Profilbild von Webervogel

Webervogel

Lesejury Star
offline

Webervogel ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Webervogel über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.02.2018

Vielschichtig und fesselnd

Kühn hat Ärger
0

Hauptkommissar Kühn hat Ärger. In seiner Ehe läuft es nicht gut, er hat ein Pubertier zu Hause, in den Keller des Eigenheims sickern Giftstoffe und auch auf der Arbeit gibt es – schon allein berufsbedingt ...

Hauptkommissar Kühn hat Ärger. In seiner Ehe läuft es nicht gut, er hat ein Pubertier zu Hause, in den Keller des Eigenheims sickern Giftstoffe und auch auf der Arbeit gibt es – schon allein berufsbedingt – wenig zu lachen. Ein jugendlicher Intensivstraftäter wird an einer Tramhaltestelle ermordet aufgefunden. Dabei schien er die Kurve bekommen zu haben: Neue Freunde, neue Ziele, neuer Ehrgeiz. Was ist passiert? Die Ermittlungen führen Kühn in zwei sehr unterschiedliche Bezirke Münchens: Nach Neuperlach, wo der ermordete Amir unter prekären Bedingungen aufgewachsen ist. Und nach Grünwald, wo Amirs neue Freundin Julia wohnt: Jeans von Dolce & Gabbana, japanisches Bonsai-Parkett und Austernfrühstücke.
Kühn bei seinen Ermittlungen zu begleiten ist fesselnd, nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Milieustudien: Die Hoffnungslosigkeit in Neuperlach, die Sorgen auf der Weberhöhe, die Dekadenz in Grünwald - und dennoch muss man, wie Jan Weiler seinen Kühn einmal denken lässt, überall „nur einen falschen Schritt machen […], um abzustürzen.“ Andererseits stellt eine Zufallsbekanntschaft im Verlauf des Romans klar: „Ich will lieber an einer faulen Auster verrecken als an einer verdorbenen Currywurst.“

Kühn ist ein ruhiger, reflektierter Typ, der beobachtet und assoziiert; der versucht, nicht zu urteilen und der gleichzeitig kein Superman ist, sondern ein Familienvater mit einem anstrengenden Job, einer Ärzte-Phobie und Geldsorgen. Autor Jan Weiler zieht den Leser komplett in Kühns Leben hinein, mal will man ihm Mut zusprechen, mal ihm einen Tritt geben. Der Hauptprotagonist wirkt einfach glaubwürdig – wie der komplette Krimi, dessen Handlung weder überzogen noch vorhersehbar ist. Auch am Ende löst sich nicht alles in Wohlgefallen auf, es bleibt einiges ungeklärt, beruflich wie privat; aber so ist es ja, das Leben eben. Es wirkt fast virtuos, wie der Autor einige Erzählstränge zu Ende erzählt, andere offenlässt, einzelne Themen nur streift – und dennoch fügt sich am Ende ein zufriedenstellendes Gesamtbild zusammen. Und trotzdem beschäftigt mich das Buch noch, die Fragen, wie wohl einzelne Protagonisten auf die Enthüllungen im Mordfall reagiert haben, wie es an Kühns Wohnort, der Weberhöhe, weitergeht … Als Leser kann man nur hoffen, irgendwann wieder am Alltag des Hauptkommissars teilhaben zu dürfen; zu erfahren, wie sein Leben weiter verläuft, mit der Familie, mit den Kollegen. Fans atemloser Spannung werden an „Kühn hat Ärger“ vermutlich nicht so viel Freunde haben, wer aber gerne komplex-gelungene Mischungen aus Krimi und Roman liest – quasi echte Kriminalromane –, der wird Kühn vermutlich ebenso gerne begleiten wie ich es getan habe.

Veröffentlicht am 19.02.2018

Auf den Hund gekommen

Hilde
0

Ich habe bereits einige Bücher von Ildikó von Kürthy gelesen, war aber dennoch skeptisch, als mir eine Freundin „Hilde“ in die Hand drückte. Statt eines Hundes habe ich eine Tierhaarallergie und hatte ...

