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Veröffentlicht am 28.01.2019

Der etwas andere Blick auf die Goethezeit

Eine unerhörte Reise in die Goethezeit
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In diesem Buch erfährt der Leser einiges über Themen, die sonst in Büchern über die Goethezeit nicht behandelt werden. Dies geschieht hauptsächlich durch Zitate aus Briefen, Tagebüchern oä der damaligen ...

In diesem Buch erfährt der Leser einiges über Themen, die sonst in Büchern über die Goethezeit nicht behandelt werden. Dies geschieht hauptsächlich durch Zitate aus Briefen, Tagebüchern oä der damaligen Personen im Umkreis Goethes, zwischendurch fügt die Autorin Hintergründe oder Erklärendes ein. Die Autorin selbst schreibt einen angenehm flotten Stil. Die Themen sind so vielfältig wie Blicke auf Ehe und Elternschaft, Krankheit, Alter, Tod, Aussehen, Theater, Religion oder Standesbewußtsein. Hinzu kommen einige Kurzbiographien über damalige Personen und einige Kapitel, die sich speziellen Beziehungen widmen, wie zB der Abneigung von Charlotte von Stein gegen Christiane Vulpius.

Dies liest sich teilweise sehr unterhaltsam und bietet auch jenen, die schon viel über die Zeit gelesen haben, neue Informationen und Einblicke in Menschen, die in gängigen Goethe- oder Schillerbiographien nur am Rande vorkommen. Der Inhalt bleibt sehr an der Oberfläche, dies ist sicher auch nicht anders gewollt, aufgrund so vieler Themen ist nur ein solch allgemeiner Überblick möglich. Trotzdem hätte ich mir an manchen Stellen noch einige erklärende Sätze oder Hintergrundinformationen gewünscht.

Was dagegen völlig überflüssig und schon ärgerlich war, waren die Namenslisten vor jedem Kapitel, in denen eben jeder aufgelistet wird, der in diesem Kapitel vorkommt. Da es aber im ganzen Buch hindurch ohnehin mehr oder weniger die gleichen Personen sind, ist der im Anhang gegebene Gesamtüberblick der Personen völlig ausreichend und die langen, sich wiederholenden Listen vor jedem Kapitel (insgesamt machen diese ca 30 Seiten des Buches aus) überflüssig. Es wirkt wie Seitenschinderei und der Platz hätte viel besser für mehr Kapitelinhalt verwendet werden können.

In den neun Kapiteln mit Kurzbiographien könnte man sicher darüber streiten, warum nun einige hier aufgenommen wurden, andere nicht. Goethe und Schiller in Kapiteln von 6 - 8 Seiten Länge abzuhandeln ist natürlich gar nicht möglich und deshalb wirken diese beiden Kapitel etwas unbefriedigend. Warum es zudem möglich war, Goethe eigenständig zu betrachten, Schiller aber fast nur im Zusammenhang seiner Freundschaft mit Goethe, verstehe ich auch nicht. Es gibt doch in Schillers Leben wirklich genug Eigenständiges.

So lesen sich die Kapitel alle recht unterschiedlich. Einige sind sehr unterhaltsam, lesen sich angenehm. Bei anderen findet eine Zitatparade mit nur wenigen verbindenen Sätzen der Autorin statt, so etwas liest sich für mich immer etwas zusammengestoppelt und ist nicht mein Geschmack - dies ist aber natürlich völlig subjektiv.

Lobenswert fand ich diesen frischen Blick auf die Zeit, die Tatsache, daß ich tatsächlich recht viel Neues erfahren habe und den Stil der Autorin. Das, was mir nicht zugesagt hat, habe ich schon beschrieben, ein weiterer Punkt ist aber auch, daß dieses etwas über 200 Seiten lange Buch (30 Seiten davon sind wie gesagt sich wiederholende Namenslisten) 19,80 Euro kostet, was für das Gebotene schlichtweg viel zu viel ist.

Veröffentlicht am 27.01.2019

Die Stimmen von 1918

1918
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In "1918 - Die Deutschen zwischen Weltkrieg und Revolution" begleiten wir verschiedene Tagebuch- und Briefeschreiber durch dieses so wechselhafte Jahr. Ein Einführungskapitel berichtet in gut zu lesendem ...

