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Veröffentlicht am 29.03.2024

Tödliche Influencer-Party

Die Auszeit
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Der Klappentext von "Die Auszeit" von Emily Rudolf klingt atemlos: "Faszinierende Figuren, überraschende Twists und soghafte Atmosphäre: Der packende Thriller von Emily Rudolf führt uns in einem unaufhaltsamen ...

Der Klappentext von "Die Auszeit" von Emily Rudolf klingt atemlos: "Faszinierende Figuren, überraschende Twists und soghafte Atmosphäre: Der packende Thriller von Emily Rudolf führt uns in einem unaufhaltsamen Countdown bis zum Mord und seiner Aufklärung." Wird das Buch dem Hype gerecht?

Meine Meinung: Mehr Schein als Sein, nicht nur in der Influencer-Welt von Victoria, die mit ihrer Clique ein langes Wochenende in einem exklusiven Resort in den Alpen verbringt, um den millionsten Follower ihres social Media Profils zu feiern. Dann aber gibt es nicht nur ein Unwetter, das die Gruppe ohne Strom und Handy-Empfang lässt, es gibt auch eine Leiche. Jeder hat Geheimnisse, eigennützige Motive und mehr oder weniger schmutzige kleine Geheimnisse. Auch das Personal des Retreats ist nicht über jeden Verdacht erhaben.

Mit wechselnden Erzählperspektiven und Zeitsprüngen erzählt Rudolf Episoden countdownmäßig bis zum Mord oder vielmehr der Entdeckung der Leiche und der Suche nach Aufklärung beziehungsweise dem Versuch der Hauptverdächtigen, ihre Unschuld zu beweisen. Unterdessen brechen unterdrückte Konflikte ebenso aus wie allgemeine Paranoia.

Vielleicht ist dieses Buch ja eher für Leser*innen der Gen Z geschrieben. Mir geht der daueraufgeregte beziehungsweise selbstverliebte Ton der eingestreuten social media posts auf die Nerven. Die Charaktere sind mir allesamt unsympathisch - was an sich kein Problem sein muss, es gibt schließlich faszinierende Schurkenfiguren in Literatur oder Film. I love to hate them. Aber Victoria und ihre Clique sind so glatt, oberflächlich und nichtssagend wie der ganze Influencer Hype, jedenfalls für mich.

Das Buch hat durchaus spannende Momente und Rudolf schafft es, das zunehmende gegenseitige Misstrauen glaubhaft zu schildern, aber insgesamt war es einfach nicht meins. Ganz bestimmt wird es seine Fans haben, aber mit etwas komplexeren und weniger vorhersehbaren Figuren hätte es mir besser gefallen.

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Veröffentlicht am 01.03.2024

Zwei Küchenchefs als Ermittler

Ein Häppchen Mord
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Sie betreiben Restaurants auf gegenüberliebenden Straßenseiten, doch da erschöpft sich zunächst schon die Ähnlichkeit zwischen der arbeitsbersessenen Engländerin Camilla und Peppino, der im elterlichen ...

Sie betreiben Restaurants auf gegenüberliebenden Straßenseiten, doch da erschöpft sich zunächst schon die Ähnlichkeit zwischen der arbeitsbersessenen Engländerin Camilla und Peppino, der im elterlichen Restaurant gegenüber in der Küche das Sagen hat, nachdem er wegen der Demenzerkrankung seines Vaters seinen Job als Kriminalkommissar ruhen lässt. La Famiglia geht schließlich vor. Doch während das italienische Familienlokal in der Nachbarschaft alteingesessener Treffpunkt ist, will sich Camilla mit veganer Küche einen Stern erkochen.

Zunächst einmal sind sich die Nachbarn in Tim Bergers Cozy-Krimi "Ein Häppchen Mord" nicht sonderlich gewogen, führen sogar eine Art Salsicchia-Komnkurrenzkampf gegeneinander - einmal mit der veganen Variante, einmal klassisch mit Speck und Fleisch. Bis dann eben beide einen toten Restaurantgast zu beklagen haben beschließen, gemeinsam zu ermitteln, mit durchaus unorthodoxen Methoden und Verbündeten aus der Unterwelt.

Der Betreiber einer ums Überleben kämpfenden Wurtsmanufaktur, ein boxender Schlachter, ein vegetarischer Metzger-Azubi ergänzen das Personal dieses Romans, der leider allzu konstruiert daher kommt. Irgendwie ist alles recht voraussehbar, bedient Stereotype und lässt damit letztlich an Originaliät und Überraschungseffekten fehlen. "Ein Häppchen Mord" ist ganz nett, aber mehr auch nicht.

Veröffentlicht am 11.06.2023

Hochzeitsplanung zwischen Morden

Ein mörderisches Paar - Das Versprechen
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Sie sind ein durchaus unorthodoxes Paar: Der Serienmörder mit dem moralischen Kompass, der sich als Leiter einer diskreten Klinik in Ostfriesland zur Ruhe gesetzt hat, und die ehemalige "Miet-Ehefrau", ...

