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Veröffentlicht am 04.04.2022

Faszinierende Sicht auf das etwas "andere" Sylt

Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehn
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MEINE MEINUNG
Nach ihrem sehr unterhaltsamen Roman „Ozelot und Friesennerz“ nimmt uns die deutsche Journalistin und Autorin Susanne Matthiessen in ihrem neuen Werk „Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen“ ...

MEINE MEINUNG
Nach ihrem sehr unterhaltsamen Roman „Ozelot und Friesennerz“ nimmt uns die deutsche Journalistin und Autorin Susanne Matthiessen in ihrem neuen Werk „Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen“ erneut mit auf ihre Heimatinsel Sylt. Wie der Untertitel „Roman einer Sylter Jugend“ andeutet, lässt uns Matthiessen diesmal an ihren facettenreichen Jugenderinnerungen teilhaben, die allesamt auf wahren Begebenheiten beruhen.
Authentisch und anschaulich erzählt sie über so manche Katastrophen und private Krisen und lässt die Erlebnisse vor unserem inneren Auge lebendig werden, so dass wir an ihrer Seite mühelos ins Sylt der 1980ger Jahre eintauchen können. Es ist eine überaus kontrastreiche und faszinierende Zeitreise auf Deutschlands beliebteste Ferieninsel, die mich wieder bestens unterhalten konnte.
Der Schreibstil der Autorin ist angenehm leicht, humorvoll und lebendig, und besticht darüber hinaus durch ihren unsentimentalen, äußerst kritischen Blick auf gesellschaftspolitische Geschehnisse und allgemeine Entwicklungen.
„Ich bin hier geboren und aufgewachsen, ich kenne jeden Halm und jedes Sandkorn, doch das ist ein Trugschluss. Diese Insel ist für mich neu und unbekannt.“
Als Einstieg hat sie die fast unwirkliche Realität des Lockdowns gewählt, der zu einem Abbruch der Touristenströme und einem abrupten Stillstand des Sylter Lebens führte. Erfasst von einer plötzlichen Ruhe und Stille setzt eine Art „Innehalten“ ein und unwillkürlich auch eine Rückbesinnung auf die vergangenen Zeiten. In den unterschiedlichen Kapiteln, die jeweils von einem nachdenklich stimmenden Zitat eingeleitet werden, gewährt die Autorin uns aufschlussreiche Einblicke in nachhaltig prägende Erlebnisse und teilweise sehr witzige Anekdoten aus ihrer außergewöhnlichen Sylter Jugend. Äußerst gelungen bringt die Autorin uns das einzigartige Insel-Flair, das ausnahmslos auf den Tourismus ausgerichtete Alltagsleben und die besondere Mentalität der Insulaner näher.
Ob nun die Geschichte über die Invasion der deutschen Punkerszene auf Sylt, die interessanten Ereignisse rund um die Große Sturmflut oder die familiären Aufregungen um Omas Hochzeitspläne - die geschilderten Episoden eröffnen einen humorvollen, tiefgründigen und bisweilen ernüchternden Blick auf das quirlige unbeschwerte Inselleben und hinter die glanzvolle Fassade dieses oftmals so verklärten Inselmythos. Gekonnt zeichnet Susanne Matthiessen das schillernde Portrait einer Insel, die für viele als der Sehnsuchtsort schlechthin gilt – ein idyllisches Natur- und Ferienparadies an der Nordsee, ein angesagter Treff für die Haute-Volée, Politiker sowie den dekadenten Jetset aber auch eine nach wie vor florierende Hochburg für geschäftstüchtige Investoren. Zugleich arbeitet sie sehr anschaulich die Schattenseiten der besonderen „Sylter Zustände“, die unaufhaltsamen Veränderungen durch den Tourismus, die Kehrseiten von grenzenlosem Reichtum und Profitgier aber auch die Folgen diverser Extremwetterereignisse für die angeschlagene Inselwelt heraus. Gekonnt wirft die Autorin immer wieder einen sehr kritischen und melancholischen Blick auf die verschiedenen (Fehl-)Entwicklungen auf ihrer geliebten Insel. Nicht für alle hat diese ein Leben auf der Sonnenseite bereitgehalten. Eingeflochten in die eher unterhaltsamen Sylter-Erzählungen ist zudem die sehr beklemmende und nachdenklich stimmende Geschichte über ihre Freundin Pfuschi, in der schrittweise Einblicke in deren persönliches Schicksal und eine erschütternde Familientragödie enthüllt und unfassbare Abgründe menschlichen Verhaltens aufgezeigt werden.
In den unterschiedlichen Episoden begegnet uns ein Panoptikum bemerkenswerter Menschen – neben vielen Prominenten lernen wir auch Sylter Unikate, Weggefährten und etliche Vertreter des „ganz persönlichen Sylt-Vereins“ der Autorin kennen. So erfahren wir natürlich auch mehr über das Schicksal des einstmals so renommierten elterlichen Pelzgeschäfts in Westerland und können uns über weitere Begegnungen mit ihrem künstlerisch veranlagten Vater Peida als leidenschaftlichem Kürschner, ihrer geschäftstüchtigen Mutter Telse als geniale Strategin und der etwas widerspenstigen Oma Ally freuen.
Man spürt deutlich, wie sehr die Autorin mit ihrem wundervollen Sylt verwurzelt und mit den urigen Insulanern verbunden ist, und wie schmerzhaft der gnadenlose Ausverkauf und schrittweise Verlust der geliebten Heimat für sie sind.
FAZIT
Eine gelungene Zusammenstellung von humorvoll und kurzweilig erzählten, aber auch sehr nachdenklich stimmenden Geschichten über die spannende Sylter Jugendzeit der Autorin.
Eine lesenswerte, vielschichtige Hommage an ein Sylt im Wandel der Zeiten - mit sehr scharfsichtigen Einblicken hinter die Kulissen und kritischen Betrachtungen zur aktuellen, prekären Lage dieser „Sehnsuchtsinsel“.

