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Veröffentlicht am 12.09.2021

Mordermittlung aus ungewohnter Perspektive

Der tote Journalist
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Gesa Jansen ist seit dem Verschwinden ihres Freundes mitten in den Kriegswirren in Syrien nach Hamburg zurück gekehrt und hat den Job als Kriegsreporterin an den Nagel gehängt. Nun ist sie seit rund 5 ...

Gesa Jansen ist seit dem Verschwinden ihres Freundes mitten in den Kriegswirren in Syrien nach Hamburg zurück gekehrt und hat den Job als Kriegsreporterin an den Nagel gehängt. Nun ist sie seit rund 5 Jahren zweite Polizeireporterin hinter Uwe Stolter bei der Hamburger Abendpost. Fast so aufregend, aber nicht so gefährlich, wie als Kriegsreporterin denkt sie, bis Uwe plötzlich tot zusammenbricht: Vergiftet! Nun erhält Gesa den Auftrag den Mord an Uwe aufzuklären und zur Unterstützung den Kulturredakteur Björn Dalmann zur Seite gestellt. Stand Uwes Tod im Zusammenhang mit seinen aktuellen Recherchen? Doch woran arbeitete er? Weiß sein letzter Kontakt doch mehr, als er zugibt? Gesa und Björn führt es in die Untiefen von Korruption, Drogenhandel und die Vergangenheit.

Gesa ist klein, zu klein für den Polizeidienst, den sie gerne angetreten hätte, aber zu dem ihr ein entscheidender Zentimeter gefehlt hat. Das macht sie aber nicht weniger hartnäckig und der Wahrheit, sowie dem Schutz ihrer Quellen verpflichtet. Ihr neuer Kollege ist ein schöngeistiger Romantiker, so scheint es ihr. Doch schon schnell muss sie feststellen, dass auch ein Kulturfutzi nützliche Kontakte haben kann. Für Gesa ist es ungewohnt auf einmal nicht mehr als einsame Wölfin durch die Stadt zu streichen, sondern einen Partner zu haben, der trotz seiner anfangs mangelnden Leidenschaft fürs Thema, absolut teamfähig ist. Eine Seltenheit in ihrer Branche.

In diesem Krimi geht es vor allem um Machtmissbrauch. Da dieser bekanntlich von Mächtigen ausgeübt wird, ist er besonders schwer aufzudecken, denn wo Macht ist, ist auch Geld und zusammen regieren sie die Welt. Das verleiht den Tätern aber auch das Gefühl unangreifbar zu sein und schon schleichen sich Fehler ein, Fehler die Gesa und Björn nur finden müssen. Nach und nach rekonstruieren sie sorgfältig Uwes letzten Tag und finden immer mehr Unstimmigkeiten. Doch warum werden sie angelogen? Das häufigste Motiv ist Selbstschutz, doch warum und vor was?

Der Ermittlungsblick mal aus journalistischer Sicht ist für mich neu und ungewohnt. Dabei verleihen Gesa und Björn ihm auch eine neue Note, denn sie sind der Wahrheit verpflichtet, nicht der Titelstory. Eine Einstellung die sie immer wieder in den Konflikt mit ihrer Chefin bringt, die ihre Wurzeln langsam zu vergessen scheint. Der Konkurrenzkampf ist enorm, doch das neue Team stellt fest, dass Teilen lohnt. Uwe war an so vielen Themen dran, dass sie diese alle gar nicht gleichzeitig neben der Mordermittlung verfolgen können. So binden sie Alexandra vom Politressort ein, die ebenfalls eine positive Ausnahme im Haifischbecken der Einzelkämpfer darstellt. Gemeinsam geht es einfach besser. Allerdings ist der Einsatz hoch, um den sie spielen und Gesa kommt nicht ungeschoren davon. Welch einen wohltuenden Rückzugsort bietet da ihr kleines Häuschen mit Bootsanleger im Alten Land. Hier erfährt man auch mehr über sie und ihre Beweggründe, die Trauer die sie bis heute nicht loslässt. Auch Björn ist nicht so ein unbeschriebenes Blatt wie Gesa zu Beginn meint, doch seine persönlichen Dämonen sind ganz anderer Natur und werden ihm hier sehr direkt vor Augen geführt. Ob er diesen Loyalitätskonflikt aushalten kann? Das wird sich wohl in der Fortsetzung „Feuer im alten Land“ zeigen.

