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Veröffentlicht am 01.05.2019

Jetzt also Rupert

Ruperts Tagebuch - Zu nett für diese Welt!
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Rupert ist zu nett für diese Welt. Das sagt sein Vater zumindest immer. Dass es stimmt, kann man jetzt in Jeff Kinneys neuem Comicbuch „Ruperts Tagebuch“ nachlesen. Wer glaubt, es gehe in Ruperts Tagebuch ...

Rupert ist zu nett für diese Welt. Das sagt sein Vater zumindest immer. Dass es stimmt, kann man jetzt in Jeff Kinneys neuem Comicbuch „Ruperts Tagebuch“ nachlesen. Wer glaubt, es gehe in Ruperts Tagebuch nicht um Greg, der irrt.

Erzählt wird eher episodenhaft – zum Beispiel, was Greg von Ruperts Idee hält, wie unerträglich Greg als Lernpartner ist, wie Rupert und Greg einen Superhelden-Comic erschaffen wollen. Der einzige rote Faden ist Greg – denn um ihn geht es in dem Buch, genauer gesagt: darum, wie Rupert Greg sieht. Das ist mitunter sehr, sehr lustig. Besonders, weil Rupert sich immer wieder von Greg über den Tisch ziehen lässt – aber wer würde nicht auch gerne eine Gute-Junge-Auszeichnung bekommen!

Mit „Ruperts Tagebuch“ ist es Jeff Kinney gelungen, Gregs Tagebuch in ähnlicher Manier weiterzuführen, ohne dass es ein reiner Abklatsch ist. Ein wenig gestört hat mich nur, dass es keine richtige fortlaufende Handlung gibt.

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Veröffentlicht am 25.04.2019

Mehr als eine Hommage ans Kino

Das Kino des Lebens
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Mit „Das Kino des Lebens“ hat Jimmy Liao ein Bilderbuch für Erwachsene geschaffen, das mehr als eine Hommage an das Kino ist.

Jimmy Liao geht es vielmehr um die Frage, was Kino vermag. Kann es trösten? ...

Mit „Das Kino des Lebens“ hat Jimmy Liao ein Bilderbuch für Erwachsene geschaffen, das mehr als eine Hommage an das Kino ist.

Jimmy Liao geht es vielmehr um die Frage, was Kino vermag. Kann es trösten? Kann es Einsamkeit bekämpfen? Kann es dabei helfen, das Leben zu meistern? Kann es die Erinnerung an Menschen wachhalten? Kann es das eigene Leben ersetzen? Und nicht zuletzt: Hält es das Happy End für das eigene Leben parat?

Ja und Nein ist Liaos Antwort, die er in eine Geschichte verpackt hat: die Geschichte von dem kleinen Mädchen, das mit ihrem Vater immer ins Kino geht, wenn sie ihre Mutter vermisst. Allerdings kann ihr das Kino nicht in allen Lebenslagen helfen. Zwar findet das Mädchen als junge Frau im Kino ihre Freunde, aber ein Garant für ewige Liebe ist das nicht.

Auch wenn ihr Leben später immer wieder seinen Bezugspunkt im Kino findet, ist es – wie das Ende eines Kinofilms – nicht vorhersehbar. So sehr man es sich auch herbeiwünscht: ein Happy End ist nicht immer garantiert. Im Kino nicht, und im Leben erst recht nicht. Das weiß Jimmy Liao, dennoch bleibt der Zauber des Kinos in seinem Buch bestehen.

Das liegt auch an den Zeichnungen. Wunderschön sind die Bilder, allen voran der Kinosaal, der immer wieder auf ganz unterschiedliche Art und Weise zum Leben erweckt wird. Von der Intensität der Aussage her reicht „Das Kino des Lebens“ meines Erachtens nicht an andere Bücher von Liao heran, wohl aber, was die Kraft der Bilder angeht.

Veröffentlicht am 24.04.2019

Von der Macht der Fantasie

Der Klang der Farben
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Wie klingen Farben? In seinem Bilderbuch für Erwachsene „Der Klang der Farben“ beschreibt Jimmy Liao, wie ein blindes 15-jähriges Mädchen mit der U-Bahn durch eine Stadt fährt. Was sie nicht sehen kann, ...

Wie klingen Farben? In seinem Bilderbuch für Erwachsene „Der Klang der Farben“ beschreibt Jimmy Liao, wie ein blindes 15-jähriges Mädchen mit der U-Bahn durch eine Stadt fährt. Was sie nicht sehen kann, stellt sie sich vor. Traumbild reiht sich an Traumbild, eines bunter und fantasievoller als das andere.

