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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.07.2025

Lesenswert!

Aus unsicherer Entfernung
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Das Cover zeigt einen Strand mit vereinzelten Personen auf Distanz zum Auge des Fotografen, passend zum Buchtitel und auch zu einigen Erzählungen. Die Palette in diesen 26 Kurzgeschichten handelt teils ...

Das Cover zeigt einen Strand mit vereinzelten Personen auf Distanz zum Auge des Fotografen, passend zum Buchtitel und auch zu einigen Erzählungen. Die Palette in diesen 26 Kurzgeschichten handelt teils von gesellschaftlichen inländischen und ausländischen Problemfeldern, teils von generationsübergreifender Distanz innerhalb einer Ehe, Familie, innerhalb von Freunden, Kulturen. In manchem Selbstgespräch oder Dialog wird ehrlich über Erlebtes oder Gefühltes reflektiert, z.B. über Corona, Krebs, über Religion und die Seele. Nüchterne, kritische Beobachtungen können sarkastische und zynische Kommentare enthalten, manchmal mit offenem oder bissigem Ende. Immer geht es um den Menschen zwischen Maschinen, dem Internet oder um einfühlsam festgehaltene Emotionen einsam am Klavier. Neben Urlaubsbeobachtungen in der Bretagne, in Leiden und in der Algarve fällt die kritisch beschriebene Marrakesch-Reise aus unsicherer Entfernung heraus, über ein Land, in dem die Moderne auf das Mittelalter trifft.
Menschlich berührende Emotionen,, immer in der Hoffnung auf bessere Zeiten!

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Veröffentlicht am 04.07.2025

Die bewegende Geschichte einer auf Zwang und Gewalt gegründeten Familie

Geliebte Mutter – Canım Annem
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Der Roman über die Gastfamilie Güney enthält autobiographische Elemente, beginnt mit der Zwangsverheiratung der 19-jährigen Aynur Güvenilir in Istanbul, endet mit einem gehassten, glückspielsüchtigen ...

Der Roman über die Gastfamilie Güney enthält autobiographische Elemente, beginnt mit der Zwangsverheiratung der 19-jährigen Aynur Güvenilir in Istanbul, endet mit einem gehassten, glückspielsüchtigen Ehemann und zwei traumatisierten, erwachsenen, beruflich erfolgreichen Kindern in Herne. Die Tochter und Ich-Erzählerin Meryem ist mit dem Tot ihres Vaters im Jahr 2017 endlich angekommen als Aus- und Aufsteigerin, als Migrantin in der BRD. Ihr gewalttätiger Vater hat besonders die Mutter so schändlich behandelt, dass die Geschwister Ada und Meryem traumatisiert aus dieser Kindheit in Herne entfliehen, studieren wie von der hart arbeitenden Mutter erhofft entfernt von den problematischen Eltern. Die unruhigen politischen Verhältnisse in der Türkei werden zwischendurch kurz skizziert, im Zentrum jedoch stehen die Konflikte dieser Familie im Mittelpunkt mit Schulden durch die Glückspielsucht des arbeitslosen Vaters, mit Traumatabewältigung bis zu Suizidversuchen, auch bis zu religiösen Missklängen. Die Charaktere wirken realistisch, in ihrer Klarheit teils erschütternd. Das ambivalente emotionale Verhältnis der Tochter zur Mutter schwankt zwischen Liebe und Wut, Schuld und Dankbarkeit. Der Schreibstil, besonders in den Dialogen, ist oft schonungslos anklagend.
Ein sehr emotionaler Roman

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Veröffentlicht am 04.07.2025

Ein Roman mit viel Einfühlungsvermögen

Bei den Minderen Brüdern
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Die Geschichte des jungen Mannes, Ben Schneider, der ab der Obersekunda seine nicht alltäglichen Lebensumstände beschreibt: sein Familienleben mit der psychisch gestörten Mutter, sein eher stressiger Aufenthalt ...

