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Veröffentlicht am 09.06.2020

Intensiv und wichtig

Das Gegenteil von Hasen
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Das Gegenteil von Hasen von Anne Freytag ist ein intensiver Roman, dessen Fokus auf Mobbing liegt. Darüber hinaus werden Themen wie LGBTQ, familiäre Probleme und Freundschaft thematisiert.

Julia schreibt ...

Das Gegenteil von Hasen von Anne Freytag ist ein intensiver Roman, dessen Fokus auf Mobbing liegt. Darüber hinaus werden Themen wie LGBTQ, familiäre Probleme und Freundschaft thematisiert.

Julia schreibt in ihrem privaten Blog über ihr Leben, ihre Freunde, ihre Gefühle, nutzt ihn als Ventil. Als sie jedoch eines Morgens ihren Jutebeutel mit ihrem Laptop - auf dem fataler Weise all ihre Passwörter gespeichert sind - im Bus liegen lässt, bricht eine Welt für sie zusammen. Edgar, mit dem sie sich beim Bus fahren angefreundet hat, findet ihn, doch der Laptop ist verschwunden. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, hat sich der oder die Unbekannte Zugang zu ihrem Blog verschafft und veröffentlich nun nach und nach ihre verfassten Beiträge. Wer hinter der Aktion steckt, ist zunächst unklar, doch nach und nach kommt heraus: Gründe dafür hätten einige.

Das Buch folgt einem chronologischen Aufbau und schildert aus der Sicht der unterschiedlichen Protagonisten die Situation und die jeweiligen Gefühle, die die Personen mit der Veröffentlichung verbinden und zu der Situation im Allgemeinen hegen. Schnell wird klar, welch tief der Ursprung der Handlung liegt, wie mannigfaltig die Handlungshintergründe der einzelnen Protagonisten. Anne Freytag schreibt sehr klar und auf den Punkt, was die Brisanz des Handlungsverlaufs und die Erzählgeschwindigkeit optimal unterstützt. Sie führt die für die Handlung wichtigen Personen ausführlich ein und beschreibt ihre Gefühlswelt und ihr soziales Umfeld, und erzeugt so ein stimmiges Gesamtbild.

Der Roman hat mich von Beginn an gefesselt und oftmals über die Realität der behandelten Absurditäten den Kopf schütteln lassen. Eindringlich, intensiv und erschreckend real - aber auch unglaublich gut - sind wohl die besten Attribute zur Beschreibung dieses Buches und ich kann es jedem, der mit der Lektüre des Buches keinen Trigger verbindet, empfehlen.

Herzlichen Dank an den Heyne-Verlag für das kostenfreie Rezensionsexemplar!

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Veröffentlicht am 09.06.2020

Berührend und fesselnd

Truly
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Es gibt Tage, da gibt es Dinge, die weh tun. Zum Beispiel über unseren Schatten zu springen.

Truly ist der erste Band der In Love-Reihe von Ava Reed und erzählt die Geschichte von Andie, die nach einigen ...

Es gibt Tage, da gibt es Dinge, die weh tun. Zum Beispiel über unseren Schatten zu springen.

Truly ist der erste Band der In Love-Reihe von Ava Reed und erzählt die Geschichte von Andie, die nach einigen Rückschlägen nun endlich das gemeinsame Studium mit ihrer besten Freundin June beginnen kann. Doch sie hat kein Zimmer auf dem Campus bekommen und benötigt dringend einen Job, um sich eine Wohnung leisten zu können. Als sie zur Feier der Wiedervereinigung mit June feiern geht, wird ihr im Club ein Job als Barkeeperin angeboten - und auch wenn sie davon keine Ahnung hat, nimmt sie ihn dankbar an. Hätte sie jedoch gewusst, dass sie dabei auf Cooper treffen würde, hätte sie vermutlich eine andere Entscheidung getroffen. Er scheint unnahbar und fern, und doch spüren beide, dass da noch andere Gefühle verborgen sind.