Sowohl die Charaktere, als auch die ungewöhnliche Arbeitsweise aus Journalisten Sicht hat mir sehr gut gefallen. Ein wirklich gutes Debüt, das neugierig auf die Fortsetzung macht. Allerdings hätte mich bei den zwei Nebenermittlungen wirklich interessiert, was aus den Mächtigen geworden ist, deren Machenschaften hier aufgedeckt wurden. Da kam mir die Auflösung etwas zu kurz. Insgesamt lässt sich der Krimi flüssig lesen. Der Kontrast zwischen dem Alten Land, in dem die Welt noch in Ordnung scheint und dem Machtmolloch der Großstadt fand ich reizvoll. Ich bin gespannt, wie es mit Gesa und Björn weitergeht.

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Veröffentlicht am 07.09.2021

Lang ersehnte Fortsetzung!

Ein Zwergmammut verschenkt man nicht
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Endlich Neuigkeiten von Kreta-Zwergmammut Norbert, das der elfjährige Henry mit seinen besten Freunden Finn und Zoe nach dem Fund im Wald heimlich auftaute. Inzwischen sind Norbert und Henry berühmt, aber ...

Endlich Neuigkeiten von Kreta-Zwergmammut Norbert, das der elfjährige Henry mit seinen besten Freunden Finn und Zoe nach dem Fund im Wald heimlich auftaute. Inzwischen sind Norbert und Henry berühmt, aber auch Promis brauchen mal eine Pause. Daher fliegen Henry und Norbert mit der coolen, schottischen Granny Scarlett für eine Woche nach Kreta, die Sonne und das Meer und für Norbert natürlich die Zitronen genießen. Schon der Empfang am Flughafen macht ganz deutlich, wie berühmt und beliebt Norbert auf Kreta ist. Jeder will ihn ungefragt anfassen, ihn fotografieren und der rote Teppich ist ausgerollt. Im Hotel erwartet sie dann noch eine Einladung des abgedankten König Konstantin von Griechenland in seine Sommerresidenz. Doch die Aufregung hat auch ihre Schattenseiten, nicht nur dass der König Norbert als würdiges Gastgeschenk behalten möchte, jemand versucht auch ihn zu entführen. Henry fühlt sich ohne Finn und Zoe völlig überfordert, aber zum Glück trifft er im Garten des Königs Aliki, die Tochter des deutschen Gärtners. Schon bald bilden sie ein super Team zur Rettung des Mammuts.

Dieses Buch hat drei Vorgängerbände, in denen Henry und seine zwei besten Freunde je einen ungewöhnlichen tierischen Gefährten finden. Doch Zoe und Finn kommen nicht mit in den Urlaub und so lässt sich dieser Band auch sehr gut ohne jegliche Vorkenntnisse lesen. Wer also restlos begeistert von Norberts Griechenland Abenteuer ist, kann anschließend einfach noch die drei Bände davor lesen, das macht von der Reihenfolge her nichts, sofern man bei dieser Reihe dann mit dem Mammut beginnt und beim Lama endet. Da die Schriftgröße absolut entspannt groß ist, und die Geschichte sowohl witzig, als auch altersgerecht spannend (aber eben nicht grausam), endeckt vielleicht so mancher Leseanfänger/Leseanfängerin ab 8 Jahren ein neues Hobby für sich. Die Vignetten sind hinreißend von der bekannten Illustratorin Eva Schöffmann-Davidov (Liliane Susewind) erschaffen. Jedes Kapitel beginnt mit einem super Mammutbild. Wir finden allerdings, dass Leser ab 8 Jahren gerne noch mehr Illustrationen hätten, insbesondere bei so einem coolen Helden wie Henry. Das griechische Muster zum Seitenabschluss und die kleinen Deko-Zitronen zur Abschnittskennzeichnung sind zwar wirklich liebevoll und stylisch, für die Zielgruppe, die sich ja manchmal noch mit dem Lesen schwer tut, wären mehr Bilder von Henrys, Norberts und Alikis Abenteuer besser gewesen.

