Außergewöhnlicher Schreibstil
Dich hab ich nicht kommen sehenDank der Lesejury durfte ich „Dich hab ich nicht kommen sehen“ von Nina Resinek lesen. Der Roman ist am 30.07.2021 bei Bastei Lübbe erschienen und ist mal eine etwas anders geschriebene Liebesgeschichte:
Manchmal ...
Dank der Lesejury durfte ich „Dich hab ich nicht kommen sehen“ von Nina Resinek lesen. Der Roman ist am 30.07.2021 bei Bastei Lübbe erschienen und ist mal eine etwas anders geschriebene Liebesgeschichte:
Manchmal hat das Glück deinen Wohnungsschlüssel. Der erste Tag in der neuen Berliner Wohnung fängt für Mari Thaler nicht gut an: Der unrasierte Typ, dem sie aus Versehen ihre Wohnungstür in den Rücken gerammt hat, ist ausgerechnet der Bruder ihrer Vermieterin. Und Mari hat ein paar ziemlich peinliche Dinge zu ihm gesagt. Zu allem Überfluss zittern ihr bei Leos Anblick auch noch die Knie. In seiner Gegenwart ist ihre kostbare Selbstdisziplin futsch. Hoffentlich hat er’s nicht bemerkt! Zum Glück wird sie ihn ja eh nie wiedersehen, denkt sie. Doch ihre herzliche Vermieterin Alexandra schließt Mari in ihr Herz - und so läuft sie Leo ständig über den Weg. Aber der ist auf einmal seltsam abweisend…
Insgesamt kann ich festhalten, dass ich noch nie ein derartiges Buch gelesen habe. Einerseits ist das Buch so speziell und schräg, dass ich immer noch nicht weiß, was ich davon halten soll. Andererseits hat mich diese ganze Art anscheinend süchtig gemacht, denn ich habe die einzelnen Leseabschnitte stets in einem Stück durchgelesen.
Selten habe ich ein Buch mit solch einem außergewöhnlichen Schreibstil gelesen. Einfach alles daran ist verrückt: manche Gedankensprünge, der Humor, die Formulierungen, die sonst kein Autor nutzt, dass einfach plötzlich imaginäre Haustiere erfunden werden und diese auch ganz normal eingebaut werden. Manchmal ist es etwas anstrengender zu lesen gewesen, sodass ich mich wirklich konzentrieren musste - aber mir hat es gefallen. Um ein Formulierungsbeispiel zu nennen, welches mich wirklich vom Hocker gerissen hat: „Im Laufe eines Lebens wurde die Otto Normalseele ja mit allerlei Zeug bekleckert, und Rotweinflecken gingen bekanntermaßen schwer raus.“ (Seite 21).
Die Charaktere sind dem Schreibstil angepasst: alle ziemlich schrullig und ausgefallen. Dennoch oder gerade deshalb habe ich alle ins Herz geschlossen, besonders den kleinen Toby. Positiv aufgefallen ist mir außerdem, dass die Hauptperson Mari eine deutliche Charakterwandlung durchmacht, was viele ihrer Einstellung angeht (Arbeit, Gesundheit, …).
Der Handlungsstrang der Geschichte war vielseitig: von Anfang an wird thematisiert, dass sich Mari und Leo näherkommen werden, wie es im Klappentext angedeutet wurde. Aber ich würde diesen Roman nicht als reinen Liebesroman bezeichnen. Weitere Themen, die behandelt werden, sind zum Beispiel Maris körperliche und mentale Gesundheit, was auch ihr massiv ausgeprägtes Arbeitsleben beeinflusst hat, sowie ihre Freundschaft zu den weiteren Nebenpersonen.
In der zweiten Hälfte hingegen hat sich meine Sicht der Dinge bezüglich mancher Aspekte der Geschichte noch etwas ins Negative geändert:
Gegen Ende tun sich noch einige Wendungen auf, die mich zwar überrascht haben, die mir aber zu viel unnötiges Drama waren. Die Autorin schafft Probleme, wo eigentlich keine sind und löst diese nach 20 Seiten auch schon wieder auf. Diese Dramatik hätte man auch weglassen können, da sie keinen neuen Wind in die Geschichte gebracht hat.
Des Weiteren wird das Thema ungesundes Essverhalten bzw. eine potentielle Essstörung von Mari thematisiert. Ich finde nicht, dass es irgendeinem Leser etwas bringt, so „flapsig“ und ins Lächerliche gezogen über dieses Thema zu lesen. Bei einem solchen ernsten Thema war mir dann der Schreibstil und Humor der Autorin doch etwas zu viel. Ich lese gerne Bücher über schwierigere Themen, möchte aber nicht, dass diese Probleme amüsant verharmlost werden.
Alles in allem ist dieses Buch ein Rätsel für mich geblieben. Einerseits hat mich vieles extrem begeistert, besonders der außergewöhnliche Schreibstil. Andererseits haben sich in der zweiten Hälfte auch einige Kritikpunkte aufgetan, die den tollen ersten Eindruck etwas kaputt machen. Trotzdem würde ich das Buch jedem weiterempfehlen, der mal etwas Neues lesen möchte, denn „Dich hab ich nicht kommen sehen“ ist wirklich einzigartig.