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Veröffentlicht am 09.12.2017

Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende."

Wir sehen uns beim Happy End
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Allgemeines:

Titel: Wir sehen uns beim Happy End
Autor: Charlotte Lucas
Verlag: Bastei Lübbe (24. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 378572599X
ISBN-13: 978-3785725993
ASIN: B071HL86M5
Seitenzahl: ...

Allgemeines:

Titel: Wir sehen uns beim Happy End
Autor: Charlotte Lucas
Verlag: Bastei Lübbe (24. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 378572599X
ISBN-13: 978-3785725993
ASIN: B071HL86M5
Seitenzahl: 560 Seiten
Preis: 6,99€ (Kindle-Edition)
18€ (gebundene Ausgabe)



Inhalt:

"Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende." (Emilia Faust, geklaut bei Oscar Wilde)

Stell dir vor, Romeo und Julia erleben wunderbare Flitterwochen, die kleine Meerjungfrau bekommt ihren Prinzen und Hannibal Lecter wird zum kinderfreundlichen Veganer - Wie könnte die Welt aussehen, wenn jede Geschichte das Recht auf ein glückliches Ende hätte? Und was würdest du tun, wenn dir das Leben die Verantwortung für einen anderen Menschen gibt? Schenkst du ihm ein Happy End? Selbst wenn du nicht weißt, ob er das will?
Ein zauberhafter Roman über das Schicksal, unerwartete Begegnungen - und die Frage, ob erst ein Happy End das Leben lebenswert macht.


Bewertung:

Schon als ich dieses Buch in der Verlagsvorschau sah wusste ich es: diese Geschichte ist etwas ganz besonderes! Das Lesen hat mich darin nur noch bestätigt - ein zauberhafter Roman über die Suche einer jungen Frau nach dem Happy End.

Das Cover ist ganz wundervoll gestaltet, auch wenn es nicht so ganz mein Fall ist. Die türkis-blaue Hintergrundfarbe gefällt mir nicht besonders, da sie als Eye-Catcher zu schwach, aber als Hintergrund zu dominant ist und sich mit den liebevollen Verzierungen um den Titel herum um die Aufmerksamkeit des Betrachters prügelt. Die Ranken, Sterne, Sonnen, Heißluftballons, Vögel, Käfer, Meerjungfrauen und Schaukeln lassen das ganze Motiv verspielt und naiv erscheinen, was ich in Anbetracht des Inhalts wirklich wunderbar gemacht finde. Auch der bunte Handlettering-Titel passt wunderbar ins Bild und hebt sich beim darüberfahren auch fühlbar hervor. Wozu ich noch ein wenig unentschlossen stehe, sind die am Rand grell pink gefärbten Seiten, die im Kontrast zum türkis-hellblauen Einband sehr stark hervorspringen. Auch innerhalb der Buchdeckel gefällt mir die Gestaltung gut. Die einzelnen Kapitel, die genau die richtige Länge besitzen, werden manchmal von Blogbeiträgen abgewechselt, die in passendem Layout und Design mit einigen Kommentaren ihrer Leser untermauert werden. Eine interessante Idee!
Insgesamt eine sehr verträumte, exzentrische aber wunderschöne Gestaltung des Covers, welches wunderbar zur Geschichte passt, mich persönlich aber nur mäßig anspricht. Sowohl Titel und Klapptext sind aber einfach perfekt getroffen!


Erster Satz: "Wenn es eine Sache gab, die Emilia Faust, genannt "Ella", mit absoluter Sicherheit wusste, dann die, dass eine Geschichte immer nur so gut ist wie ihr Ende."


Nun ja, wenn man nach dieser Lebenseinstellung das Buch betrachtet, würde meine Beurteilung dieser Geschichte nicht ganz so gut ausfallen, denn das Ende mochte ich nicht wirklich. Da mir aber alles andere sehr gut gefallen hat, bleibe ich doch lieber bei meinen persönlichen Beurteilungskriterien und schließe mich Ella an, wenn sie sagt:


"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne"


Diese Geschichte startet zauberhaft mit einem Blogeintrag Ellas auf ihrem Webblog "Better Endings", auf dem sie Geschichten mit schrecklichem Ausgang einfach umschreibt und ihnen ein schöneres Ende verpasst. Eine riesige Fangemeine schaut auf sie, wenn sie ihrer Liebe zu Happy Ends und guten Märchen folgt und versucht, die vielen Schlimmen Dinge in der Welt etwas zu relativieren, in dem sie wenigstens ausgedachte Geschichten verbessert. Auch in der Realität trägt sie eine rosarote Brille und plant die Traumhochzeit mit ihrem märchenhaften Verlobten Philipp, mit dem sie in ihrem gutbürgerlichen Haus im Philosophenweg lebt und in den Sonnenuntergang laufen will, bis sie beide tot umfallen.

Als sie durch Zufall erfährt, dass ihr Verlobter sie betrogen hat und eigentlich gar nicht heiraten möchte, gerät ihr persönliches Happy End jedoch ganz schön ins wanken. Hals über Kopf vor diesen
Entwicklungen fliehend überrennt sie an der Landungsbrücke einen Mann, der daraufhin verschwindet und bloß seine Schuhe, seine Jacke, einen Geldbeutel und ein großes Geheimnis hinterlässt. Sie fühlt sich verantwortlich, ihm die Dinge zurückzugeben und sucht sein Haus auf, das sich als noble, aber total vernachlässigte Villa entpuppt. Als sie ein weiteres Mal die Flucht ergreifen will, rennt sie den Mann - Oscar de Witt - ein zweites Mal über den Haufen, woraufhin er sich verletzt und im Krankenhaus landet. Als Ella feststellt, dass der komplett erledigte und traurige Mann überhaupt keine Erinnerungen mehr an seine Vergangenheit hat macht sie es sich zur Aufgabe, sein Leben neu zusammenzustellen und ihm ein Happy End anzudichten. Das dies nicht ganz so glatt gehen kann, wie sie sich das vorgestellt hat, ist absehbar und sie tritt aus Versehen eine Lawine los, die sie kaum mehr stoppen kann...


"Wie bei einer Melodie, die abrupt endet, mitten im Takt, unaufgelöst. Ein Missklang, der uns im Kopf herumspukt und fast in den Wahnsinn treibt, bis wir ihn zumindest gedanklich zu einem harmonischen Schlussakt gebracht haben.
Romeo und Julia: flitterten bei Ella in Venedig.
Titanic: In der Version von Ella retteten Jack und Rose im Alleingang das Schiff und bekamen fünf Kinder.
Casablanca: Selbstverständlich entschied sich Ilsa Lund für Rick (...)
Ellas Welt: schön und heiter.
Und vor allen Dingen: übersichtlich."


Allein für diese Romanidee müsste die Autorin von mir schon mal 5 Sterne bekommen. So etwas Kreatives und überaus Neuartiges habe ich selten gehört. Aus Spaß hatte ich auch schon mal die Idee, alternative Enden zu bekannten Geschichten auf einem Blog anzubieten, was die Autorin uns aber in ausgearbeiteter Form auf das Leben eines geschlagenen Mannes bezogen präsentiert, ist wirklich wunderbar. Ich hatte mich eigentlich auf eine schnulzige Liebesgeschichte vorbereitet, was folgt ist die tragisch-komische Geschichte einer Frau, die sich immer mehr verrennt in ihrem Willen, etwas Gutes zu tun und aus ihrem Lügenkonstrukt bald nicht mehr herauskommt. Zusammen mit ihr gehen wir auf die rätselhafte Suche nach dem Grund für Oscars Absturz und fehlender Lebenslust und finden ein wahrhaft dramatisches Geheimnis über die Familie de Witt, angesichts dessen sich sowohl Ella als auch der Leser ein wenig überfordert fühlen. Und bald wird klar, dass sich hinter Ellas Happy-End-Sucht eine ganz eigene Tragik verbirgt, ein ganz bestimmter Grund, aus dem sie so geworden ist. Während sie versucht, Oscars Leben in Ordnung zu bringen muss sie sich selbst mit der Differenz zwischen Realität und Märchen auseinandersetzen und schließlich für ihre eigene Geschichte das passende Ende suchen. Denn während des ganzen Durcheinanders, beginnen sich Oscar und Ella näher zu kommen und sie muss sich entscheiden, was sie wirklich will.


"Oscar de Witt war tatsächlich ein leeres Buch - und sie, sie war doch eine Erzählerin. Tat sie seit Jahren nicht anderes, als Geschichten zu einem besseren Ende zu führen. Sollte sie also nicht genau das für Oscar tun? Ihm und seinem Leben, das aus den Fugen geraten ist, wieder auf die Sprünge zu helfen?"


