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Veröffentlicht am 26.01.2022

Bewegende Schicksale, ein hochaktuelles Thema und ein spannendes Stück deutscher Zeitgeschichte

Unser kostbares Leben
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Frühling 1972 in der hessischen Kleinstadt Mainheim: Ein tragischer Badeunfall ihres Klassenkameraden Guy überschattet die bis dahin sorglose Kindheit von zwei Freundinnen Minka und Caro und hat eine tiefgreifende ...

Frühling 1972 in der hessischen Kleinstadt Mainheim: Ein tragischer Badeunfall ihres Klassenkameraden Guy überschattet die bis dahin sorglose Kindheit von zwei Freundinnen Minka und Caro und hat eine tiefgreifende Wirkung auf die weitere Entwicklung ihres Heimatortes. Er wird zu einer Industriestadt, was nicht nur positive Folgen nach sich zieht. Denn der Fortschritt und zunehmender Wohlstand erfolgen auf Kosten der Umwelt. Minka und Caro merken sehr schnell, dass die Veränderungen einen großen Schaden einrichten und engagieren sich für den Naturschutz, doch ihre Stimmen werden nicht ernst genommen. Und dann entdecken sie, dass in dem bis vor kurzem idyllischen Städtchen auch noch grausame Tierversuche stattfinden, von denen nur wenige Eingeweihte wissen.. Mutig beschließen sie, die Öffentlichkeit aufzuklären...

Und das ist erst der Anfang der Geschichte, denn Katharina Fuchs spannt in „Unser kostbares Leben“ einen großen Bogen, der bis in das Jahr 2021 reicht. Spannend und eindrucksvoll erzählt sie von den Schicksalen der drei Protagonistinnen Caro, Minka und Claire, einem vietnamesischen Waisenmädchen, das 1972 nach Mainheim kommt. Die Autorin schuf mit ihnen lebendige und facettenreiche Charaktere, die zwar sehr unterschiedlich sind, aber eins gemeinsam haben: Sie sind mutig, stark und bereit, für ihre Ziele zu kämpfen. Mir wurden alle drei schnell sympathisch, aber besonders beeindruckend fand ich Minka, die als Umweltaktivistin ihre Ideale tatsächlich lebt. Die Geschichte von Claire hat mich wiederum tief bewegt und schockiert, erst recht, nachdem ich etwas recherchiert und erfahren habe, dass Heimkinder früher tatsächlich als „leicht verfügbares Material“ für medizinische Tests benutzt wurden. Ein wahrlich dunkles Kapitel in der Geschichte der Pharmaforschung und ich finde es mutig und absolut richtig, dass die Autorin dieses wichtige Thema aufgreift.

Den Hintergrund für die fiktiven Schicksale der ProtagonistInnen bilden authentische politische und gesellschaftliche Ereignisse der 70er und 80er Jahre. Katharina Fuchs gelingt es sehr gut, den Geist dieser durch Krisen und Umbrüche gekennzeichneten Zeit in ihrem Buch einzufangen. Für mich, die in den 70er geboren wurde, war die Lektüre eine hochinteressante Reise in die Zeit meiner Kindheit und der frühen Jugend. Ich musste allerdings feststellen, wie sehr ich diese verklärt habe, nach dem Motto „Früher war alles besser“. Nicht wirklich – stinkende Luft, vergiftete Flüsse, grauenerregende Tierversuche... Mir wurde zum ersten Mal so richtig bewusst, wie egoistisch und kurzsichtig man damals in puncto Naturschutz gehandelt hat. Es gab ihn quasi noch nicht und der Schaden, der der Umwelt durch die Industrialisierung zugefügt wurde, ist erschreckend. Ich habe einen großen Respekt vor Menschen, die damals schon dessen Tragweite erkannt und sich für den Naturschutz engagiert haben. Ich hoffe sehr, dass dieser Roman, dessen wichtigste Botschaft für mich Minkas Worte sind „Wir können nicht darauf warten, dass die Zeit etwas verändert, wir müssen es selbst tun.“ zahlreiche Leser wachrüttelt und zum Handeln bewegt. Denn es geht um nichts weniger als unser aller Leben. Und dieses ist in der Tat kostbar.

