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Veröffentlicht am 28.02.2023

Chef an Bord

In blaukalter Tiefe
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Mit "In blaukalter Tiefe" hat Kristina Hauff einen Spannungsroman geschrieben, der mich großartig unterhalten hat!

Der erfolgreiche Anwalt Andreas Keppler bucht eine Reise. Auf dem Schiff des Skippers ...

Mit "In blaukalter Tiefe" hat Kristina Hauff einen Spannungsroman geschrieben, der mich großartig unterhalten hat!

Der erfolgreiche Anwalt Andreas Keppler bucht eine Reise. Auf dem Schiff des Skippers Eric will er gemeinsam mit seiner Ehefrau Caroline zu den schwedischen Schären segeln. Sein Angestellter Daniel und dessen Partnerin Tanja werden auf Kosten der Kepplers ebenfalls eingeladen, an der Reise teilzunehmen. Doch das Vorhaben läuft nicht so wie geplant. Schon bald kommt es zu ersten Spannungen zwischen den beiden Paaren und ihrem Kapitän. Und als diese Spannungen immer weiter zunehmen, droht die Reise in einer Katastrophe zu enden.

Ich könnte an dieser Stelle anmerken, dass der Plan mit dem eigenen Chef in den Urlaub zu fahren, geradezu danach schreit, Unheil heraufzubeschwören. Im wahren Leben würde ich jedenfalls niemandem dazu raten. Bei "In blaukalter Tiefe" entsteht auf dieser Basis jedoch eine wirklich spannende Geschichte, die ich innerhalb eines Tages begonnen und beendet habe.

Im Nachhinein würde ich mir wünschen ich hätte das Buch an einem Urlaubstag im Strandkorb gelesen. Genau da sehe ich die Geschichte. Ich möchte gemütlich im Sonnenschein am sicheren Ufer sitzen, während auf der "Querelle" die Ereignisse unweigerlich ihren Lauf nehmen.

"In blaukalter Tiefe" ist eine Geschichte über wohlhabende, weiße, mittelalte Menschen, die verzweifelt versuchen die Fassade zu wahren, und darüber, wie brüchig eben diese Fassade ist, wenn man beginnt an ihr zu rütteln.
Die Art und Weise, wie die Atmosphäre von anfänglich fröhlich und freundlich über angespannt bis hin zur Eskalation immer dunkler wird, hat mir sehr gut gefallen. Die Protagonisten fand ich spannend und unterhaltsam, in manchen Momenten aber etwas zu stereotyp. Sympathisch war mir lediglich eine einzige der partizipierenden Personen, aber Sympathie braucht es für einen guten Roman ja nicht zwangsläufig.
Manchmal erklärt mir der Text etwas zu viel. Dadurch wird die eigentlich sehr dichte und spannungsgeladene Atmosphäre unterbrochen. Ich verstehe aber, dass es beim Schreiben nicht immer leicht ist abzuwägen, wann etwas zu wage ausgedrückt wird, und an welchen Stellen man den Lesenden ein bisschen Eigenleistung zutrauen kann.

In "In blaukalter Tiefe" gibt es verschiedene Handlungspunkte. Das heißt, es werden verschiedene kleine Konflikte erzählt, die sich immer weiter ausdehnen. Die Auflösung der Geschichte hat mir generell sehr gut gefallen. Ich mag den großen Knall am Ende (was soll ich sagen, I live for the drama), aber auch die Nachwirkungen der Reise fügen sich sehr stimmig in das Gesamtbild ein.

Fazit:
Eine große Empfehlung für "In blaukalter Tiefe". Es handelt sich um einen runden und mitreißenden Roman, perfekt geeignet für einen Tag am Meer, einen verregneten Sommertag oder jeden anderen Tag des Jahres, an dem man von einer Reise träumt (solange es nicht ein Segeltörn mit dem Chef sein soll!).

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Veröffentlicht am 14.02.2023

Romeo & James

Young Mungo
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Ich habe einige Rezensionen zur englischsprachigen Ausgabe von Douglas Stuarts "Young Mungo" gelesen, bevor ich mir meine eigene Meinung zum Buch bilden konnte. In Erinnerung geblieben, ist mir dabei vor ...