In "1918 - Die Deutschen zwischen Weltkrieg und Revolution" begleiten wir verschiedene Tagebuch- und Briefeschreiber durch dieses so wechselhafte Jahr. Ein Einführungskapitel berichtet in gut zu lesendem Stil, wie sich 1918 entwickelte, wie die Frühlingsoffensive unter den Deutschen zuerst zu neuer Hoffnung, deren Scheitern und die weiterhin schlechte Versorgungslage dann zu Resignation führte Sehr gut wird dargelegt, wie die OHL manipulierte und zu Kriegsende geschickt Sündenböcke für ihr Versagen suchte. Die Entwicklung zur und der Verlauf der Revolution wird ebenfalls klar und verständlich beschrieben. Es hat mir gefallen, daß den Primärquellen diese Einführung vorangestellt wurde, die manche Hintergründe erklärt, auch manches in rechte Licht rückt.

In vier Kapiteln ("Frühjahr der Hoffnungen", "Sommer der Enttäuschungen", "Herbst der Niederlage" und "Winter der Revolution") kommen nun die Zeitzeugen zu Wort. Es finden sich hier Feldpostbriefe von einfachen Soldaten und ihre Familien, eben so wie höhergestellten Soldaten. Tagebucheinträge des Heidelberger Universitätsprofessor Karl Hampe wechseln ab mit den Erinnerungen von Krankenschwestern, Hausfrauen, Künstlern. Bekannte Personen wie Thomas Mann oder Walther Rathenau kommen ebenfalls zu Wort. Die sorgt an und für sich für eine gut gefächerte Mischung aus allen Bereichen des Volkes und so bekommen wir auch eine Bandbreite an verschiedenen Meinungen und Eindrücken zu lesen. Dies gefiel mir sehr gut, wenn es auch vereinzelte Einträge gab, die wenig Relevantes beitrugen, so die Reiseroute einer Pianistin.

Jedem Kapitel ist eine Zeitleiste des jeweiligen Vierteljahres vorangestellt. Diese ist sehr detailliert und informativ. Persönlich hätte es mir besser gefallen, wenn das Einführungskapitel zu 1918 ebenfalls in vier Teile aufgeteilt und jedem Quartalskapitel vorangestellt worden wäre. So wären die Hintergrundinformationen frischer in Erinnerung und präsenter gewesen.

In jedem Kapitel finden sich zwischen den Briefen und Tagebucheinträgen auch einige wenige Abbildungen und offizielle Zeitdokumente. Interessant waren hier besonders die Stimmungsberichte der Polizei über die Stimmung in der Bevölkerung. Die anderen offiziellen Dokumente hätte es meines Erachtens in diesem Buch, welches doch die eher persönlichen Aufzeichnungen darstellen möchte, nicht gebraucht, man findet sie in so vielen Büchern zum Thema. Hier hätte der Platz ruhig für weitre persönliche Primärquellen genutzt werden können.

Ein wenig fehlte mir die persönliche Komponente Sie ist vorhanden, das sicher, und gerade die Briefe der einfachen Soldaten vermittlen ein gutes Bild der Situation im Felde. Aber gerade zum Ende hin nehmen die Berichte der Politiker, höheren Soldaten zu und auch die anderen Primärquellen erzählen das Geschehene nach, ohne auf die Eindrücke, Gedanken, Wünsche und Ängste der Menschen einzugehen. Auch von der Situation an der sogenannten "Heimatfront" erfährt man weniger, als ich erhofft hatte. Die berührenden Worte in einem Brief eines Vaters an seinen Sohn, der nur wenige Tage später im Krieg fallen wird, sind im Buch leider eher die Ausnahme: "Du hast so viel durchgemacht, dass es kein Wunder ist, wenn Du nun nicht mehr kannst. (...) sei doch so vorsichtig, wie es eben möglich ist, um Dich uns zu erhalten. Du weißt, wie innig lieb wir Dich haben."

Nach den vier Kapiteln folgt ein längerer Text von Sebastian Haffner darüber, wie er als Elfjähriger die Revolution, das Kriegsende empfunden hat. Hier ist nun die persönliche Komponente, die mir vorher manchmal fehlte, gegeben und es ist sehr interessant, seine Gedanken zu lesen.

Zum Abschluß faßt ein Kapitel die Stimmung nach Kriegsende, die Zersplitterung von Interessengruppen und deren Umgang mit dem Kriegsende, dem Kriegsgedenken bis hin zum nächsten Krieg recht gut zusammen. Am Ende des Buches finden sich Kurzbiographien all jener, die wir durch ihre Briefe und Tagebucheinträge schon ein wenig kennengelernt haben. Das hat mir gut gefallen und ich habe öfter zu diesem Anhang geblättert. Eine Karte der letzten Frühlingsoffensive findet sich seltsamerweise beschämt versteckt hinter den Literaturhinweisen, so daß ich sie nur durch Zufall sah.

