Profilbild von engineerwife

engineerwife

Lesejury Star
offline

engineerwife ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit engineerwife über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.03.2022

Ein "Strahlemann" um nicht unterzugehen ...

Strahlemann
0

Die ausführliche Leseprobe hatte mich sehr neugierig auf dieses Buch und das – wenn auch noch recht kurze – Leben des Autors gemacht. Und Fritz Schaefer, der jüngste Moderator im Westdeutschen Rundfunk, ...

Die ausführliche Leseprobe hatte mich sehr neugierig auf dieses Buch und das – wenn auch noch recht kurze – Leben des Autors gemacht. Und Fritz Schaefer, der jüngste Moderator im Westdeutschen Rundfunk, schien bis jetzt ein recht bewegtes gehabt zu haben. Fast scheint es, als hätte er immer eine sich selbstzugedachte Rolle gespielt um darüber hinwegzutäuschen, dass das Leben es nicht immer gut mit ihm gemeint hatte. Ohne Vater und mit einer sehr unkonventionellen Mutter aufzuwachsen, machte ihn – wie er selbst schildert – zu einem beliebten Mobbingopfer, ein Schicksal, über das er mit Witz und falschem Humor seine Umwelt glauben machen wollte, dass es ihm nichts ausmacht. Er begab sich auf stetige Flucht vor sich selbst und mehr als einmal tat er mir leid beim Lesen. Inzwischen hat er sich durch seinen Erfolg den Respekt seiner Mitmenschen erarbeitet aber die Vergangenheit muss ihm noch tief in den Knochen stecken. Den ewigen „Strahlemann“ zu spielen, zehrt an der Substanz und ich wünsche mir für ihn, dass er inzwischen von Personen umgeben ist, die es gut mit ihm meinen.
Die Autobiographie hat mich an vielen Stellen berührt und ich hatte oft das Gefühl, in einfach nur in die Arme nehmen zu wollen und ihm zu versichern, dass alles gut wird. Dennoch vergebe ich nur drei Sterne, denn die Geschichte kam mir – wie sein Leben übrigens auch – surreal vor, gespielt fröhlich, um sich vor dem Bösen in der Welt zu schützen. Sie ließ mich nachdenklich zurück …

Veröffentlicht am 10.03.2022

Von jetzt auf gleich ist alles anders ...

Ich hatte vergessen, dass ich verwundbar bin
0

Der Roman „Ich hatte vergessen, dass ich verwundbar bin“ unterteilt sich in zwei Erzählstränge, die beide im Paris der Gegenwart stattfinden. Strang eins, definitiv der dominierende von beiden, befasst ...

Der Roman „Ich hatte vergessen, dass ich verwundbar bin“ unterteilt sich in zwei Erzählstränge, die beide im Paris der Gegenwart stattfinden. Strang eins, definitiv der dominierende von beiden, befasst sich mit Mathilde, die ihren Mann vor einigen Jahren durch einen Autounfall verlor. Während sie dieses Ereignis verständlicherweise erst in ein tiefes Loch fallen ließ, hat sie es inzwischen geschafft, eine selbstbewusste und erfolgreiche alleinerziehende Mutter und Marketingassistentin eines großen Unternehmens zu werden. Sie vergöttert ihre Söhne, geht aber dennoch vollkommen auf in ihrer Arbeit an der Seite ihres Vorgesetzten Jacques. Jacques, dessen Launen und Marotten sie erträgt, ja sogar lernt darüber hinwegzusehen und gekonnt die Marketingbelange der Firma leitet. Doch dann wendet sich das Blatt von jetzt auf gleich und Mathilde scheint in Ungnade gefallen zu sein. Systematisch macht Jacques ihr das Leben zur Hölle, entzieht ihr Kompetenzen und schiebt sie aufs hinterste Abstellgleis. Sie ist vollkommen machtlos gegen dieses Spiel und beginnt allmählich die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren …

Zeitgleich im zweiten Strang verlässt der selbstständige auch in Paris tätige Arzt Thibauld seine Geliebte Lila, ein Schritt, der ihn fast in den Wahnsinn treibt. Immer wieder fragt er sich, warum er zu viel und sie zu wenig liebt. Warum sein Leben, das nur aus der Hetze von einem Hausbesuch zum nächsten zu bestehen scheint und so sinnlos geworden ist. Er versucht sein Dasein zu reflektieren und gerät immer mehr in einen Strudel, der ihn in die Tiefe saugt …

Ich gestehe, ich hatte am Anfang einige Schwierigkeiten in diese Geschichte zu finden und war noch bis Seite 70 versucht einfach abzubrechen. Doch dann nahm der Roman plötzlich an Fahrt auf. Hilflos muss man als Leser miterleben, wie Mathilde systematisch fertig gemacht wird, wie die seelische Grausamkeit ihr den Atem raubt und sie schließlich lähmt und unfähig macht zu agieren. Auch mit Thibauld konnte ich bis zu einem gewissen Grad mitfühlen und war mir bis zum Schluss sicher, dass das Schicksal diese beiden gepeinigten Seelen doch zusammenführen musste. Umso enttäuschter war ich, als ich das Ende des Buchs erreicht hatte. Das war’s dann also … ich fühle mich als Leser abgespeist und alleingelassen. Von mir gibt es deshalb für den spannenden Mittelteil drei von fünf Sternen. Die anderen beiden Sterne fallen oben genannten Gründen zum Opfer. Schade.

Veröffentlicht am 10.03.2022

Wie das Leben so spielt ...

Der Platz im Leben
0

Wenn man es im Leben geschafft zu haben scheint, frei nach dem Sparkassenwerbemotto: „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“, kann doch eigentlich nichts mehr schief gehen, oder? So denkt auch Nora, bis plötzlich ...

Wenn man es im Leben geschafft zu haben scheint, frei nach dem Sparkassenwerbemotto: „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“, kann doch eigentlich nichts mehr schief gehen, oder? So denkt auch Nora, bis plötzlich ihre Welt ins Wanken gerät. Während der eigentliche Auslöser ein fieser Angriff in der Nachbarschaft ist, der die Nolans zunächst nur zweitrangig tangiert, fängt Nora an zu zweifeln, als ihr Mann Charlie sich gegen sie zu stellen scheint …
Ich gebe zu, das Buch ist kein spannender Pageturner und dennoch zieht es einen als Leser in den Bann. Ich musste unweigerlich weiterlesen, um Nora verstehen zu können und vor allem zu wollen. Die Autorin Anna Quindlen, die mir bereits durch ihre Bücher „Kein Blick zurück“ und „Des Lebens Fülle“ bekannt ist, erinnert mich mit ihrem ruhigen Schreibstil ein wenig an die Romane von Anne Tyler. Beide schreiben über ganz normale Familien, die in unserer Nachbarschaft leben, zu unserem Bekanntenkreis gehören oder sogar unsere eigene zu sein könnten. Anna Quindlen präsentiert die Welt ohne rosarote Brille, lebensnah und realistisch. Wegen ein paar kleiner Längen vergebe ich nicht ganz die Bestnote, würde aber jederzeit wieder ein Buch von ihr in die Hand nehmen. Von mir eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 07.03.2022

Geteiltes Deutschland, verdoppeltes Leid ...

Der Palast
0

„Der Palast“ … eine berührende Geschichte über eine Trennung zweier Zwillingsbabys im noch geeinten Deutschland, eins bleibt im Osten, eins geht westwärts. Wie konnte das passieren? Und warum müssen sie ...

„Der Palast“ … eine berührende Geschichte über eine Trennung zweier Zwillingsbabys im noch geeinten Deutschland, eins bleibt im Osten, eins geht westwärts. Wie konnte das passieren? Und warum müssen sie fast dreißig Jahre warten, bis sie sich wiedersehen?