Der Schreibstil ist recht geradlinig, an manchen Stellen jedoch sehr abschweifend und verträumt. Selbstverständlich passt das wunderbar zu Ella und ihren ausführlichen Gedankengängen, die sie immer wieder aus der Realität reißen, auf die Dauer sind aber ihre ganzen Gedanken, die Analyse ihrer Gefühle und andere Abschweifungen ein bisschen zu viel, sodass gerade am Anfang, als noch nicht so viel passiert, ein wenig Spannung verloren geht. Ebenfalls kamen viele Gefühle, die geschildert werden nicht ganz bei mir an, da der Leser sowohl zu Ella als auch zu Oscar beim Lesen eine gewisse Distanz wahrt. Ich kann nicht genau fassen, weshalb mir das so vorkam, aber ich denke, dadurch dass beide immer wieder Fehler machen, braucht man ein wenig Abstand zum Geschehen und all den Emotionen, um ihr Verhalten angemessen beurteilen zu können.
Besonders gut gefallen haben mir aber die vielen kleinen Anspielungen auf verschiedenste Dinge, die sich hier in der Geschichte finden lassen. Nicht zuletzt Emilias Nachnahme "Faust", der einmal aufgegriffen wird, die verschiedenen Enden von Bestsellern und Filmen, über die sich bestimmt jeder schon mal aufgeregt hat, das „Project Semicolon“ von Amy Bleuel und eine kleine, wohldosierte Priese an Gesellschaftskritik, machen das Buch zu einer wirklich runden Angelegenheit.


"Aber so war die Welt, sie blickte auf Frauen, die „nur“ Hausfrau – und vielleicht dazu „nur“ Mutter – waren, herab, als wäre das nichts"


Ella Cinderella alias Emilia Faust ist ein sehr spezieller Charakter. Auf der einen Seite steht da die naive, realitätsferne Träumerin, die am liebsten alles mit Glitzerstaub überziehen würde, auf der anderen Seite die gut organisierte und strukturierte Haushälterin, die viel nachdenkt und alles hinterfragt. Allein mit ihren inneren Konflikten könnte man schon einen ganzen Roman füllen. Selbstverständlich kann man mit vielen ihrer Entscheidungen nicht ganz einverstanden sein und muss sich manchmal für ihre spontanen Aktionen ein wenig belächeln, doch man fühlt trotzdem mit ihr und verzeiht ihr jeden Fehltritt für ihre ehrlichen Absichten. Doch leider ist "gut gemeint" oft das Gegenteil von "gut gemacht", also heiligt der Zweck die Mittel? Darf man so sehr in das Schicksal eines anderen Menschen eingreifen und die Wahrheit verändern? Sie ist sich selbst oft nicht sicher und tut einfach das, was ihr Herz ihr sagt. So ist sie auf der einen Seite recht klischeehaft und verkörpert ein Frauenbild, das ich eigentlich nicht leiden kann, auf der anderen Seite ist sie jedoch ein tiefgründiger und authentischer Charakter, der einfach nur nach einem Happy End für seine eigene Geschichte sucht.


"Das hier, das war die echte Herausforderung, die es zu meistern galt, um ans Ziel zu gelangen. Und sie, Emilia Faust, würde den Ruf annehmen; würde sämtliche Drachen töten und Rätsel lösen und jedem Rumpelstilzchen, das sich ihr in den Weg stellen mochte, trotzig dessen Namen entgegenbrüllen. (...) Im Namen des Zweckes und der Mittel und der Heiligkeit in Ewigkeit.
Amen."


Oscar de Witt ist ebenfalls ein sehr interessanter Protagonist. Sehr authentisch spielt er die Rolle des süß-verlorenen Snobs, der auf der Suche nach seinem Gedächtnis einen Psychiater besucht, Bücher liest, sein Haus auf dem Kopf stellt und auch schon mal verzweifelt. Mit seiner eher nüchternen, intelligenten Art, steht er als Gegenpol zu Ella, weshalb sie gerade wunderbar zusammenpassen. Sein Schicksal, über das wir als Leser langsam mehr erfahren, berührt ehrlich und zeigt ihn als gebrochenen Mann, sodass die nur langsam keimende Liebe zwischen Ella und ihm besonders wichtig erscheint. Anders als in vielen Romanen dieses Genres liegt hier der Schwerpunkt wirklich auf den zwei Figuren und ihre schicksalhafte Begegnung, als auf ihrer Liebe, die sie schlussendlich verbindet. Deshalb geht auch die Entwicklung dieser Liebe total schnell von statten, sodass sie fast schon wieder unglaubwürdig wirkt und gerade das Ende wirkt ein wenig überhastet.

Doch macht ein Happy End alleine nun wirklich glücklich? Muss es immer perfekt sein, damit man glücklich und zufrieden sein kann? Auch wenn man dies vielleicht nicht erwarten würde, verneint das dieser Roman, was ihn in meinen Augen ganz besonders macht. Diese Geschichte zeigt bis zu den letzten Seiten, dass es ruhig über Umwege gehen kann, man sich auch mal richtig verlaufen muss, verzeihen, verlassen, verarbeiten, verschmerzen und verlieren sollte, bis man schließlich etwas findet, was einen glücklich macht. Ob das nun der Traumprinz auf einem Märchenschloss, eine typische Vater-Mutter-Kind-Hund-Familie in einem Reihenhaus oder einfach ein gesundes Leben im Wohnwagen ist, ist schlussendlich egal.
Es wird zwar nie explizit erwähnt, es wird jedoch deutlich, dass die Geschichte den Fokus eher auf das Leben setzt und offen lässt, ob auch eine gute Geschichte mit einem schlechten Ende, lesenswert sein kann.
Vielleicht sind Happy Ends auch nur etwas, was wir anderen Menschen vorgaukeln, um zu verbergen, dass wir vielleicht unzufrieden sind, noch unerfüllte Träume haben.... Wer weiß.


"Wie es in Wahrheit in einem aussieht, geht eben nicht jeden etwas an.“


Das wirkliche Ende des Buches hat mir wir oben schon erwähnt, nicht ganz so gut gefallen. Ich war von Anfang an davon überzeugt, dass Ella ihr Happy End nicht bekommen wird, wenn der Titel und die ganze Story Line doch schon so offensichtlich in diese Richtung zeigten. Dass die Geschichte dann aber genau das vorgeschriebene Märchenklischee erfüllte, hat mich ein bisschen enttäuscht. Wirklich tiefgründig wäre gewesen, wenn sie das so ersehnte Happy End, das sie sich beinahe erzwungen hat, ganz knapp verpasst hätte und die Geschichte offen weitergegangen wäre. Denn Happy Ends haben immer etwas Endgültiges, Unrealistisches. "Sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende" klingt wie eine Entschuldigung des Märchens für all den Schmerz und das Leid, die sich davor ereignet haben. Zu dieser Geschichte hätte eher ein "es ist zwar noch nicht gut, aber wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende" gepasst. So wurde der Geschichte zwar ein gutes Ende verpasst, der Zauber verflog jedoch ein wenig.

Ich denke, dass in jedem von uns eine kleine Glitzerstaub- und Blümchenliebende Träumer Seite existiert, die nach einem Happy End verlangt, somit kann ich Ella und die Entscheidung der Autorin bis zu einem gewissen Grad durchaus nachvollziehen. Doch wie Bloxx, ein durchweg negativer Kommentator von Ellas Blog über das Leben sagt "Wir sind hier nicht bei "Wünsch dir was", wir sind hier bei "So isses", spielt das Leben oft nicht so, wie man sich das eigentlich vorgestellt hat. Doch ist es demnach falsch, Wünsche und Träume zu haben, Happy Ends zu lieben, weil sie einen glücklich machen und über die Realität hinwegtrösten? Ich würde sagen nein, auch wenn ich meinem Kopf und dem oben gesagten damit deutlich widerspreche! Und deshalb sind solche Romane für schwierige Zeiten genau das Richtige. Auch wenn sie vielleicht mit einem anderen Ende mehr Gehalt gehabt hätten - Happy Ends sind doch einfach schön, oder nicht?!!


"Neben jedem großen Wir braucht es auch immer noch ein Ich. Denn nur, wo zwei Menschen noch ein Stückchen voneinander entfernt stehen, können sie immer wieder aufeinander zugehen.“


Fazit:

"Wir sehen uns beim Happy End" ist kein bloßer Feelgood-Roman, er trägt ganz leise versteckt eine wundervolle Botschaft und berührt mit zarten Tönen. Eine Geschichte voller wunderbarer Ideen, kleinen Anspielungen und zwei vom Schicksal gezeichneter Charaktere, die einfach nur ihr Happy End suchen.