Selten habe ich in letzter Zeit ein dermaßen gefühl- und humorvolles New Adult-Buch gelesen! Die Protagonisten, das Setting und der Handlungsverlauf sind unglaublich toll beschrieben und konstruiert, und ich war von Beginn an gegangen und habe mit Andie und Cooper mitgefiebert, mitgelacht und mitgeliebt, aber auch mit ihnen gelitten.

Definitiv ein Jahreshighlight!

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Veröffentlicht am 25.05.2020

Düster und geheimnisvoll

All das zu verlieren
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People who are never satisfied destroy everything around them.

All das zu verlieren von Leïla Slimani ist im Mai 2019 erstmals in deutscher Auflage erschienen und erzählt die Geschichte von Adèle. Die ...

People who are never satisfied destroy everything around them.

All das zu verlieren von Leïla Slimani ist im Mai 2019 erstmals in deutscher Auflage erschienen und erzählt die Geschichte von Adèle. Die junge Frau scheint ein erfülltes Leben zu füllen: Sie arbeitet als Journalistin für eine große Pariser Zeitung, wohnt mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn in einem schicken Viertel und ist unabhängig. Doch sie ist nicht glücklich: Immer öfter versucht sie aus der familiären Enge auszubrechen, trifft sich mit anderen Männern, um Sex zu haben und Drogen zu nehmen. Sie weiß, dass sie damit all ihre Privilegien, ihre Familie verlieren könnte, und setzt trotzdem alles aufs Spiel.

Adèle ist eine sehr vielschichtige Protagonistin, die von all ihren Sehnsüchten nach Abenteuer, ihrer Lustlosigkeit gegenüber ihrer Ehe und dem damit verbunden Schwermut zerrissen wird. Eindringlich beschreibt die Autorin ihre zugleich stille und explosive Selbstzerstörung und obsessive Manie. Der erste Teil des Romans wird aus der Sicht von Adèle beschrieben, was diesen Effekt noch verstärkt und ihre Gedanken und Gefühle verdeutlicht. Die Kapitel sind kurz verhaltene Eindrücke und erzeugen ein schnelles Tempo, das seinen Höhepunkt in der Entdeckung der Affäre findet. Von da an ändert sich der Charakter von Adèle grundlegend und hält den Leser bis zu ihrer letzten Handlung in Atem.

Leila Slimani hat einen denkwürdigen Roman über Feminismus, Verlustängste und kaputte Familienstrukturen, der individuell großen Interpretationsspielraum lässt. Jeder sollte sich selbst einen Eindruck verschaffen und seine eigenen Ansichten damit abgleichen.

Vielen Dank an den Luchterhand-Verlag für das #Rezensionsexemplar!

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Veröffentlicht am 19.05.2020

Einfach atemberaubend gut

Über dem Meer tanzt das Licht
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Manchmal sagt eine Wunderkerze mehr als tausend Feuerwerke.
Über dem Meer tanzt das Licht von Meike Werkmeister erzählt die Geschichte von Maria, die die halbe Welt bereist, nie ein Abenteuer ausgelassen ...

Manchmal sagt eine Wunderkerze mehr als tausend Feuerwerke.
Über dem Meer tanzt das Licht von Meike Werkmeister erzählt die Geschichte von Maria, die die halbe Welt bereist, nie ein Abenteuer ausgelassen hat. Dass sie schließlich auf der kleinen Insel Norderney landet, wäre ihr im Traum nicht eingefallen. Doch da ist sie nun – und sie ist glücklich. Maria liebt ihr kleines Strandcafé. Noch mehr liebt sie ihre Familie, die Töchter Morlen und Hannah. Und Simon, Hannahs Vater. Ihr Leben ist randvoll, für Probleme bleibt da keine Zeit. Bis Simon aus dem gemeinsamen Alltag ausbricht und mit Hannah verreist. Plötzlich hat Maria wieder Zeit. Und mit der Zeit kommen die Fragen. Steckt in ihr noch die alte Abenteurerin? Ist sie eine andere geworden? Und wenn ja – wo gehört sie wirklich hin?