Fazit: Mit ihrem neuesten Werk liefert Katharina Fuchs einen gut geschriebenen und bewegenden Roman, der – obwohl die Handlung fast ausschließlich im letzten Jahrtausend spielt – mit seinem Thema hochgradig aktuell ist und den Nerv unserer Zeit trifft. Von mir eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 24.01.2022

Eine grausame Geschichte!

Nebelkind
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Hans Juhlen, der Leiter des Amtes für Migration, wird von seiner Ehefrau im gemeinsamen Haus der beiden erschossen aufgefunden. Bei ihren Ermittlungen zu dem spektakulären Fall entdeckt die schwedische ...

Hans Juhlen, der Leiter des Amtes für Migration, wird von seiner Ehefrau im gemeinsamen Haus der beiden erschossen aufgefunden. Bei ihren Ermittlungen zu dem spektakulären Fall entdeckt die schwedische Polizei frappierende Zusammenhänge und wird mit menschlichen Abgründen konfrontiert, die an Grausamkeit kaum zu überbieten sind...

Ich gestehe, ich habe mich durch den Thriller durchkämpfen müssen. Er ist recht gut geschrieben, keine Frage. Die Spannung wird schnell aufgebaut und die Geschichte ist an sich nicht uninteressant, ja, das Thema hat durchaus Brisanz, allerdings war das Ausmaß an Brutalität und Grausamkeit, die hier geschildert werden, für mich persönlich nur schwer zu ertragen. Was mir arg gefehlt hat, waren sympathische, liebenswürdige Charaktere, die mit Empathie agieren und auf die schrecklichen Verbrechen angemessen reagieren. Die von der Autorin Emelie Schepp entworfenen Figuren sind seltsam kühl, sie tun zwar ihre Arbeit, aber das menschliche Leiden scheint sie nicht wirklich zu berühren. So fehlt ein Gegenpol zum Bösen, der in ähnlichen Büchern aus meiner Sicht notwendig ist, um sich den Glauben an das Gute im Menschen zu bewahren und moralisch gestärkt das Buch zur Seite legen zu können.

Alles in allem konnte ich mich für den Roman nicht begeistern und es ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar, wie "Nebelkind" in Schweden ein Bestsellerphänomen werden konnte...

Veröffentlicht am 24.01.2022

Eine Zukunftsvision, die Angst macht

Girl in a Strange Land
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Die 15-jährige Sophia lebt mit ihrer Mutter im Tal der Erweckten, einer streng religiösen Gemeinde, die von der Außenwelt abgeschottet ist. Die Macht liegt dort in den Händen von einer Gruppe Geistlicher, ...

Die 15-jährige Sophia lebt mit ihrer Mutter im Tal der Erweckten, einer streng religiösen Gemeinde, die von der Außenwelt abgeschottet ist. Die Macht liegt dort in den Händen von einer Gruppe Geistlicher, die von dem sog. Letzten Bischof angeführt werden. Mit zweifelhaften Methoden versuchen diese, die Bewohner des Tals zum Gehorsam zu zwingen und trichtern denen ein, die restliche Welt befände sich im Krieg und werde von Dämonen beherrscht. Das glaubt auch Sophia. Doch als sie sich in den jungen Mirco verliebt und durch ihn an verbotene Bücher gelangt, wird ihr Glaube erschüttert, erst recht, nachdem ihr Freund eine Flucht wagt und ihr eine Botschaft sendet. Sophia versucht, gegen ihre Zweifel anzukämpfen, doch die Liebe ist stärker: Sie setzt alles auf eine Karte und folgt Mirco in eine ihr völlig fremde Welt...

Von Karl Olsberg kannte ich bereits den Jugendroman „Boy in a White Room“, den ich zwar ziemlich verwirrend, trotzdem gut geschrieben und sehr spannend fand. Bei „Girl in a Strange Land“ habe ich auf ähnlich interessante Lektüre gehofft und wurde nicht enttäuscht. Sophias Geschichte zog mich von der ersten Seite an in ihren Bann und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Doch ich gestehe, die zweite Hälfte des Romans hat mir Angst gemacht. Die hier dargestellte Welt der Zukunft ist in meinen Augen ein Alptraum schlechthin! Und das Schlimmste ist, wir sind nicht mehr weit davon entfernt! Manche Dinge entspringen sogar nicht der Phantasie des Autors, sondern gehören bereits zu unserem Alltag... Ich möchte nicht spoilern, deswegen verrate ich keine Details. Meine Hoffnung ist allerdings, dass ich mit meiner Meinung nicht allein stehe und dass „Girl in a Strange Land“ viele Leser ähnlich wachrüttelt. Wenn wir oder unsere Kinder und Enkel nicht irgendwann in einer ähnlichen Welt leben sollen, muss ein Umdenken stattfinden!

