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Veröffentlicht am 03.07.2020

Das versunkene Dorf - eine menschliche Tragödie

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Sehr viele Italienurlauber kennen das Titelbild des Buches – den Kirchturm, der aus dem Reschensee ragt und an das ehemalige Dorf Graun erinnert.

Das Buch teilt sich ganz klar in drei Teile – Die Jahre, ...

Sehr viele Italienurlauber kennen das Titelbild des Buches – den Kirchturm, der aus dem Reschensee ragt und an das ehemalige Dorf Graun erinnert.

Das Buch teilt sich ganz klar in drei Teile – Die Jahre, Auf der Flucht und Das Wasser. Bereits daraus ersieht man die Dramatik der Geschichte.

Um diese Geschehnisse zu erzählen, hat der Autor die Romanfigur Trina aus Graun einen Brief an ihre Tochter Marcia schreiben lassen. Es beginnt mit ihren Träumen an die Zukunft als Lehrerin in Südtirol. Leider kommt Mussolini dazwischen und Südtirol wird italianisiert. Es ist für die Einheimischen eine schreckliche Zeit, denn sie dürfen nicht mehr deutsch sprechen und haben in ihrer Heimat kein Sagen mehr, sondern werden von Italienern bevormundet. Durch den Pfarrer ermutigt, unterrichtet Trina im Untergrund. Dann kommt Hitler und spaltet die Bevölkerung, jede Familie muß sich die Frage stellen, ob sie bleiben will oder ob sie bevorzugt, wegzugehen. Der eventuell bevorstehende Krieg und auch der geplante Staudamm schweben wie ein Damoklesschwert über der Bevölkerung. Nach Kriegsende ist ihre Leidenszeit nicht zu Ende, denn der Staudamm wird gebaut gegen den Widerstand der Dorfbewohner und das Ende des Dorfes ist besiegelt.



Der Mailänder Marco Balzano hat dieses Kapitel der Südtiroler Geschichte in einem Roman verarbeitet. Es finden sich viele historische Fakten und zur Abrundung hat er beispielhaft die fiktive Geschichte von Trinas Familie beschrieben. Sehr eindringlich, bewegend und emotional schildert er die Vorkommnisse. Als Leser konnte man sich sehr gut in die Personen hineinversetzen – hat mit ihnen gelitten und auch gekämpft. Wer will schon freiwillig den Ort verlassen, in dem man aufgewachsen ist, seine Wurzeln hat und eng verbunden ist. Sie wollten bleiben und haben schlußendlich ihren Heimatort verloren und zum Hohn mit einer skandalös niedrigen Abfindung.

Mittlerweile erinnern sich nur noch die Alten an das Ausmaß der ganzen Begebenheiten, gerade deshalb finde ich dieses Buch sehr interessant und lesenswert. Es war für mich ein berührendes Buch, das ich auf jeden Fall in Erinnerung behalten werden und hoffe, daß es viele Leser finden wird.

Von mir auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 28.06.2020

Leander wird immer besser

Schwarzer August
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Leander Lost und Soraia Rosado verbringen gerade traumhafte Urlaubstage, doch Graciana Rosado und Carlos Esteves von der Policia Judiciaria müssen die Zweisamkeit stören. Vor einer Bankfiliale mitten ...

Leander Lost und Soraia Rosado verbringen gerade traumhafte Urlaubstage, doch Graciana Rosado und Carlos Esteves von der Policia Judiciaria müssen die Zweisamkeit stören. Vor einer Bankfiliale mitten im Nirgendwo ist ein Auto explodiert und hat die vier vorhandenen Schließfächer zerstört, Verletzte gab es keine, aber es fliegen Geldscheine durch die Gegend. Es war mit Sicherheit kein Zufall, daß mitten in dieser Einsamkeit das Auto ausgerechnet hier geparkt wurde. Herbeigeführt wurde die Explosion durch eine Zündkapsel, die bei einem Diebstahl Anfang des Jahres zusammen mit 46 anderen gestohlen wurde. Wegen des Bankgeheimnisses gestaltet es sich schwierig, die Inhaber der Schließfächer zu befragen, vor allem auch, wem gehört das Geld? Es handelt sich immerhin um 40.000 $ und niemand erstattet Anzeige, womöglich zweifelhaften Ursprungs? Was wurde mit diesem Anschlag bezweckt? Abgesetzt wurde der Notruf von Julio Moreno, einem Journalisten, der angeblich rein zufällig in der Gegend war. Seltsam ist nur, daß er bereits vor 2 Wochen die Bankfiliale fotografiert und das Bild von der Speicherkarte gelöscht hat. Ebenfalls fragwürdig ist, weshalb ausgerechnet er Bekennerschreiben vom Bombenleger erhält. Er hat für alles eine Erklärung, aber ist das auch die Wahrheit?

