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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.06.2017

Abgedroschen

Zwetschgendatschikomplott
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Die größte Kunst bei Reihen und Serien ist es, diese lange und auf gleichbleibendem Niveau am Leben zu erhalten. Rita Falk hat das bislang mit ihrer urig-bayerischen Provinzkrimireihe um den Dorfpolizisten ...

Die größte Kunst bei Reihen und Serien ist es, diese lange und auf gleichbleibendem Niveau am Leben zu erhalten. Rita Falk hat das bislang mit ihrer urig-bayerischen Provinzkrimireihe um den Dorfpolizisten Franz Eberhofer ganz gut geschafft. Mit dem sechsten Teil „Zwetschgendatschikomplott“ beginnt sie aber nun zu schwächeln. Schade – aber im Vergleich zu den Vorgänger-Bänden hat mich dieser sechste Teil ziemlich enttäuscht. Ja, wir treffen wieder auf die kultig gewordenen Charaktere: Die Oma ist zum Beispiel wieder mit von der Partie und auch Franz´ Ex-Kollege Rudi Birkenberger. Aber irgendwie wirken die Figuren diesmal recht lieblos gezeichnet. Die Sprüche, die sie klopfen, sind die gleichen wie immer und überhaupt wirkt alles so ein bisschen abgedroschen und wie schon gehabt. Der sonst so sarkastische, schwarze, ganz eigene Humor der Serie kommt diesmal auch nicht richtig zum Tragen – zumindest ich konnte bei diesem Teil fast gar nicht lachen. Der Mordfall ist bei dieser Reihe ja schon immer eher Nebensache, trotzdem hätte man ihn nicht so fad erzählen müssen. Ganz zum Schluss wurde es dann ein bisschen spannend, weil sich dann auch in Franz´ Privatleben etwas tut. Im Großen und Ganzen leider der schwächste Teil der Serie – viel zu lieblos und blass gestrickt. Ich hoffe sehr, dass der 7. Band, der ja auch schon erschienen ist, wieder besser ist. Vielleicht sollte Franz wieder komplett in sein Dorf Niederkaltenkirchen zurückkommen und nicht mehr in München arbeiten müssen.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Lesenwerter Erfahrungsbericht

Anständig Essen
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Kann man sich heutzutage überhaupt noch moralisch korrekt ernähren? Und was sind wir überhaupt bereit aus Rücksicht auf unsere Mitlebewesen zu opfern? – Diese Fragen stellt sich die Autorin Karen Duve ...

Kann man sich heutzutage überhaupt noch moralisch korrekt ernähren? Und was sind wir überhaupt bereit aus Rücksicht auf unsere Mitlebewesen zu opfern? – Diese Fragen stellt sich die Autorin Karen Duve und lässt sich auf ein Experiment ein: Fast ein ganzes Jahr lang testet sie Lebensweisen mit moralischen Anspruch. Sie kauft zwei Monate lang nur noch Bioprodukte, ernährt sich zwei Monate probeweise vegetarisch, vier Monate vegan und wird zum Schluss sogar noch zur Frutarierin. Natürlich bleibt es nicht nur beim Selbstversuch: Karen Duve setzt sich auch intensiv mit den jeweiligen Weltsichten auseinander. Sie trifft und interviewt Vertreter und Gegner der verschiedenen Lebensweisen und Weltanschauungen, wälzt Bücher oder fährt zu Tagungen. Und so ist dieses Buch nicht nur ein interessanter Erfahrungsbericht, sondern bietet eben auch ganz viele Hintergrundinformationen zu Themen rund um Ernährung, Tierhaltung, Landwirtschaft, Jagd und Gesundheitspolitik. Sehr sympathisch an diesem Buch fand ich, dass Duve zu keiner Zeit den Zeigefinger erhebt. Im Gegenteil: Sie beschreibt sich gleich zu Beginn selbst als jemand, der nicht gerade zur Gesundheitsfraktion gehört und bislang nicht viel über das, was er isst, nachgedacht hat. Über ihre Erfahrungen berichtet sie mit ganz viel knochentrockenem Humor, setzt sich mit den Themen sehr kritisch auseinander und bringt auch immer die Gegenseite ins Spiel. Ein äußerst lesenswerter Erfahrungsbericht: flüssig geschrieben, humorvoll, gut recherchiert und gerade deswegen sehr augenöffnend.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Zwei Frauen und ein gemeinsamer Traum

