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Veröffentlicht am 14.12.2025

Fern der Erinnerung

Kohle, Stahl und Mord: Das Totenhaus
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Psychiaterin Jana Fäller bekommt in der Nachtschicht eine neue Patientin: eine blutüberströmte Frau Mitte dreißig ohne jegliche Erinnerung daran, wer sie ist und woher das Blut stammt. Janas Freundin, ...

Psychiaterin Jana Fäller bekommt in der Nachtschicht eine neue Patientin: eine blutüberströmte Frau Mitte dreißig ohne jegliche Erinnerung daran, wer sie ist und woher das Blut stammt. Janas Freundin, Elin Akay von der Mordkommission Essen, findet in einer verlassenen Villa die entsprechende Leiche von Ali Surat, dem Sohn des Friedensrichters Rabih Surat und vermutet anfänglich die Rivalität verschiedener Clans als Mordmotiv. Aber es gibt bald noch andere mögliche Anlassfälle und auch mehrere Verdächtige.

Angesiedelt im Ruhrpott, geht es im zweiten Band dieser Reihe um das Ende des Kohlenbergbaus und um neue Arbeitsplätze, neue Identitätsmuster, welche die Kameradschaft und den Zusammenhalt unter Tage ablösen können. Viele Jahre nach dem Schließen der letzten Zeche werden wiederholt Mordopfer in der Stinnesvilla - mittlerweile Totenhaus genannt - gefunden, die Spur führt Elin weit zurück in jene Zeit, in der der Berg noch eine Goldgrube gewesen ist. Spannende Rückblicke und tagebuchartige kursiv gedruckte Abschnitte geben die einzelnen Puzzlestücke zur Lösung nur langsam preis, lassen die Ermittler der Mordkommission ebenso wie die neugierigen Leser grübeln und unterschiedlichste Schlüsse ziehen aus dem Wenigen, das ans Licht befördert wird. Hat man es mit einem Konflikt unter den Clans zu tun oder ist ein Serientäter am Werk? Wie passt Ali ins Geschehen und warum ist gerade das Haus eines Zechendirektors Schauplatz des Grauens? Abwechslungsreiche Themengebiete, unter anderem die therapeutische Herangehensweise an tiefgehende Erinnerungslücken, lassen den Krimi kurzweilig und flott voranschreiten, den Leser in die Atmosphäre des Ruhrpotts eintauchen und die Welt eines großen Ballungsraumes mit all seinen Konflikten erspüren.

Ein spannender Krimi mit glaubwürdigen Figuren, wie sie im realen Leben genau so vorkommen könnten und einer logisch aufgebauten Handlung rund um den toten Araber. Nicht zuletzt sind der lebendige Schreibstil und die bildhaften Szenen Grund für meine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 11.12.2025

Enge Bande

Wem du traust
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Eva und Daniel leben zufrieden mit ihrem fünfjährigen Sohn Linus in einer ruhigen Neubausiedlung. Sehr oft ist auch Sofia Gast, die fünfzehnjährige Tochter von Evas bester Freundin Susanne. Nach einem ...

Eva und Daniel leben zufrieden mit ihrem fünfjährigen Sohn Linus in einer ruhigen Neubausiedlung. Sehr oft ist auch Sofia Gast, die fünfzehnjährige Tochter von Evas bester Freundin Susanne. Nach einem Babysittereinsatz bringt Daniel Sofia nach Hause, allerdings kommt die Jugendliche dort nie an. Ist das eher in sich zurückgezogene Mädchen von daheim ausgerissen oder hat gar Daniel mit ihrem Verschwinden etwas zu tun?

Stete leise Spannung begleitet diesen fesselnden Kriminalroman, wenige, besonders gekonnt gezeichnete Figuren beherrschen die spannende Handlung. Wir lernen die familiären Beziehungen, Freundschaften und engen Bande zwischen den einzelnen Personen kennen, wagen uns an Bewertungen und müssen diese aufgrund unterschiedlicher Sichtweisen doch wieder verwerfen. Dann kommt noch ein sogenannter Cold Case ins Spiel und mischt die Karten wiederum neu. Interessante und wichtige Themen wie Autismus und häusliche Gewalt finden Eingang ins Geschehen, kursiv gedruckte Abschnitte wecken Neugierde und bringen das Gedankenkarussell beim Leser in Schwung. Schlussendlich bewahrheiten sich meine Vermutungen zum Teil, die Aufklärung des Falles verläuft dennoch anders als erwartet – bestens gelungen!

Ein weiterer logisch aufgebauter Kriminalroman von Petra Johann, der sowohl sprachlich als auch inhaltlich überzeugt und besonders die Tragfähigkeit in Beziehungen auf den Prüfstand stellt. Absolut lesenswert!

Veröffentlicht am 08.12.2025

Wahre Wunder

Der Dschinn deines Herzens
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Laura ist ein unscheinbares graues Mäuschen - und unzufrieden mit sich selbst und ihrem Umfeld. In der Arbeit wird sie ausgenutzt, aber ansonsten kaum beachtet, ihr Nachbar lässt seinen Ärger an ihr aus, ...

Laura ist ein unscheinbares graues Mäuschen - und unzufrieden mit sich selbst und ihrem Umfeld. In der Arbeit wird sie ausgenutzt, aber ansonsten kaum beachtet, ihr Nachbar lässt seinen Ärger an ihr aus, selbst wenn sie offensichtlich nicht schuld ist am Lärm oder Mist im Haus. Als sie am Flohmarkt eine besondere Flasche ersteht, ändert sich so einiges in Lauras Leben, allem voran jedoch Laura selbst.