Bald schon wird deutlich: diese Illusion lässt sich nicht immer aufrechterhalten – das Mädchen wird müde, verfährt sich, stolpert… Unbeirrt hält sie dennoch an ihrer Suche nach dem allersüßesten roten Apfel, nach dem einen Blatt aus Gold fest. Vor allem aber ist es die „Suche nach dem Licht, das in meinem Herzen schimmert“. Diese spannungsgeladene Doppelbödigkeit macht das Buch tatsächlich zu einem Bilderbuch für Erwachsene. Die bezaubernde kindlich-naive Traumwelt rutscht immer wieder ins Melancholische, etwa bei der Erinnerung an die Zeit, als sie noch sehen konnte.

Letztlich ist es die Kraft der Fantasie und die Kraft der Dichtkunst, die Jimmy Liao in „Der Klang der Farben“ besingt. Sie können dem Menschen Halt geben, wenn das Leben selbst diesen Halt nicht mehr bietet. Kein Wunder, dass Liao sein Buch „den Dichtern“ gewidmet hat. Die Flucht aus der Realität freilich kann gelingen. So hat das Mädchen später ihren Schutzengel wieder, der am Anfang des Buches verlustig gegangen ist.

Liao zitiert am Ende des Buches einen Auszug aus dem Gedicht „Die Blinde“ von Rainer Maria Rilke. „Ich bin eine Insel“, sagt die Blinde in diesem Gedicht über sich selbst. Ein Satz, der auch auf das blinde Mädchen von Liao zutrifft. Überhaupt kann man Liaos „Der Klang der Farben“ als Adaption von Rilkes Gedicht lesen. Viele der Motive des Gedichts tauchen in den Zeichnungen auf.

Für mich hat sich „Der Klang der Farben“ nicht so leicht erschlossen wie die anderen Bilderbücher für Erwachsene des taiwanesischen Künstlers, die ich bisher gelesen habe. Fasziniert hat mich schließlich aber, wie Liao Rilkes Gedicht frei in Szene setzt und die Macht der Fantasie thematisiert.

Veröffentlicht am 22.04.2019

Hervorragend aufgearbeitetes Zeitdokument

Paul und der Krieg
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Beim Durchsehen des Nachlasses ihres Vaters stieß Dorothee Haentjes-Holländer auf eine Fülle an Dokumenten über dessen Einsatz im Zweiten Weltkrieg. Entstanden ist daraus das Buch „Paul und der Krieg„, ...

Beim Durchsehen des Nachlasses ihres Vaters stieß Dorothee Haentjes-Holländer auf eine Fülle an Dokumenten über dessen Einsatz im Zweiten Weltkrieg. Entstanden ist daraus das Buch „Paul und der Krieg„, in dem sie die Geschichte von Paul erzählt, der als 15-Jähriger als Flakhelfer eingezogen wird und für den als 17-jähriger Soldat der Krieg dann in amerikanischer Gefangenschaft endet.

Was Paul zwischen 1943 und 1945 erlebt hat, wird allerdings nicht nur erzählt. Dorothee Haentjes-Holländer hat zudem viele sachkundige Informationen ergänzt und zahlreiche Abbildungen machen das Beschriebene anschaulich. So ist ein Buch entstanden, das man auf der einen Seite als Geschichte lesen kann, das man aber auch aufgrund der Vielzahl an zusätzlichen Informationen als Sachbuch zur Hand nehmen kann.

Das, was dem Buch seine besondere Qualität gibt, sind die vielen persönlichen Briefe, die Paul geschrieben hat, allen voran an seinen Bruder. Als Leser bekommt man so einen ungefilterten Eindruck von dem, was einen 15-Jährigen damals beschäftigte, der schneller erwachsen wurde als er sich träumen ließ.

Der Stolz, nicht mehr Schüler zu sein, weicht bald der Ernüchterung. Der jugendliche Flakhelfer hat mit Übermüdung zu kämpfen, mit Läusen und mit Lehrern, die keine Rücksicht nehmen und bei Disziplinlosigkeit für ungerechtfertigten Urlaubsentzug sorgen. Der Leser erhält so einen genauen Blick auf den Alltag des 15-Jährigen bei der Flak und erlebt mit, wie aus dem Flakhelfer in den letzten Kriegsmonaten schließlich noch ein Soldat wird.

Es sind oft die Kleinigkeiten, die Nebensächlichkeiten, die für uns heutige Leser am interessantesten sind: der kurze Bericht eines Kameraden, der ausrastet, weil er den Lagerkoller kriegt, der durchgeboxte Wunsch nach Religionsunterricht (wo sonst alle Lehrer beim Teufel bleiben sollten!), der Versuch sein Schicksal durch freiwilliges Melden für eine Ausbildung selbst in die Hand zu nehmen.