Sie sind ein durchaus unorthodoxes Paar: Der Serienmörder mit dem moralischen Kompass, der sich als Leiter einer diskreten Klinik in Ostfriesland zur Ruhe gesetzt hat, und die ehemalige "Miet-Ehefrau", die Luxus-Callgirl und Leibwächterin in Personalunion war. Zusammen haben Doktor Sommerfeldt und seine Frauke, die Protagonisten von Klaus-Peter Wolfs "Ein mörderisches Paar", ein paar Leichen in der Vergangenheit. Aber jetzt soll Hochzeit geplant werden, mit großer Torte, romantischem Schauplatz und weißem Kleid, das ist Frauke wichtig.

Doch ach, es kann der Beste nicht in Ruhe heiraten, wenn es gilt, auch Sommerfelds ganz eigene Weise Unrecht wieder zurecht zu rücken. Was in diesem Fall heißt, einen vor Gericht freigsprochenen Dealer mit professionellem Herzstich ins Jenseits zu befördern, Der Mann hat es verdient, meint Sommerfeldt, hat er doch einen 13-jährigen Schüler auf dem Gewissen, der an einer Überdosis starb. Wo er schon mal dabei ist, will Sommerfeldt auch mit den Hintermännern und Fianziers aufräumen. Seine Frauke ist nicht begeistert, drohen doch die Hochzeitsplanungen in Verzug zu geraten. Mal ganz abgesehen von der falschen Art von Publicity. Droht dem beschaulichen Leben des Paares in Ostfriesland das Aus?

Ein Copycat-Killer, rachedurstige Bekannte aus der Vergangenheit, Medienspekulationen und das aus anderen Vorgängerromanen hinlänglich bekannte Personal rund um Kriminalkommissarin Ann Kathrin Klaasen ergänzen diesen Spin-Off aus der Ostfriesland-Reihe Wolfs, der seinem treuen Fanstamm damit eine weitere Freude gemacht haben dürfte. Immerhin: Diesmal schafft es der Autor, sich weitgehend auf seine neuen Protagonisten zu konzentrieren und die allfälligen Loblieder auf Ann Kathrin Klaasen auf ein erträgliches Minimum zu begrenzen.

Wer die vorangegangenen Bücher nicht kennt, dürfte mit den Anspielungen und Namen allerdings überfordert werden. Ziemlich offensichtlich ist dies ein Buch für Fans. "Ein mörderisches Paar" hat durchaus seine Momenete, driftet für mich allerdings ein bißchen ins Klamaukige ab. Glaubwürdig ist die Idee eines von Serienmördern nur so wimmelnden Ostfriesland ja schon länger nicht.

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Plauderstündchen eines Kosmopoliten

Öfter mal die Welt wechseln
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Beim Lesen von "Öfter mal die Welt wechseln" von Armin Geiges hatte ich ein echtes Deja vu Erlebnis, erinnerte mich Art und Ton des Buches doch stark an Veranstaltungen meiner Studentenzeit. Leitende Redakeure ...

Beim Lesen von "Öfter mal die Welt wechseln" von Armin Geiges hatte ich ein echtes Deja vu Erlebnis, erinnerte mich Art und Ton des Buches doch stark an Veranstaltungen meiner Studentenzeit. Leitende Redakeure machten in Zeiten großen Andrangs auf die Medien bei Veranstaltungen wie "Magisterstudium - und dann?" Vorschläge wie: Fahren Sie doch einfach mal ins nächste Krisengebiet und bieten Sie von dort Geschichten an. Die nächsten, damals aktuellen Krisengebiete waren unter anderem El Salvador und Nicaragua. Mal eben so hinzufliegen wäre mir schon allein finanziell nicht möglich gewesen.

Geiges dagegen zog es im Wendejahr 1989 nach Moskau und er knüpfte Kontakte mit Medienvertretern, die sich dann auch in der Folgekarriere immer wieder als einträglich wie auch erfolgreich erwiesen. Vermutlich kein Wunder, wenn er also im Rückblick auf sein Globetrotter- und Expatleben - unter anderem als Stern-Korrespondent in China, für Spiegel-TV und RTL unterwegs in Russland, vier Jahre in Rio, dann als hochbezahlter Medienmanager in China - Fernwehgeplagten rät, bei der Lebensplanung lieber den Gedanken an Sicherheit fahren zu lassen und ins Ungewisse zu springen, vorausgesetzt, man kommt dabei in die weite Welt.

Dass er dabei über Sicherheitsdenken spottet und gleichzeitig den Vorteil des Eigenheims (in seinem Fall: vermietetes Reihenendhaus und eine Hamburger Dachterassenwohnung) lobt, dürfte denn viel mit der Perspektive des heute alten weißen Mannes zu tun haben, der zur rechten Zeit am richtigen Ort war und vor allem auch die richtigen Leute traf, die ihm dann wiederum die richtigen Türen öffneten. Insofern ist das Buch für die meisten jungen Menschen der Generation Praktikum vermutlich ebenso lebensfremd wie seinerzeit für mich die Ratschläge in überfüllten Semesterveranstaltungen.