Wir waren ja etwas besorgt, dass Henry ganz ohne Freunde seinen Promi-Freund beschützen muss. Granny Scarlett ist zwar eine Wucht, aber bisweilen will sie auch mal entspannt in einem Café sitzen und dann? Ja, dann kommt Aliki ins Spiel und mit ihr eine Identifikations-figur für Leserinnen. Aliki ist so alt wie Henry und dank ihres deutschen Vaters zweisprachig aufgewachsen wie Henry, allerdings mit Griechisch statt Englisch. Dabei ist sie pfiffig und unerschrocken und vor allem richtig gut vernetzt. Als Norbert letztendlich nämlich länger verschwindet, ist nicht nur guter Rat teuer, sondern auch eine große Suchmannschaft gefragt, der man vertrauen kann! Und wem kann man schon besser vertrauen als den Freunden von guten Freunden?! (nein, die guten Freunde trinken keinen Ouzo, diese Spezialität kommt gar nicht vor). Dank ihnen geht auch dieses Abenteuer wieder gut aus, wobei es am Ende nicht nur noch spannender wird, sondern sogar noch etwas gruselig. Allerdings ist es dann für den jungen Helden auch genug und er flieht nahezu von der Insel auf der die Zitronen blühen. Wir sind gespannt, wann sich die Freunde genug erholt haben für ein weiteres irres Abenteuer mit den ungewöhnlichen tierischen Begleitern. Dabei hat uns auch die angesprochene Diskussion sehr gut gefallen „Wem gehört ein Tier? Kann man ein Tier eigentlich wirklich besitzen, oder ist es doch eher eine Beschützerfunktion?“. Für alle, die sich auch ein Haustier wünschen und deren Wunsch an der Tierhaarallergie der Eltern scheitert: Nein, Norbert ist nicht abzugeben, er hat sicherlich noch so einiges vor!

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Furioses Finale

Kingdoms of Smoke – Teil 3: Brennendes Land
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Catherine hat das gesamte Vermögen von Pitoria eingesetzt, um Tzyan aus der Gefangenschaft ihres Vaters König Aloysius freizukaufen. Doch Tzyan ist nach den Folterungen schwer verletzt und seine Heilung ...

Catherine hat das gesamte Vermögen von Pitoria eingesetzt, um Tzyan aus der Gefangenschaft ihres Vaters König Aloysius freizukaufen. Doch Tzyan ist nach den Folterungen schwer verletzt und seine Heilung ungewiss. Also regiert Catherine weiter, aufgrund einer Lüge. Doch wie soll sie eine Armee aufstellen und ausstatten, wenn das Land pleite ist? Sie versucht sich mit ihrem Onkel, dem König von Calidor zu verbünden, allerdings misstrauen ihr dessen Lords. Sie wollen mit Tzyan verhandeln, während Catherine verzweifelt versucht dessen Zustand zu verheimlichen. Tash entdeckt nicht nur, dass sie einen Freund unter den Dämonen gefunden hat, sondern auch, dass sie im unterirdischen Dämonenreich über unglaubliche Fähigkeiten verfügt. Nun gilt es diese klug einzusetzen, doch die Veränderungen im Verhalten der Dämonen machen sie nachdenklich. Ambrose wird von Catherine auf die gefährliche Mission geschickt, den Nachschub an Dämonenrauch der brigantischen Armee zu unterbinden, wobei er Tash wiederfindet. Edyon hingegen scheint am Hofe seines endlich wiedergefundenen Vaters alles falsch zu machen, während March nach einem Anschlagsversuch verbannt wird.