Als wir Freundinnen waren
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Zwei außergewöhnliche Frauen, die im Nachkriegslondon um ihre Träume und ihr Glück kämpfen: In „Als wir Freundinnen waren“ erzählt Lesley Pearse die Geschichte von Ellie und Bonny. Zwei Frauen, so unterschiedlich ...

Zwei außergewöhnliche Frauen, die im Nachkriegslondon um ihre Träume und ihr Glück kämpfen: In „Als wir Freundinnen waren“ erzählt Lesley Pearse die Geschichte von Ellie und Bonny. Zwei Frauen, so unterschiedlich wie Feuer und Eis, die aber ein großer Traum eint: Ein Leben auf der Bühne. Wir lernen beide schon als junge Mädchen kennen – als 1939 der Zweite Weltkrieg immer näher auf England zurückt, werden tausende Kinder aus den Großstädten aufs Land verschickt. Darunter auch Ellie, die bei ihrer alleinerziehenden Mutter in einem Londoner Armenviertel aufgewachsen ist, und die verwöhnte Bonny. Beide landen bei Pflegefamilien in unterschiedlichen Dörfern und müssen über die Jahre mit so manchen Schicksalsschlägen fertig werden. Nach dem Krieg begegnen sich die beiden jungen Frauen in London. Sie verdingen sich als Sängerinnen und Tänzerinnen in Varietés und bald verbindet sie eine außergewöhnliche Freundschaft. „Als wir Freundinnen waren“ ist ein gefühlvoller, kurzweiliger und auch spannender historischer Roman. Lesley Pearse schreibt sehr lebendig und bildhaft. Dadurch gelingt es ihr auch, dem Leser einen recht guten Einblick in das Leben in England während des Zweiten Weltkriegs zu verschaffen und einen in das vibrierende London nach Kriegsende zu entführen. Bonny und Ellie ziehen einen sofort in den Bann, wobei Ellie ganz klar die Sympathieträgerin ist. Man verfolgt gebannt den manchmal recht steinigen Weg der beiden und hofft so sehr, dass sich alles zum Guten wendet. Generell ist Pearse die Charakterisierung ihrer Figuren sehr gut gelungen – selbst die Nebenfiguren sind so detailliert beschrieben, dass sie ein richtiges Gesicht bekommen. In Minikritikpunkt: Zum Ende hat die Geschichte ein paar unnötige Längen.

"Als wir Freundinnen waren" ist übrigens die Vorgeschichte zum Roman "Im zarten Glanz der Morgenröte" - aus diesem Grund endet die Geschichte auch etwas abrupt und offen. Ich denke aber, dass man das Buch trotzdem auch als Einzel-Roman lesen kann. In der Summe eine Empfehlung für alle, die historische Romane mit starken Frauen mögen.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Die Reihe beginnt zu schwächeln

Leberkäsjunkie
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Dem Franz Eberhofer ist die Luft ausgegangen. Und das diesmal wirklich im doppelten Sinne. Im 7. Band der lustigen Krimireihe um den bayerischen Dorfpolizisten hat Franz mit gesundheitlichen Problemen ...

