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Veröffentlicht am 08.08.2024

Headquarter in Bad Oeynhausen ... die Briten übernehmen die Stadt!

Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null
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In den letzten Wochen und Monaten habe ich einige Bücher gelesen, die während des Zweiten Weltkriegs spielten und so war ich sehr glücklich darüber, mich nun auch mal der Zeit nach dem verlorenen Krieg ...

In den letzten Wochen und Monaten habe ich einige Bücher gelesen, die während des Zweiten Weltkriegs spielten und so war ich sehr glücklich darüber, mich nun auch mal der Zeit nach dem verlorenen Krieg widmen zu dürfen. Denn verloren hatten wir Deutschen haushoch, da biss die Maus keinen Faden ab. Das bekamen unter anderem auch die Einwohner von Bad Oeynhausen zu spüren, deren Stadt die britische Militärregierung vereinnahmte, ihr Headquarter dort einrichtete und die Einwohner zum Teufel jagte. Guter Rat war teuer, wo sollte man unterkommen? Die Innenstadt wurde mit Hilfe von Stacheldraht abgeriegelt und so blieb den ehemaligen Einwohnern, die sich auf einen raschen Neustart gefreut hatten, nichts anderes übrig als in Barracken zu ziehen oder sonstige Wohnmöglichkeiten aufzutun. Erstere Variante wählte Anne und ihre Familie, die ihr geliebtes Kurhotel, das während des Krieges bereits als Lazarett gedient hatte, nun an die Briten verloren. Auch Rosalie, Annes ehemalige beste Freundin, ist auf der Suche. Sie ist dank des Kriegs, bei dem sie ihre Familie verlor, Mutter Seelen allein auf der Welt. Durch Zufall lernt sie den jungen Bauerssohn Helmut kennen und findet schließlich bei ihm und seinem Vater Unterschlupf auf dem Hof. Doch so will sie nicht enden, sie strebt nach einer Beziehung mit einem der schmucken britischen Offiziere, die ihre Heimatstadt belagern. Hocherhobenen Hauptes will sie eines Tages das deutsche Festland verlassen und in England ein neues Leben beginnen. Anne hingegen sehnt den Tag herbei, an dem sie das geliebte Hotel wieder in Schwung bringen kann, nachdem die „Tommys“ endlich nach Hause gegangen sind. Beide Mädchen träumen, doch mit jedem Monat, der ins Land zieht, wird die Not größer und bald scheinen ihre Träume in unerreichbare Ferne gerückt …

Berührend, ohne jedoch auch nur einen Moment rührselig zu wirken, beschreibt die bekannte Autorin Theresia Graw mit „Don’t kiss Tommy“ ein realitätsnahes Szenario. Während die beiden Protagonistinnen Anne und Rosalie ihrer Fantasie entsprangen, zeichnet sie ein echtes Bild von Deutschland nach dem verlorenen Krieg, das an die Nieren geht. Man kann sich heute schwer vorstellen, wie hart das Leben damals gewesen sein muss, wie Hunger aber auch große Hitze und Kälte den Menschen zusetzten und so manchen sogar das Leben kostete. Es muss schwer gewesen sein, sich den Besatzern zu unterwerfen und manch einer mag daran zerbrochen sein. Auch für Anne und Rosalie ist der Weg nicht mit Rosenblättern bestreut aber sie finden schließlich ihren Platz im Leben. Ich habe mit gefiebert und an den Seiten geklebt. Der flüssige Schreibstil blätterte mir diese fast wie von selbst um und ich freute mich über ein schlüssiges und keineswegs kitschiges Ende. Von mir gibt es ein von Herzen kommende Leseempfehlung und natürlich absolut verdiente fünf funkelnde Sterne.

Veröffentlicht am 04.08.2024

Der grausame Preis des "Andersseins" ....

Aspergers Schüler
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Mit „Aspergers Schüler“ habe ich einen interessanten Roman gelesen, der auf zwei Zeitebenen spielt und in großen Teilen auf wahren Tatsachen beruht. Wir schreiben das Jahr 1986 und begleiten die junge ...