Veröffentlicht am 29.10.2017

Eine zerbrechliche Liebe am Abgrund

Viel näher als zu nah
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Allgemeines:

Titel: Viel näher als zu nah
Autor: Angela Kirchner
Verlag: Dressler (25. September 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 3791500570
ISBN-13: 978-3791500577
ASIN: B071NPMSXV
Seitenzahl: 256 Seiten
Vom ...

Allgemeines:

Titel: Viel näher als zu nah
Autor: Angela Kirchner
Verlag: Dressler (25. September 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 3791500570
ISBN-13: 978-3791500577
ASIN: B071NPMSXV
Seitenzahl: 256 Seiten
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 13 - 16 Jahre
Preis: 11,99€ (Kindle-Edition)
16,99€ (Gebundene Ausgabe)



Inhalt:

Am Anfang war der Knall. Es ist diese Nacht, diese Party, die alles verändert im Leben von Fey und Lucas. Fey und ihre Freundin wollen eigentlich nur nach Hause und geraten mitten rein in das Motorradrennen von Lucas und Ben, mitten rein in den Unfall. Mitten rein in ein neues Leben. Und dann treffen Fey und Lucas sich wieder. Obwohl sie sich hassen sollten, sprüht es Funken, und nicht nur vor Wut!


Bewertung:

Auf diesen Roman aufmerksam geworden bin ich über die Verlagsseite der Verlags-Gruppe Oetinger. Der Name der Autorin hat mir erst nicht gesagt, doch als ich mitten im Lesen war ist mir aufgefallen, dass ich schon das Debüt von Angela Kirchner "Über den Dächern wir zwei" mit Begeisterung gelesen habe. Und auch diese ungewöhnliche Liebesgeschichte, eindringlich und wunderbar zart erzählt, ist etwas ganz Besonderes!

Doch zuerst einige Worte zum Cover und der äußerlichen Gestaltung. Ich muss zugeben, dass ich das Cover auf den ersten Blick nicht besonders ansprechend fand. Die rosa, glänzende Schrift mit den verlaufenden Blumen erschienen mir zu aufdringlich, der türkisblaue Stoffstreifen über dem Buchrücken zu kontrastreich und der kartonierte Hintergrund zu schlicht. Auch von der Einbandart, mit festem Karton anstatt einem normalen Buchdecken, hat mich zuerst verwundert. Doch jetzt im Nachhinein muss ich sagen, dass mir die Art, wie sich das Buch von Einband und Titel her von der Masse abhebt, sehr gut gefällt. Sowohl der pinke Titel, der wunderschön glänzt, wenn man ihn ins Licht dreht, als auch der aufdringlich große Titel passen wunderbar zur Handlung und spiegeln die Grundatmosphäre wider: einerseits blumig, zart und schön, anderseits aufdringlich, seltsam und scharfkantig. Einfach wundervoll! Gut gefallen hat mir auch, dass die Schriftart sich mit der Perspektive ändert, so erhalten die Passagen aus Feys Sicht eine größere, rundere Schrift, als die kleingedruckten, eckigen Passagen aus Lucas´ Sicht, sodass man die beiden wunderbar unterscheiden kann und die Perspektivwechsel nicht in Verwirrung ausarten.


Erster Satz: "Ich kann das"


Nach einem recht verwirrenden und abrupt beginnenden Prolog werden wir in eine der wohl ungewöhnlichsten Liebensgeschichten des Jahrhundert eingeführt: zwei verletzte Menschen, die das Schicksal grausam zusammen finden lassen hat und sie dann immer wieder durch zufällige Begegnungen im Alltag konfrontiert. Ein grausames Spiel oder eine Möglichkeit auf Heilung für sie beide?


"Atmen, ich muss atmen.
Es geht nicht. Alles steht in Flammen.
Niemals.
Niemals zuvor.
Niemals zuvor hatte ich solche Schmerzen."



Das ist der Schlüsselmoment der alles verändert: Durch Lucas Svensson sind drei Menschen schwer verletzt worden, als er nach einer Party mit seinem Freund Ben ein Motorradrennen veranstaltet. Schwer verletzt wird er durch sein Gewissen gequält, unfähig aus seinem Loch wieder hinauszuklettern. Als er dann noch erfährt, dass er eines der Mädchen kennt, deren Leben er zerstört hat, reißt es ihm den Boden unter den Füßen weg. Ausgerechnet Fey, der er auf der Party näher gekommen war und die ihm mit ihren pinken Haaren sofort aufgefallen und ihn mit ihrer sarkastischen, lockeren Art fasziniert hat. Als Lucas sie daraufhin aufsucht, um sich zu entschuldigen und sie unglaublich wütend und verletzt wiederfindet, ist es ein Schock für sie beide. Dass sie ihn nun hasst ist verständlich, doch als sich ihre Wege immer wieder kreuzen und obwohl sich beide dagegen wehren, können sie es dennoch nicht verhindern, dass sie sich voneinander angezogen fühlen...


"Ich habe ständig das Bild vor Augen, wie sich rotes Blut mit dem Pink ihrer Haare vermischt. Inzwischen sind ihre Haare blau. Die Farbe wird von Mal zu Mal dunkler, wenn wir uns über den Weg laufen. Das ist ein Stimmungsbarometer für meine Laune, je dunkler ihre Haare, desto schlechter meine... mein... mein Gewissen."


Ich habe die atmosphärische Diskrepanz eben schon angesprochen: das Buch vereint eine unglaublich zerbrechliche Liebe, die am Abgrund aus Gefühlen, Schuld und Verletzungen wandelt, immer in Gefahr abzustürzen. Diesen stetigen Drahtseilakt zwischen Hass und Liebe, Schuld und Vergebung, Täter und Opfer, Licht und Dunkelheit, Lachen und Weinen authentisch darzustellen, erfordert unglaublich viel Fingerspitzengefühl, doch Angela Kirchner meistert das ganz wunderbar. Mit ihrer vorsichtigen, zurückhaltenden Art, Szenen zu konstruieren und ihrem flüssigen Schreibstil, lässt sie die knapp 250 Seiten wie im Fluge vergehen und hält eine knisternde Spannung aufrecht, die durch die leise Tragik der beiden Protagonisten entsteht, während wir Leser hoffen, dass sie die Schwierigkeiten, die ihr Schicksal ihnen in den Weg gelegt haben, zusammen überwinden können und zueinander finden.


Lucas:

"Fey lächelt. Ganz langsam senke ich meinen Kopf. Wie schon heute Nachmittag verändert sich ihr Gesicht auf eine Weise, die ich für die Ewigkeit konservieren möchte. Ich sollte Tesa über den Moment kleben, einen Film darüber drehen, was dieses Lächeln mit ich macht, oder sie einfach darum bitten, mindestens einmal am Tag so zu lächeln. Für den Rest ihres Lebens."


Das wirklich besondere an diesem Buch sind die Charaktere und vor allem deren Verbindungen. Obwohl sich Lucas und Fey die Erzählperspektive teilen, ist er eindeutig der Hauptprotagonist der Geschichte. Als solcher ist er sowas von antiklischeehaft und gespalten, dass er sich unsere Sympathie erst erkämpfen muss. Wir lernen ihn zuerst als gewissenlosen Aufreißer und coolen Typen kennen, dem nichts wichtiger ist als sein Ruf, sein Motorrad und ein wenig Spaß zu haben. Doch nach dem Unfall ändert sich das alles. Seine Schuld drückt ihn in ein tiefes Loch, aus dem ihm weder seine Eltern, noch sein bester Freund Ben heraushelfen können, da er blind vor Verzweiflung jede Hilfe ablehnt und sich nur auf sich selbst konzentriert. Das gerade das Mädchen, dass er durch seine Schuld ebenfalls in einen Abgrund gestoßen hat, ihm dabei helfen wird, den Weg hinaus zu finden, ist eine kranke Fügung des Schicksals, die er niemals erwartet hätte, eben so wenig wie Fey selbst. Im Laufe des Buches wird Lucas immer sympathischer, auch wenn er immer wieder Fehler macht. Er ist sich bewusst, dass er großen Mist gebaut hat und versucht, alles wieder geradezubiegen, wobei er weder auf seine Gesundheit noch auf seine eigenen Gefühlen Rücksicht nimmt. Es ist wirklich beeindruckend, wie er immer wieder aufsteht, sich aufrafft und sich schmerzhaften Dingen stellt und so versucht, seine Schuld abzuarbeiten.


Fey:

"Hey wow! Vorsicht!", sage ich, und ein nervöses Lächeln rutscht mir über die Lippen. Das hier ist viel näher als zu nah. Meine Hände liegen noch auf seiner Brust, ich muss sie wegnehmen, damit seine Wärme mich nicht einfangen kann. Gleich nehme ich sie weg.
Gleich..."