Ich habe einige Rezensionen zur englischsprachigen Ausgabe von Douglas Stuarts "Young Mungo" gelesen, bevor ich mir meine eigene Meinung zum Buch bilden konnte. In Erinnerung geblieben, ist mir dabei vor allem, dass sowohl von "einer queeren Version von West Side Story" als auch von "Ähnlichkeiten zu Ein wenig Leben" gesprochen wurde. Persönlich bin ich der Meinung, dass beides irgendwie richtig ist.

Es geht um Mungo, einen fünfzehnjährigen Jungen, der mit seiner Mutter und seinen älteren Geschwistern im armen East End von Glasgow aufwächst. Es gibt zwei Handlungsstränge, der eine zeigt die Gegenwart und der andere die unmittelbare Vergangenheit. In der Gegenwart wird Mungo von seiner Mutter dazu gedrängt zwei ihr bekannte Männer zu einem Campingausflug zu begleiten. Sie sollen ihm beibringen, wie man ein richtiger Mann ist. Der andere Handlungsstrang zeigt Mungos tristen Alltag in Glasgow, der von seinem gewalttätigen Bruder Hamish und seiner verantwortungslosen Mutter Maureen geprägt wird. Wie ein Sonnenstrahl durch die Wolkendecke bricht da Mungos aufkeimende Liebe zu dem Nachbarsjungen James. Eine Beziehung, die nicht sein darf, nicht nur weil sie homosexuell ist, sondern auch weil James Katholik ist und Mungo Protestant.

Es fällt mir schwer über dieses Buch zu sprechen, ohne zu viel zu verraten. Ich habe lange mit bestimmten Aspekten der Geschichte gehadert. Besonders im Bezug auf einen der beiden Handlungsstränge. Beim Lesen war ich noch der Meinung, dass hier schlimme Gewalt auf eine bestimmte Art und in einem bestimmten Kontext dargestellt wird, die so für die Geschichte nicht nötig gewesen wäre. Erst auf den aller letzten Seiten habe ich mich mit diesem Aspekt des Buchs versöhnt, weil er letztlich zu einem Ende beigetragen hat, das ich Weltklasse finde. Man merkt nicht nur an seinem einzigartigen Schreibstil, sondern auch an der raffinierten Komposition des Romans, dass Douglas Stuart ein herausragend guter Autor ist. Ich mochte die Ambivalenz in seiner Darstellung von Mungos viel zu junger und unglaublich verantwortungsloser Alkoholikerinnen-Mutter und seinem kleinkriminellen Schläger-Bruder. Solche Charaktere werden leicht zu zweidimensionalen Schablonen, das ist hier nicht der Fall.
Die Atmosphäre des Buchs ist sehr bedrückend. Die erste Hälfte konnte ich nur in kleinen Häppchen lesen. Es liest sich als würde man in Form eines elend langen Vorspiels ins Grauen laufen. In der Beziehung zwischen James und Mungo stecken die einzigen hellen Momente dieser Geschichte. Genau die haben mir aber wahnsinnig gut gefallen. Der Weg dahin hat mich allerdings gequält.
Nichtsdestotrotz komme ich zu dem Schluss, dass es sich um ein herausragend gutes Buch handelt, das richtig wehtut, aber auch wichtig ist. Das literarische Handwerk dahinter ist fantastisch, die Geschichte hat Wucht, die Emotionen können kaum kalt lassen.

Die deutsche Übersetzung ist ausgesprochen gut gelungen! Die Übersetzung des Glasweger Akzents finde ich herausragend. Bzgl. des deutschen Covers habe ich einige kontroverse Kommentare gelesen. Ich kann nur sagen, dass ich es großartig finde, weil es den Kern der Geschichte im besten Sinne aufgreift. Es zeigt ein Bild aus den Neunzigerjahren und das einzig Echte und Wahre in Mungos Leben, nämlich die Liebe und Zärtlichkeit zwischen ihm und James. Diese darf nur im Verborgenen stattfinden. Ich freue mich, dass sie auf diesem Buchdeckel im Jahr 2023 so plakativ nach außen gekehrt wird.