Mit „Aspergers Schüler“ habe ich einen interessanten Roman gelesen, der auf zwei Zeitebenen spielt und in großen Teilen auf wahren Tatsachen beruht. Wir schreiben das Jahr 1986 und begleiten die junge Engländerin Sarah nach Wien. Mit einem Stipendium in der Tasche möchte sie ihre Doktorarbeit über den Arzt Dr. Hans Asperger schreiben, dessen Arbeiten sie schon immer fasziniert haben. Bei ihrer Recherchearbeit lernt sie den Journalisten Stefan kennen, der sie bei ihrem Vorhaben – sehr zum Leidwesen Sarahs Freundes – unterstützt.
Im zweiten Lesestrang begeben wir uns ins Jahr 1932. Ich lerne die junge und ambitionierte Schwester Viktorine kennen, die voller Bewunderung für den jungen Dr. Asperger ist, der seinen Fokus auf die Behandlung von Kindern mit Zwangsstörungen gelegt hat. Als Paradebeispiel dient der kleine Erich, an dem sich die Beiden, besonders Viktorine, „versuchen“. Doch bald müssen sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass die Nationalsozialisten dabei sind, ihnen einen dicken Strich durch die Rechnung zu machen. Erich gilt auf einmal als „unwertes Leben“ und nicht nur sein trauriger Leidensweg scheint vorbestimmt zu sein ….
Laura Baldini gibt mir mit ihrem Buch einen tiefen Einblick in das Leben mit einer Zwangsstörung und lässt mich teilhaben am Bekämpfen des Andersseins. Anschaulich beschreibt sie die damalige Situation in Krankhäusern, die Überforderung und oft wohl auch Gleichgültigkeit der Ärzte und Schwestern, die ihre Patienten gerne einfach mal wegsperrten. Während mir der Vergangenheitsstrang sehr gut gefallen hat, ging mir das Liebesgeplänkel in der Gegenwart ein wenig auf die Nerven. Das wäre nicht notwendig gewesen und brachte oft Unruhe in den Lesefluss. Dennoch bin ich beeindruckt von der Recherche der Autorin, die sich mit diesem Buch wohl einen Herzenswunsch erfüllt hat. Von mir gibt es neben einer Leseempfehlung auch noch vier wohlverdiente Sterne dafür!

Veröffentlicht am 31.07.2024

Kann Selbstjustiz jemals die Antwort sein?

Turmschatten
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Mit seinem hochgelobten Debut Roman „Turmschatten“ begibt sich der Autor Peter Grandl in die rechtsextreme Szene. In einem bombensicheren Turm hält der nicht mehr ganz taufrische Jude Ephraim Zamir drei ...

Mit seinem hochgelobten Debut Roman „Turmschatten“ begibt sich der Autor Peter Grandl in die rechtsextreme Szene. In einem bombensicheren Turm hält der nicht mehr ganz taufrische Jude Ephraim Zamir drei Neonazis gefangen, die den Mord an seiner Haushälterin und Vertrauten, einer jungen gehörlosen Jüdin, zu verantworten haben. Er nimmt sich das Recht heraus selbst Justiz zu üben, um das Verbrechen zu bestrafen. Doch nicht er allein entscheidet. Er stellt seine „Verhöre“ live ins Internet und lässt die Zuschauer entscheiden. Auch Fernsehsender springen auf den Zug, lediglich die Polizei scheint immer einen Schritt hinterher zu hinken …

Der Turm spielte schon im Zweiten Weltkrieg eine Schlüsselrolle und so nimmt der Autor ihn zum Aufhänger einen Rückblick in die Geschichte zu erschaffen, die historische Ereignisse widerspiegelt und so dem Zuschauer vor Augen führt, welch grausame Rolle die Nazis aber auch die Neonazis in der Vergangenheit spielten. Bis zum heutigen Tag hält der Hass und die Gewalt an, aber rechtfertigt dies Ephraim Zamirs Selbstjustiz? Zudem wirft das Buch die Frage auch, wie weit hier auch die Medien gehen dürfen, um die Öffentlichkeit nicht immer ganz selbstlos zu informieren.

Für mich klang das beim Lesen des Klappentextes nach harter, aber spannender Kost, die mich durch die vielen fast durchweg positiven Rezensionen noch neugieriger machte. Beim Lesen des vermeintlichen Thrillers musste ich jedoch feststellen, dass mich das Buch persönlich nicht wirklich fesseln konnte. Ich fand keinen wirklichen Zugang zu den Charakteren und die Geschichte begann mich irgendwann fast ein wenig zu langweilen. Den nächsten Fall rund um den sagenumwobenen Turm werde ich mir deshalb schenken und vergebe hier leider nur drei von fünf Sternen.

Veröffentlicht am 29.07.2024

Gelungener Abschluss einer wundervollen Schwestern Trilogie ... ab an den Bodensee!

Zeit der Schwestern
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Ach wie schön, wieder zu den drei Schwestern an den Bodensee reisen zu dürfen. Diesmal liegt der Fokus auf Veri, mit der ich mich am meisten verbunden fühle. Schon während der ersten beiden Bände hatte ...