Auch Fey, eigentlich Felicitas Lippkes, ist ein recht zwiespältiger Charakter, den man ebenfalls weder einfach durchschauen noch so schnell ins Herz schließen kann. Trotz der kleinen Passagen aus ihrer Sicht ist sie sehr schwer einzuschätzen, was sie sowohl in Lucas´ als auch in den Augen des Leser sehr interessant macht. Sie versucht zuerst, Lucas für seine Verantwortung zu hassen, man sieht sie dabei aber immer mehr scheitern. Da wir eine wichtige Information über sie erst ganz am Ende erfahren, wirken ihre wechselnden Launen sprunghaft und überraschend, sind aber nur reiner Selbstschutz. Ansonsten ist sie ein erstaunlich lebensfrohes und aufrichtiges Mädchen, wenn man bedenkt, was sie alles hinter sich hat. Sie lässt sich so einfach nicht unterkriegen und beeindruckt so genau wie Lucas mit innerer Stärke.
Gerade die spannende Wendung am Ende reißt die Handlung in eine ganz neue Richtung und man versteht endlich ihr Handeln und die volle Tragik des ganzen. Mich hat es sehr berührt.

Auch Lucas´ Beziehung zu seinem besten Freund Ben ist sehr interessant. Auch er hat große Probleme, die aber in denen von Lucas komplett untergehen, was ihn authentisch mitleiden lässt.
Alle Charaktere sind also wirklich super herausgearbeitet und glaubwürdiger dargestellt, als man das bei so wenigen Seiten und einem solch schwierigen Thema erwarten würde!


"Wenn ich könnte, würde ich all die Bilder und Gedankenfetzen, die mich an den Unfall erinnern, gegen etwas eintauschen, was ... ich weiß nicht... anders schlimm ist. Gegen die Schmerzattacken vom Anfang zum Beispiel. Gegen drei weitere Jahre mit Krücken. Oder gegen eine fette Tracht Prügel. Aber so läuft das nicht. Stattdessen blitzen mehr Erinnerungen auf, wechseln sich im Takt meines Herzschlags ab.
Badumm - badumm - badumm.
Rücklicht - Fiat - Kreuzung.
Badumm - badumm - badumm.
Ampel - dunkel - Schmerz."



An manchen Stellen bemerkt man die Kürze dann aber doch, so sind einige Szenen ein wenig sprunghaft und zwischendrin fehlt ein kleines bisschen Substanz, weshalb ich auch keine vollen 5 Sterne vergeben werde. Trotzdem bin ich rundum begeistert von diesem kleinen Meisterwerk.

Wer also typische Liebesgeschichte erwartet, wird zwangsläufig enttäuscht werden, viel mehr haben die Protagonisten damit zu kämpfen, mit dem schlimmen Unfall und seinen Folgen klarzukommen, sich ihre Schuld einzugestehen, einander verzeihen zu können und so damit abzuschließen.
Das Ende ist recht offen gehalten, was in dem Fall genau richtig gewählt ist. Alle wichtigen Fragen sind geklärt und der Grundkonflikt hat sein Ende gefunden, wie genau sich die Dinge aber noch entwickeln werden, wird offen gelassen, sodass wir Lucas und Fey alleine den Rest ihres Wegs gehen lassen.


Fazit:

Dieser wundervolle Roman zeichnet das Bild eine unglaublich zerbrechliche Liebe, die am Abgrund aus Gefühlen, Schuld und Verletzungen wandelt, immer in Gefahr abzustürzen und zeigt auf, wie schwierig der Prozess der Heilung nach einem schweren Unfall sein kann und wie wichtig es ist, einander und vor allem sich selbst verzeihen zu können.
Grandios!

Veröffentlicht am 29.10.2017

Eine zerbrechliche Liebe am Abgrund

Viel näher als zu nah
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Allgemeines:

Titel: Viel näher als zu nah
Autor: Angela Kirchner
Verlag: Dressler (25. September 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 3791500570
ISBN-13: 978-3791500577
ASIN: B071NPMSXV
Seitenzahl: 256 Seiten
Vom ...

Allgemeines:

Titel: Viel näher als zu nah
Autor: Angela Kirchner
Verlag: Dressler (25. September 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 3791500570
ISBN-13: 978-3791500577
ASIN: B071NPMSXV
Seitenzahl: 256 Seiten
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 13 - 16 Jahre
Preis: 11,99€ (Kindle-Edition)
16,99€ (Gebundene Ausgabe)




Inhalt:

Am Anfang war der Knall. Es ist diese Nacht, diese Party, die alles verändert im Leben von Fey und Lucas. Fey und ihre Freundin wollen eigentlich nur nach Hause und geraten mitten rein in das Motorradrennen von Lucas und Ben, mitten rein in den Unfall. Mitten rein in ein neues Leben. Und dann treffen Fey und Lucas sich wieder. Obwohl sie sich hassen sollten, sprüht es Funken, und nicht nur vor Wut!


Bewertung:

Auf diesen Roman aufmerksam geworden bin ich über die Verlagsseite der Verlags-Gruppe Oetinger. Der Name der Autorin hat mir erst nicht gesagt, doch als ich mitten im Lesen war ist mir aufgefallen, dass ich schon das Debüt von Angela Kirchner "Über den Dächern wir zwei" mit Begeisterung gelesen habe. Und auch diese ungewöhnliche Liebesgeschichte, eindringlich und wunderbar zart erzählt, ist etwas ganz Besonderes!

Doch zuerst einige Worte zum Cover und der äußerlichen Gestaltung. Ich muss zugeben, dass ich das Cover auf den ersten Blick nicht besonders ansprechend fand. Die rosa, glänzende Schrift mit den verlaufenden Blumen erschienen mir zu aufdringlich, der türkisblaue Stoffstreifen über dem Buchrücken zu kontrastreich und der kartonierte Hintergrund zu schlicht. Auch von der Einbandart, mit festem Karton anstatt einem normalen Buchdecken, hat mich zuerst verwundert. Doch jetzt im Nachhinein muss ich sagen, dass mir die Art, wie sich das Buch von Einband und Titel her von der Masse abhebt, sehr gut gefällt. Sowohl der pinke Titel, der wunderschön glänzt, wenn man ihn ins Licht dreht, als auch der aufdringlich große Titel passen wunderbar zur Handlung und spiegeln die Grundatmosphäre wider: einerseits blumig, zart und schön, anderseits aufdringlich, seltsam und scharfkantig. Einfach wundervoll! Gut gefallen hat mir auch, dass die Schriftart sich mit der Perspektive ändert, so erhalten die Passagen aus Feys Sicht eine größere, rundere Schrift, als die kleingedruckten, eckigen Passagen aus Lucas´ Sicht, sodass man die beiden wunderbar unterscheiden kann und die Perspektivwechsel nicht in Verwirrung ausarten.


Erster Satz: "Ich kann das"


Nach einem recht verwirrenden und abrupt beginnenden Prolog werden wir in eine der wohl ungewöhnlichsten Liebensgeschichten des Jahrhundert eingeführt: zwei verletzte Menschen, die das Schicksal grausam zusammen finden lassen hat und sie dann immer wieder durch zufällige Begegnungen im Alltag konfrontiert. Ein grausames Spiel oder eine Möglichkeit auf Heilung für sie beide?


"Atmen, ich muss atmen.
Es geht nicht. Alles steht in Flammen.
Niemals.
Niemals zuvor.
Niemals zuvor hatte ich solche Schmerzen."



Das ist der Schlüsselmoment der alles verändert: Durch Lucas Svensson sind drei Menschen schwer verletzt worden, als er nach einer Party mit seinem Freund Ben ein Motorradrennen veranstaltet. Schwer verletzt wird er durch sein Gewissen gequält, unfähig aus seinem Loch wieder hinauszuklettern. Als er dann noch erfährt, dass er eines der Mädchen kennt, deren Leben er zerstört hat, reißt es ihm den Boden unter den Füßen weg. Ausgerechnet Fey, der er auf der Party näher gekommen war und die ihm mit ihren pinken Haaren sofort aufgefallen und ihn mit ihrer sarkastischen, lockeren Art fasziniert hat. Als Lucas sie daraufhin aufsucht, um sich zu entschuldigen und sie unglaublich wütend und verletzt wiederfindet, ist es ein Schock für sie beide. Dass sie ihn nun hasst ist verständlich, doch als sich ihre Wege immer wieder kreuzen und obwohl sich beide dagegen wehren, können sie es dennoch nicht verhindern, dass sie sich voneinander angezogen fühlen...


"Ich habe ständig das Bild vor Augen, wie sich rotes Blut mit dem Pink ihrer Haare vermischt. Inzwischen sind ihre Haare blau. Die Farbe wird von Mal zu Mal dunkler, wenn wir uns über den Weg laufen. Das ist ein Stimmungsbarometer für meine Laune, je dunkler ihre Haare, desto schlechter meine... mein... mein Gewissen."



