen demnächst die ...

Christoph Leitl, rund 20 Jahre Chef der österreichischen Wirtschaftskammer, beleuchtet die Situation der europäischen Wirtschaft gegenüber der chinesischen. Es scheint, als ob die Chinesen demnächst die Nase vorne haben werden.
Was man dagegen tun kann?

Im ersten Teil erklärt er in elf Kapiteln, warum Europa so ist, wie es ist. Er zeigt die Bruchlinien auf.

In Teil zwei stellt er zwölf Thesen auf, die durchaus ihre Berechtigung haben und aller (auf)fordern sich anzustrengen und mit zu machen:

Unabhängigkeit erlangen!
Den inneren Zusammenhalt wieder finden!
Talente fördern!
Handlungsfähigkeit herstellen!
Innovationsführerschaft erlangen!
Globale Partnerschaften bilden!
Auf den Mittelstand setzen!
Lassen wir die Jungen ran!
Den Governance-Wettbewerb gewinnen!
Großbritannien bleibt Europa!
Europa weiterdenken!
Jetzt weiterdenken!


Die Ideen aus Christoph Leitls Mund klingen durchaus interessant. Nur bei einigen frage ich mich, was hat er die letzten 20 Jahre getan? Warum hat er nicht versucht, das eine oder andere um zusetzen? Vielleicht, weil er aktiver Teil des etablierten Systems war? Ohne diese Bürde, irgendeine Gruppe zu nahe zu treten, lässt es bestimmt leichter gewagte Hypothesen anstellen.

Leitl hat bestimmt Recht, wenn er das unschöne Szenario für 2049 entwirft, dass selbst die USA hinter China und Indien auf den dritten Platz zurückfallen. Meiner Ansicht nach, wäre es endlich an der Zeit, dass Europa und Russland an einem Strang ziehen, dass deren Politik aufhört, sich gegenseitig mit Sanktionen zu bestrafen.

Christoph Leitl wünscht sich ein bunteres, jüngeres und weiblicheres Europa. Vielleicht schafft es ja Ursula von der Leyen:
„Es gibt keine Herausforderung Europas, die nicht mit den Stärken Europas bewältigt werden kann. Gemeinsam bewältigen wir Herausforderungen, mit denen jeder Einzelne von uns überfordert wäre.“

Ein schöner Gedanke, doch allein, mir fehlt der Glaube.

Fazit:

Der Leser merkt, dass Christoph Leitl ein leidenschaftlicher Europäer ist. Seine Vision ist „Europe together“ statt „America first“ oder „China strong“.

Veröffentlicht am 26.02.2020

Lebensweg einer Mörderin

Die Schwarze Witwe von Wien
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Das vorliegende Buch „Die Schwarze Witwe von Wien: Die Morde der Elfriede Blauensteiner“ erzählt die wahre Geschichte der Elfriede Blauensteiner. Die Österreicherin wird von der Presse mit einer Schwarzen ...

Das vorliegende Buch „Die Schwarze Witwe von Wien: Die Morde der Elfriede Blauensteiner“ erzählt die wahre Geschichte der Elfriede Blauensteiner. Die Österreicherin wird von der Presse mit einer Schwarzen Witwe verglichen, da diese Spinnenart das Männchen nach der Trauung bzw. dem Geschlechtsakt einfach auffrisst.

Es handelt sich hierbei nicht um eine Biografie der mehrfachen Mörderin, sondern ein Krimi aus der Reihe „Tru Crime“ des Gmeiner-Verlags.

Es gibt so etwas wie eine Rahmenhandlung in der der fiktive Journalist Felix Moser sich ausgiebig mit der Mörderin beschäftigt.

Geschickt wird der Leser mit dem Schicksal der Elfriede Blauensteiner bekannt gemacht, die so gar kein Unrechtsbewusstsein entwickelt hat. So soll sie, Jahrgang 1931, eine schwere Kindheit, mit Hunger, Gewalt, Krankheit, Kriegserlebnissen, einem Nazi als Stiefvater und einer völlig untauglichen Frau als Mutter gehabt haben. Doch, bei allem Respekt, wie viele andere Kinder hatten ähnliche traumatische Erlebnisse in der Kindheit und sind nicht zu Mördern geworden?

Autorin Monika Buttler hat zahlreiche Quellen zusammengetragen, darunter Blauensteiners Autobiografie, die natürlich mit gebotener Vorsicht zu lesen ist, sieht sie sich doch ausschließlich als Opfer. Das Quellenverzeichnis ist im Anhang nachzulesen.

Das Ergebnis ist dieses Buch, das schnörkellos den Lebensweg der Elfriede Blauensteiner nachzeichnet. Obwohl in der Vergangenheit viel über die Morde berichtet worden ist, kann sich der Leser einer gewissen Faszination, einer bestimmten Ungläubigkeit, nicht entziehen. Die Mörderin ist echt? Nicht dem Gehirn eines Buchautors entsprungen? Manchmal habe ich mich dabei ertappt, den Kopf zu schütteln, ob so einer manipulativen Persönlichkeit.
Der Schreibstil ist zurückhaltend, nicht wertend und dennoch eindringlich. Monika Buttler versteht es, mit dieser Distanziertheit, die Leser zu fesseln.


