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Veröffentlicht am 09.03.2024

Gesunde Geschäfte

Bad Business. Deal mit dem Tod
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Seit vier Jahren ist Mikaela – Mieke – Jentsch Stellvertreterin des betriebswirtschaftlichen Klinikleiters Blumental. Als dieser Selbstmord begeht, soll sie seine Position übernehmen und die Reha-Anstalt ...

Seit vier Jahren ist Mikaela – Mieke – Jentsch Stellvertreterin des betriebswirtschaftlichen Klinikleiters Blumental. Als dieser Selbstmord begeht, soll sie seine Position übernehmen und die Reha-Anstalt an einen profitorientierten Konzern verkaufen. Was ihr kürzlich noch als verlockender Karrieresprung vorgekommen ist, stellt sich nun doch eher als skrupelloser, kaltblütiger Deal dar, der viele Opfer fordert, bis sie selbst Opfer von mysteriösen Anschlägen wird.

Von der ersten Seite weg gibt Lucie Flebbe ein sehr hohes Tempo vor. Extrem kurze Kapitel bedingen rasante Schauplatzwechsel, man kann sich als Leser oft kaum auf eine Szene einstellen, ist sie auch schon wieder vorüber. So dauert es eine Weile, bis man sich einen Überblick verschaffen kann über die verschiedensten Figuren und ihre Beweggründe zu handeln. Miekes Position ist klar und so begleite ich sie gerne, andere Personen bleiben mir bis zum Ende hin fremd. Ich frage mich lange, welche Rolle manch schräge Charaktere mit Suizidgedanken spielen oder warum Illegale eingeschleppt werden. Im Laufe der Zeit werden alle Fragen beantwortet, der Rösselsprung durch die Handlung irritiert mich aber dennoch.

Das Thema Geschäfte mit der Gesundheit hat durchaus Relevanz und ist gar nicht so weit entfernt von der Realität. Das Geschehen in diesem Kriminalroman ist jedoch sehr eigenwillig und überzeichnet dargestellt, die Glaubwürdigkeit leidet darunter. Mit ihrer außergewöhnlichen Schreibweise erweckt Flebbe wohl Aufmerksamkeit und hebt sich vom durchschnittlichen Kriminalroman ab, ein Mitfiebern mit den Figuren hat es jedoch für mich nicht gegeben, was ich schade finde. Ziemlich anders als erwartet ruft dieses Buch nun aber doch Neugierde hervor auf weitere Krimis dieser Autorin. Spannend ist Bad Business jedenfalls!

Veröffentlicht am 22.02.2024

Vater

Yoga Town
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Lucy ist Yogalehrerin und hält gerade einen Kurs ab, als ihr Vater Lou ins Studio platzt und vermeldet, dass Corinna, ihre Mutter und gleichzeitig seine Ex-Frau, verschwunden ist. Kurzerhand beschließen ...

Lucy ist Yogalehrerin und hält gerade einen Kurs ab, als ihr Vater Lou ins Studio platzt und vermeldet, dass Corinna, ihre Mutter und gleichzeitig seine Ex-Frau, verschwunden ist. Kurzerhand beschließen Lucy und Lou, gemeinsam nach Indien aufzubrechen, auf den Spuren einer Reise, welche der Vater bereits im Jahre 1968 mit seinem Bruder und zwei jungen Frauen unternommen hat. Daniel Speck erzählt zwei Geschichten, welche immer mehr zu einer verschmelzen, Hippiezeit, Beatles, Yoga und Selbstfindung sind die abenteuerlichen Zutaten dafür.

Detailreich und lebendig sind die Szenen, realistisch die teils übergriffigen Dialoge insbesondere während der Phasen, in welchen Gras geraucht und LSD konsumiert wird, rasch wechseln die Zeitebenen zwischen Lou in der alten und Lou in der neuen Indienerzählung, wodurch sich manche Verwirrung ergibt. Ein verbeulter VW-Bully, Lieder von den Beatles, Jimy Hendrix oder Cat Stevens (am Ende des Buches gibt es eine übersichtliche Playlist), spiegeln das Streben nach Liebe, Frieden und Freiheit perfekt wider. Allerdings schleicht sich manche Langatmigkeit ins Geschehen, so, als ob man selbst benebelt ist vom Drogenrausch und die zunehmend englischsprachigen Textsplitter stören den ansonsten angenehmen Lesefluss. Die Figuren sind zwar plastisch, aber dennoch kaum greifbar, es ist, als wäre der Leser ein ferner Beobachter der Szenen, Nähe oder gar Mitgefühl kommen kaum auf. Zum Ende hin nimmt die Geschichte aber eine überraschende Wendung, und hier entstehen tatsächlich auch berührende Bilder, welche dieses Buch letztendlich wieder zu einem lesenswerten Erlebnis werden lassen.