Die Geschichte des jungen Mannes, Ben Schneider, der ab der Obersekunda seine nicht alltäglichen Lebensumstände beschreibt: sein Familienleben mit der psychisch gestörten Mutter, sein eher stressiger Aufenthalt im Kloster der Minderen Brüder zusammen mit Patres und auch gewalttätigen Mitschülern, seine erste Liebe Rebecca und seine Freundschaften incl. eigener Band im Dorf. In drei Teilen spielt das Musizieren die alles überragende, wichtigste Rolle. Er überzeugt durch seine Toccata an der Orgel in der Klosterkirche, spielt z.B. klassische Etüden auf dem Klavier seiner Musikakademie oder tritt mit seiner Band Crazy Hearts mit Jazz-Variationen auf. Sein klösterliches Internatsleben und seine Einstellung zu Religion werden bildlich dargelegt, auch die bedrückende Atmosphäre rund um die Krankheit seiner Mutter wird realistisch aufgegriffen. Die Zerstörung äußerer, alter Strukturen aus den 70-er Jahren im Ruhrgebiet, verdeutlicht durch den Abriss des Klosters, wird ergänzt durch den inneren Drang von Ben, endlich raus aus dem engen, bedrückenden Umfeld zu gelangen.
Ein interessantes Buch voller Trauer, Leidenschaft und Freundschaft.

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Veröffentlicht am 02.07.2025

Eine Botschaft ohne erhobenen Zeigefinger

Der Steinacker
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Die Hauptfigur Jonas ist ein schwieriger Mitmensch, der nun als pensionierter Journalist zwar immer noch auf der Suche nach den passenden Worten ist, aber sie wohl nicht mehr findet. Über der Auftragsarbeit ...

Die Hauptfigur Jonas ist ein schwieriger Mitmensch, der nun als pensionierter Journalist zwar immer noch auf der Suche nach den passenden Worten ist, aber sie wohl nicht mehr findet. Über der Auftragsarbeit einer Biographie über einen von ihm gehassten Zeitungsmagnaten brütend, erkennt er schließlich gegen Ende der Sommerfrische in den Schären seine Verfehlungen gegenüber seinen erwachsenen Töchtern. Sein Umgang mit verletzenden Worten gegenüber seiner Familie brandmarkt ihn wenig schmeichelhaft als Tyrannen. So nutzlos der benachbarte Steinacker ist, ebenso nutzlos sind seine Artikel, sein berufliches Lebenswerk, das er nun mit diesen Steinen bewirft. Sein Scheitern in seiner Familie als Ehemann und Vater kristallisiert sich klar heraus.
Wie wichtig der reflektierte Umgang mit Worten ist, zeichnet sich auf den vielen Plattformen im Internet ab, wo es sehr an gepflegter, sprachlicher Etikette mangelt.

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Veröffentlicht am 02.07.2025

Reichlich Stoff zum Nachdenken

Täuschend echt
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Auf dem ersten Erzählstrang geht es um das private und berufliche Scheitern des namenlosen Ich-Erzählers und seinen Rachegefühlen gegenüber seiner skrupellosen, gerissenen Ex-Freundin. Der anfänglich unsichere, ...

Auf dem ersten Erzählstrang geht es um das private und berufliche Scheitern des namenlosen Ich-Erzählers und seinen Rachegefühlen gegenüber seiner skrupellosen, gerissenen Ex-Freundin. Der anfänglich unsichere, konservative, arbeitslose Werbetexter entwickelt sich auf dem zweiten Erzählstrang zu einem selbstbewussten Schriftsteller, der mittels KI und ChatGPT eine erfundene Lügengeschichte über eine afghanische Frau erfolgreich als Buch herausbringt. Kreativ verstrickt treffen beide Stränge mit beiden Frauen zusammen, wobei das Potential von KI, genannt Kirsten, bei weiteren Problemlösungen für den Ghostwriter ausgeschöpft scheint, quasi nur noch Klischees anbietet. Während sich nicht nur die Einstellung zu Medien-Apps und zu der ihn unterstützenden KI ändert, schwindet mit wachsendem Selbstbewusstsein auch sein schlechtes Gewissen, er wird sogar kriminell. Als kritische Äußerung des Autors könnte die wichtige Schwachstelle von KI beim Verfassen von Text zu verstehen sein: Der Ich-Erzähler hier drückt solchen KI-Texten seinen eigenen Stempel auf, damit die KI-Generierung durch ein anderes KI-System nicht entpuppt wird. Die Seitenhiebe auf den allgemeinen Literaturbetrieb, angefangen von Lesungen bis zu TV-Autoren-Interviews, regen ebenso zum Nachdenken an wie die Verschiebung von Moral, Ethik und Wahrheit bei der Verquickung von Realität und Virtualität.
Die von der KI kursiv geschriebenen Absätze mit zu vielen belanglosen Informationen sind teilweise zu lang und zu häufig im zweiten Teil eingefügt. Oder sollte diese öde Anhäufung im Roman Teil der Gesellschaftskritik des Autors sein? Als Warnung! So könnten zukünftig durchschnittliche Romane voller Banalitäten und Klischees mit Hilfe von KI gefertigt sein?
Insgesamt ein unterhaltsamer Roman.

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