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  • Handlung
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Veröffentlicht am 05.01.2022

Außergewöhnlicher Münchner Kriminalroman

Betongold
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MEINE MEINUNG
Mit „Betongold“ hat die deutsche Autorin Tanja Weber einen anspruchsvollen Kriminalroman geschrieben, der mich vor allem mit seinem lebendigen Münchner Lokalkolorit, seinen faszinierenden ...

MEINE MEINUNG
Mit „Betongold“ hat die deutsche Autorin Tanja Weber einen anspruchsvollen Kriminalroman geschrieben, der mich vor allem mit seinem lebendigen Münchner Lokalkolorit, seinen faszinierenden Milieustudien und den bemerkenswert lebensechten Charakteren fesseln konnte.
Die Autorin hat einen ungewöhnlichen Krimiplot erschaffen, auf den man sich erst ein wenig einlassen muss. Die Handlung entwickelt sich zunächst sehr beiläufig und unaufgeregt. Die Geschichte gewinnt dann aber immer mehr an Kontur und Tiefgang, und so gelingt es ihr schließlich, uns mit ihrer dichten Atmosphäre und dem leicht melancholischen Touch völlig gefangen zu nehmen. Auch der etwas spezielle, lakonische und leicht sperrige Erzählstil der Autorin konnte mich begeistern, spiegelt er doch hervorragend die Befindlichkeiten ihrer Protagonisten wider.
Zudem greift die Autorin mit der zunehmenden Gentrifizierung der Stadtteile, dem absurdem Mietwucher in der bayerischen Landeshauptstadt und skrupellosen Immobiliengeschäften einige brandaktuelle gesellschaftspolitische Konflikt-Themen auf.
Im Mittelpunkt des Romans stehen die drei Kindheitsfreunde, die sich zwar im Laufe der Zeit in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben, sich aber nie völlig aus den Augen verloren haben: Der frühpensionierte Kommissar der Münchner Mordkommission Sepp, auch Smokey genannt, der mit seinem schmerzhaften Morbus Bechterew zu kämpfen hat, Hias, der Ex-Weltenbummler und Kneipenwirt von Moni‘s Eck sowie sein alter Freund, der Immobilienhai Schani mit seinen silbernen Schlangenlederstiefeln, dessen Leiche eines Tags in einer Baugrube aufgefunden wird. Natürlich begibt sich Ex-Kommissar Smokey auf die Suche nach den Hintergründen zu dem rätselhaften Tod seines Freundes, der ein unglücklicher Sturz, Totschlag oder sogar Mord gewesen sein könnte.
Angesiedelt ist der Krimi im ehemaligen Arbeiterviertel Obergiesing, das mit seinem günstigen Wohnraum nicht von den Immobilienspekulationen verschont geblieben ist. In spannenden Rückblenden lässt uns die Autorin in die gemeinsame Vergangenheit der 3 Kindheitsfreunde blicken und beleuchtet behutsam ihre enge Freundschaft und ihr besonderes Verhältnis zueinander. Insbesondere die einfühlsame, detaillierte Figurenzeichnung der so unterschiedlichen Charaktere bis hin zu den Nebenfiguren ist hervorragend gelungen. Sie sind durchweg sehr lebendig und authentisch beschrieben, so dass ich mich gut in sie hineinversetzen konnte. Mit großem Fingerspitzengefühl lässt die Autorin die unterschiedlichen Handlungsstränge mit seinen verschiedenen Charakteren ineinanderfließen, wodurch die Geschichte trotz des sehr ruhigen Tempos eine besondere Dynamik entwickelt. Nach und nach erfahren wir immer neue Details und Hintergründe zu den verschiedenen Charakteren, so dass sich allmählich die vielen kleinen Puzzlesteinchen zu einem faszinierenden Gesamtbild zusammenfügen bis hin zur überraschenden, sehr stimmigen Auflösung des Todesfalls.
Herausragend ist zudem die feine Milieustudie gelungen, die mich zunehmend sehr fesseln und in den Strudel der Geschehnisse hineinziehen konnte.