Ich habe die atmosphärische Diskrepanz eben schon angesprochen: das Buch vereint eine unglaublich zerbrechliche Liebe, die am Abgrund aus Gefühlen, Schuld und Verletzungen wandelt, immer in Gefahr abzustürzen. Diesen stetigen Drahtseilakt zwischen Hass und Liebe, Schuld und Vergebung, Täter und Opfer, Licht und Dunkelheit, Lachen und Weinen authentisch darzustellen, erfordert unglaublich viel Fingerspitzengefühl, doch Angela Kirchner meistert das ganz wunderbar. Mit ihrer vorsichtigen, zurückhaltenden Art, Szenen zu konstruieren und ihrem flüssigen Schreibstil, lässt sie die knapp 250 Seiten wie im Fluge vergehen und hält eine knisternde Spannung aufrecht, die durch die leise Tragik der beiden Protagonisten entsteht, während wir Leser hoffen, dass sie die Schwierigkeiten, die ihr Schicksal ihnen in den Weg gelegt haben, zusammen überwinden können und zueinander finden.


Lucas:

"Fey lächelt. Ganz langsam senke ich meinen Kopf. Wie schon heute Nachmittag verändert sich ihr Gesicht auf eine Weise, die ich für die Ewigkeit konservieren möchte. Ich sollte Tesa über den Moment kleben, einen Film darüber drehen, was dieses Lächeln mit ich macht, oder sie einfach darum bitten, mindestens einmal am Tag so zu lächeln. Für den Rest ihres Lebens."


Das wirklich besondere an diesem Buch sind die Charaktere und vor allem deren Verbindungen. Obwohl sich Lucas und Fey die Erzählperspektive teilen, ist er eindeutig der Hauptprotagonist der Geschichte. Als solcher ist er sowas von antiklischeehaft und gespalten, dass er sich unsere Sympathie erst erkämpfen muss. Wir lernen ihn zuerst als gewissenlosen Aufreißer und coolen Typen kennen, dem nichts wichtiger ist als sein Ruf, sein Motorrad und ein wenig Spaß zu haben. Doch nach dem Unfall ändert sich das alles. Seine Schuld drückt ihn in ein tiefes Loch, aus dem ihm weder seine Eltern, noch sein bester Freund Ben heraushelfen können, da er blind vor Verzweiflung jede Hilfe ablehnt und sich nur auf sich selbst konzentriert. Das gerade das Mädchen, dass er durch seine Schuld ebenfalls in einen Abgrund gestoßen hat, ihm dabei helfen wird, den Weg hinaus zu finden, ist eine kranke Fügung des Schicksals, die er niemals erwartet hätte, eben so wenig wie Fey selbst. Im Laufe des Buches wird Lucas immer sympathischer, auch wenn er immer wieder Fehler macht. Er ist sich bewusst, dass er großen Mist gebaut hat und versucht, alles wieder geradezubiegen, wobei er weder auf seine Gesundheit noch auf seine eigenen Gefühlen Rücksicht nimmt. Es ist wirklich beeindruckend, wie er immer wieder aufsteht, sich aufrafft und sich schmerzhaften Dingen stellt und so versucht, seine Schuld abzuarbeiten.


Fey:

"Hey wow! Vorsicht!", sage ich, und ein nervöses Lächeln rutscht mir über die Lippen. Das hier ist viel näher als zu nah. Meine Hände liegen noch auf seiner Brust, ich muss sie wegnehmen, damit seine Wärme mich nicht einfangen kann. Gleich nehme ich sie weg.
Gleich..."



Auch Fey, eigentlich Felicitas Lippkes, ist ein recht zwiespältiger Charakter, den man ebenfalls weder einfach durchschauen noch so schnell ins Herz schließen kann. Trotz der kleinen Passagen aus ihrer Sicht ist sie sehr schwer einzuschätzen, was sie sowohl in Lucas´ als auch in den Augen des Leser sehr interessant macht. Sie versucht zuerst, Lucas für seine Verantwortung zu hassen, man sieht sie dabei aber immer mehr scheitern. Da wir eine wichtige Information über sie erst ganz am Ende erfahren, wirken ihre wechselnden Launen sprunghaft und überraschend, sind aber nur reiner Selbstschutz. Ansonsten ist sie ein erstaunlich lebensfrohes und aufrichtiges Mädchen, wenn man bedenkt, was sie alles hinter sich hat. Sie lässt sich so einfach nicht unterkriegen und beeindruckt so genau wie Lucas mit innerer Stärke.
Gerade die spannende Wendung am Ende reißt die Handlung in eine ganz neue Richtung und man versteht endlich ihr Handeln und die volle Tragik des ganzen. Mich hat es sehr berührt.

Auch Lucas´ Beziehung zu seinem besten Freund Ben ist sehr interessant. Auch er hat große Probleme, die aber in denen von Lucas komplett untergehen, was ihn authentisch mitleiden lässt.
Alle Charaktere sind also wirklich super herausgearbeitet und glaubwürdiger dargestellt, als man das bei so wenigen Seiten und einem solch schwierigen Thema erwarten würde!


"Wenn ich könnte, würde ich all die Bilder und Gedankenfetzen, die mich an den Unfall erinnern, gegen etwas eintauschen, was ... ich weiß nicht... anders schlimm ist. Gegen die Schmerzattacken vom Anfang zum Beispiel. Gegen drei weitere Jahre mit Krücken. Oder gegen eine fette Tracht Prügel. Aber so läuft das nicht. Stattdessen blitzen mehr Erinnerungen auf, wechseln sich im Takt meines Herzschlags ab.
Badumm - badumm - badumm.
Rücklicht - Fiat - Kreuzung.
Badumm - badumm - badumm.
Ampel - dunkel - Schmerz."



An manchen Stellen bemerkt man die Kürze dann aber doch, so sind einige Szenen ein wenig sprunghaft und zwischendrin fehlt ein kleines bisschen Substanz, weshalb ich auch keine vollen 5 Sterne vergeben werde. Trotzdem bin ich rundum begeistert von diesem kleinen Meisterwerk.

Wer also typische Liebesgeschichte erwartet, wird zwangsläufig enttäuscht werden, viel mehr haben die Protagonisten damit zu kämpfen, mit dem schlimmen Unfall und seinen Folgen klarzukommen, sich ihre Schuld einzugestehen, einander verzeihen zu können und so damit abzuschließen.
Das Ende ist recht offen gehalten, was in dem Fall genau richtig gewählt ist. Alle wichtigen Fragen sind geklärt und der Grundkonflikt hat sein Ende gefunden, wie genau sich die Dinge aber noch entwickeln werden, wird offen gelassen, sodass wir Lucas und Fey alleine den Rest ihres Wegs gehen lassen.


Fazit:

Dieser wundervolle Roman zeichnet das Bild eine unglaublich zerbrechliche Liebe, die am Abgrund aus Gefühlen, Schuld und Verletzungen wandelt, immer in Gefahr abzustürzen und zeigt auf, wie schwierig der Prozess der Heilung nach einem schweren Unfall sein kann und wie wichtig es ist, einander und vor allem sich selbst verzeihen zu können.
Grandios!

Veröffentlicht am 27.10.2017

Episch, himmlisch und voller spannender Wendungen

Engelslicht
0

Allgemeines:

Titel: Engelslicht
Autor: Lauren Kate
Verlag: Heyne Verlag (13. Juli 2015)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3453316665
ISBN-13: 978-3453316669
ASIN: B00CWZLIFC
Seitenzahl: 416 Seiten
Originaltitel: ...

Allgemeines:

Titel: Engelslicht
Autor: Lauren Kate
Verlag: Heyne Verlag (13. Juli 2015)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3453316665
ISBN-13: 978-3453316669
ASIN: B00CWZLIFC
Seitenzahl: 416 Seiten
Originaltitel: Rapture
Preis: 7,99€ (Kindle-Edition)
8,99€ (Taschenbuch)
16,99€ (Gebundene Ausgabe)
Weitere Bände: "Engelsnacht", "Engelsmorgen", "Engelsflammen"



Inhalt:

Diese Liebe bringt die Welt ins Wanken

Neun Tage. Nur neun Tage haben Daniel, Luce und ihre Mitstreiter Zeit, drei wertvolle Reliquien zu finden und zum Berg Sinai zu bringen. Sollten sie scheitern, fällt die Welt endgültig Luzifer anheim. Doch die Zeit läuft ihnen davon, und die Suche bringt sie mehr als einmal in tödliche Gefahr. Schließlich sind auch Engel nicht unsterblich. Und Luce begreift endlich, wer sie wirklich ist – eine Erkenntnis, die nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Liebe zu Daniel für immer verändert ...