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Veröffentlicht am 14.02.2023

1/10

Macht
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Eine von zehn Frauen in Norwegen wird im Laufe ihres Lebens vergewaltigt. Liv, die Protagonistin in Heidi Furres Roman "Macht", ist diese große Eins in der Zehn. Die eine von zehn Frauen in der Umkleide ...

Eine von zehn Frauen in Norwegen wird im Laufe ihres Lebens vergewaltigt. Liv, die Protagonistin in Heidi Furres Roman "Macht", ist diese große Eins in der Zehn. Die eine von zehn Frauen in der Umkleide des Fitnessstudios, die eine von zehn Frauen in der Reihenhauszeile, die eine von zehn Frauen auf dem Elternabend. Livs Vergewaltigung liegt zum Zeitpunkt der Geschichte 15 Jahre zurück. Sie lebt mittlerweile das wohlsituierte Leben einer verheirateten Mutter von zwei kleinen Kindern. Der Ehemann arbeitet im Managementbereich, sie selbst ist Pflegerin und verrichtet sowohl beruflich als auch zuhause Care-Arbeit. Nach außen hin hat sie ihr Leben im Griff. Sie kümmert sich um die Belange der Familie, geht gewissenhaft ihrem Job nach, macht viel Sport und achtet stets darauf, gepflegt auszusehen und gut gekleidet zu sein. Doch in ihrem Inneren sieht es anders aus.
Liv hat nach wie vor mit den Nachwirkungen ihrer Vergewaltigung zu kämpfen. Ihre Gedanken kreisen täglich und nächtlich um das Ereignis. Sie versucht seit Jahren verzweifelt die Macht über ihren Körper und ihr Leben zurückzuerlangen. Indem sie sich beim Sport verausgabt, ihr Äußeres mit teuren Kleidern und Kosmetikartikeln schmückt und formt, sich verzweifelt an das Idealbild einer heteronormativen Familie klammert. Doch immer begleitet und verfolgt sie der Moment, in dem sie die Macht verloren zu haben scheint. Alltägliche Situationen können Krisen auslösen, sie ist eine Hülle, wirkt in der Innenansicht passiv und gefühlsgedämpft, aber gleichzeitig auch mutig und stark, während sie mit sich kämpft und versucht, das Geschehene in ihrem Bewusstsein zurückzudrängen.
Die Autorin beschreibt in kurzen prägnanten Paragraphen das Leben ihrer Protagonistin. Diese Form hat mir sehr zugesagt. Es gibt weder Kapitel noch eine klare Struktur. Die Absätze wirken eher wie Splitter oder Scherben eines Tages oder einer Situation. In ihnen geht es nicht nur um sexuelle Gewalt an Frauen, sondern auch um Ausbeutung und das weibliche Rollenbild. Es werden immer wieder Bezüge zu Kunst und Kultur, sowie zu gesellschaftlichen Kontroversen, genommen. Die #metoo-Debatte wird beleuchtet, aber auch Medienwerke, wie z.B. der Film "Thelma & Louise" oder der Roman "Die Wand" werden thematisiert. Manchmal durchbricht Liv sogar die Trennlinie und spricht die Lesenden direkt an. Das hat mir gut gefallen.
Nichtsdestotrotz ist es nicht leicht in Livs Kopf zu sein. Die Vergewaltigung prägt sie maßgeblich, sie kreist in Gedanken quasi ständig um dieses Ereignis. Tatsächlich bietet das Buch wenig entlastendes Gegengewicht zu diesem Thema. Positiv wahrgenommen habe ich allerdings Livs Wahrnehmung von anderen Frauen, die ich als schwesterlich und emphatisch wahrgenommen habe. Ihr Trauma geht jedoch so weit, dass sie glaubt, in den Gesichtern jener Frauen erkennen zu können, ob diese vergewaltigt worden sind.