Eine stimmige Geschichte mit einer absolut glaubwürdigen jungen Dame als Hauptfigur stellt Katja Ollech hier vor und trifft mit ihrem Büchlein mitten ins Herz. Ein Geist aus der Wunderlampe vermag Laura drei Wünsche zu erfüllen, vorausgesetzt, sie denkt genau darüber nach, was ihr sehnlichster Begehr ist. Dass dem gar nicht so einfach ist, zeigen die Zweifel und ziellosen Überlegungen Lauras. Ihr Dschinn darf aber keinen Entscheidungen vorgreifen, sondern höchstens ein wenig lenken, um demjenigen Menschen zu helfen, dem er gerade zugeteilt ist. In kurzen, einfühlsamen Lektionen geht es Richtung Selbstliebe, gesunden Egoismus, Abgrenzung und Miteinander und um seinen Platz in der Welt. Was ist wichtig, was braucht man als Einzelperson, was kann man an andere weitergeben? Viele Fragen werden aufgeworfen, die Beantwortung muss jeder für sich treffen, wird aber bestens unterstützt durch den guten Geist, der in allerlei Hinsicht hilfreich zur Seite steht, um wahre Wunder zu bewirken. Warmherzig und ohne jeglichen erhobenen Zeigefinger leitet die Autorin Laura und ihre Leser an zu mehr Zufriedenheit im Leben und vereinfacht die sofortige Umsetzung mit praktischen Tipps.

Ein wertvoller Ratgeber in Form eines bezaubernden Märchens, das bestimmt viele Leser zu berühren vermag und Mut für Veränderungen stiftet. Mir hat es einen wunderschönen Nachmittag beschert, gerne vergebe ich fünf Sterne.


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Veröffentlicht am 04.12.2025

Gefährliche Finger

Der Kurator
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Drei Fingerpaare werden an unterschiedlichen Orten gefunden, drei Personen sind verstümmelt, ja tot, soweit die Analyse der Gliedmaßen in der Pathologie ergibt. Das recht schräge Team, bestehend aus Chefin ...

Drei Fingerpaare werden an unterschiedlichen Orten gefunden, drei Personen sind verstümmelt, ja tot, soweit die Analyse der Gliedmaßen in der Pathologie ergibt. Das recht schräge Team, bestehend aus Chefin Stephanie Flynn, Ermittler Washington Poe, Pathologin Estelle Doyle und Analystin Tilly Bradshaw, ist gefordert, denn bald stellt sich heraus, dass der Täter extrem gefährlich sein muss.

Flott geht es mitten ins Geschehen, grausige Details trüben den weihnachtlichen Glanz, Makabres und Humorvolles wechseln einander ab und sorgen für stete Kurzweil. Eine düstere Atmosphäre passt zu den tollkühn platzierten Fingern, Wortspiele und kollegiales Geplänkel lassen die Handlung und insbesondere die Figuren authentisch und glaubwürdig erscheinen. Details zum Hobby Drachensteigen und viele andere knifflige Erläuterungen zu speziellen Sachverhalten charakterisieren nicht nur das engagierte Team rund um Flynn, sondern verleihen diesem Krimi auch sein ganz besonderes Flair.

Ein weiteres Lesevergnügen aus der Reihe „Washington Poe und Tilly Bradshaw ermitteln“, deren Bände ganz unabhängig voneinander gelesen werden können. Beste Unterhaltung ist hier garantiert.

Veröffentlicht am 02.12.2025

Allein

Der Nachbar
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Monophobie, das Unvermögen allein sein zu können, begleitet Strafverteidigerin Sarah Wolff seit ihrer Kindheit. Nach einer einschneidenden Entscheidung lässt sie sich mit ihrer Tochter Ruby in einer Neubausiedlung ...

Monophobie, das Unvermögen allein sein zu können, begleitet Strafverteidigerin Sarah Wolff seit ihrer Kindheit. Nach einer einschneidenden Entscheidung lässt sie sich mit ihrer Tochter Ruby in einer Neubausiedlung am Rande von Berlin nieder, ohne zu wissen, dass sie bei jedem Schritt beobachtet wird.

Mit Einstein gehen wir anfangs ins Gefängnis, mit Sarah betreten wir gleich darauf das Halbdunkel einer Waldhütte. Rasch wechselnde Orte und Szenen, eine Fülle an Informationen und dennoch nie das gesamte Bild – so sehen wir das, was wir sehen sollen und fragen uns bisweilen, ob Sarah an einer Persönlichkeitsstörung leidet oder wir als Leser einfach nicht alle Details richtig ins Puzzle einordnen können. Flott und beklemmend geht es durch kurzweilige Kapitel, die Bewertung der einzelnen Figuren fällt durchwegs schwer und gibt Rätsel auf. Zwischendurch sorgen brutale Foltermethoden für Gänsehaut und rasches Weiterlesen, denn einerseits will man kaum alle Grausamkeiten wie in Zeitlupe miterleben oder gar auskosten, andererseits steigt die Neugierde auf das Warum von Seite zu Seite. Das fast zu abrupte Ende kann der gesamten Handlung dann auch keinen Abbruch tun, schließlich muss nicht jeder Schritt seziert werden und die wesentlichen Fragen sind geklärt.

Viele Rätsel, Kindheitstraumata und engelsgleiche Stalker sorgen für Nervenkitzel, die Angst, allein zu sein, ist nichtig, denn lieber wäre man dann doch allein, nicht wahr? Leseempfehlung!