FAZIT
Ein anspruchsvoller Kriminalroman auf den man sich erst ein wenig einlassen muss – mit faszinierender Milieustudie, lebendigem Lokalkolorit und bemerkenswerten Charakteren!

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Veröffentlicht am 21.11.2021

Beeindruckendes Portrait von Harlem in den 1960ern

Harlem Shuffle
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MEINE MEINUNG
Mit „Harlem Shuffle“ hat der für seine Werke mehrfach ausgezeichnete US-amerikanische Schriftsteller Colson Whitehead einen beeindruckenden, sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt, in dem er ...

MEINE MEINUNG
Mit „Harlem Shuffle“ hat der für seine Werke mehrfach ausgezeichnete US-amerikanische Schriftsteller Colson Whitehead einen beeindruckenden, sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt, in dem er uns erneut einen faszinierenden aber schonungslosen Blick auf das Licht- und Schatten-reiche Leben der Afroamerikaner in der US-amerikanischen Geschichte werfen lässt.
Sein neuestes literarisches Meisterwerk ist eine gelungene Mischung aus bewegender Familiensaga, unterhaltsamer Ganovenkomödie und Hommage an den legendären New Yorker Stadtteil Harlem in den frühen 1960er Jahren.
Erzählt wird die rasante Gangstergeschichte aus der Perspektive des sympathischen Protagonisten jungen Ray Carney, einem Möbelhändler, liebevollen Familienvater und unfreiwilligen Ganoven, der sich zwar tagtäglich bemüht ein ehrliches Leben zu führen, aber immer wieder durch seine halbweltlichen Kontakte in kriminelle Machenschaften hineingezogen wird. Es ist höchst unterhaltsam und fesselnd Ray bei seiner Gradwanderung zwischen den beiden Welten zu begleiten und mitzuerleben, wie er immer tiefer in die Geschehnisse verstrickt wird.
Mit seinem brillanten, sprachlich eleganten Erzählstil und einem erstaunlich leichten, beschwingten „Sound“ konnte mich Whitehead auch diesmal wieder überzeugen. Trotz des ernsten, oft bedrückenden Hintergrunds der Handlung spart er nicht mit feinen humorvollen Spitzen und vergnüglichen Episoden, die mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht haben.
Gekonnt zeichnet Whitehead ein faszinierendes und atmosphärisch dichtes Portrait von Harlem mit seinen schillernden aber auch dunklen Facetten. Er lässt uns schrittweise eintauchen in den Lebensalltag dieses berühmt-berüchtigten, quirligen Stadtviertels von New York, einer afroamerikanischen Enklave als Sinnbild der zunehmenden Segregation, und gewährt uns faszinierende und zugleich mitunter schmerzhafte Einblicke in die soziale Wirklichkeit jener Zeit -eine bizarre, kontrastreiche Mischung aus kleinem Wohlstand und Armut, Hoffnung und Angst, Legalität und Kriminalität, Normalität aber auch beständiger Willkür, Brutalität und Gewalt. Er entwirft ein vielschichtiges Panoptikum aus Kleinkriminellen, Hehlern, Huren und korrupten Cops auf der einen Seite, jenen, die sich darum bemühen ein besseres, solides und bürgerliches Leben zu führen sowie denjenigen innerhalb der afroamerikanischen Bevölkerung, denen es gelungen ist, sich auf der sozialen Leiter nach oben zu arbeiten und sich nun von den anderen als etwas Besseres abzugrenzen verstehen.
Zudem lernen wir durch die eingestreuten, gut recherchierten Details auch viel über die historische Realität, politischen Umbrüche und sozialen Zustände jener Zeit, den allgegenwärtigen Rassismus und die aufkommende Bürgerrechtsbewegung. Geschickt in die Romanhandlung eingebaute Hinweise auf den damaligen Zeitgeist, typische Marken, Filme und Verweise auf die Popkultur schaffen darüber hinaus ein ein sehr lebendiges und authentisches Flair.