Dem Franz Eberhofer ist die Luft ausgegangen. Und das diesmal wirklich im doppelten Sinne. Im 7. Band der lustigen Krimireihe um den bayerischen Dorfpolizisten hat Franz mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen und bekommt von seinem Hausarzt prompt eine strenge Diät verordnet. Dass das den Leberkäsjunkie Franz nicht gerade freut, kann man sich denken. In seinem Privatleben läuft es gerade auch nicht sehr rund. Zu allem Überfluss brennt es dann auch noch in der Pension der Mooshamer Liesl und eine Fremde kommt dabei ums Leben. Und schon steckt der Franz mittendrin in Ermittlungen. Den eigentlichen Reiz der Eberhofer-Krimis macht vom ersten Band an nicht der Kriminalfall aus, sondern vielmehr die Anekdoten aus dem Dorfleben mit all seinen urigen, kultigen Einwohnern. Allen voran natürlich dem Franz und seiner Familie. Im 7. Band konnte mich allerdings weder das eine noch das andere richtig überzeugen. Die Krimihandlung ist einfach nur lahm und kommt überhaupt nicht in Schwung. Zu 80 Prozent geht es im Roman um Franz´ Cholesterinspiegel und seine Diät, gegen die er natürlich laufend verstößt. Und so verfolgt man seitenweise, wie der Franz Leberkässemmeln, Currywürste oder Kaiserschmarrn in sich reinstopft. Für mich hat die Reihe ja schon ab dem 6. Band geschwächelt. „Leberkäsjunkie“ ist aber fast noch eine Nummer schwächer. Der sonst so schwarze, derbe Humor der Reihe ist eigentlich überhaupt nicht vorhanden. Ich zumindest konnte kein einziges Mal lachen: Es sind immer wieder die gleichen Sprüche, es ist immer wieder die gleiche Leier: Franz hat Stress mit der Susi, der Papa kifft und hört Beatles in Horrorlautstärke, die Oma hört schlecht, bekommt aber trotzdem alles mit und der Flötzinger betrügt seine Frau. Klar lieben wir den Franz so wie er ist, aber dass jemand über sieben Bände hinweg so gar keine Wandlung durchmacht, ist auch komisch. So sehr ich die Reihe am Anfang geliebt habe, so sehr hat sie mich diesmal gelangweilt und genervt. Schade. Ob ich die Reihe weiterlese bezweifle ich gerade sehr.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Geistreicher Frauenroman

Mondscheintarif
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Es gibt sie ab und an: Geistreiche, gut gemachte Frauenromane. „Mondscheintarif“ gehört definitiv dazu. Aufgrund seiner Seitenlänge (ca. 140 Seiten) zwar eher eine Erzählung als ein Roman, aber das tut
der ...

Es gibt sie ab und an: Geistreiche, gut gemachte Frauenromane. „Mondscheintarif“ gehört definitiv dazu. Aufgrund seiner Seitenlänge (ca. 140 Seiten) zwar eher eine Erzählung als ein Roman, aber das tut
der Sache keinen Abbruch. Protagonistin ist die 33 Jahre alte Cora Hübsch, alles in allem eine moderne, selbstbewusste Frau. Trotzdem sitzt Cora am Samstagabend traurig allein daheim rum. Der Grund: Sie ist verliebt. In Dr. Daniel Hofmann. Vor ein paar Tagen hatte sie zum ersten Mal Sex mit ihm und Cora ist alt genug um zu wissen, dass man als Frau
den Mann nach der ersten Nacht auf gar keinen Fall anrufen darf. Und so wartet Cora anfangs noch aufgeregt, später immer verzweifelter darauf,
dass Daniel den ersten Schritt macht. Der Leser verfolgt nun Coras Gedanken zwischen 17:25 und 23:18 Uhr. Dazwischen gibt es aber auch immer mal wieder ein paar Rückblicke, bei denen man zum Beispiel
erfährt, wie sich Daniel und Cora kennengelernt haben. Erzählt wird die Geschichte sehr schwungvoll und originell mit ganz viel Ironie und Witz –
dabei legt Kürthy selbstkritisch und herrlich ehrlich das komplette Spektrum einer emanzipierten aber verliebten Frau offen. Und am Ende
erkennt Cora, dass all die Klischees, denen sie aufgegessen ist, all die Schachzüge, die sie geplant hat und alle die Rollen, die sie gespielt hat, fast alles kaputt gemacht hätten.