Fazit: Ein spannender und tiefsinniger Roman, der nicht nur gut unterhält, sondern auch wichtige Fragen aufwirft. Übrigens: Auch für erwachsene Leser durchaus zu empfehlen!

Veröffentlicht am 10.01.2022

Ein mörderischer Sommer in Oslo

Das fünfte Zeichen (Ein Harry-Hole-Krimi 5)
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Mitten in einem heißen Sommer wird Oslo von einer Mordserie erschüttert. Da urlaubsbedingt ein Mangel an Polizeikräften herrscht, wird auch der alkoholabhängige Kommissar Harry Hole beordert, bei den Ermittlungen ...

Mitten in einem heißen Sommer wird Oslo von einer Mordserie erschüttert. Da urlaubsbedingt ein Mangel an Polizeikräften herrscht, wird auch der alkoholabhängige Kommissar Harry Hole beordert, bei den Ermittlungen mitzuwirken. Diese gestalten sich als sehr schwierig und stellen die Polizei vor mehrere Rätsel. Um dem Mörder auf die Spur zu kommen geht Hole an seine Grenzen...

Es war mein erster Roman von Jo Nesbo. Ich gestehe, für skandinavische Krimis und Thrillers hatte ich bisher nicht wirklich was übrig. Auch bei diesem musste ich mich zuerst etwas durchkämpfen und fand den Einstieg eher schwierig. Doch dann fiel mir das Lesen von Seite zur Seite leichter, ich gewöhnte mich an den eigenartigen, zugegeben recht originellen Schreibstil und fand sogar Gefallen daran, Harry Hole bei seinen Ermittlungen zu begleiten. Zwar bin ich nach der Lektüre nicht wirklich ein Fan von Jo Nesbo geworden, doch ich fand das Buch durchaus gut geschrieben und ziemlich spannend. Auch die Charaktere – allen voran den skurrilen Kommissar - fand ich interessant und gut entworfen. Ich könnte mir von daher gut vorstellen, in Zukunft einen weiteren Band aus dieser Reihe zu lesen.

Veröffentlicht am 22.12.2021

Auf der Suche nach der Wahrheit

Die stille Kammer
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Susan Webster geschah Schreckliches: Offenbar hat die junge Mutter und glückliche Ehefrau ihren drei Monate alten Sohn Dylan umgebracht. Ihr fehlt jedoch jegliche Erinnerung an diese Tat. Nach fast drei ...

Susan Webster geschah Schreckliches: Offenbar hat die junge Mutter und glückliche Ehefrau ihren drei Monate alten Sohn Dylan umgebracht. Ihr fehlt jedoch jegliche Erinnerung an diese Tat. Nach fast drei Jahren Aufenthalt in der Forensischen Psychiatrie ist sie wieder frei und lebt unter einem neuen Namen in einer Stadt, wo keiner sie kennen dürfte. Doch dann erhält sie einen mysteriösen Brief adressiert an ihren echten Namen, in dem ein Foto eines ca. dreijährigen Jungen steckt. Auf der Rückseite des Fotos stehen Worte: Dylan - Januar 2013. Dies weckt in der jungen Frau die Hoffnung, dass ihr Sohn noch am Leben und sie das Opfer einer teuflischen Intrige ist. Sie fängt an, Nachforschungen anzustellen und kommt grauenhaften Dingen auf die Spur...

Jenny Blackhurst liefert mit diesem Buch einen spannenden Psychothriller, dem eine interessante Idee zugrunde liegt. Sie schafft es, gleich auf den ersten Seiten die Neugier des Lesers zu erwecken. Ich zumindest war schnell in der Geschichte drin und fieberte mit. Die Spannung hält bis zum Schluss an und die Handlung wartet mit einigen überraschenden Wendungen auf. Auch bei den Protagonisten hat die Autorin eine gute Arbeit geleistet: Sie sind durchdacht und überzeugend.

Alles in allem ist „Die stille Kammer“ ein solider Thriller, der mich zwar nicht wirklich begeistert, mir aber durchaus einige unterhaltsame Lesestunden beschert hat.