Ich habe bereits einige Bücher von Ildikó von Kürthy gelesen, war aber dennoch skeptisch, als mir eine Freundin „Hilde“ in die Hand drückte. Statt eines Hundes habe ich eine Tierhaarallergie und hatte daher den Eindruck, nicht zur Zielgruppe zu gehören. Doch als ich das Buch dann mal zur Hand nahm, habe ich es ratzfatz ausgelesen – und war zu meinem eigenen Erstaunen sehr amüsiert! Frau von Kürthy schafft sich nicht einfach einen Hund an, sondern sie lässt den Leser in bewährter Manier an ihrem Seelenleben teilhaben: Hoffnungen, Wünsche, Ängste … Bereits beim Kauf von „Hilde“ ist man als Leser dabei und bekommt schnell ungeschönte Einsichten in das Leben einer Neu-Welpenmutter: Kleine Hunde sind auch nur Babys, die einen an den Rande eines Nervenzusammenbruchs bringen können, andere Hundebesitzer neigen zum Besserwissen und eigentlich gibt es kaum Menschen, die die Tiere komplett kalt lassen. Frau von Kürthy begegnet in jedem Fall ständig Hundefreunden und Hundehassern, da kann man als Leser kaum anders, als mitzufühlen. Ihre Erlebnisse in den Kursen, die sie mit und ohne Hilde aufsucht, haben mich dagegen von Zeit zu Zeit laut auflachen lassen: Von verschiedenen Hundegruppen bis hin zur Tier-Telepathie probiert sie alles Mögliche aus, auch Hundecoach Martin Rütter kommt zu Wort. Ildikó von Kürthy hat in ihrem ersten Jahr mit Hilde jede Menger unterschiedlichster Erfahrungen gesammelt und es hat mir Spaß gemacht, sie dabei zu begleiten. Auch den ein oder anderen mir bekannten Hundebesitzer sehe ich jetzt mit ganz neuen Augen. Sollte ich je mit der Anschaffung eines Hundes liebäugeln, weiß ich nun auf jeden Fall besser, was auf mich zukommt … und stellenweise auch, was ich lieber lassen sollte. Ildikó von Kürthy hat (fast) alles ausprobiert, ohne sich und Hilde zu schonen. Und ist dabei doch immer bemüht, Hilde einen Hund sein zu lassen und sie nicht zu vermenschlichen. Mich hat ihr erstes Jahr mit Hilde überraschend gefesselt!

Veröffentlicht am 12.02.2018

Einstein, das Scheusal

Frau Einstein
0

Was fällt einem ein, wenn man den Namen Einstein hört? Der Nobelpreisträger, das berühmte Bild von ihm mit der herausgestreckten Zunge, die Relativitätstheorie. Kaum jemand dürfte an Mileva Marić denken, ...

Was fällt einem ein, wenn man den Namen Einstein hört? Der Nobelpreisträger, das berühmte Bild von ihm mit der herausgestreckten Zunge, die Relativitätstheorie. Kaum jemand dürfte an Mileva Marić denken, die erste „Frau Einstein“. Dabei war sie eine bemerkenswerte Persönlichkeit: Ab 1896 eine der ersten Studentinnen der Mathematik und Physik am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, sah sie einer Karriere als berufstätige Frau entgegen – für die damalige Zeit höchst unüblich. Die Serbin hatte, unterstützt von ihrem Vater, bereits einen steinigen Weg hinter sich: Als Mädchen und junge Frau mit unüblichem Wissensdurst war sie in ihrer Heimat schnell zur Außenseiterin geworden, ein angeborerener Hüftschaden, der sie zeitlebens hinken ließ, tat sein Übriges dazu. Mileva Marić war ein einsames Kind mit einem Ziel, das sie 1896 endlich zu erreichen schien, als sie ihr Studium aufnahm – fern von zu Hause in der Schweiz, wo sie als Osteuropäerin zwar schiefen Blicken ausgesetzt war, Frauen aber bereits studieren dürften.