Bewertung:

DISCLAIMER: Achtung! Diese Rezension enthält große Spoiler für all jene, die die Vorgänger "Engelsnacht", "Engelsmorgen" und "Engelsflammen" noch nicht gelesen haben! Solltest Du dazu gehören, rate ich Dir schleunigst mit dem Lesen dieser Rezension aufzuhören!

Nun bin ich beim letzten, finalen Teil der Engelssaga angekommen, zu der sich meine Meinung während des Lesens im ständigen Wechselspiel geändert hat. Nach einem durchwachsenen 1. und 2. Teil konnte mich der dritte Teil mit seiner wunderschönen, kunterbunten und quietschlebendigen Zeitreise-Mystik begeistern, während der letzte Teil hier eine ganz andere Schiene auffährt: episch, himmlisch und voller spannender Wendungen findet die Reihe um Luce´ und Daniels Liebe ihr Ende!


"Er bedeutete ihr alles, so wie sie ihm alles bedeutete. Die einzige Möglichkeit, dieses tiefe Maß ihrer Liebe zu erleben, bestand darin, jeden neuen Moment gemeinsam zu beginnen, als sei die Zeit aus Wolken gemacht. Und Luce wusste, dass sie und Daniel alles für ihre Liebe riskieren würde, wenn es unvermeidlich war."


Doch ich will mal wieder mit meiner Meinung zum Cover beginnen. Mit dem perfekt in die Reihe passenden Layout und Design, bei dem diesmal vor allem die weiß/dunkle Farbgebung im Vordergrund steht, finde ich dieses Cover das gelungenste der Reihe. Wo das Mädchen auf den vorangegangenen Bildern immer ein schwarzes Kleid getragen hat und durch andere Farbkleckse hervorgehoben wurde, so trägt dasselbe mystische Mädchen nun ein schlichtes weißes Kleid, das sich stark von der dunklen Felslandschaft im Hintergrund abhebt. Die extremen Kontraste zwischen Dunkel und Hell, die auch diesmal wieder eine geheimnisvolle Atmosphäre schaffen, wird auch durch den nun silber-weiß glänzenden Titel unterstrichen. Das Mädchen dreht uns hier den Rücken zu, ihr wahres Gesicht hat sie uns nie gezeigt, was wunderbar zur Handlung passt und perfekt mit der Tatsache harmoniert, dass ihr Kleid nun weiß ist. Angesichts der epischen Entwicklungen hätte ich mir vielleicht ein etwas individuelleres Coverdesign für diesen Teil gewünscht, etwas Besonderes, dass es von den anderen Bänden etwas abhebt. So wirkt es zwar sehr düster und unheilvoll, jedoch auch ein wenig trist und fade. Den Titel "Engelslicht" hingegen könnte zutreffender nicht sein, denn "Licht" ist mit "Liebe" und "Daniel" wohl das am meisten widerholte Substantiv des Buches


Erste Sätze: "Zuerst war da Stille ...
In dem Raum zwischen dem Himmel und dem Sturz, weit in der unendlichen Ferne, gab es einen Augenblick, da das herrliche Summen des Himmels verstummte und durch eine Stille ersetzt wurde, die so absolut war, dass Daniels Seele angestrengt auf den leisesten Laut horchte."



Wir beginnen diesen Band direkt pompös, verheißungsvoll und himmlisch mit dem Engelssturz, dem Beginn der Zeitrechnung. Nach dem Prolog hält sich die Autorin nicht lange mit Alltagsdingen auf, wie sie es in Band 1 und 2 gemacht hat, sondern lässt ihre Protagonisten auf abenteuerliche Art und Weise losstürzen um das Problem zu lösen, dass sich nach Luce´ Rückkehr aus den Verkündern ihrer Vergangenheit aufgetan hat: Nach über siebentausend Jahren will Luzifer erneut die Engel vom Himmel auf die Erde fallen lassen um die gesamte Zeitrechnung der Weltgeschichte zurück zu setzten. Um das zu verhindern und alles zu retten, was ihnen lieb ist, machen sich Luce, Daniel, Cam, Molly, Gabbe, Anabelle, Arianne und andere Mitstreiter auf den Weg, drei wertvolle Reliquien zu finden und zum Berg Sinai zu bringen und ihn so aufzuhalten. Es beginnt ein spannender Wettlauf gegen die Zeit, bei dem alles auf dem Spiel steht, was jemals wichtig war...


"Auf einer Wäscheleine ein Stockwerk über ihr sang eine Drossel und auf der anderen Seite des Kanals stand eine Reihe schmaler, pastellfarbener Häuser. Es war bezaubernd, gewiss, das Traum-Venedig der meisten Menschen, aber Luce war nicht als Touristin hier. Sie und Daniel waren hier, um ihre Geschichte zu retten und die Geschichte der Welt. Und die Uhr tickte!"


In einem temporeichen Hin und Her schafft es Lauren Kate, die Spannung immer hoch zu halten, ihre Geschichte mit viel Geschick weiterzuspinnen und dabei den Horizont, das Ausmaß der Handlung enorm zu erweitern, während sie alle verbliebenen Fragen beantwortet und wir endlich erfahren, was Lucindas wahres Schicksal im Gefüge des Himmels und der Welt ist. Ich will an dieser Stelle gar nicht zu viel verraten, auf jeden Fall hat mir diese Entwicklung sehr gefallen, sowohl in ihrer Darstellung als auch in der gesamten Auswirkung auf den weiteren Plotverlauf.

Ich gebe zu, dass ich schon von Anfang an eine Ahnung in diese Richtung hatte, was mich aber nicht gelangweilt, sondern nur noch mehr angetrieben hat, herauszufinden, ob ich wirklich richtig liege. Am Ende haben mir noch einige kleinere Details für ein wirklich vollständiges Gesamtbild gefehlt, weshalb ich auch nicht volle 5 Sterne geben werde, diese Kritik ist aber nur unwesentlich.


"Cam drehte sich zu Luce um. "Du bist die Schachfigur, um die alle Kräfte des Guten und des Bösen kämpfen. Und alle Kräfte dazwischen..."


Super gefallen hat mir wieder der Schreibstil, der sehr ähnlich und beständig innerhalb der Reihe mit vielen Gänsehautsätzen begeistert und hier eindeutig an Tempo zulegt, ohne den Plot gehetzt wirken zu lassen. Die vielen abwechslungsreichen Szenen rund um den Globus, garniert mit Erinnerungen aus allen möglichen Zeiten haben immer einen roter Faden an romantischer Atmosphäre in sich, sodass man sich als Leser rundum unterhalten und wohl fühlen kann. Mit viel Fingerspitzengefühl umgarnt Lauren Kate den Leser, quält ihn nach jedem Erfolg mit mindestens einem Fehlschlag und hetzt uns durch die immer knapper werdende Zeit. Wir begleiten unsere Protagonisten, während sie neue Verbündete gewinnen, auf alte Feinde treffen, kämpfen, sterben, leiden, lieben und schließlich gewinnen.


"Luce stieg durch die Dunkelheit berauscht in die Höhe. Sie war so schwerelos wie der Wind. Ein einziger Stern hing in der Mitte des dunkelblauen Himmels, hoch über dem hellen Band am Horizont in den Farben des Regenbogens. Funkelnde Lichter auf dem dunklen Boden schienen unglaublich weit entfernt zu sein. Luce war in einer anderen Welt, stieg in die Unendlichkeit auf, erhellt von Schein strahlender silberner Flügel..."


Luce und die anderen Charaktere haben mir immer besser gefallen, auch wenn sie alle von der enorm einnehmenden Handlung ein klein wenig in den Hintergrund gedrängt werden. Wunderbar mit anzusehen war es, dass Luce endlich ihre verdienten Antworten erhält und ganz zu sich selbst wird. Schon in Band 3 konnte sie immer mehr über sich erfahren, sich an wichtige Schlüsselmomente ihres Lebens erinnern, doch hier begreift sie endlich, wer oder was sie wirklich ist und welche Rolle sie zu spielen hat. Das gibt ihr einerseits die Freiheit, endlich ihren Fluch beenden und in Gewissheit leben zu können, auf der anderen Seite liegt eine große Verantwortung auf ihr, denn nur sie alleine kann Luzifer aufhalten...


"Sie hatte plötzlich ein ausgeprägtes Gefühl dafür, wer sie war - und sie war nicht nur Luce Price aus Thunderbolt, Georgia. Sie war jedes Mädchen, das sie je gewesen war, eine Verschmelzung von Erfahrungen, Fehlern, Erfolgen und vor allem Liebe. Sie war Lucinda."