Aber das soll nicht das einzige Attentat bleiben und der Druck wächst, denn es wurden ja insgesamt 47 Zündkapseln entwendet. Die Beamten kommen mit den Ermittlungen nicht recht voran. Aber dann meldet sich der Bombenleger telefonisch, will aber nur mit Leander sprechen, weil er als einziger die Palidrome entdeckt hat und er ihn deshalb als ebenbürtig ansieht. Jetzt wird es sehr eng und prekär, denn Leander und Carlos müssen sich persönlich in ernsthafte Gefahr begeben.



Auch mit dem vierten Band hat der Autor bewiesen, daß er spannend und packend schreiben kann. Dies vor allem ohne viel Action und Blutvergießen. Der Plot und das Motiv sind nicht 08/15 und konnten mich voll überzeugen. Die Figuren waren mir aus den Vorgängerbänden schon bekannt, vertraut und sind durchwegs sympathisch. Leander ist aus Fuseta nicht mehr wegzudenken und auch beruflich voll integriert. Soraia lebt nunmehr mit ihm zusammen - eine nicht ganz einfache Aufgabe, da er als Asperger ein Pragmatiker ist und immer wieder viel Verständnis in der Partnerschaft braucht, das ihm Soraia auch entgegenbringt. Auch beruflich ist es immer wieder interessant, seinen Gedanken und Überlegungen zu folgen. Seine Kollegen nutzen mittlerweile sein Defizit, um bei Befragungen die Ehrlichkeit der Zeugen zu testen – denn Leander kann ja bekanntlich nicht lügen und enttarnt auch Lügner sofort. Nicht nur wegen Leander hatte man als Leser einige Male ein Schmunzeln auf den Lippen. Nein auch der unvergleichlich schöne, verträumte Pfau und Wichtigtuer Miguel Duarte ergänzte die Truppe herrlich. Die Atmosphäre in Portugal wurde besonders durch die abendlichen Zusammentreffen der Familie Rosado sehr bildhaft und gut beschrieben. Graciana ist tough, wenngleich bei ihr in Sachen Liebe noch einiges geklärt werden muß. Man merkt auch diesem Regionalkrimi an, daß der Autor Portugal liebt. Ich denke aus diesem Grunde kann er auch die Menschen und die Atmosphäre derart authentisch beschreiben. In diesem Band spielte das Privatleben eine größere Rolle als in den Vorgängern, mich persönlich hat es nicht gestört, sondern mir die Figuren noch näher gebracht.

Alles in allem fühlte ich mich bestens unterhalten, empfehle diesen Krimi gerne und warte was der Autor mit Leander und seinem Umfeld weiter plant. Ich bin bestimmt wieder mit von der Partie!

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Veröffentlicht am 14.06.2020

Berlin in den goldenen 20er Jahren

Fräulein Gold: Schatten und Licht
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Aus dem Landwehrkanal wird die tote Prostituierte Rita gezogen. War es Suizid oder Mord?

Die 26-jährige Hulda Gold steht als Hebamme im Mittelpunkt dieses Romans. Sie ist in ihrem Bezirk rund um den Bülowbogen ...

Aus dem Landwehrkanal wird die tote Prostituierte Rita gezogen. War es Suizid oder Mord?