Der Roman setzt mit Marićs Studienjahren ein, die vielversprechend beginnen: In einer Züricher Pension trifft sie zum ersten Mal in ihrem Leben Gleichgesinnte. Junge Ausländerinnen, die ebenfalls zum Studium in die Schweiz gekommen sind. Sie schließt erste Freundschaften und studiert mit großem Ernst und Erfolg. Der neue Schwung, den Marić verspürt und ihre Faszination für die Physik bringt Autorin Marie Benedict wunderbar rüber; man kann Marićs Begeisterung auch ohne größeres naturwissenschaftliches Interesse nachempfinden. Doch dann kommt ihr ein Mann in die Quere: Albert Einstein. Zunächst ist er der einzige ihrer ausschließlich männlichen Kommilitonen, der ihr ein freundliches Interesse entgegenbringt. Zwischen den beiden bahnt sich eine Freundschaft an – und irgendwann auch mehr. Marić versucht erst, ihre Gefühle zu unterdrücken, doch als ihre Freundin Helena sich verlobt, gibt sie Einsteins Werben schließlich nach. Was beiden vorschwebt, ist ein unkonventionelles Leben als Bohémiens – gleichberechtigtes gemeinschaftliches Leben und Forschen. Doch eine ungeplante Schwangerschaft, mit der Einstein sie komplett allein lässt, setzt Marićs erfolgreichem Studium ein Ende. Es stellt sich heraus, dass Einstein trotz seiner Liebe zu ihr ein unverlässlicher Partner ist – sowohl in privater als auch in wissenschaftlicher Hinsicht. Nachdem er in Lohn und Brot ist, heiraten die beiden trotzdem, doch Marićs Ziele und Träume fallen Einstein nach und nach zum Opfer. Sah sie während ihres Studiums noch die Wissenschaft als Gottes geheime Sprache und sich selbst auf einem Kreuzzug, kommt sie mit der Zeit gänzlich von ihrem Weg ab – vor allem, weil Einstein gemeinsame Forschungsergebnisse als seine eigenen Errungenschaften deklariert und sie auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter beschränkt.

„Frau Einstein“ macht wütend – wütend auf Einstein, der erst seine Versprechungen und schließlich auch Marić bricht, einfach, weil er es kann, als Mann seiner Zeit. Dabei ist „Frau Einstein“ natürlich nur ein Roman, in dem viele erzählte Anekdoten der dichterischen Freiheit zuzuschreiben sind. Bei einigen Passagen habe ich überlegt, ob Benedict zu weit geht – wenn Einsteins herzloser Umgang in Bezug auf die erstgeborene Tochter thematisiert wird oder sie die Erstidee zur Relativitätstheorie Marić zuschreibt. Das Schicksal von Tochter Lieserl Einstein konnte nie wirklich geklärt werden und im Nachwort erwähnt Benedict selbst, dass Marićs tatsächlicher Beitrag zu den Albert Einstein zugeschriebenen Theorien ungewiss ist. Der Einstein im Roman entwickelt sich zunehmend zum Scheusal, was der historischen Figur eventuell Unrecht tut. Allerdings kann offensichtlich belegt werden, dass der Nobelpreisträger kein einfacher Mensch war, ein sehr selbstbezogener Ehemann und auch als Vater eher ein Versager. In ihrem Nachwort schreibt Benedict, dass sie mit ihrem Roman nicht den wissenschaftlichen Verdienst Einsteins schmälern, sondern die menschliche Seite hinter seinen wissenschaftlichen Arbeiten beleuchten wollte. Als Mensch gibt ihr Einstein jedoch eine dermaßen schlechte Figur ab, dass sich notgedrungen auch der Blick auf den Wissenschaftler verändert. Dabei ist der Roman einzig und allein aus der Sicht seiner Frau geschrieben, die beständig als sein Opfer dargestellt wird. Benedict zeichnet die beiden schwarz-weiß, ich hätte mir ab und an ein etwas differenzierteres Bild gewünscht. Dennoch verdient es Marić offensichtlich, zumindest in diesem Buch einmal die Hauptrolle zu spielen – auch wenn sie im Titel wieder nur auf ihre Rolle als Ehefrau des berühmten Wissenschaftlers reduziert wird.

Veröffentlicht am 09.02.2018

Sehr persönliche Analyse der eigenen Vater-Tochter-Beziehung

Ach, Papa
0

Ich ringe damit, ob ich diesem Buch nun drei oder vier Sterne geben soll – und weiß es noch nicht mal jetzt, wo ich beginne, diese Rezension zu schreiben. Die Journalistin Mareike Nieberding hat ein sehr ...