Viel Hippie-Rausch, mitreißende Popsongs und energetisierende Shantigesänge umrahmen diese Familiengeschichte, welche trotz einiger Kritikpunkte einen interessanten Blick in den indischen Ashram gewährt.

Veröffentlicht am 17.02.2024

Schweigen

Leuchtfeuer
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Die Geschwister Sarah und Theo sitzen gemeinsam im Buick ihrer Mutter, mit von der Partie ist ihre Freundin Misty. Was als Spaß unter betrunkenen Jugendlichen beginnt, endet in einer Tragödie, ein Mantel ...

Die Geschwister Sarah und Theo sitzen gemeinsam im Buick ihrer Mutter, mit von der Partie ist ihre Freundin Misty. Was als Spaß unter betrunkenen Jugendlichen beginnt, endet in einer Tragödie, ein Mantel des Schweigens wird seitdem über diese denkwürdige Nacht gebreitet. Wie dieses Geheimnis selbst zwanzig Jahre später noch das Leben von Sarah und Theo bestimmt, erzählt Dani Shapiro in diesem Buch.

Alles beginnt mit der Nacht der Autofahrt im Jahre 1985, spannende Szenen wecken die Neugierde des Lesers. Dann wechselt die Autorin abrupt zum Dezember 2010, wo verschiedene Figuren begleitet werden und jeweils einen kurzen Ausschnitt aus ihrem Leben präsentieren. Weiter geht es in flottem Wechsel quer durch unterschiedlichste Zeitabschnitte, insgesamt darf man Szenen von 1970 bis 2020 betrachten, allerdings nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern vielmehr wie zufällig hingeworfene Schnipsel, die erst ihren Platz im gesamten Puzzle finden müssen. Dies passt gut zu Waldos Theorie, dass alles im Universum zusammengehört, dass jedes Ereignis selbst wieder zahllose andere Ereignisse beeinflusst. So weit, so gut. Die vorgestellten Figuren sind interessant, auch wenn sie immer wieder nur für einen kurzen Abschnitt ins Bild kommen, die grobe Handlung ist ansprechend, obwohl sie eher aus Blitzlichtern als aus zusammenhängenden Szenen besteht. Und hier setzt auch schon meine Kritik an, denn es fehlen etliche Jahre nach 1985, die mich sehr interessiert hätten. Was ist mit Sarah und Theo direkt danach passiert, was mit ihren Eltern? Vergessen und Schweigen unter den Protagonisten finden sich sinnbildlich im Buch als Lücke wieder. Zusammenhalt bietet nur der „galaktische Superhaufen“, mit dem sich der Nachbarbursche Waldo etliche Jahre später schon in seinen Kindheitstagen beschäftigt und damit zum Außenseiter abgestempelt wird.

Spannende Grundgedanken, chaotische Zeitsprünge, viele offene Fragen, durchaus aber auch einige sympathische Figuren in einem recht ungewöhnlichen Rahmen – das bleibt mir von „Leuchtfeuer“ im Gedächtnis.

Veröffentlicht am 10.02.2024

Wegweiser

24 Wege nach Hause
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Petra und ihre zwölfjährige Nichte Charlie übersiedeln von Stockholm in das kleine Dorf Nyponviken im südschwedischen Schonen, nachdem Charlies Mutter Alice an Krebs verstorben ist. Allerdings wissen sie ...