"Macht" von Heidi Furre ist sicherlich keine leichte Kost. Es ist ein schweres, bedrückendes Buch, das eine schwere und bedrückende Wahrheit über unsere Gesellschaften erzählt. Die Geschichte spielt in Norwegen und könnte doch überall verortet sein. Ich bin ein großer Fan davon, dass solche Geschichten und Schicksale in der Literatur aufgearbeitet werden. Dass erzählt wird, wie es ist oder wie es sein kann, eine Frau zu sein. Dass von schönen Dingen und schönen Menschen erzählt wird, ohne dass es dabei eine schöne Geschichte zu hören gibt. "Macht" gelingt dies in einer Vielschichtigkeit und mit einem Nachhall, den man auf so wenigen Seiten kaum erwarten kann.

An dieser Stelle auch ein großes Lob an den Dumont-Verlag für die herausragend schöne optische wie haptische Gestaltung dieses Buchs. Beginnend beim Schutzumschlag bis hin zu den Schwerz-Weiß-Drucken auf den Innenklappen merkt man wie viel Liebe und Gedanken in diesen Roman geflossen sind. "Macht" ist wirklich ein Buchschatz. Trotz und wegen der Thematik.

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Veröffentlicht am 22.01.2023

Anatomie einer guten Geschichte

Anatomy
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Ein guter Plot als Skelett, ein straffer Spannungsbogen als Muskulatur, ein eingängiger Schreibstil ist wie Nerven und Blutgefäße, er macht die Geschichte lebendig, lässt sie fühlen, versorgt ihre Worte ...


Ein guter Plot als Skelett, ein straffer Spannungsbogen als Muskulatur, ein eingängiger Schreibstil ist wie Nerven und Blutgefäße, er macht die Geschichte lebendig, lässt sie fühlen, versorgt ihre Worte mit Blut und Emotion...

Inhalt:
Edinburgh, 1817: Lady Hazel Sinnett liebt Naturwissenschaften. Sie will Chirurgin werden, die menschliche Anatomie erforschen und Heilmittel für Krankheiten finden. Doch als Frau und Tochter einer angesehenen Familie ist eine Zukunft in der Medizin keine Option. Hazel soll ihren Cousin heiraten und eine feine Dame werden. Trotzdem meldet sie sich heimlich für den Anatomiekurs eines renommierten Arztes an. Als ihre Tarnung auffliegt, geht sie mit dem Dozenten einen Deal ein: Wenn sie es schafft ganz ohne weiteren Unterricht die königliche Arztprüfung zu bestehen, bekommt sie einen begehrten Ausbildungsplatz als Chirurgin. Mit Lernen ist dieser Herausforderung allerdings nicht beizukommen. Hazel braucht Leichen, um die menschliche Anatomie direkt am Objekt studieren zu können. Und an diese toten Körper kommt sie nur mit Hilfe des Leichenräubers Jack Currer.

Meine Meinung:
Ich bin positiv überrascht. Oft habe ich Schwierigkeiten mit Geschichten, die im medizinischen Umfeld spielen. Zu viele Ungenauigkeiten, zu viel Unsinn, zu viele Darstellungen, die zu realitätsfern sind. Im Falle von "Anatomy" hatte ich diese Probleme tatsächlich nicht. Das hängt mit Sicherheit auch an der Epoche, in der die Geschichte von Hazel spielt. Das frühe 19. Jahrhundert, die Gothic-Elemente gepaart mit einem Hauch Fantasy, führen dazu, dass die Autorin mehr Spielraum hat, um Dinge auszugestalten. Diese Ausgestaltung hat mich generell überrascht. Ich habe nicht damit gerechnet, dass die Darstellung der Leichensektionen so graphisch erfolgt. Dass die Autorin sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht vor Blut und Galle fürchtet, hat mein Medizin-Herz sehr glücklich gemacht.
Das Buch hat mich nach wenigen Seiten in seinen Bann gezogen. Ich habe mit Hazel mitgefiebert. Sie ist eine willensstarke und mutige Heldin, ein gutes Beispiel auch für sehr junge Leser. Die Storyline ist zu jeder Zeit spannend. Realistische Elemente werden geschickt mit fantastischen Elementen verwoben. Die Liebesgeschichte zwischen Jack und Hazel, die im Untertitel überraschend stark hervorgehoben wird, habe ich als einen Subplot wahrgenommen. Viel mehr im Fokus steht Hazels Entwicklung und ihr unbedingter Wille Ärztin zu werden. Die Kombination von beidem hat mir jedoch sehr gefallen. (Ich bin immer für eine gute Lovestory zu haben!)
Einzig vom Ende bin ich etwas enttäuscht. Mir war anfangs nicht klar, dass es sich bei "Anatomy" um den ersten Teil einer Reihe handelt, deswegen haben mich der Cliffhanger und die vielen losen Enden erstmal irritiert und ziemlich unbefriedigt zurückgelassen.