Wirklich klasse finde ich, dass es dieses Mal nicht nur fünf, sondern sechs Sprecher sind, da ein neuer prägender junger Charakter ins Spiel kommt, Prinz Harold, der kleine Bruder von Prinzessin Catherine. Linus Drews übernimmt den Part des überheblichen Jungstrategen, der sich Dank des Dämonenrauchs für unbesiegbar hält. Durch seine teilweise etwas näselnde und stets selbstverliebte Art ist er deutlich von den sympathischen Ambrose, March und Edyon zu unterscheiden. Auch wenn es vier junge, männliche Sprecher sind, kommt keine Verwirrung auf. Zu deutlich unterscheiden sie sich in ihrer Sprechweise und in ihrem Stimmen. Für alle, die kein Gedächtnis für Stimmen haben, wird aber der Perspektivwechsel durch eine Klangeinlage und eine verbale Ankündigung deutlich gemacht. Trotz der epische Länge dieses Epos um Liebe, Macht, Verrat und Magie reicht es, das Hörbuch ein einziges Mal zu hören, um die Feinheiten mitzubekommen. Das finde ich sehr gut gemacht. Mehrmaliges Hören lohnt sich dennoch, weil immer wieder Zitate aus Kriegsstrategiebüchern entnommen werden, die wohl eher fiktiv sind, aber ganz klar, den Kern der Geschichte erfassen. Dieser ist trotz der martialischen Kämpfe tatsächlich pazifistisch und demokratisch. Ich hatte ja etwas Sorge, dass die Geschichte für junge Ohren Drogen oder den Krieg verherrlichen könnten, aber Sally Green hat dieses Problem sehr gekonnt aus dem Weg geräumt und am Ende sollte jedem klar sein, dass weder Krieg noch Drogen geeignet sind eine innere Leere zu füllen oder um seine Ziele zu erreichen. Immer wieder zitiert sie kritisch aus einem Strategiebuch von jemandem der wie M. Thatcher klingt, wobei ich immer wieder unwillkürlich an die Eiserne Lady denken muss. Diese Anspielung ist sicherlich gewollt und wahrscheinlich für britische Hörer auch offensichtlich, wenn auch nicht für europäische Jugendliche. Dennoch hatte ich meine diebische Freude daran!



Ich mag besonders, die wilde unbändige Tash, der dieses Mal eine ganz entscheidende Rolle zukommt, als sie intuitiv die Geheimnisse der Dämonenwelt begreift und mit dem Verstand die entsprechenden Schlussfolgerungen für sich und die ihr wohlgesonnenen zieht. Auch Catherine, die als Tochter eines egozentrischen Vaters als Schachfigur eingesetzt werden soll, deren liebevolle, aber im Stillen rebellische Mutter sie aber zum eigenen Denken und Lernen erzogen hat, mag ich sehr gerne. Ihre Dreiecksgeschichte in der sie sich zwischen Tzayn und Ambrose entscheiden soll, finde ich allerdings etwas traurig, weil es offensichtlich ist, dass sie nicht wirklich für alle gut ausgehen kann. March und Edyon mit ihrer eigentlich verbotenen, zumindest aber unerwünschten Liebe, verdeutlichen den jungen Hörern einmal mehr, dass die Zeit reif ist für Veränderungen, wenn auch nicht in der Gestalt, die Harold sich vorstellt. Dieser ist in seiner Widerwärtigkeit irgendwie schon wieder unterhaltsam.



Die Kriegslisten und Strategien finde ich erstaunlich spannend. Ihre Strategien entsprechen jeweils dem Charakter den Strategen, was ich als besonders reizvoll empfand, den Planer hinter der List zu entdecken. Für Harold geht es allein darum, seine jugendliche Überlegenheit gegenüber Alter und Erfahrung unter Beweis zu stellen, völlig ignorierend, dass er nicht ewig jung und durch den Dämonenrauch gestärkt sein wird. Im Übrigen ist es wohl kaum seine eigene Leistung, wenn der Rauch ihn fast unbesiegbar macht. Die Folgen des Alterns muss Catherine erschreckender Weise feststellen, doch da sie gelernt hat mit Misserfolgen umzugehen, verzweifelt sie nicht.



Die Aufmachung des Hörbuches ist genauso fantastisch und aussagekräftig, wie bei den beiden Vorgängerbänden. Die Klapphülle zeigt eine Karte der Länder, ihrer Grenzen und des nördlichen Plateaus, auf das die Dämonen sich zurück gezogen hatten. Darüber werden die Symbole der 6 Hauptpersonen dargestellt.