Die 26-jährige Hulda Gold steht als Hebamme im Mittelpunkt dieses Romans. Sie ist in ihrem Bezirk rund um den Bülowbogen bekannt und beliebt, denn sie steht den Frauen bei der Geburt vertrauensvoll zur Seite ohne Rücksicht auf die Uhrzeit und die Bezahlung. Als eine Schwangere von ihrer toten Nachbarin Rita berichtet, hört sie interessiert zu. Seltsamerweise begegnen ihr in kürzester Zeit immer wieder Menschen, die Rita und ihre besondere Lebensgeschichte kannten. Hulda macht es sich nun zur Aufgabe, Ritas Leben und ihr Ende unter die Lupe zu nehmen und kommt zu dem Ergebnis, daß sie nicht einfach ins Wasser gegangen ist, sie wurde ermordet. Hulda ermittelt auf eigene Faust. Sie begibt sich dabei unerschrocken, risikobereit und von sich selbst überzeugt in gefährliche Situationen. In diesem Zusammenhang lernt sie den ermittelnden Kriminalkommissar Karl North kennen. Er ist ein Einzelgänger, der nicht alles offen legt. Bei seinen Ermittlungen handelt er nicht immer korrekt, weil er im Innersten ganz spezielle Vermutungen im Hinblick auf Rita hegt. Er ist sehr sensibel, durch seine Kindheit im Waisenhaus geprägt und auf der Suche nach den eigenen Wurzeln. Die beiden sind sich nicht gleich sympathisch, die Annäherung erfolgt langsam und es könnte durchaus mehr daraus werden. Hulda hat aber in Sachen Liebe mit ihrem Ex-Freund, dem Cafehausbesitzer Felix Winter, noch nicht ganz abgeschlossen.


Für mich war es das erste Buch der Autorin. Authentisch und bildhaft schildert sie die Atmosphäre dieser goldenen 20er Jahre in Berlin, aber auch die Lebensumstände der Armen - wie der Titel sagt, zwischen Licht und Schatten. Realistisch beschreibt sie auch den Verfall des Geldes, die harte Nachkriegszeit, die den Menschen viel abverlangt und die politische Situation. In diesem ersten Band lernt der Leser die sympathische und quirlige Hulda kennen. Sie möchte in ihrem Beruf gerne noch mehr den Frauen helfen, aber durch die Ärzteschaft sind ihr die Hände gebunden. Karl, Felix und Bert, sie alle werden mit ihren Ecken und Kanten sehr gut charakterisiert. Schwer verdaulich und mehr als bewegend waren für mich die Notizbucheinschübe von Rita aus ihrer Zeit in Dalldorf.


Wer unterhaltsame, spannende, aber auch berührende und entspannte Lesestunden vor einem historischem Hintergrund sucht, ist hier gut beraten. Es ist nicht nur die Geschichte einer Hebamme, nein es sind auch ein Kriminalfall und eine Liebesgeschichte darin verknüpft. Ich bin gespannt, was die Autorin weiter mit Hulda und eventuell Karl plant, ich bin beim nächsten Band der Trilogie bestimmt wieder dabei.

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Veröffentlicht am 10.06.2020

Der Puderkrieg

Die Farben der Schönheit - Sophias Träume (Sophia 2)
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Band 2 schließt zeitlich an Band 1 an und beginnt im Jahr 1929

Für den Neueinsteiger hat die Autorin kurz die Ausgangsposition zusammengefaßt. Nach der Übernahme von Helene Rubinsteins Firma durch die ...

Band 2 schließt zeitlich an Band 1 an und beginnt im Jahr 1929

Für den Neueinsteiger hat die Autorin kurz die Ausgangsposition zusammengefaßt. Nach der Übernahme von Helene Rubinsteins Firma durch die Bank hat Sophie ihre Kündigung erhalten, andererseits als positiven Aspekt hat sie einen anonymen Brief aus Frankreich erhalten mit der Mitteilung, daß ihr Sohn lebt. Deshalb ist sie per Schiff unterwegs, um ihn zu suchen. In Paris sucht sie gleich ihre alte Freundin Henny auf, die sich seltsam verhält und wie sich herausstellt, mittlerweile opiumsüchtig ist. Von ihrem überhaus unsympathischen Verlobten Jouelle bewacht wird und nur noch eine Hammergestalt ist. Da sich die Suche nach ihrem Sohn sehr schwierig gestaltet, beauftragt sie einen Detektiv und Sophie kehrt nach USA zurück. Elizabeth Arden hatte Sophie vor längerem ein Angebot bezüglich einer Anstellung gemacht, auf das sie jetzt zurückgreift. Nun steht sie zwischen zwei Fronten. Bei Arden herrschen allerdings strenge Vorgaben bezüglich Kleidung, Make-up und Einsatzgebiet. Sophie soll alle Abteilungen durchlaufen und es bleibt offen, wo sie am Ende eingesetzt wird. Elizabeth Arden nimmt sie zu größeren gesellschaftlichen Anlässen mit und führt sie in eine illustre Gesellschaft – vor allem von Damen – ein. Nach einer schwierigen Anfangszeit darf Sophie bei der Planung und Gestaltung der ersten Schönheitsfarm mitwirken und hier kommt es zu einem Wiedersehen mit Darren. Nach einer großen Aussprache beginnt ihre Liebe von Neuem und erhält die Krönung durch einen Heiratsantrag. Aber wie auch im ersten Band gibt es nicht nur gute Nachrichten, es folgen auch etliche Tiefschläge.



