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Veröffentlicht am 04.11.2025

Angst und Geld als Basis einer Beziehung

The House of Beckham
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Ende der 1990er-Jahre lernen sich der aufstrebende Fußballer David Beckham und Spice Girl Victoria Adams kennen. Im Lauf der Zeit verdiente das geschäftstüchtige Power-Paar als globale Stilikonen, Modedesigner ...

Ende der 1990er-Jahre lernen sich der aufstrebende Fußballer David Beckham und Spice Girl Victoria Adams kennen. Im Lauf der Zeit verdiente das geschäftstüchtige Power-Paar als globale Stilikonen, Modedesigner und Marken-Testimonials ein Vermögen und zeigten in der Netflix-Serie „Beckham“ das Bild einer glücklichen und perfekten Beziehung. Bestsellerautor Tom Bower schaut hinter die Kulissen des Glamour und entdeckt Steuerhinterziehung und Ehebruch.
Das Cover ist schlicht gehalten, mit einem Schwarz-Weiß-Foto, in dem sich die Beckhams gegenüberstehen; allein die goldenen Lettern heben sich ab. In der Mitte befinden sich weitere zahlreiche Fotos mit Kommentaren. Die vielen Kapitel haben eine angenehme Länge; gerade umfangreich genug um nach dem Lesen den Inhalt reflektieren zu können. Und nachzudenken gibt es hier einiges. Der Autor geht sehr akribisch vor, zerlegt das Leben des Glamour-Paars auf recht direkte Art in seine Einzelteile und tut dies mit ironischem Ton. Er vertraut vielen Quellen, packt aber auch seine eigenen Gedanken mit hinein. Akribisch unterlegt er die „Beweise“ für das wirkliche Leben des Trendsetter-Paars mit Datum und Tageszeit und fügt zum Belegen der Zitate und Zahlen Fußnoten ein, die sich – genau wie das umfangreiche Quellenverzeichnis - am Ende des Buchs befinden.
Am Beginn ihrer Beziehung gelten die beiden als Inbegriff einfacher Leute, die es aus eigener Kraft zu etwas gebracht haben und die die Werte der Familie hochhalten. Bower zeigt in dieser Biografie auf, dass nicht alles im Leben der Beckhams auch wirklich so ist, wie es scheint. Im Grunde haben es die beiden geschafft zu einer „Marke“ zu werden: sie werden durch Geld geeint und verwenden die Presse als Mittel zum Zweck, weil sie genau wissen, was die Fans hören und sehen wollen.
Ob das nun alles so stimmen mag, wie es der Autor darstellt, ist ungewiss. Interessante Einblicke bietet die Biografie auf jeden Fall; auch in die Daten der Fußball- und Show-Welt.

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Veröffentlicht am 11.10.2025

Die letzte Dogaressa

Peggy Guggenheim
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Peggy Guggenheim, verkannt als skandalöses „armes reiches Mädchen“, schenkt Venedig und der Nachwelt ihr Museum der Moderne. In den 1920er Jahren gehört sie als junge Frau zur literarischen und künstlerischen ...

Peggy Guggenheim, verkannt als skandalöses „armes reiches Mädchen“, schenkt Venedig und der Nachwelt ihr Museum der Moderne. In den 1920er Jahren gehört sie als junge Frau zur literarischen und künstlerischen Avantgarde, 1941 wird sie zur Fluchthelferin – auch für „entartete Kunst“. In New York beherbergt ihre Galerie die Werke europäischer Künstler:innen im Exil; 1948 bringt sie deren Abstrakten Expressionismus nach Europa. Eine außergewöhnliche, emanzipierte und engagierte Frau, die – ihrer Zeit voraus – Kunst gefördert hat, die nach Meinung anderer gar keine war.
Ein schlichtes blau-weißes Cover, darauf eine fast unscheinbare Frau. Wäre da nicht die überdimensionale Sonnenbrille, die auf ihre Extravaganz hinweist. Neben dem aussagekräftigen Text verfügt das Buch über zahlreiche Fotos (auch private), einen Stammbaum, viele Fußnoten und ein informatives Personenregister. In sechs Teilen, die durch jeweils in kürzere Kapitel gegliedert sind, bringt die Autorin das Leben und Werk einer faszinierenden Frau wieder. Die Kapitel werden jeweils durch ein Zitat eröffnet. Der Schreibstil ist eher sachlich, bietet aber dennoch sehr gute Unterhaltung. Erzählt wird sowohl aus dem Leben als auch dem Schaffen der berühmten Frau. Peggy Guggenheim war eine demonstrativ emanzipierte Frau, für die Kunst und Liebe die wichtigsten Aspekte im Leben waren. Ihre Beschäftigung mit Kunst kann schwer von Ihrem Privatleben getrennt werden, allein schon durch ihre (Liebes-) Beziehungen zu Künstlern, und so beinhaltet das Buch auch wichtige private Erlebnisse. Dennoch betont die Autorin die Rolle der Guggenheim als Mäzenin. Das Hauptaugenmerk liegt klar auf Ihrem Verdienst die Kunst betreffend. Schon früh hatte Peggy Guggenheim beschlossen, jeden Tag ein Kunstwerk zu kaufen; ihr Ziel lag in der Vermittlung und Bewahrung der Kunst. Eine große Rolle spielte dabei auch das Erlebnis beim Betrachten eines Kunstwerks. Und – was man nicht vergessen darf – sie legte Wert auf die Förderung von Frauen in der Kunstwelt.
Die Biografie ist der zehnte und damit aktuellste Band der Reihe „Reihenweise kluge Frauen“ des Molden Verlags und macht große Lust auch die anderen Bücher nachzulesen.