Ob ich die Altersempfehlung ab 14 Jahren so optimal finde, wage ich zu bezweifeln, 16 Jahren hätte ich wegen des Dämonenrauchmissbrauchs und der sadistischen Gewalt von Prinz Harold angemessener gefunden.



Ein furioses Finale und ein Aufbruch in neue bessere Zeiten!

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Veröffentlicht am 09.07.2021

Spannend und mitreißend

Die fremde Spionin (1)
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Dies ist der Auftakt zur Spionin-Triologie, die 3 Jahrzehnte umspannt. Sie beginnt kurz vor der endgültigen Teilung Deutschlands durch den Bau der Berliner Mauer. Die junge Ria Nachtmann hat gerade mit ...

Dies ist der Auftakt zur Spionin-Triologie, die 3 Jahrzehnte umspannt. Sie beginnt kurz vor der endgültigen Teilung Deutschlands durch den Bau der Berliner Mauer. Die junge Ria Nachtmann hat gerade mit 20 ihren Abschluss als Sekretärin bestanden und dank der guten Beziehungen ihrer Adoptiveltern steht sie kurz vor dem Antritt einer Stelle im Außenhandelsministerium der DDR. Vor 10 Jahren kamen Stasi-Offiziere und haben ihre Eltern verhaftet, weil sie trotz ihrer prominenten Stellung in der Regierung kritische Stimmen geäußert haben. Während die Eltern nach Hohen Schönhausen gebracht wurden, wurden Ria und ihre jüngere Schwester voneinander getrennt, um sie dem jeweiligen schlechten Einfluss zu entziehen und sie von linientreuen, kinderlosen Paaren zu sozialistischen jungen Frauen heranziehen zu lassen. Doch Ria ist seither voller Wut und Hass auf diesen Staat, der ihr ihre Familie nahm. Als der BND versucht sie als Spionin anzuwerben, sieht sie darin ihre Chance ihre verlorene Schwester wieder zu finden. Sie hält fortan Augen und Ohren bei der Arbeit offen, während es immer schwieriger wird, scheinbar unbemerkt Informationen in den Westen zu schmuggeln. Denn im BND sitzt ein Maulwurf, dem die Aktivitäten im Ministerium nicht entgehen. Ria steht fortan unter besonderer Beobachtung.

Ich war ja schon länger auf Titus Müllers historische Krimis neugierig, aber eine Reihe über eine Spionin, gelesen von einem Mann, von einem Sprecher von dem ich noch nie gehört hatte? Das hat mich ehrlich gesagt skeptisch und zögerlich gemacht. Oliver Brod hat ein großes Talent die besondere Sprechweise eines Menschen zu imitieren, egal ob Erich Honecker oder Walter Ulbrecht. Reinhard Gehlen. KGB-Killer Fjodor Sorokin oder den berlinernden Alexander Schalck, sie klingen unglaublich lebendig. Wie man an dieser beispielhaften Aufzählung merkt, ist der Anteil männlicher Rollen in der Männerwelt der Spionage und Gegenspionage ausgesprochen hoch. Da dieses Agentenabenteuer teilweise aus Rias Sicht und teilweise aus der sie benutzender Männer geschildert wird, hätte ich es trotz der brillanten Stimmwunders Brod noch besser gefunden, wenn Rias Passagen von einer weiblichen Sprecherin übernommen worden wären. Ich muss aber einräumen, dass ich niemals im Unklaren war, aus wessen Sicht die Geschichte gerade erzählt wird. Das ist jederzeit klar und deutlich. Neben dem Schicksal von Ria geht es nämlich ebenso um das Schicksal des KGB-Killers Fjodor Sorokin, der ebenso wie Ria dank der unangekündigten („niemand hat vor eine Mauer zu errichten!“ sozialistischen Abschottung von seiner Familie getrennt wird. Immer wieder kreuzen sich ihre Wege. Ria ist auf ungewöhnliche, katzenhafte Weise schön, was ihr bei einigen Männer durchaus zu ihrem Vorteil gereicht. Irgendwie scheinen sie sich für sie verantwortlich zu fühlen, dabei zeigt Ria immer wieder, dass sie eigentlich ganz gut auf sich selbst aufpassen kann.