Andere Tipps des Buches sollten eigentlcih für jeden und jede, die sich für ein Leben im Ausland interessieren, selbstverständlich sein: Dass man etwa die Sprache lernt, die eigene sprachlich-kulturelle Blase meidet, in die neue Landeskultur eintaucht und mit offenem, neugierigen Blick die neue Erfahrung und Umwelt annimmt. Ganz ehrlich - für diese Erkenntnis hätte ich kein Buch gebraucht.

Dass Reisen den Blick verändert, das Eintauchen in andere Kulturen und das Leben außerhalb der bekannten Landesgrenzen und Horizonte ebenso herausfordernd wie bereichernd sein kann - das kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen. In diesem Buch klingt mir das alles ein bißchen ich-verliebt und eitel. Da hätte ein wenig Distanz des Autoren zu sich selbst sicherlich nicht geschadet. Als Plauderstündchen aus einem Kosmopolitenleben ist das Buch sicherlich entspannend, wer ernsthaft den Sprung ins Ausland plant, würde sich heutzutage wohl eher im Internet informieren statt sich Lebensweisheiten zugute zu führen, die telweise auf vor Jahrzehnten gemachten Erfahrungen aufbauen.

Anderes, was mich hier wirklich mal interessiert hätte, wurde dagegen nur knapp abgehakt, etwa das Jahr auf einer FDJ Kaderhochschule (ja, damals gab es die DDR noch) und wie die Erfahrung mit dem real existierenden Sozialismus den Autor letztlich geprägt hat. Oder die Frage, wann er die letzten seiner Überzeugungen über Bord geworfen hatte zugunsten von Boss-Anzügen oder Entertainment-Programm auf Kreuzfahrten.

Laut Klappentext gibt Geigen all denen "Rat und Inspiration, die selbst in die Welt aufbrechen wollen". Bei Thema Rat bin ich ein bißchen skeptisch. Und was die Inspiration angeht: Wer aufbrechen will (oder schon einschlägige eigene Erfahrungen gesammelt hat), braucht ja eigentlich kein weiteres Buch, sondern will einfach raus und weg.

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Veröffentlicht am 22.02.2023

Gen Z plätschert ins Erwachenenleben

Ohne mich
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Für eine Coming of Age Geschichte ist die namenlose Ich-Erzählerin aus "Ohne mich" von Esther Schüttpelz mit Mitte 20 bereits zu alt. Das Studium der Rechtswissenschaften steht vor dem Abschluss, die ...

Für eine Coming of Age Geschichte ist die namenlose Ich-Erzählerin aus "Ohne mich" von Esther Schüttpelz mit Mitte 20 bereits zu alt. Das Studium der Rechtswissenschaften steht vor dem Abschluss, die kurze, eher spontan eingegangene Ehe ist sehr schnell gescheitert. Die Protagonistin hadert mit ihrem Leben, kifft, kokst, feiert und geht die praktische Arbeit im Referendariat eher entspannt an. Das Leben muss nicht zu ernst genommen werden. Im Zweifelsfall geht es zur Herkunftsfamilie und lässt sich von Mama aufpäppeln, weil das Verwaltungspraktikum langweilig ist und man sich lieber krank meldet.

Ich gebe zu - mit diesem Buch und seiner Protagonistin wurde ich einfach nicht warm. Vermutlich gehöre ich auch nicht zur Zielgruppe, vielleicht ist es für Gen Z-Leserinnen eine Offenbarung. Ich sah da nur die Luxusprobleme unreifer Bürgerskinder, die nie um etwas kämpfen mussten - außer vielleicht um die Beziehung, aber auch da schien die Protagonistin nicht so wirklich zu wissen, was sie eigentlich wollte.

Ja, Erwachsen werden ist schwer. Für eine Menge Menschen beginnt dieser Prozess deutlich früher und ist wesentlich härter. Ich muss Buchfiguren nicht sympathisch finden, aber ich will sie interessant haben, und hier plätscherten Handlung, Persönlichkeitsentwicklung, Innensichten irgendwie vor sich hin. Meine Motivation, die Hauptfigur näher kennenzulernen, ist beim Lesen nicht gestiegen. Immerhin habe ich erkannt, dass sie eine Vorliebe für Kleidung mit Raubtierprint hat, stammte wohl noch aus der Femme fatale Phase.

Von den Figuren dieses Buches auf die Gen Z zu schließen, wäre jetzt natürlich unfair und gemein. Zum Glück gibt viele junge Menschen dieser Altersgruppe, die sich für das Klima, Gendergerechtigkeit oder Nachhaltigkeit engagieren. Wenn sie so tun, als seien sie die ersten, die diese Themen entdeckt haben, ist das zwar manchmal ein wenig nervig, aber sie plätschern nicht in gleichgültiger Beliebigkeit dahin.

Am Ende des Buches habe ich mich gefragt, was die Autorin eigentlich mitteilen wollte. Sinn- und Orientierungssuche? Die Schwierigkeit des Loslassens? Langer Weg zu mehr Selbsterkenntnis? Hier ist eine junge Frau, die irgendwie für überhaupt nichts zu brennen scheint. Und das finde ich schade.

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