Diesmal beschränkt sich der personale Erzähler -abgesehen vom kurzen Prolog und Epilog- wieder nur auf Luce´ Sicht, sodass Daniel nicht mehr zum Zuge kommt. Nachdem Daniels Hintergründe und Handlungsmotivationen im dritten Teil besser erläutert wurden, konnte ich jedoch meine leichte Aversionen gegen ihn ablegen und ihn zusammen mit Luce anschmachten.
Besonders gut gefallen hat mir aber Luzifers Charakter, der diesmal an der Reihe ist, genauer unter die Lupe genommen zu werden. Dabei rücken Cam und Luce´ andere Freunde leider total in den Hintergrund, was aber verständlich ist, denn was will man von 410 Seiten auch alles erwarten... Sehr berührend wird es, als die letzte Schlacht einige Altbekannte auf den Plan ruft und einige Opfer verlangt werden. Auch die Outcasts, denen wir bereits in anderen Teilen der Geschichte begegnet sind, werden ihre Rolle im großen Spiel des Lebens einnehmen. Wie all das mit einer geheimnisvollen Bibliothekarin und ihrer verrückten Schwester zusammen hängt, erfahrt ihr, wenn ihr das Buch lest...


"Und der Himmel weine, als er die Sünden seiner Kinder sah.
Die Worte waren kaum zu verstehen. Die Erinnerung kam schneller, ... es war vor langer Zeit geschehen. Sie hatte alles schon einmal durchgemacht, war gefesselt und dann freigelassen worden.“



Minimal überzogen fand ich gegen Ende, dass sich sogar Gott einmischt. Natürlich hat es recht gut in die Handlung gepasst, ich bin bei expliziten Darstellung von Gottheiten in fiktionalen Büchern jedoch immer ein wenig skeptisch, da ich es allgemein schwierig finde, ein so sensibles Thema wie Religion auf diese Weise in die Geschichte mit einzubauen. Engel und Luzifer sind da eine Sache, aber Gott als handelnde Figur...?

Das Ende präsentiert sich dann -nach einem finalen Show-Down, wie er im Buche steht- eher zurückhaltend, leicht offen und zugegebener Weise anders, als ich es mir erhofft hatte. Trotzdem natürlich ein Happy End, das sogar vergleichsweise realistisch erscheint und dadurch glänzt, dass damit wohl niemand gerechnet hat.

So beendete ich das Buch zufrieden aber trotzdem mit dem bitteren Beigeschmack, dass ausgerechnet die Liebe, die sie ansonsten alle Hindernisse überwinden ließ, hier so viele Opfer gefordert hat.

Zum Schluss noch mein absolutes Lieblingszitat:

"Licht.
"Luce?" Daniels Stimme klang weit entfernt. Starb sie? Sie fühlte sich plötzlich elektrisiert, als sei der Daumenabdruck auf ihrer Stirn ein Zündungsschalter und als hätte Dee ihre Seele in Gang gesetzt. "Ist das ein weiteres Zeitbeben?", fragte sie, obwohl der Himmel nicht grau war, sondern strahlend weiß. So hell dass sie Daniel oder einen der anderen Engel ringsum nicht sehen konnte. "Nein." Rolands Stimme.
"Das bist du, Luce."
(...)
Jetzt ist für dich die Zeit gekommen zu erwachen."




Fazit:

Nach einigen heftigen Anlaufschwierigkeiten hat mich die Saga um Luce und Daniel nun doch noch erwischt. So konnte mich "Engelslicht" als äußerst packendes Finale überzeugen, dass bis zum Ende spannend bleibt und viele neue Ideen aufweist.
Episch, himmlisch und voller spannender Wendungen findet die Reihe um Luce´ und Daniels Liebe ihr Ende!
Eine klare Empfehlung an alle Fans von Fantasy und Liebesgeschichten.

Veröffentlicht am 27.10.2017

Episch, himmlisch und voller spannender Wendungen

Engelslicht
0

Allgemeines:

Titel: Engelslicht
Autor: Lauren Kate
Verlag: Heyne Verlag (13. Juli 2015)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3453316665
ISBN-13: 978-3453316669
ASIN: B00CWZLIFC
Seitenzahl: 416 Seiten
Originaltitel: ...

Allgemeines:

Titel: Engelslicht
Autor: Lauren Kate
Verlag: Heyne Verlag (13. Juli 2015)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3453316665
ISBN-13: 978-3453316669
ASIN: B00CWZLIFC
Seitenzahl: 416 Seiten
Originaltitel: Rapture
Preis: 7,99€ (Kindle-Edition)
8,99€ (Taschenbuch)
16,99€ (Gebundene Ausgabe)
Weitere Bände: "Engelsnacht", "Engelsmorgen", "Engelsflammen"



Inhalt:

Diese Liebe bringt die Welt ins Wanken

Neun Tage. Nur neun Tage haben Daniel, Luce und ihre Mitstreiter Zeit, drei wertvolle Reliquien zu finden und zum Berg Sinai zu bringen. Sollten sie scheitern, fällt die Welt endgültig Luzifer anheim. Doch die Zeit läuft ihnen davon, und die Suche bringt sie mehr als einmal in tödliche Gefahr. Schließlich sind auch Engel nicht unsterblich. Und Luce begreift endlich, wer sie wirklich ist – eine Erkenntnis, die nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Liebe zu Daniel für immer verändert ...


Bewertung:

DISCLAIMER: Achtung! Diese Rezension enthält große Spoiler für all jene, die die Vorgänger "Engelsnacht", "Engelsmorgen" und "Engelsflammen" noch nicht gelesen haben! Solltest Du dazu gehören, rate ich Dir schleunigst mit dem Lesen dieser Rezension aufzuhören!

Nun bin ich beim letzten, finalen Teil der Engelssaga angekommen, zu der sich meine Meinung während des Lesens im ständigen Wechselspiel geändert hat. Nach einem durchwachsenen 1. und 2. Teil konnte mich der dritte Teil mit seiner wunderschönen, kunterbunten und quietschlebendigen Zeitreise-Mystik begeistern, während der letzte Teil hier eine ganz andere Schiene auffährt: episch, himmlisch und voller spannender Wendungen findet die Reihe um Luce´ und Daniels Liebe ihr Ende!


"Er bedeutete ihr alles, so wie sie ihm alles bedeutete. Die einzige Möglichkeit, dieses tiefe Maß ihrer Liebe zu erleben, bestand darin, jeden neuen Moment gemeinsam zu beginnen, als sei die Zeit aus Wolken gemacht. Und Luce wusste, dass sie und Daniel alles für ihre Liebe riskieren würde, wenn es unvermeidlich war."


Doch ich will mal wieder mit meiner Meinung zum Cover beginnen. Mit dem perfekt in die Reihe passenden Layout und Design, bei dem diesmal vor allem die weiß/dunkle Farbgebung im Vordergrund steht, finde ich dieses Cover das gelungenste der Reihe. Wo das Mädchen auf den vorangegangenen Bildern immer ein schwarzes Kleid getragen hat und durch andere Farbkleckse hervorgehoben wurde, so trägt dasselbe mystische Mädchen nun ein schlichtes weißes Kleid, das sich stark von der dunklen Felslandschaft im Hintergrund abhebt. Die extremen Kontraste zwischen Dunkel und Hell, die auch diesmal wieder eine geheimnisvolle Atmosphäre schaffen, wird auch durch den nun silber-weiß glänzenden Titel unterstrichen. Das Mädchen dreht uns hier den Rücken zu, ihr wahres Gesicht hat sie uns nie gezeigt, was wunderbar zur Handlung passt und perfekt mit der Tatsache harmoniert, dass ihr Kleid nun weiß ist. Angesichts der epischen Entwicklungen hätte ich mir vielleicht ein etwas individuelleres Coverdesign für diesen Teil gewünscht, etwas Besonderes, dass es von den anderen Bänden etwas abhebt. So wirkt es zwar sehr düster und unheilvoll, jedoch auch ein wenig trist und fade. Den Titel "Engelslicht" hingegen könnte zutreffender nicht sein, denn "Licht" ist mit "Liebe" und "Daniel" wohl das am meisten widerholte Substantiv des Buches


Erste Sätze: "Zuerst war da Stille ...
In dem Raum zwischen dem Himmel und dem Sturz, weit in der unendlichen Ferne, gab es einen Augenblick, da das herrliche Summen des Himmels verstummte und durch eine Stille ersetzt wurde, die so absolut war, dass Daniels Seele angestrengt auf den leisesten Laut horchte."