Mehr aus dem Inhalt preiszugeben, ohne zu spoilern, erscheint mir schwierig, deshalb lasse ich es. Dafür kann ich umso begeisterter über den Stil und die Schreibweise dieses spannenden Romans schreiben, der sich schwer aus der Hand legen ließ und den ich fast in einem Rutsch gelesen habe. Natürlich kommt man nicht umhin beim Lesen an Erich Kästner mit seinem doppelten Lottchen und an Peter Prange mit seiner Familie in Deutschland zu denken, doch die Autorin Rodica Doehnert hat ihre ganz eigene fesselnde Art zu schreiben.

Zeitgleich mit dem Roman lief auch die Verfilmung als Dreiteiler im Fernsehen, die ich bis jetzt noch nicht gesehen habe aber beim Lesen stets vor Augen hatte, wie diese ausgesehen haben könnte. Was ich damit ausdrücken möchte ist, dass mir das Buch auch ohne bewegte Bilder Kopfkino vom Feinsten bescherte. Ich habe gelesen, dass die Autorin sich wohl ein wenig auf Film und begleitendes Buch spezialisiert hat und so freue ich mich heute schon bald den Roman über das Hotel Sacher aus ihrer Feder genießen zu dürfen.

Für den Palast vergebe ich gerne mit fünf Sternen die volle Punktzahl und spreche eine absolute Leseempfehlung aus. Hier wird Geschichte erklärt, ohne auch nur eine Minute langweilig zu sein. Bitte mehr davon, liebe Frau Doehnert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.03.2022

Estland und seine bewegte Geschichte ... empfehlenswert!

Die Birken der Freiheit
0

Wie schon der Vorgängerband der Estland Reihe „Die Zeit der Birken“ der Autorin Christine Kabus hat mir auch dieser Roman wieder gut gefallen und meine Sehnsucht nach einer Reise in das wundervolle Estland ...

Wie schon der Vorgängerband der Estland Reihe „Die Zeit der Birken“ der Autorin Christine Kabus hat mir auch dieser Roman wieder gut gefallen und meine Sehnsucht nach einer Reise in das wundervolle Estland geweckt. Zu kurz war doch die Stippvisite, die ich dort vor einigen Jahren erleben durfte.

Gekonnt verwebt Frau Kabus auch diesmal wieder die deutsche mit der estnischen Geschichte, die ja beide so eng miteinander verknüpft sind. Wir lernen das harmonische Gespann Luise und Wilhelmine kennen, die aus ganz unterschiedlichen Gesellschaftsschichten kommen und sich dennoch so verbunden sind. Durch ihre Augen erleben wir auch, wie es sich anfühlt im Jahr 1914 den nahenden Krieg zu spüren, Angst um den geliebten Mann und die Zukunft zu haben.

Aber auch Merike hat im Jahr 1989 ihre inneren und äußeren Dämonen zu bekämpfen und will um jeden Preis endlich Antworten haben, warum ihre Familie so verbissen die Vergangenheit verschweigt.

Ich habe mich gefreut mit der Autorin gedanklich Zeit in Estland verbringen zu dürfen, Land und Leute zu erleben und einen Platz auf der Bank unter den Birken einzunehmen. Plötzlich war mir alles wieder präsent aber gleichzeitig fühlte ich mich beim Lesen auch manchmal bedrückt, da die momentane Situation in unserem Europa auch nicht gerade rosig aussieht. Aber Fiktion ist Fiktion und die sollte man genießen. Gespickt mit vielen wahren Begebenheiten, unter anderem der mutigen Menschenkette quer durch alle Baltikstaaten, wurde die Spannung durch das Buch hinweg hochgehalten und zog in den Bann. Von mir gibt es ein kleines Sternchen Abzug, da ich mich manchmal von der Fülle an estnischen Informationen fast ein wenig erschlagen fühlt. Dennoch sehr, sehr verdiente vier von fünf Sternen und ein absolute Leseempfehlung. Die Geschichte macht Lust auf Reise und Abenteuer und vor allem viel Appetit auf die leckere estnische Küche!