Im Ganzen ein durchaus weitgefächerter Überblick, in dem die Menschen jener Zeit direkt zu Wort kommen und so dem Leser das Jahr 1918 auf unmittelbare Weise vermitteln können, unterstützt von gut lesbaren HIntergrundtexten. Eine etwas andere Auswahl der Primärquellen hätte geholfen, es noch persönlicher zu machen.

Veröffentlicht am 26.01.2019

Girlie-Gärtnern

Balkon Basics
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Das Titelbild zeigt es ja schon ein wenig - man will möglichst verspielt und locker rüberkommen. Vielleicht bin ich nicht die richtige Zielgruppe, denn mir ging dies nach einer Weile ziemlich auf die Nerven.

Aber ...

Das Titelbild zeigt es ja schon ein wenig - man will möglichst verspielt und locker rüberkommen. Vielleicht bin ich nicht die richtige Zielgruppe, denn mir ging dies nach einer Weile ziemlich auf die Nerven.

Aber der Reihe nach. Das Buch ist schön und hochwertig gestaltet, sehr ansprechend, und es macht Spaß, durchzublättern. Die Fotos sind gut gewählt und ebenfalls angenehm anzusehen, auch ist durch viel Farbe das ganze Buch gut aufgelockert. Ebenfalls gut und informativ: die "Best of"-Übersichten, in denen bestimmte Pflanzengruppen übersichtlich mit Kurzportraits, Pflanz- und Blütezeiten und guten Informationen aufgelistet sind. Übersichtlich und gut gestaltet, wenn auch leider etwas sehr selektiv. Keine Info zu Lavendel, zum Beispiel, und der ist nun wirklich eine beliebte Balkonpflanze.

Und das ist leider auch mein Problem mit dem gesamten Buch - zu manchen Themen fehlen Informationen oder sind nur ein paar oberflächliche Informationen zu finden. Ein Thema, zu dem ich mich ausführlich informieren wollte, war das richtige Zurückschneiden von Pflanzen. Einen kurzen Absatz gab es dazu, während das Setzen von Blumenzwiebeln mit einer Schritt-für-Schritt-Fotoserie gezeigt wird (was auch Schritt für Schritt gezeigt wird ist, wie man die natürliche Form eines Bäumchens in eine unnatürliche runde Kugel verwandelt). Überhaupt wird leider sehr viel Platz auf Dinge verwandt, die für die meisten Balkongärtner nicht so relevant sind: wie man seine Gießkanne mit lustigen Bildchen bemalt, wie man Eier färbt und putzige kleine Bastelarbeiten macht, daß man anstelle von Töpfen auch leere Konservendosen nehmen kann, wie man glamourösen (!) Zucker herstellen kann und Töpfe mit quietschbunten Mosaiksteinchen verziert. Das hat mit Gärtnern nur sehr bedingt etwas zu tun und mag vielleicht für eine kleine Zielgruppe witzig sein, für die meisten aber nur Platzverschwendung in einem immerhin nicht ganz günstigen Buch.

Zu diesem Girlie-Bild paßt dann leider auch der an vielen Stellen gewollt-lockere Schreibstil; alles ist easy (oder sogar super-easy), sexy und Power. Außerdem liest man Stilblüten wie "Chips oder Schoko, Baggersee oder Festival, Brad Pitt oder Hugh Jackman: Das Leben ist voller schwieriger Entscheidungen." Nun bin ich ganz froh, wenn ein Sachbuch nicht staubtrocken daherkommt, aber in diesem Buch wurde es (für meinen Geschmack) doch ein wenig übertrieben mit dem "schaut mal, wie easy und relaxed wir sind" (passend auch zu den Fotos der ausschließlich jungen Frauen).

Wenn der Text sich auf Informationen beschränkt, dann liest er sich gut und flüssig, und es sind auch gute Hinweise und Erklärungen dabei. Schön auch die Tips, wie man viele überteuerte Gartenwerkzeuge/Gerätschaften uä günstig selbermachen kann oder welche günstigen Alternativen es gibt. Ebenfalls interessant das Kapitel über Blumenerde, wie sie zusammengesetzt ist und welche Angaben hier relevant sind. Es steckt also defintiv Wissen in dem Buch und dieses wird auch überwiegend gut vermittelt, wenn mir leider nun manche Dinge (s.o.) fehlten. Man kann anhand des Buches die Grundbegriffe des Balkongärtnerns erfahren und hat auch eine gute Hilfe bei der Auswahl von Pflanzen. Ich persönlich hätte weitere relevante Informationen den putzigen kleinen Ideen vorgezogen, die leider mehr Raum einnehmen, als mir lieb ist. Das ist aber - wie der gesamte Stil des Buches - Geschmackssache. Ich werde mich jedenfalls nach einem etwas umfassenderen Gartenbuch umsehen.