Wir beginnen diesen Band direkt pompös, verheißungsvoll und himmlisch mit dem Engelssturz, dem Beginn der Zeitrechnung. Nach dem Prolog hält sich die Autorin nicht lange mit Alltagsdingen auf, wie sie es in Band 1 und 2 gemacht hat, sondern lässt ihre Protagonisten auf abenteuerliche Art und Weise losstürzen um das Problem zu lösen, dass sich nach Luce´ Rückkehr aus den Verkündern ihrer Vergangenheit aufgetan hat: Nach über siebentausend Jahren will Luzifer erneut die Engel vom Himmel auf die Erde fallen lassen um die gesamte Zeitrechnung der Weltgeschichte zurück zu setzten. Um das zu verhindern und alles zu retten, was ihnen lieb ist, machen sich Luce, Daniel, Cam, Molly, Gabbe, Anabelle, Arianne und andere Mitstreiter auf den Weg, drei wertvolle Reliquien zu finden und zum Berg Sinai zu bringen und ihn so aufzuhalten. Es beginnt ein spannender Wettlauf gegen die Zeit, bei dem alles auf dem Spiel steht, was jemals wichtig war...


"Auf einer Wäscheleine ein Stockwerk über ihr sang eine Drossel und auf der anderen Seite des Kanals stand eine Reihe schmaler, pastellfarbener Häuser. Es war bezaubernd, gewiss, das Traum-Venedig der meisten Menschen, aber Luce war nicht als Touristin hier. Sie und Daniel waren hier, um ihre Geschichte zu retten und die Geschichte der Welt. Und die Uhr tickte!"


In einem temporeichen Hin und Her schafft es Lauren Kate, die Spannung immer hoch zu halten, ihre Geschichte mit viel Geschick weiterzuspinnen und dabei den Horizont, das Ausmaß der Handlung enorm zu erweitern, während sie alle verbliebenen Fragen beantwortet und wir endlich erfahren, was Lucindas wahres Schicksal im Gefüge des Himmels und der Welt ist. Ich will an dieser Stelle gar nicht zu viel verraten, auf jeden Fall hat mir diese Entwicklung sehr gefallen, sowohl in ihrer Darstellung als auch in der gesamten Auswirkung auf den weiteren Plotverlauf.

Ich gebe zu, dass ich schon von Anfang an eine Ahnung in diese Richtung hatte, was mich aber nicht gelangweilt, sondern nur noch mehr angetrieben hat, herauszufinden, ob ich wirklich richtig liege. Am Ende haben mir noch einige kleinere Details für ein wirklich vollständiges Gesamtbild gefehlt, weshalb ich auch nicht volle 5 Sterne geben werde, diese Kritik ist aber nur unwesentlich.


"Cam drehte sich zu Luce um. "Du bist die Schachfigur, um die alle Kräfte des Guten und des Bösen kämpfen. Und alle Kräfte dazwischen..."


Super gefallen hat mir wieder der Schreibstil, der sehr ähnlich und beständig innerhalb der Reihe mit vielen Gänsehautsätzen begeistert und hier eindeutig an Tempo zulegt, ohne den Plot gehetzt wirken zu lassen. Die vielen abwechslungsreichen Szenen rund um den Globus, garniert mit Erinnerungen aus allen möglichen Zeiten haben immer einen roter Faden an romantischer Atmosphäre in sich, sodass man sich als Leser rundum unterhalten und wohl fühlen kann. Mit viel Fingerspitzengefühl umgarnt Lauren Kate den Leser, quält ihn nach jedem Erfolg mit mindestens einem Fehlschlag und hetzt uns durch die immer knapper werdende Zeit. Wir begleiten unsere Protagonisten, während sie neue Verbündete gewinnen, auf alte Feinde treffen, kämpfen, sterben, leiden, lieben und schließlich gewinnen.


"Luce stieg durch die Dunkelheit berauscht in die Höhe. Sie war so schwerelos wie der Wind. Ein einziger Stern hing in der Mitte des dunkelblauen Himmels, hoch über dem hellen Band am Horizont in den Farben des Regenbogens. Funkelnde Lichter auf dem dunklen Boden schienen unglaublich weit entfernt zu sein. Luce war in einer anderen Welt, stieg in die Unendlichkeit auf, erhellt von Schein strahlender silberner Flügel..."


Luce und die anderen Charaktere haben mir immer besser gefallen, auch wenn sie alle von der enorm einnehmenden Handlung ein klein wenig in den Hintergrund gedrängt werden. Wunderbar mit anzusehen war es, dass Luce endlich ihre verdienten Antworten erhält und ganz zu sich selbst wird. Schon in Band 3 konnte sie immer mehr über sich erfahren, sich an wichtige Schlüsselmomente ihres Lebens erinnern, doch hier begreift sie endlich, wer oder was sie wirklich ist und welche Rolle sie zu spielen hat. Das gibt ihr einerseits die Freiheit, endlich ihren Fluch beenden und in Gewissheit leben zu können, auf der anderen Seite liegt eine große Verantwortung auf ihr, denn nur sie alleine kann Luzifer aufhalten...


"Sie hatte plötzlich ein ausgeprägtes Gefühl dafür, wer sie war - und sie war nicht nur Luce Price aus Thunderbolt, Georgia. Sie war jedes Mädchen, das sie je gewesen war, eine Verschmelzung von Erfahrungen, Fehlern, Erfolgen und vor allem Liebe. Sie war Lucinda."


Diesmal beschränkt sich der personale Erzähler -abgesehen vom kurzen Prolog und Epilog- wieder nur auf Luce´ Sicht, sodass Daniel nicht mehr zum Zuge kommt. Nachdem Daniels Hintergründe und Handlungsmotivationen im dritten Teil besser erläutert wurden, konnte ich jedoch meine leichte Aversionen gegen ihn ablegen und ihn zusammen mit Luce anschmachten.
Besonders gut gefallen hat mir aber Luzifers Charakter, der diesmal an der Reihe ist, genauer unter die Lupe genommen zu werden. Dabei rücken Cam und Luce´ andere Freunde leider total in den Hintergrund, was aber verständlich ist, denn was will man von 410 Seiten auch alles erwarten... Sehr berührend wird es, als die letzte Schlacht einige Altbekannte auf den Plan ruft und einige Opfer verlangt werden. Auch die Outcasts, denen wir bereits in anderen Teilen der Geschichte begegnet sind, werden ihre Rolle im großen Spiel des Lebens einnehmen. Wie all das mit einer geheimnisvollen Bibliothekarin und ihrer verrückten Schwester zusammen hängt, erfahrt ihr, wenn ihr das Buch lest...


"Und der Himmel weine, als er die Sünden seiner Kinder sah.
Die Worte waren kaum zu verstehen. Die Erinnerung kam schneller, ... es war vor langer Zeit geschehen. Sie hatte alles schon einmal durchgemacht, war gefesselt und dann freigelassen worden.“



Minimal überzogen fand ich gegen Ende, dass sich sogar Gott einmischt. Natürlich hat es recht gut in die Handlung gepasst, ich bin bei expliziten Darstellung von Gottheiten in fiktionalen Büchern jedoch immer ein wenig skeptisch, da ich es allgemein schwierig finde, ein so sensibles Thema wie Religion auf diese Weise in die Geschichte mit einzubauen. Engel und Luzifer sind da eine Sache, aber Gott als handelnde Figur...?

Das Ende präsentiert sich dann -nach einem finalen Show-Down, wie er im Buche steht- eher zurückhaltend, leicht offen und zugegebener Weise anders, als ich es mir erhofft hatte. Trotzdem natürlich ein Happy End, das sogar vergleichsweise realistisch erscheint und dadurch glänzt, dass damit wohl niemand gerechnet hat.

So beendete ich das Buch zufrieden aber trotzdem mit dem bitteren Beigeschmack, dass ausgerechnet die Liebe, die sie ansonsten alle Hindernisse überwinden ließ, hier so viele Opfer gefordert hat.

Zum Schluss noch mein absolutes Lieblingszitat:

"Licht.
"Luce?" Daniels Stimme klang weit entfernt. Starb sie? Sie fühlte sich plötzlich elektrisiert, als sei der Daumenabdruck auf ihrer Stirn ein Zündungsschalter und als hätte Dee ihre Seele in Gang gesetzt. "Ist das ein weiteres Zeitbeben?", fragte sie, obwohl der Himmel nicht grau war, sondern strahlend weiß. So hell dass sie Daniel oder einen der anderen Engel ringsum nicht sehen konnte. "Nein." Rolands Stimme.
"Das bist du, Luce."
(...)
Jetzt ist für dich die Zeit gekommen zu erwachen."




Fazit:

Nach einigen heftigen Anlaufschwierigkeiten hat mich die Saga um Luce und Daniel nun doch noch erwischt. So konnte mich "Engelslicht" als äußerst packendes Finale überzeugen, dass bis zum Ende spannend bleibt und viele neue Ideen aufweist.
Episch, himmlisch und voller spannender Wendungen findet die Reihe um Luce´ und Daniels Liebe ihr Ende!
Eine klare Empfehlung an alle Fans von Fantasy und Liebesgeschichten.