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Veröffentlicht am 11.10.2025

Auf der Suche nach Leben

Dass es uns überhaupt gegeben hat
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Bandleader und Songwriter Wanda erzählt in seinem ersten Buch die Geschichte der Entstehung und des Erfolgs der Rockband „Wanda“. Er tut dies auf bestechend ehrliche Weise und beschreibt Wien und die Künstler ...

Bandleader und Songwriter Wanda erzählt in seinem ersten Buch die Geschichte der Entstehung und des Erfolgs der Rockband „Wanda“. Er tut dies auf bestechend ehrliche Weise und beschreibt Wien und die Künstler dieser Stadt, aber auch seinen persönlichen Lebensweg; und den Preis, den man für Erfolg bezahlt. So ist ein Buch entstanden, das über Musik und Freundschaft, aber auch über Verlust und Tod berichtet.
Das Cover ist beherrscht vom Namen des Autors und vom Titel. Lettern, die schweben, die abzuheben scheinen, verschwommen sind; und deren Bewegtheit man in der Printversion auch tatsächlich erfühlen kann. Der Einstieg erfolgt sehr abrupt, denn sehr offen legt der Musiker sein Alkoholproblem dar. Er erzählt, als würde ihm seine Leserschaft gegenüber sitzen; so als ob man ganz locker ein Gespräch führen würde, in dem er aber die Richtung bestimmt. Wanda sammelt hier alle möglichen Anekdoten aus seiner Vergangenheit. So erfährt man, wie es überhaupt zum Namen „Wanda“ gekommen ist, wie sich die Bandmitglieder zusammengefunden haben, wie deren Schicksale im Lauf der Jahre verlaufen sind. Auch die Entstehung der Lieder und der dazugehörigen Videos wird detailliert dargelegt, was einen manchen Text im Nachhinein noch intensiver erscheinen lässt. Immer wieder gibt es Informationen und Verweise zu anderen – nicht nur österreichischen – Bands. Und auch wenn Teile des Buchs, wie schon angesprochen, eher wie eine lockere Lebensbeichte anmuten, so blitzen an vielen Stellen, ganz wie nebenbei, Lebensweisheiten hervor; und diese sind wunderbar poetisch verpackt. Ganz so, als wären es wieder Texte aus den Liedern.
Eingefleischte Fans werden das Buch genießen, andere vielleicht die Band erst dadurch kennenlernen. Man mag überrascht sein, schockiert sein, sich in Vorurteilen gegenüber Rockbands bestätigt fühlen, deren Leben aus Alkohol, Drogen und Absturz zu bestehen scheint; man mag den Lebenswandel gar verurteilen. Unberührt wird das Buch sicher keinen lassen.

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Veröffentlicht am 25.09.2025

Das Erbe ihres Vaters

Mein Name ist Emilia del Valle
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Emilia del Valle wird 1866 in San Francisco als uneheliches Kind geboren. Dort lebt sie in einem ärmlichen Viertel bei ihrer Mutter, die Nonne war, und ihrem Stiefvater, der das eigensinnige Mädchen fördert. ...