Ob Elfriede Blauensteiner in einem anderen Elternhaus eine Chance gehabt hätte? Ob der Gehirntumor, an dem sie letztlich gestorben ist, schon länger ihre Persönlichkeit verändert hat?

Fazit:

Der schnörkellos nachgezeichnete Lebensweg einer mehrfachen Mörderin. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 26.02.2020

Ein interessanter Ratgeber

Wirklich leben heißt entscheiden
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Das Autoren-Duo könnte nicht unterschiedlicher sein: zum einem
Tom Gschwandtner, der seit einem Autounfall 1995, bei dem er sich den Hals gebrochen hat, auf den Rollstuhl angewiesen ist und andererseits ...

Das Autoren-Duo könnte nicht unterschiedlicher sein: zum einem
Tom Gschwandtner, der seit einem Autounfall 1995, bei dem er sich den Hals gebrochen hat, auf den Rollstuhl angewiesen ist und andererseits Christian Redl, der als Profi-Freitaucher seit 2006 mehrfacher Weltrekordhalter ist.

Doch so unterschiedlich ihr Leben ist, so haben sie einiges gemeinsam: Sie analysieren ständig ihre aktuelle Situation und entscheiden (oft in Bruchteilen von Sekunden) was zu tun ist.

Von ihren Erfahrungen wollen sie die Leser profitieren lassen. In kurzen Kapiteln mit anschaulichen Beispiele aus ihrem Leben stellen sie eine durchaus praktikable Vorgehensweise vor.
Wichtig sind solche Fragen:

Wo stehe ich?
Welches Ziel will ich erreichen?
Auf wenn will/soll ich hören?
Wie kann ich mein Schicksal selbst in die Hand nehmen?
Wie kann der Entscheidungsfindungsprozess aussehen?
Wie kann ich loslassen, wenn das bisherige nicht mehr passt?

Es ist nicht notwendig so extreme Leben zu führen, um sich diese Fragen zu stellen. Jeden Tag ringen wir mehr oder weniger oft um Entscheidungen, die uns schwer fallen oder entscheiden einfach aus dem Bauch heraus. Wichtig ist, Entscheidungen überhaupt zu treffen - und das vor allem selbst. Natürlich gibt es einiges, das wir nicht beeinflussen können. Doch das was in unserem Einflussbereich liegt, sollten wir aktiv mit entscheiden.

Fazit:

Ein interessanter Ratgeber, der anregt, ein wenig aktiver an seine Entscheidungen heranzugehen. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 20.02.2020

AUs der Sicht eines Einwandererkindes

Sie şprechen ja Deutsch!
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Wenn die Wettermoderatorin Eser Akbaba seit mehr als 10 Jahren mit einem fröhlichen“Schönen gute Abend beim Wetter“, aus dem österreichischen Fernsehen schaut, kann man annehmen, dass sie trotz ihres ausländischen ...

Wenn die Wettermoderatorin Eser Akbaba seit mehr als 10 Jahren mit einem fröhlichen“Schönen gute Abend beim Wetter“, aus dem österreichischen Fernsehen schaut, kann man annehmen, dass sie trotz ihres ausländischen Namens eine waschechte Österreicherin ist.

Mit viel Augenzwinkern und Demut erzählt Eser Akbaba die Geschichte ihrer Eltern, die als Gastarbeiter aus Anatolien nach Österreich gekommen sind, um Geld für die Familie zu verdienen. Sie beschreibt die Schwierigkeiten ihrer Mutter, die wie viele Frauen damals nicht in die Schule gehen durften und Zeit ihres Lebens Analphabetin geblieben ist und dabei dennoch mehr als nur türkisch spricht. Denn türkisch ist für die Akbabas eine ihnen aufgezwungene Fremdsprache.
Eser Akbaba erzählt aber auch, wie sie es als Kind gehasst hat, für ihre Eltern vor Ämtern und Behörden zu dolmetschen. Damit ist sie nicht alleine. Auch heute müssen viele Kinder vor allem für die Mütter dolmetschen. Die salopp hin geworfene Bemerkung mancher Österreicher „Die sollen deutsch lernen“ scheitert häufig daran, dass vor allem die Frauen nicht alphabetisiert sind und daher kaum eine Chance haben, die fremde Sprache zu lernen. Esers Mutt Gülistan, der dieses Buch gewidmet ist, ist es extrem wichtig, dass ihre sechs Kinder eine ordentliche Schulbildung (auch wenn die eine oder andere Ehrenrunde dabei war) erhalten. Eser muss den Traum der Mutter, ein Studium abschließen zu können, leben.

Denn so sagt Gülistan Akbaba: „Du sollst es einmal viel besser haben als ich. Du sollst studieren und von niemandem abhängig sein“.

Dem ist wohl wenig hinzuzufügen. Vielleicht hilft der Wechsel in Gülistans Perspektive, mit dem Vorurteil, dass sich Ausländer nicht integrieren wollen, ein wenig aufzuräumen.

Gut gefallen mir die acht Märchen, die einen Zusammenhang mit Eser Akbaba haben. Eine echt nette Idee!.

Gerne gebe ich diesem locker erzählten Buch, das doch einen ernsten Hintergrund hat, 4 Sterne.