Die Autorin kann einfach unterhaltsam, spannend, berührend und emotional schreiben. Der Schreibstil läßt sich so flüssig lesen, daß die Seiten nur so dahin fliegen. Von den Figuren hat man aufgrund der Beschreibungen ganz deutliche Bilder vor sich, die Sympathien bzw. Antipathien sind klar verteilt und auch von der jeweiligen Atmosphäre hat der Leser eine klare Vorstellung. Sophie muß man einfach mögen und man kann sie für die damalige Zeit als emanzipiert bezeichnen. Sie geht beruflich ihren Weg, läßt sich nicht unterkriegen und privat hofft man als Leser, daß alles noch gut ausgehen wird. Das Auto fahren lernt sie auf jeden Fall noch und das wird ihr noch mehr Freiheiten einräumen. Die Autorin läßt auch die politischen Ereignisse der Zeit mit einfließen, dadurch gewinnt das Buch an Authentizität.

Das Buch endet – wie befürchtet – mit einem Cliffhanger und einige Fragen bleiben noch offen. Leider sind es bis zum Erscheinungstermin des nächsten Bandes noch einige Monate. Ich warte schon gespannt und empfehle das Buch sehr gerne weiter!

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Veröffentlicht am 05.06.2020

Ein berührendes Ende

Kostbare Tage
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Der 77jährige Dad Lewis erhält eine Krebsdiagnose und damit verbunden die Nachricht, daß er nur noch kurze Zeit zu leben hat. Vor diesem Hintergrund spielt sich der Roman ab. Schauplatz ist auch in diesem ...

Der 77jährige Dad Lewis erhält eine Krebsdiagnose und damit verbunden die Nachricht, daß er nur noch kurze Zeit zu leben hat. Vor diesem Hintergrund spielt sich der Roman ab. Schauplatz ist auch in diesem Fall wieder der fiktive Ort Holt in Colorado.

In der idyllischen Kleinstadt, die aus der Zeit gefallen zu scheint, begegnet man als Leser einer Auswahl von Bewohnern mit unterschiedlichstem Schicksal. Erst mal Dad Lewis' Ehefrau Mary und seiner Tochter Lorraine, die nach Holt kommt, um bei der Pflege des Vaters behilflich zu sein. Dann die Nachbarin Berta May, die ihre Enkelin Alice bei sich aufgenommen hat. Außerdem erleben wir das Mutter-Tochter-Gespann Johnson, Reverend Rob Lyle mit Familie und den Angestellten in der Eisenwarenhandlung von Dad Lewis. Sie alle sind vereint in einer Gemeinschaft, die sich gegenseitig ohne viele Worte hilft, respektiert und zur Seite steht.

Dad will die Zeit nutzen, um seine Hinterlassenschaft, die Eisenwarenhandlung geregelt zurückzulassen. Er möchte sie an Lorraine übergeben. Das überrascht sowohl die Tochter als auch die Angestellten, die allesamt nicht glücklich über diesen Wunsch sind. Außerdem erfährt man als Leser einige Geheimnisse zu den einzelnen Figuren, u.a. bezüglich Homosexualität oder außerehelichem Verhältnis.


Dieser Roman war für mich - wie schon die Vorgänger - entschleunigend. Der Schreibstil des Autors ist ruhig, unaufgeregt, berührend und emotional. Sehr gut gefiel mir der Rückblick auf sein Leben und damit verbunden der Ausflug zur Farm der beiden mittlerweile verstorbenen Brüder aus Flüchtiges Glück. Die Bewohner, die der Leser in diesem Buch kennenlernt, sind zumeist in gesetzterem Alter, lediglich Alice belebt die Stimmung positiv, obwohl auch sie bereits einen schweren Schicksalsschlag verkraften mußte. Es ist ein schmerzliches Abschiednehmen, das am Ende, trotz aller Anstrengungen und Hoffnung, nicht in allen Bereichen gelingt.

Ich empfehle auch diesen Band gerne weiter!

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