Ich ringe damit, ob ich diesem Buch nun drei oder vier Sterne geben soll – und weiß es noch nicht mal jetzt, wo ich beginne, diese Rezension zu schreiben. Die Journalistin Mareike Nieberding hat ein sehr persönliches Buch über die Beziehung zu ihrem Vater verfasst, von dem sie sich mehr und mehr entfremdet fühlte, nachdem sie von zu Hause ausgezogen war. Zwischen den beiden ist nichts vorgefallen, sie haben sich mit der Zeit einfach immer weniger zu sagen. Mit Ende 20 will die Autorin das ändern und geht dem Vater-Tochter-Verhältnis schreibend auf den Grund. In ihrem Buch legt sie ihre Familiengeschichte komplett offen: Eine größtenteils unbeschwerte, glückliche Kindheit auf dem Land mit vielen Freiheiten und einer intakten Familie, die für sie da war. Mit Aufnahme des Studiums in Berlin fühlte sich Nieberding dann ihrem niedersächsischen Heimatdorf mehr und mehr entwachsen und warf ihrer Familie, allen voran ihrem Vater, zu geringe Anteilnahme an ihrem neuen Leben vor. Ohne Frage hat Nieberding unter der Entfremdung gelitten, dennoch stellte sich bei mir der Eindruck ein, dass sie selbst kaum gegen diese angekämpft hat. Den Kampf hat sie letztendlich wohl erst mit ihrem Buchprojekt aufgenommen, mit dem sie ihrem Vater, der sie auch hier voll unterstützte, in meinen Augen schon etwas zugemutet hat – schlagartige Bekanntheit sehr privater Details zum Beispiel. Die Autorin schreibt dazu selbst: „Immer wieder frage ich mich […], warum ich Papa das antue. Dieses Buch. Ich glaube, ich tue es aus Liebe.“

„Ach, Papa“ ist nicht nur eine schriftliche Aufarbeitung der Vergangenheit. Um sich ihrem Vater anzunähern, schickt Nieberding ihm zum einen E-Mail-Fragebögen und unternimmt mit ihm außerdem einen Kurzurlaub in den Schwarzwald, wo er studiert hat. Diesen Urlaub schildert sie und ich habe als Leserin durchaus mitgefühlt – die Passagen handelt von zweien, die keine Übung mehr darin haben, miteinander alleine zu sein. Allerdings kam mir Mareike Nieberdings Erkenntnis dann wenig spektakulär vor: „Auch ich hätte fragen können – und ebenso gut hätte ich auch einfach mal erzählen können.“ Stimmt – statt immer nur zu warten, dass ihr tiefschürfende Fragen gestellt werden. Ohnehin blieb bei mir der Eindruck zurück, den Vater trotz aller privaten Details zu wenig kennengelernt zu haben – wie steht er denn eigentlich zu der Entfremdung? Hat die Autorin ihn das eigentlich gefragt?

Inhaltlich hat mich das Buch daher nicht wirklich zufriedengestellt. Als öffentliche Aufarbeitung ihrer eigenen Vater-Tochter-Beziehung hat Mareike Nieberding natürlich sowohl alle Freiheiten als auch die Deutungshoheit. Angekündigt wurde das Buch allerdings auch damit, dass es erzählen würde „[…] wie man sich wieder nahekommt, wenn man sich schon fast verloren hat.“ Das mag auf die Autorin und ihren Vater zutreffen, aber aus „Ach, Papa“ lässt sich nur wenig allgemein ableiten.

Und trotzdem habe ich das Buch gerne gelesen. Journalistin Mareike Nieberding kann nämlich schreiben. Das Buch folgt einer gewissen Dramaturgie, beinhält ein paar wissenschaftliche Querverweise, Einschübe und jede Menge Selbstreflektion. Und viele elegante Sätze, die ich mir angestrichen habe: „Die Entfernung entfernte uns voneinander.“ „Eine Familie ist ja keine Fertighaus-Siedlung, sondern eine sich täglich verändernde Favela.“ „Gnadenlos bricht jeden Morgen ein neuer Tag an, der weitere Überforderungen birgt, aber eben auch die Chance, alles anders zu machen.“
„Ach, Papa“ lässt sich gut lesen und die sympathische Autorin schafft es durchaus, dem Leser ihre Sichtweise zu vermitteln. Der Stil an sich gefiel mir meist, dennoch hatte ich mir mehr Allgemeingültigeres erhofft und fand die Kluft zwischen diesem Vater und dieser Tochter nicht so elementar, die Probleme nicht so unlösbar, als dass das Ganze inhaltlich wirklich getragen hätte.