Veröffentlicht am 26.01.2019

Abwechslungsreiche Entdeckungsreise durch Frankfurt

Ein Frankfurtbuch.
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Susanne Asal hat für ihre "101 überraschende Geschichten" aus Frankfurt eine abwechslungsreiche Mischung an Informationen über Frankfurt zusammengestellt. Da war auch für mich als seit über 18 Jahren ...

Susanne Asal hat für ihre "101 überraschende Geschichten" aus Frankfurt eine abwechslungsreiche Mischung an Informationen über Frankfurt zusammengestellt. Da war auch für mich als seit über 18 Jahren in der Gegend Wohnende viel Neues und teilweise tatsächlich Überraschendes dabei. Die Auswahl ist überwiegend gut gelungen. Ein wenig Geschichte, ein wenig Berühmtheiten, ein wenig Lokalkolorit, Kunst, Politik und Szene. Dies wechselt sich auch angenehm ab, so kann man in vier aufeinanderfolgenden Geschichten sich über Goethe freuen, etwas zur Gentrifizierung erfahren, mit Hölderlin und seiner Muse leiden und die Augen am Frankfurter Nationalgericht Grie Soss weiden.

Die einzelnen Kapitel sind zwischen einer 3/4 und 3 Seiten lang, bei manchen hätten ein paar Zeilen mehr nicht geschadet (über das Internationale Theater gibt es wirklich nur so wenig zu sagen?). Es gab Stellen, an denen der Text recht abrupt aufhörte, einmal habe ich tatsächlich zurückgeblättert, um sicherzustellen, daß ich nicht eine Seite zu viel überschlagen habe. Das Kapitel über Heinrich Hoffmann ist so ein Beispiel. Im Kapitel über Senckenberg wird dann erwähnt, daß Johann Christian Senckenberg eines "denkwürdigen" Todes starb, aber mehr als daß ihn dieser "ausgerechnet bei der Besichtigung der Baustelle des von ihm gestifteten Bürgerhospital" ereilte, erfahren wir nicht. (Für die Interessierten: er stürzte von einem Baugerüst). Warum man diese Information nicht in einem Halbsatz einfügen konnte, wenn man da Denkwürdige des Todes schon erwähnt, erschließt sich mir nicht.
Während also an manchen Stellen Informationen oder Details fehlen, gibt es mehrere Wiederholungen. Daß reiche Bürgerfamilien ihre Landschaftsparks hatten, erfahren wir dreimal, die Stiftungen der Rothschilds werden zweimal erwähnt, die Gründe für den Namen des Römers ebenfalls zweimal, etc. Daß die Autorin die hohen Wohnungspreise in Frankfurt nicht schätzt, erfahren wir bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Es ist zwar absolut nachvollziehbar, aber der Leser hat es auch nach dem zweiten Mal schon verstanden und rollt nach dem fünften Mal eher genervt die Augen. Auch hätte ich es generell angenehmer gefunden, wenn die Autorin ihre persönliche Meinung nicht so häufig eingeflochten hätte. Objektivität finde ich wesentlich professioneller und als Leser möchte ich etwas über Frankfurt erfahren und nicht die Meinung der Autorin auf's Auge gedrückt bekommen.
Nun machen aber diese Punkte einen nicht so großen Teil aus, daß sie das Lesevergnügen erheblich beeinträchtigen. Überwiegend erfährt man hier wirklich Informatives und man merkt, Susanne Asal kennt ihr Frankfurt und führt uns auch mal unbekanntere Wege entlang. Diese Entdeckungsreise macht durchaus Spaß.

Der Schreibstil ist unprätentiös, lebendig und gut lesbar, einige Formulierungen fand ich etwas ungeschickt, aber dann finden sich auch so schöne Sätze wie dieser: "Das Senckenberg Museum schlägt eine ganz wunderbare Brücke, über die ungezählte Schulkinder gehen können ... und es wird nie langweilig."
Die alberne Angewohnheit, zu cool für das Wort "Fluggesellschaften" zu sein, fand ich leider hier auch - es sind hier "Airlines", und im Kapitel über die Staufer fallen laut Autorin in der Innenstadt zwei "landmarks" auf. In einem Blogartikel in Ordnung, in einem Buch für meinen Geschmack, wie gesagt, albern.