Zum Hörbuch:
Das ungekürzte Hörbuch ist von dem Schauspieler und erfahrenen Hörbuchsprecher Richard Barenberg sehr überzeugend eingelesen. Mit seiner angenehmen Stimme und in einem angemessenen Tempo gelingt es ihm hervorragend, die unterschiedlichen Stimmungen und das besondere Setting dieser Geschichte glaubhaft zu transportieren und uns mühelos ins Geschehen zu ziehen. Mit geschickten Wechseln des Lesetempos, Verändern der Intonation und Lautstärke gestaltet Barenberg die Dialoge sehr lebendig und nuancenreich. Insgesamt eine rundum gelungene Lesung!

FAZIT
Eine unterhaltsame, beschwingt erzählte Gangstergeschichte und eine wundervolle Hommage an den legendären New Yorker Stadtteil Harlem in den frühen 1960er Jahren!
Sowohl der Roman als auch die von Richard Barenberg hervorragend eingelesene Hörbuchfassung sind sehr empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 20.11.2021

Außergewöhnliches Leseabenteuer

Der Tod und das dunkle Meer
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MEINE MEINUNG
Nach seinem sehr originellen Debütroman »Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle« hat der britische Autor Stuart Turton erneut einen ungewöhnlichen, sehr packenden Roman vorgelegt, dessen Genre ...