Veröffentlicht am 05.02.2018

Dramatische, für mich nicht komplett nachvollziehbare Geschichte mit Südafrika-Flair

Cape Town Kisses
0

Vorab: Ich hätte mir dieses Buch vermutlich nicht gekauft. Das Cover mit dem knackigen Männeroberkörper ist mir zu kitschig, das Gleiche trifft auf den Untertitel „Zwischen Liebe und Schmerz“ zu. Ich gehöre ...

Vorab: Ich hätte mir dieses Buch vermutlich nicht gekauft. Das Cover mit dem knackigen Männeroberkörper ist mir zu kitschig, das Gleiche trifft auf den Untertitel „Zwischen Liebe und Schmerz“ zu. Ich gehöre daher offensichtlich nicht zur Kernzielgruppe dieses Romans. Aber ich bin ein großer Südafrika-Fan und ich liebe Kapstadt – von daher musste ich mich einfach für die „Cape Town Kisses“-Leserunde auf einem anderen Portal bewerben. Und was das südafrikanische Flair anging, wurde ich auch nicht enttäuscht: Detaillierte Beschreibungen der V&A Waterfront, von Kleinigkeiten wie Rock Shandys und Biltong sowie einer Walking-Safari lassen sich finden. Auch wenn mir die Fülle der Tiersichtungen etwas übertrieben schien, war sonst alles realitätsnah und hat mir ein bisschen Kapstadt- und Südafrika-Feeling auf meinen E-Book-Reader gebracht.

Mit der eigentlichen Geschichte konnte ich mich allerdings nicht komplett anfreunden. „Cape Town Kisses“ handelt von der in London lebenden, alleinerziehenden Mutter Angela Riley, die wegen eines Hirntumors nur noch kurze Zeit zu leben hat. In Sorge um ihren 12-jährigen Sohn Jasper beschließt sie, dessen Vater ausfindig zu machen – einen One-Night-Stand namens Mojo, den sie vor 13 Jahren in einer Kapstädter Bar kennenlernte. Seitdem hatte sie keinerlei Kontakt zu Mojo, auch von seiner Vaterschaft weiß er nicht. Angela begibt sich auf die Suche …

Und diese Suche hat mich mehr und mehr irritiert. Angela versucht nicht, Mojo erstmal online zu finden, damit sie überhaupt weiß, wo sie suchen soll. Sie kennt den Mann eigentlich auch gar nicht. Trotzdem ist sie der festen Überzeugung, dass es für ihren Sohn das Beste sein wird, beim unbekannten Vater aufzuwachsen, nachdem sie verstorben ist. Auch, als sie herausfindet, dass Mojo unter ärmlichen Bedingungen in einem Township zu leben scheint, hält sie stoisch an dem Plan fest („Väterliche Liebe war ohnehin mehr wert als alles Geld dieser Welt.“) – mir erschien das schon fahrlässig blauäugig. Und ziemlich unrealistisch. Welche Mutter würde ihren Sohn auf einen anderen Kontinent zu einem quasi Fremden schicken und ihn so von allem trennen, was er kennt? Freunden, Onkel, Schule, der vertrauten Umgebung und Kultur?
Allerdings wird Angela dann vorübergehend von ihrer Suche abgelenkt, als sie George kennenlernt, der mit seinem Vater eine Game Farm leitet. Und mir wiederum zu perfekt war.

Die Geschichte war also nicht unbedingt mein Fall: Dadurch, dass ich Angelas Verhalten oftmals als wahnsinnig naiv empfand, habe ich auch nicht so sehr mit ihr mitfühlen können. Das Ganze war mir inhaltlich etwas dünn und auch der Ausgang schien mir bald absehbar. Dennoch habe ich das Buch schnell ausgelesen, bin mühelos in die Geschichte reingekommen und habe die meisten Südafrika-Beschreibungen durchaus genossen.