Ach wie schön, wieder zu den drei Schwestern an den Bodensee reisen zu dürfen. Diesmal liegt der Fokus auf Veri, mit der ich mich am meisten verbunden fühle. Schon während der ersten beiden Bände hatte ich immer mal wieder Gelegenheit auf ihren Mann Stefan zu treffen und was ich da kennenlernte, behagte mir gar nicht. Auch in diesem dritten und leider letzten Teil stellt er Veris Liebe zu sich auf eine immerwährende Geduldsprobe, die bald schwer für sie zu ertragen ist. Ist das Leben so überhaupt noch lebenswert? Während Veris jüngere Schwestern diesmal eher in den Hintergrund treten, bekommt ihre Tochter Rosalie einen gebührenden Auftritt und das im Doppelpack mit dem sympathischen Praktikanten Paul, der schnell ein Auge auf Rosie geworfen hat. Auch Vater Georg ist endlich bereit einen neuen Lebensabschnitt anzutreten, aber wird er auch seine geliebte Flotte loslassen können?

Mit viel Gefühl und Liebe meistert die Familie Hohenhausen auch diesmal den Alltag mit all seinen Nöten und Sorgen, doch auch mit dem Kopf durch die Wand können so manche von ihnen. Ich habe mich nicht eine Minute gelangweilt, habe mit Veri, Caro und Romy gelacht und geweint und natürlich mal wieder die herrlichen Büffets, Ausstellungen und sonstigen Darbietungen genossen. Ich bin ehrlich, ich bin traurig, dass meine Bodensee-Reise nun ein Ende gefunden hat, freue mich aber auf hoffentlich bald neue Werke aus der Feder der sympathischen Autorin Tanja Huthmann, die ich in den letzten Leserunden ein wenig kennenlernen durfte. Von mir gibt es mit fünf funkelnden Sternen die volle Punktzahl verbunden mit einer Empfehlung an alle, die auch mal ein wenig Bodenseeluft schnuppern möchten.

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Veröffentlicht am 28.07.2024

Westliche Einmischung in Afghanistan ... Fluch oder Segen?

Das ferne Feuer
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Ich freue mich, dass ich aufgrund einer Lesechallenge zu diesem Buch greifen durfte, denn ich gestehe, das sehr triste Cover – auch wenn es für die sandige Berglandschaft Afghanistans stehen soll – hätte ...

Ich freue mich, dass ich aufgrund einer Lesechallenge zu diesem Buch greifen durfte, denn ich gestehe, das sehr triste Cover – auch wenn es für die sandige Berglandschaft Afghanistans stehen soll – hätte mich eher abgeschreckt. Und genauso trist oder besser gesagt ein wenig schleppend zog sich der erste Eindruck dann auch durch die Anfangskapitel des Buchs. Doch aufgeben stand für mich nicht zur Debatte und so las ich mich immer tiefer in die Geschichte Parvins, die mit sich mit ihrer jugendlichen Naivität, angefeuert durch ein Buch des selbsternannten Gutmenschen Dr. Gideon, auf den Weg nach Afghanistan macht, um dort ihrerseits Gutes zu tun. Da sie selbst afghanische Wurzeln hat und zudem die Sprache beherrscht, fühlt sie sich befähigt, das humanitäre Engagement des Arztes weiterzuführen und zu vertiefen. Vor Ort angekommen ist sie überrascht, wie wenig offen und herzlich sie aufgenommen wird und muss bald feststellen, dass Welten zwischen der Lektüre Dr. Gideons und der Wahrheit liegen. Trägt sie am Ende sogar selbst dazu bei, die Konflikte in dem kriegsgebeutelten Land zu befeuern?

Ich sitze hier nun nach beendeter Lektüre und muss sagen WOW! Selten hat mir ein Buch eine solch stimmige Erklärung zu einem Krieg mit Einmischung aus dem Ausland – und hier ist nicht immer nur die USA gemeint – geliefert. Während ich mich während des Lesens immer wieder auf Parvins Seite und dann doch wieder gegen sie stellte … während ich versuchte LTC Trotter und seine Hintergründe zu verstehen, musste ich mir am Ende doch eingestehen, dass keine Einmischung, egal welcher Art, vielleicht besser gewesen wäre. Was hat es nur mit unseren westlichen Kulturen auf sich, dass wir immer meinen, unsere Lebensweise sei das einzig selig machende? Sehr aufschlussreich fand ich auch die Darstellung der Mudschahedin gegenüber der Taliban und musste doch wieder feststellen, wie wenig Ahnung ich von diesem Thema habe und wie ich mich freue, durch dieses Buch ein wenig Licht in dieses Dunkel gebracht zu haben. Alles in allem habe ich aus diesem Buch viel gelernt, die unerwartete Reise nach Afghanistan begrüßt, mit gefiebert, mitgelitten und mitgeweint. Ich denke, ich werde die sogenannten „Erfolge“, die wir westlichen Länder im Ausland erzielen, in Zukunft mit kritischeren Augen betrachten. Trotz oben genannter Schwächen bekommt das Buch von mir mit dicken fünf Sternen die volle Punktzahl und hoffentlich noch viele Leser und Leserinnen. Ein wichtiges Thema, ein „Augenöffner“, dem ich von Herzen noch viel Aufmerksamkeit wünsche!

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