MEINE MEINUNG
Nach seinem sehr originellen Debütroman »Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle« hat der britische Autor Stuart Turton erneut einen ungewöhnlichen, sehr packenden Roman vorgelegt, dessen Genre – wie der Autor in seinem Nachwort anmerkt – nur schwer greifbar ist. So findet man hier eine faszinierende Mischung aus historischem Abenteuerroman, fesselndem Whodunit und mystischem Thrill gewürzt mit ein wenig Fantastik, Grusel und einer dezenten Prise romantische Liebesgeschichte.
Turton ist erneut ein unterhaltsames und zugleich herausforderndes Leseerlebnis gelungen, das mit einem sehr raffiniert angelegten Plot, einer Vielzahl von Intrigen, Verschwörungen, Täuschungen, (selbstverständlich) etlichen Todesfällen und einem einzigartigen Histo-Flair aufwartet.
Im Prolog ist zum leichteren Einstieg ein Verzeichnis mit der Auflistung aller wichtigen Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord zu finden, so dass man stets einen Überblick über die zahlreichen Figuren und ihre Stellung behält.
Zur Einstimmung auf das geniale Setting der Geschichte und besseren Orientierung findet sich zudem auf den Buchinnenseiten eine hübsche Zeichenskizze des mit einem mysteriösen Fluch belegten Schiffs Saardam, von dem es für die beteiligten Charaktere kein Entkommen gibt.
Turton ist es hervorragend gelungen, mich rasch in seine mitreißende Geschichte hineinzuziehen und mit den verwirrenden und höchst rätselhaften Ereignissen an Bord des Schiffs zu fesseln. Ein höchst fantasievolles Seemannsgarn hat er diesmal gesponnen, das einen mit seinem besonderen Gruselfaktor zunehmend gefangen nimmt! So sind es vor allem die mystisch-düstere, geheimnisumwitterte und unheilvolle Atmosphäre, die zahlreichen undurchsichtigen Charaktere unter der buntgewürfelten Mannschaft und den illustren Passagieren sowie deren finstere Geheimnisse, die mich rasch in ihren Bann gezogen haben. Dank des lebendigen Schreibstils sieht man alles bildlich vor sich und wähnt sich selbst inmitten der rätselhaften wie fatalen Geschehnisse auf der Saardam.
Sehr gut gefallen hat mir auch, wie anschaulich Turton den historischen Flair, die rauen Sitten an Bord und damals weitverbreiteten Aberglauben eingefangen hat. Wie er in seinem Nachwort anmerkt, hat er bewusst zahlreiche historische Ungenauigkeiten zugunsten seiner außergewöhnlichen Story modifiziert und bittet uns daher um Nachsicht.
Geschickt hat Turton viele kleine Puzzleteilchen in seinen vielschichtigen, sehr undurchsichtigen Plot eingebaut, die zusammen mit überraschenden Wendungen für viel Abwechslung beim Miträtseln sorgen. Meisterhaft gelingt es dem Autor, uns im Laufe der turbulenten Handlung auf falsche Fährten zu locken, die uns die bislang schlüssigen Theorien wieder verwerfen lassen. Trotz manchmal etwas ausufernder Passagen entwickelt sich die Geschichte zu einem Pageturner, den man kaum noch aus der Hand legen kann.
Es ist sehr faszinierend, mit welcher Leichtigkeit der Autor die Vielzahl der Haupt- und Nebencharaktere als lebendige, unverwechselbare Figuren mit all ihren Ecken und Kanten ausgearbeitet hat. Ob nun die vielen zwielichtigen Figuren wie die skrupellosen Matrosen und Musketiere, die arroganten Offiziere oder die machthungrigen Honoratioren an Bord auch unter den vermeintlich „Guten“, die sich dem Bösen an Bord entgegenstellen und mehr als einmal beweisen müssen, was in ihnen steckt– sie alle sind hochinteressante, vielschichtige Charaktere, die einen manchmal mit ihrem Verhalten zu überraschen wissen. Turton macht es insbesondere seinen Hauptfiguren bei ihren Nachforschungen an Bord wirklich nicht leicht und zwingt sie dazu, im Kampf gegen das Böse immer wieder über sich hinaus zu wachsen.
Zum Ende hin fügt Turton seine leichthin gestreuten Hinweise gekonnt zu einer plausiblen, aber dennoch sehr überraschenden Auflösung der fesselnden, hochkomplexen Geschichte zusammen.

FAZIT
Ein fesselnder Abenteuerroman mit tollem historischen Flair, wundervollem Gruselfaktor, mystischem Thrill und einem sehr raffiniert angelegten Plot. Ein außergewöhnliches Leseerlebnis!

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Veröffentlicht am 09.11.2021

Gelungene, großartig erzählte Fortsetzung

Revolution der Träume
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MEINE MEINUNG

Nach seinem grandiosen Auftakt „Schatten der Welt“ hat der deutsche Erfolgsautor Andreas Izquierdo mit „Revolution der Träume“ eine äußerst fesselnde Fortsetzung seiner lehrreichen historischen ...

MEINE MEINUNG

Nach seinem grandiosen Auftakt „Schatten der Welt“ hat der deutsche Erfolgsautor Andreas Izquierdo mit „Revolution der Träume“ eine äußerst fesselnde Fortsetzung seiner lehrreichen historischen Saga vorgelegt, die mich wieder sehr begeistern konnte. Die gelungene Mischung aus historischem Roman und berührender Geschichte über die unverbrüchliche Freundschaft zwischen den faszinierenden Protagonisten Carl, Artur und Isi hat mich wieder von Beginn an in ihren Bann gezogen.