Auch wenn für Maria nicht immer alles einfach ist, bleibt sie trotzdem stets optimistisch, und genießt das Leben und die sich ihr bietenden Möglichkeiten. Dadurch verschafft die Autorin dem Buch eine unglaublich fröhliche und positive Stimmung, die sich durch den gesamten Handlungsverlauf erstreckt. Obgleich sie auch viele Sorgen hat, seien es die Tagebücher ihrer verstorbenen Mutter, die sie zufällig beim Entrümpeln findet, die Ungewissheit über ihren Vater, die Abwesenheit ihres Lebensgefährten und ihrer kleinen Tochter, meistert sie doch alle Probleme eindrucksvoll. Die komplexen Beziehungsstränge haben mich oftmals nachdenklich gestimmt, waren sie doch sehr realistisch beschrieben, und für die heutige Gesellschaftsstruktur durchaus relevant.
Das Buch fesselte mich von Beginn an und bewegte mich noch lange, nachdem ich es beendet hatte. Es fiel mir unglaublich leicht, mich in das Setting zu denken, und dieses gewisse Urlaubs- und Strandfeeling, das einem Sonne in Herz und Seele zaubert, zu bekommen.
Für mich definitiv ein Jahreshighlight!

Herzlichen Dank an den Goldmann-Verlag für das Rezensionsexemplar und Strandpaket.

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Veröffentlicht am 11.05.2020

Einfach genial

Herbst
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That’s the thing about things. They fall apart, always have, always will, it’s in their nature.

Herbst ist der erste Band des Jahreszeiten-Quartetts der britischen Autorin Ali Smith. Im Herbst 2016 ist ...

That’s the thing about things. They fall apart, always have, always will, it’s in their nature.

Herbst ist der erste Band des Jahreszeiten-Quartetts der britischen Autorin Ali Smith. Im Herbst 2016 ist Daniel ein Jahrhundert alt. Elisabeth, Anfang 30, kennt ihn von früher, der Nachbar hat sie als Kind mit der Kunst bekannt gemacht. Jetzt besucht sie ihn im Altersheim, liest ihm Bücher vor und fragt sich, was die Zukunft bringen mag. Denn England hat einen historischen Sommer hinter sich, die Nation ist gespalten, Angst macht sich breit. Der erste Roman aus Ali Smiths Jahreszeitenquartett erzählt von einer Welt, die immer abgeschotteter und exklusiver wird, über das Wesen von Reichtum und Wert, über die Bedeutung der Ernte. Und er erzählt vom Altern, von der Zeit und von der Liebe. Von uns.
Mit ihrem einzigartigen und humorvollen Schreibstil, triefend vor politisch- und gesellschaftskritischer Aussagen, thematisiert Ali Smith die Auswirkungen des Brexit auf der britischen Halbinsel, ohne ihn jemals namentlich zu erwähnen. Doch mag er noch so bedeutungsvoll sein, spielt er nur eine Nebenrolle in der emotionalen Beziehung von Daniel Gluck und Elisabeth. Der Aufbau der Geschichte ist fantastisch konstruiert, so wechselt der Erzählrhythmus ständig zwischen der Gegenwart, der Vergangenheit und den von Ovids Metamorphosen inspirierten Traumgeschichten sowie den Ursprüngen der Pop-Art-Künstlerin Pauline Boty. Obgleich die Stränge unwillkürlich erzählt zu sein scheinen, haben sie doch alle einen gemeinsamen Ursprung, den der Leser ergründen soll.

Das Buch hat mich aufgrund seines genialen Schreibstils und der tragisch-emotionalen Beziehungsstränge beeindruckt und bewegt. Wahrlich keine leichte Kost, lohnt es sich aber, Zeit für den Inhalt und die Geschichte zu nehmen.

Vielen Dank an den Luchterhand-Verlag für das Rezensionsexemplar.

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