Sehr gut gefällt mir, dass die Frage nach Gut und Böse nicht ganz so einfach ist. Nach dem 2. Weltkrieg haben teilweise dieselben Menschen in Schlüsselpositionen weitergearbeitet, die bereits unter den Nazis einflussreich waren. So ist es kein Wunder, wenn der ehemalige Nazi-Offizier Gehlen, der erste Leiter des Nachrichtendienstes in Westdeutschland, damals noch Organisation Gehlen, beim Aufbau seiner Strukturen und Durchführung der Missionen kein Pardon kennt. Der BND schneidet nicht so gut ab, aber Geheimdienste sind auch keine Sozialeinrichtungen, sondern eher eine staatlich organisierte Kriminalität. Dabei werden Menschen wie Schachfiguren benutzt, Menschen, deren Schicksale man hier miterlebt. Ria habe ich sofort gemocht, ihren BND Verbindungsoffizier Häner fand ich interessant aber nicht uneingeschränkt sympathisch, da er immer wieder in Konflikt zwischen seinem Gewissen und den Anweisungen seines Dienstherren gelangt. Alexander Schalck, Rias Vorgesetzen im Ministerium ist da schon eine andere Nummer, doch immer wieder, wenn ich dachte „was für ein widerlicher Kerl“ überraschte er mich positiv, indem er sich für Rias Schutz einsetzt, viel stärker als Häner dies jemals vermag.

Ein spannender Spionageschicksalsroman, der mit der Vollendung der Berliner Mauer zu enden scheint und dennoch denkt man, das kann es doch noch nicht gewesen sein. Nein, denn Ria und Sorokin werden noch zwei weitere Bände lang einander immer wieder in schicksalhafter Weise begegnen, schätze ich.

Ich wurde in meiner Neugierde auf diesen Autor nicht enttäuscht und bin gespannt, wie es mit Spionage und Gegenspionage weitergehen wird.

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Veröffentlicht am 13.06.2021

Schicksalshaftes Finale

Meridian Princess 3. Die Macht der Zeit
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Jade ist aufgeregt und besorgt zugleich. Ihr letztes Schuljahr an der Clockmakers Academy in London beginnt, doch sie hat noch nichts von Henry gehört, der bei den Kämpfen am Ende des letzten Schuljahres ...

Jade ist aufgeregt und besorgt zugleich. Ihr letztes Schuljahr an der Clockmakers Academy in London beginnt, doch sie hat noch nichts von Henry gehört, der bei den Kämpfen am Ende des letzten Schuljahres schwer verwundet wurde, als er Jade beistand. Als sie mit ihrer besten Freundin Orla aus Freude über ihr Wiedersehen abends noch ausgeht, müssen Sie auf dem Rückweg beobachten, wie ausgerechnet die Lehrerin für Prophezeiungen mitten auf dem Marktplatz vor ihren Augen mit einem Zeitsprung entführt wird. Sie kann das Ziel gerade noch hören, aber es gibt ihr Rätsel auf. Der sofort informierte Master Gridlock erhöht sofort die Vorsichtsmaßnahmen, ändert die Regeln für den Schulbeginn und nimmt die Verfolgung auf. In seiner Abwesenheit überträgt er dem jungen Peter Polkins statt seiner Stellvertreterin Selda Brice die Leitung der Academy und vertraut seine Prognosemaus Jade an. Selda Brice drangsaliert Jade daraufhin noch mehr als sonst. Dass sie nun mit Orla, Lucy und Henry in einer Art WG zusammenlebt ist da auch kein großer Trost. Lucy und Henry halten sich meistens bei ihrem feindlich gesonnenen Großvater auf und Henry ist völlig verändert und wirkt total kraftlos. Wenigstens Mats Kräfte kehren langsam aber sicher zurück und diese wird er auch dringend brauchen, denn die Jagd nach dem dritten Uhrenzeiger hat gerade erst begonnen und die düsteren Vorzeichen und Angriffe von Cronos Anhängern mehren sich. Die Lage ist mehr als ernst.