Emilia del Valle wird 1866 in San Francisco als uneheliches Kind geboren. Dort lebt sie in einem ärmlichen Viertel bei ihrer Mutter, die Nonne war, und ihrem Stiefvater, der das eigensinnige Mädchen fördert. Emilia geht ihren Weg; veröffentlicht mit 17 Groschenromane unter männlichem Pseudonym und wird Reporterin bei einer Zeitung. Zusammen mit ihrem Kollegen Eric soll sie in Chile über den Bürgerkrieg berichten. Dort verliebt sie sich in Eric und ist auf der Suche nach ihrer eigenen Herkunft. Denn ihr richtiger Vater ist ein chilenischer Aristokrat.
Das Cover zeigt eine Frau im Meer, Wolken, die sich hinter der Frau befinden sollten, bedecken teils ihren Oberkörper. Man ist sich nicht sicher, ob die Frau aus dem Wasser kommt, oder gerade hineingeht. Eine Frau, die ihren Weg geht, sich von nichts aufhalten lässt, die aber auch zerrissen zwischen zwei Welten sein könnte. Der Sprachstil fesselt einen sofort. Flüssig und mit vielen Bildern, dann wieder nüchtern und an einigen Stellen sogar wieder kitschig und mystisch. Auf diese Art bringt uns Emilia als Ich-Erzählerin die Geschichten ihres Lebens nahe. Der Roman besteht aus vier Teilen, die jeweils mit entscheidenden Geschehnissen aus Emilias Leben beginnen. Passend zur Handlung sind einige ihrer Zeitungsartikel eingestreut, um das Geschriebene noch lebensnaher zu gestalten. Abgesehen vom chilenischen Bürgerkrieg gibt es auch sonst immer wieder Hinweise auf reale historische Begebenheiten, wie soziale Unterschiede, Streiks oder das Aufkommen der Suffragetten. Und um starke Frauen geht es in diesem Buch ja. Nicht nur die Protagonistin ist eine selbstbewusste Frau, auch andere weibliche Figuren handeln in dieser Geschichte, als wären sie ihrer Zeit sehr weit voraus.
Emilia ist eine sehr fortschrittliche Frau. Schriftstellerin, Journalistin, Reisereporterin, Kriegsberichterstatterin, sie packt ihr Leben selbst an und trotzt fast unbehelligt allen Gefahren. Sie verbringt Zeit auf dem Schlachtfeld des chilenischen Bürgerkriegs (und die Darstellung ist durchaus oft brutal), hat auch ein erfülltes und freies Liebesleben; ihr scheint vieles zu gelingen, ihre Pläne gehen auf, niemand kann sie festhalten. Das alles als sechsundzwanzigjährige Frau. Und doch ist es am Ende nur eine fiktive Geschichte. Es wird auch um 1890 schon starke Frauen gegeben haben. Aber ob eine Frau wie Emilia tatsächlich gelebt haben mag, wage ich doch zu bezweifeln.

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Veröffentlicht am 20.08.2025

Griese Gegend, gute Menschen

Was du siehst
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Die schwangere Ruth verlässt 1967 Ost-Berlin und landet in einem kleinen Dorf in Mecklenburg, nahe der Elbe. Ihre Tochter Jule und Andi, der Sohn ihrer Freundin Hannah wachsen gemeinsam auf und verlieben ...

Die schwangere Ruth verlässt 1967 Ost-Berlin und landet in einem kleinen Dorf in Mecklenburg, nahe der Elbe. Ihre Tochter Jule und Andi, der Sohn ihrer Freundin Hannah wachsen gemeinsam auf und verlieben sich. Dann fällt die Mauer und Jule will ein Geheimnis lüften. Und Andi wartet ...
Das Cover ist hellblau, mit ein bisschen Landschaft und goldenen Lettern für den Titel. Und das Gold ist meiner Meinung nach verdient. Das Buch besteht aus vier Teilen, die Kapitel tragen jeweils Namen, die auf eine bestimmte Farbe verweisen. Der Schreibstil ist einfach und nimmt einen doch sofort ein, mit den feinen Tönen und den weichen Farben, die er entstehen lässt. Manche Sätze wiederholen sich; sie tauchen in anderen Situationen, bei anderen Personen wieder auf, und passen doch so perfekt dorthin, dass man gar nicht an eine Alternative dafür denken mag. Eigentlich ist die Geschichte auch gar nicht außergewöhnlich. Und dennoch fesselt sie einen; mit ihren kleinen glücklichen und auch tragischen Momenten.
Die Protagonisten sind sympathisch gezeichnet, jeder hat seine Eigenheiten, jeder hat sein Kreuz zu tragen, und doch ist da immer noch Platz und Zeit genug, um sich um andere zu kümmern. Man kann sich keinen besseren Ort für die junge Schwangere vorstellen. Auch die Beschreibung der Gegend ist sehr gut gelungen; das Dorf nahe der Elbe mit dem Kiefernwald sieht man regelrecht vor sich. Die Handlung erstreckt sich chronologisch von 1967 bis fast in unsere Gegenwart. Dazwischen gibt es immer wieder Rückblicke auf die Erlebnisse der Charaktere. Historische und politische Ereignisse werden nur gestreift – es wird nur so viel davon erwähnt, wie es für die Geschichte nötig ist. Das passt aber auch sehr gut, wie ich finde, denn auch hier zählen wieder die leisen Töne. Die Einwohner des Dorfs an der Elbe bilden eine eigene kleine Welt, die durch ihren Zusammenhalt nichts erschüttern zu können scheint.
Den Namen Laura Maaß werde ich mir gut merken. Ihren Debütroman hat sie mit viel Einfühlungsvermögen und Harmonie verfasst. Da freue ich mich schon auf mehr. Dieses Buch zählt für mich jedenfalls zu den literarischen Höhepunkten dieses Jahres.

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