Petra und ihre zwölfjährige Nichte Charlie übersiedeln von Stockholm in das kleine Dorf Nyponviken im südschwedischen Schonen, nachdem Charlies Mutter Alice an Krebs verstorben ist. Allerdings wissen sie kaum etwas von dieser Gegend, in welcher die Familie eine Wohnung besitzt. Viveca aus der benachbarten Gärtnerei - ebenso wie etliche andere Einheimische - heißen die beiden Neuankömmlinge freundlich willkommen, lediglich deren Mutter Berit wirkt abweisend auf Petra. Ein Adventkalender vor Petras Tür sorgt dann als Wegweiser für ein spannendes Kennenlernen wichtiger Stationen im Dorf und für eine völlig unerwartete Überraschung.

Anfangs braucht es seine Zeit, bis man sich einen Überblick verschafft in dieser Adventgeschichte, aber die überwiegend sympathischen Charaktere verbreiten dann doch eine angenehme Atmosphäre. Insbesondere Charlie und Viveca tragen die Handlung und wirken mit ihren Reaktionen und Aussagen sehr authentisch. Andere Figuren hingegen bleiben eher blass, der zarten Romanze zwischen Petra und Nick fehlt es leider an Emotionen und spürbaren Gefühlen. So plätschert das Geschehen im weihnachtlichen Dorf zeitweise nur langsam dahin, bei einem der letzten Adventkalendertürchen jedoch überrascht Jenny Fagerlund mit einer ganz unerwarteten Enthüllung.

Eine sehr gute Idee für das Grundgerüst, ein weihnachtliches Dorf als Kulisse bringen Pluspunkte, leider bleibt die Handlung eher oberflächlich, erst zum Ende hin kommt es zu berührenden Szenen. Alles in allem aber doch ein netter Roman, um sich die Wartezeit aufs Christkind zu verkürzen.

Veröffentlicht am 06.02.2024

Testphase

Die Burg
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Der gewitzte Milliardär Nevio lädt ein zur Testphase in seiner zum Escape-Room umgebauten Burg Greiffenau. Modernste Technologien und riesige LED-Bildschirme lassen die unterschiedlichsten Welten – Vampirschloss, ...

Der gewitzte Milliardär Nevio lädt ein zur Testphase in seiner zum Escape-Room umgebauten Burg Greiffenau. Modernste Technologien und riesige LED-Bildschirme lassen die unterschiedlichsten Welten – Vampirschloss, Ritterburgen oder wilde Gebirge - entstehen, Lautsprecher sorgen für akustische Untermalung, Luftdüsen für Gänsehaut oder Schweißperlen am ganzen Körper. Koordiniert wird all das von einer genauestens trainierten Künstlichen Intelligenz, welche aber diesmal außer Rand und Band gerät und selbst über das Schicksal der Expertengruppe bestimmt – oder setzt sie tatsächlich nur wortwörtlich jene Wünsche um, welche anfangs geäußert worden sind? Ein unvorhersehbares Abenteuer kann beginnen.

Mit eindrucksvollen Bildern und ihrer gewohnt fesselnden Schreibweise punktet Poznanski auch diesmal vom Beginn weg. Der Leser trifft auf Burg Greiffenau ein, ebenso wie ein anderer Escape-Room-Betreiber, eine Influencerin, ein Hochleistungssportler, eine Gewinnerin eines Rätselspiels und ein Historiker. Das Kennenlernen bleibt oberflächlich, ebenso wie die Charakteristik der meisten Figuren während der Handlung. Das Hauptaugenmerk liegt eindeutig auf den Effekten in den einzelnen Kammern, welche am darauffolgenden Tag ausgekostet werden sollen. Bis etwa zur Hälfte des Buches wird Spannung aufgebaut und Neugierde geweckt, dann aber dreht sich das Verwirrspiel eher langatmig im Kreise und lässt den Leser immer öfter abschweifen mit seinen Gedanken. Der Sog, der über die ersten Kapitel sehr gut aufgebaut worden ist, geht langsam verloren, erst zum Ende hin wird es wieder spannend mit der Auflösung des Rätsels.

Als treue Poznanski-Leserin war „Die Burg“ zum Thema Künstliche Intelligenz, gemeinsam mit einem abenteuerlichen Escape Game, selbstverständlich sofort auf meiner Wunschliste und darf – abgesehen von einigen Längen im Mittelteil – durchaus als lesenswert empfohlen werden.