Mit „Paul und der Krieg“ ist ein hervorragend aufgearbeitetes Zeitdokument entstanden, das durch die Perspektive eines eher unpolitischen Jugendlichen und die genaue Beschreibung des Lebensalltags einen guten Einblick in die Herausforderungen, vor denen Jugendliche damals standen, gibt. Ohne dass es eigens gesagt werden muss, wird auf jeder Seite des Buches der Schrecken des Krieges deutlich.

Veröffentlicht am 20.04.2019

Keine Helden

Heldenhaft
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Nein, in Andreas Thamms neuem Jugendbuch „Heldenhaft“ kommen keine Helden vor. Auch keine heldenhaften Taten. Im Gegenteil: Andi, Ferdi und Lea sind durchschnittliche, „typische“ Jugendliche um die 17 ...

Nein, in Andreas Thamms neuem Jugendbuch „Heldenhaft“ kommen keine Helden vor. Auch keine heldenhaften Taten. Im Gegenteil: Andi, Ferdi und Lea sind durchschnittliche, „typische“ Jugendliche um die 17 Jahre. Und sie erleben wie alle Jugendliche eine ganz und gar durchschnittliche Jugend auf dem Land. Sie trinken Alkohol, auch zu viel, üben sich in Mutproben, auch gefährlichen, probieren Drogen, allerdings nur einmal. Sie schlagen über die Stränge, aber in verhaltenem Maße. Sie hören noch auf ihre Eltern, wenn auch nicht immer. Sie merken, wenn sie Grenzen überschreiten. Sie wissen instinktiv um den Wert von Freundschaft.

In dieses Landidyll passt einer nicht so richtig: Mitch. Bei ihm ist es immer einen Zacken mehr. Sogar ins Gefängnis muss er, für ein Jahr. Und als er wieder rauskommt, ist die Stimmung zwischen den Freunden etwas angespannt, denn Andi hat vor Gericht nicht für ihn gelogen. Mitch ist aber nicht Andis einziges Problem. Denn da ist noch Lea, das Nachbarsmädchen, das mit ihm in eine Klasse geht, in das er ordentlich verschossen ist. Doch traut er sich nicht nur nicht, sie anzusprechen: die Familie ist zudem noch in einer religiösen Sondergemeinschaft, Lea ist also immer unter Beobachtung.

Viel Stoff also für eine gute Handlung. Allerdings nutzt das Buch diesen Stoff nicht wirklich. Zu viel Geplänkel, zu viel Belanglosigkeit, zu wenig Ernsthaftigkeit und Konsequenz stehen dem im Wege. Während die Handlung anfangs etwas schleppend in die Gänge kommt, nimmt sie im zweiten Teil rasant an Fahrt auf – fast schon zu viel, denn der Schluss ist einer Vollbremsung ähnlich.

Insgesamt kommt das Buch ein wenig zu behäbig daher, allen Kraftausdrücken, die darin vorkommen, zum Trotz. Obwohl Mitch (nicht etwa Andi, aus dessen Perspektive die Handlung erzählt wird) die interessanteste Figur des Buches ist, bleibt sie vergleichsweise blass. Das Unberechenbare an ihm gibt ihm dennoch keine Farbe, lässt ihn nicht lebendiger wirken. Vielleicht hätte eine andere Erzählperspektive dem Buch gutgetan.

Die Protagonisten schlittern von einem ins andere, daran ändert auch Mitch nichts, der immer wieder wie aus der Versenkung wieder auftaucht. Kaum etwas nehmen sie selbst in die Hand und wenn, dann ist es schlecht bis gar nicht durchdacht und bleibt dennoch ohne Konsequenzen. Von einem Jugendbuch hätte ich mir hier etwas mehr Kontur erwartet: dass die Freunde sich aneinander (zumindest aber an Mitch) richtig reiben, dass durch Konflikte Wege geebnet werden. Die einzige aber, die das am Schluss zumindest ansatzweise tut, ist Lea.

Die Wunderkerze, die auf dem Cover des Buches dargestellt ist, fängt bei mir nicht zu funkeln an. Das Besondere des Buches fehlt mir. Ein wenig mehr Tiefgang, ein wenig mehr Folgen und Konsequenzen, ein wenig mehr bewirkte Veränderung, ein wenig mehr Ernsthaftigkeit, die ins Leben einzieht – das hätte ich mir von diesem Buch erhofft.