Fazit:
"Anatomy" ist einer der besten Young Adult Romane, die ich in den letzten Jahren gelesen haben. Knochen, Muskeln, Blut, Organe, Nerven - alles, was eine großartige Geschichte ausmacht, ist vorhanden. Nichtsdestotrotz hätte ich mir gewünscht, dass es sich um einen Einzelband handelt. Ich hätte für die Geschichte von Hazel und Jack gerne einen Abschluss gefunden. Der Reihe werde ich aber weiterhin treu bleiben.

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Veröffentlicht am 19.01.2023

Der König von Amerika

Der Inselmann
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So viel Schönes und viel Trauriges haben sich in diesem kleinen, aber großartigen Buch vereint! "Der Inselmann" erzählt die Geschichte eines Jungen, der zum Inseljungen wird, dann zum Mann und schließlich ...

So viel Schönes und viel Trauriges haben sich in diesem kleinen, aber großartigen Buch vereint! "Der Inselmann" erzählt die Geschichte eines Jungen, der zum Inseljungen wird, dann zum Mann und schließlich zum Inselmann. Hans ist elf Jahre alt, als seine Eltern mit ihm die Stadt verlassen und sich auf den Weg machen - über's Wasser, über den See um genau zu sein, auf eine kleine, abgelegene Insel, die in Mitten dieses Sees liegt. Dort sind sie die einzigen Bewohner und Hans wird Stück für Stück eins mit der Natur. Er ist der selbstgekrönte König seiner Insel, findet Geborgenheit in der Einsamkeit und Stille, die ihn von nun an umgeben. Fremde Menschen werden ihm immer fremder, bis er allmählich und dann ganz plötzlich aus seinem Paradies verbannt wird. Dieses Paradies, das ihn Zeit seines Lebens nicht mehr loslassen wird.
Dirk Gieselmann erzählt mit klarer Sprache von Inseln, von Jungen, von Walen, von Menschen, vom Erwachsenwerden und von Einsamkeit. Der Text liest sich sehr lyrisch, manchmal wie eine Ballade - Die Ballade vom Inselmann. Es handelt sich um eine Art Hybrid aus Gedicht, Roman, Sage, dunklem Märchen, eindringlich und einnehmend. Die Atmosphäre ist düster. Man hat es hier mit einer traurigen Geschichte zu tun. Vor allem aber ist es eine schöne Geschichte. Der Text selbst spricht mehrfach von diesem Gegensatz und es stimmt wirklich. Diese Geschichte ätherisch und voller Melancholie. Der Spannungsbogen wird eng gespannt und durchweg aufrecht erhalten. Der Text bildet von der Einstiegsszene bis zum Schluss ein stimmiges Gesamtbild. Erzählt wird nicht nur von Hans, sondern auch in kurzen Einschüben von den Menschen, die er trifft. Seinen matten Eltern, seinem besten Freund Kalle, seinem Widersacher Manne. Außerdem erzählt das Buch Geschichten über Inseln, ihre Bewohner und das Wasser, das sie umschließt.
Der Roman ist dünn. Es liest sich leicht an einem Tag oder in einer Nacht. Erst einmal begonnen, wollte ich am liebsten gar nicht mehr aufhören ihn zu lesen. Das Buch hat mich begeistert. Es hat mir unwahrscheinlich gut gefallen.
"Der Inselmann" ist mein erstes Highlight im Jahr 2023.

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