Wie ernst es ist, sieht man gleich zu Beginn, als Jade nicht wie sonst mit dem Timeless-Sleeper anreist, sondern von Peter Polkins und Archer Switch mit einem Oldtimer abgeholt wird. Eigentlich nutzen Zeiterben keine Technik, da diese bei Zeitstillständen ausfällt. Aber offensichtlich herrscht ein Ausnahmezustand, der von altgewohnten Pfaden abweichen lässt. Diese Abkehr von inzwischen vertrauten Pfaden finde ich spannend, zieht sie einen immer tiefer in die Geheimnisses der Welt der Zeiterben, diese gespaltene Gesellschaft, von denen die offiziellen Vertreter weiterhin unerkannt unter uns und mit den gewöhnlichen Menschen leben wollen, während Chronos Anhänger diese unterwerfen wollen und die Kontrolle über die Zeit und deren Macht an sich reißen wollen. Eine gruselige Vorstellung, von der wir alle ganz sicher verschont bleiben wollen. Dieser Band ist düsterer und ahnungsschwangerer als die Vorgänger. Geheimnisvolle Prophezeiungen scheinen Jade und ihre Freunde mehr zu verwirren, als ihnen einen Vorsprung vor ihren Gegnern zu verschaffen. Bisher ein für ein Fabelwesen gehaltener Rauchvogel mischt sich nun in den Konflikt ein. Alles steuert auf den finalen Kampf hin, bei dem es immerhin um die Freiheit der Menschheit geht. Die jungen Helden und ihre bisweilen etwas skurrilen Lehrer und Beschützer sind mir immer mehr ans Herz gewachsen. Dabei gefällt mir auch die Aufmachung mit den wunderschönen Illustrationen von Max Meinzold sehr gut! Für Vorbesteller gab es extra ein Zeiterben-Tarot, für die es die Anleitung auf der Homepage der Autorin zum Herunterladen gibt.

Dieser Kampf ist nicht einfach der Kampf zweier für uns normale Menschen unbedeutende Lager. Denn eigentlich geht es um Herrschaftsdenken und Rassismus. Chronos geht es nur um Abstammung und Reinheit von Blutlinien. Vorteile in der Durchmischung der magischen Fähigkeiten, die zur Stärkung der Talente, statt zu deren Abnahme führen kann, zeigt wie wichtig Toleranz und Offenheit sind. Die Bewahrung des Althergebrachten ist nicht stets die Lösung, man muss den Geist offen für alle sich bietenden Möglichkeiten halten. Denn Chronos Gedankengut, ist entsetzlich faschistisch. Hier können sich die jungen Leser mit den Folgen derart eingeschränkter Gedanken- und Verhaltensweisen auseinandersetzen, ohne sich mit deutscher Geschichte auseinandersetzen zu müssen. Kritisches Denken ist auch außerhalb der Schule möglich!

Etwas schade finde ich, dass die romantischen Szenen, die sich im zweiten Band anbahnten, dieses Mal deutlich zurückgefahren wurden und dass Jades romantisches Dilemma auch im Epilog nicht wirklich aufgelöst wird. Darauf hatte ich mich so gefreut, zu erfahren, für wen sich Jade denn nun entscheiden wird. Ich hatte ja einen ganz klaren Favorit. Aufgelöst wird auch der Urspurng des Konfliktes zwischen den zwei Lagern innerhalb der Zeiterbengesellschaft. Hier hat mich leider das Zeitelement nicht überzeugen können, ich bin immer noch mit einigen ungeklärten Fragezeichen zurückgeblieben. Sehr angenehm finde ich, dass am Ende kein kitschiges Happy End steht, sondern es Verluste auf beiden Seiten gibt, die auch Jade herbe treffen. Das macht es deutlich realistischer und zeigt, dass Kämpfe nie wirklich gewonnen werden. Die Verluste sind zu heftig, daher ist es vorher wichtig selbst zu hinterfragen, ob diese nicht vermeidbar sind. Eine schöne Reihe ab 13 Jahren, die in fremde Geheimgesellschaften, mitten unter uns entführt. In mitreißendem Stil werden wir so zu einem Teil einer fremden Schulform mit uns völlig unbekannten Schulfächern, die wir aber sicherlich gerne lernen würden, wenn wir nur könnten!

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