Wer erzählt die Geschichte?
Die Stille der Frauen„Großer Achilles. Brillanter Achilles, strahlender Achilles, gottgleicher Achilles... Wie sich die Epitheta häufen. Wir nannten ihn nie so; wir nannten ihn ‚den Schlächter‘.“
Was für ein Einstieg in ein ...
„Großer Achilles. Brillanter Achilles, strahlender Achilles, gottgleicher Achilles... Wie sich die Epitheta häufen. Wir nannten ihn nie so; wir nannten ihn ‚den Schlächter‘.“
Was für ein Einstieg in ein unerwartet großartiges Buch. Ich wusste, dass es eine Neuerzählung der Troja-Geschichte ist, aber nicht, in welchem Ausmaß. Ich hatte ein gewisses Wissen über die Ilias und natürlich den Film Troja, daher haben mich einige Szenen nicht überrascht.
Briseis kämpft mit dem Verlust ihrer Freiheit und Identität. Für sie sind die griechischen Krieger keine glorreichen Helden, sondern brutale Eroberer. Der Roman beleuchtet ihre komplexe Beziehung zu Achilles – dem Mann, der ihren Ehemann und ihre Brüder tötete und nun über ihr Schicksal bestimmt. Außerdem wird der Konflikt zwischen Achilles und Agamemnon um Briseis thematisiert, der schließlich dazu führt, dass Achilles sich aus der Schlacht zurückzieht – ein entscheidender Moment in der Ilias.
Die Stille der Frauen hinterfragt unsere Sicht auf Geschichte, Krieg und Heldentum. Indem Pat Barker den Fokus von den berühmten Kriegern auf die versklavten Frauen lenkt, zwingt sie uns dazu, das Leid zu betrachten, das in traditionellen Erzählungen oft übergangen wird. Der Roman stellt eine zentrale Frage: Wer erzählt die Geschichte?
Ich muss an meinen Geschichtslehrer denken, der oft Churchill zitierte: „Die Geschichte wird von den Siegern geschrieben.“ Doch was ist mit denen, die keine Stimme hatten? Dieses Buch entlarvt das glorifizierte Bild des Krieges und zeigt ihn aus der Perspektive der Frauen, die unter seinen Folgen litten. Briseis und die anderen gefangenen Frauen sind nicht nur stille Opfer, sondern Überlebende, die in einer Welt bestehen müssen, die ihr Leid ignoriert. Es ist eine kraftvolle und notwendige Geschichte, die eine verlorene Perspektive zurückgewinnt und uns dazu bringt, die Mythen, die wir als gegeben hinnehmen, zu hinterfragen.
Warum du es lesen solltest:
Eine neue Perspektive auf eine alte Geschichte – Die Ilias wird aus der Sicht der Frauen neu erzählt und stellt traditionelle Heldennarrative infrage.
Tiefe und relevante Themen – Trauma, Macht und Überleben machen den Roman zeitlos und aktuell zugleich.
Ein zum Nachdenken anregendes Buch – Es fordert uns auf, darüber nachzudenken, wer Geschichte schreibt und wessen Stimmen ungehört bleiben.
Dieses Buch handelt nicht nur von der Vergangenheit – es spricht auch zur Gegenwart und erinnert uns daran, dass Geschichte von denen geformt wird, die die Erzählung kontrollieren.
Ich kann es kaum erwarten, den nächsten Band zu lesen! Interessanterweise hatte ich nicht erwartet, dass es eine Reihe ist, die Briseis’ Geschichte weiterverfolgt. Jetzt bin ich umso neugieriger.