Gut gefallen haben mir die unterhaltsam erzählten Hintergründe zu vielen Themen. Es wurde auf wenig Platz viel untergebracht und eben auch oft tiefergehend, als man es woanders liest.

Ein kleines Manko ist die Ausstattung des Buches. Der pappartige Einband ist nach einmaligem Lesen (und dies durchweg zu Hause, das Buch wurde nicht in einer Tasche herumgeschleppt) an mehreren Stellen schon angestoßen und sieht ein wenig mitgenommen aus. Die inneren Seitenränder sind knapp bemessen und man muß das Buch schon recht unsanft weit aufklappen, um alles lesen zu können. Die Schrift ist klein, was mir nichts ausgemacht hat, aber für viele zu klein zum angenehmen Lesen sein dürfte. Es gibt einige Abbildungen, aber nicht viele. Verglichen mit dem vom gleichen Verlag herausgegebenen besser ausgestatteten und preislich günstigeren "99x Rhein-Main-Gebiet" wird die Ausstattung hier dem Preis von 14,99 € nicht ganz gerecht.

In Ganzen also ein durchaus empfehlenswertes Buch mit kleinen Mängeln, aber erfreulicher Vielfalt und guten Informationen, die sicher auch für Frankfurter selbst noch interessant sind.

Veröffentlicht am 24.01.2019

Ein mitreißendes Lesevergnügen

Heimaterde
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Ich habe dieses Buch meinem in Galizien geborenen und aufgewachsenen Großvater zum 95. Geburtstag geschenk und auch gleich ein Exemplar für mich gekauft. Ich habe es fast in einem Rutsch durchgelesen und ...

Ich habe dieses Buch meinem in Galizien geborenen und aufgewachsenen Großvater zum 95. Geburtstag geschenk und auch gleich ein Exemplar für mich gekauft. Ich habe es fast in einem Rutsch durchgelesen und meinem (sehr kritischen!) Großvater ging es genauso, er meinte, er hätte mit dem Lesen gar nicht aufhören wollen, so akkurat und lebhaft wurde alles geschildert. Er hat sich förmlich in seine Jugend zurückversetzt gefühlt.

Das Buch beginnt vor der Auswanderung der Familie nach Galizien und zeigt die damalige Situation der Auswanderer, ihre Wünsche, Sorgen und die durchgemachten Strapazen auf der Reise, ganz hervorragend auf. Der historische Hintergrund ist sehr gut recherchiert und durch die Charaktere zum Leben erweckt.

Die Jugenderinnerungen des Hauptperson im frühen 20. Jahrhundert sind angenehm zu lesen und auch hier fand ich Vieles wieder, was ich von meinem Großvater gehört und in anderen Lebenserinnerungen aus Galizien gelesen habe. Die galizische Welt vor dem zweite Weltkrieg ist gelungen eingefangen.

Die Erzählung über die Aussiedlung, Kriegs- und Nachkriegszeit hat mich emotional sehr berührt, einfach weil ich weiß, daß es meinen Vorfahren auch so ergangen ist. Hier ist ebenfalls der historische Hintergrund gut recherchiert. In einer Rezension zum Buch werden diese Berichte als langweilig eingestuft - das kann ich persönlich in keiner Weise nachempfinden. Ich habe beim Lesen mitgefühlt, mitgefiebert und hatte an manchen der traurigen Stellen einen Kloß im Hals.

Zwei kleine Dinge, die mir nicht so gut gefielen: von der Auswanderung springt die Geschichte gleich zum 20. Jahrhundert. Mich hätte das Familienschicksal auch in der Zwischenzeit sehr interessiert, selbst wenn es nur in kleineren Episoden gewesen wären. So fand ich den Sprung etwas abrupt und fand es auch schade, daß dieser Teil völlig ausgelassen wurde.
Die Geschehnisse der Nachkriegszeit in Polen fand ich manchmal ein wenig verwirrend, auch bzgl. der jeweils vergangenen Zeit und der mir manchmal fehlenden Hintergrundinformationen.

Die sind aber nur kleinere Abstricht, die das Lesevergnügen nicht merklich beeinträchtigt haben. So kann ich sagen - sowohl mein Großvater, der auf eigene Erinnerungen zurückgreifen kann, wie auch ich haben dieses Buch sehr genossen!