Auch ohne den ersten Teil zu kennen, lässt sich dieser Roman gut lesen; doch ist es um einiges spannender, die Vorgeschichte der drei Jugendfreunde aus dem westpreußischen Thorn und ihre Entwicklung im Laufe der Zeiten mit zu verfolgen.

Dank des lebendigen, bildhaften und sehr mitreißenden Schreibstils fällt es nicht schwer, ins schillernd ambivalente Berlin der Goldenen 20ger Jahre einzutauchen. Mühelos entführt uns Izquierdo in die damalige Hauptstadt, die sich kurz nach Ende des 1. Weltkriegs in einer politisch höchst instabilen und krisengeschüttelten Lage befindet und nach zahlreichen blutigen Aufständen erst langsam ruhigeren Zeiten entgegensieht. Allgegenwärtig sind die Auswirkungen des verlorenen Kriegs sichtbar, Mangelversorgung, Elend und bittere Armut stehen in starken Kontrast zu dem unermesslichen Reichtum der Adligen und ihrer Vergnügungssucht.

Gekonnt vermittelt Izquierdo ein sehr stimmiges und authentisches Bild der damaligen bewegten Zeit und einer pulsierenden Metropole voller Kontraste zwischen Luxus, Reichtum, Vergnügungssucht, dekadentem Nachtleben, Existenzkampf, Kriminalität und Armut. Lebendig und atmosphärisch dicht portraitiert er das Alltagsleben in der Hauptstadt in all seinen Facetten. Izquierdo versteht es hervorragend, die sorgsam recherchierte Zeitgeschichte anschaulich und spannend mit seiner Handlung zu verweben und uns hautnah am Schicksal der Menschen teilhaben zu lassen.

Mit seinem einfühlsamen Schreibstil gelingt es ihm mühelos, uns in seine abwechslungsreiche, berührende und emotionsgeladene Geschichte rund um die drei Freunde Carl, Artur und Isi hinein zu ziehen.

Aus der rückblickenden Perspektive des jungen Protagonisten Carl erleben wir die Geschehnisse rund um das ungleiche, sehr sympathische Freundestrio und verfolgen voller Anteilnahme und Spannung ihre persönliche Entwicklung. Äußerst packend ist es, wie die so unterschiedlichen Protagonisten in dieser bewegten Zeit voller Umbrüche, Wandel und neuer Chancen jeder für sich zu bestehen versuchen und ihr Schicksal meistern.

Die Geschichte lebt neben der tollen eingefangenen, zeitgeschichtlichen Kulisse vor allem aber von seinen äußerst facettenreich angelegten Figuren. Die verschiedenen Charaktere sind allesamt detailliert ausgearbeitet, so dass sie mit ihren vielen Ecken und Kanten sehr lebensnah wirken.

Es sind so wundervolle, vielschichtige Charaktere, so dass ich sie schon im ersten Band ins Herz geschlossen und mit ihnen gebangt habe. Ob nun der sensible, immer noch etwas schüchterne Carl, der inzwischen unter Ernst Lubitsch als Kameramann arbeitet oder der clevere, vom Krieg gezeichnete Artur, der als sehr geschäftstüchtiger Boss einige Unterwelt-Etablissements leitet oder die selbstbewusste, kämpferische Isi mit ihrem etwas flatterhaften, rebellischen Wesen, die sich zunächst als Revolutionärin beim Spartakusbund engagiert – trotz all ihrer charakterlichen Unterschiede stehen sie bedingungslos füreinander ein und helfen einander in diesen schwierigen und turbulenten Zeiten.

Nach einer Fülle von fesselnden Verwicklungen, unerwarteter Wendungen und bewegender Momente endet die Geschichte mit einem recht offenen Ausklang.
Ich bin schon sehr gespannt, was das Schicksal für die drei sympathischen Freunde Carl, Artur und Isi noch alles bereithalten wird und freue mich schon sehr auf die Fortsetzung!

FAZIT
Eine fesselnde und mitreißend erzählte Fortsetzung mit tollem Berliner Lokalkolorit der 1920ger Jahre, einem fundierten zeitgeschichtlichen Hintergrund und lebendigen, sympathischen Charakteren!
Eine sehr lehrreiche Geschichtsstunde und ein ganz besonderes, sehr empfehlenswertes Leseerlebnis!!

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