Atmosphärisch und zu Herzen gehend
Das Geschenk des Meeres
Es ist Winter und Unmengen von Schnee schneiden die Dorfgemeinschaft zeitweise von der Außenwelt ab. Die Krämerin hat weniger Ware und der Fischfang gestaltet sich schwierig. Die Autorin hat eine Atmosphäre ...
Es ist Winter und Unmengen von Schnee schneiden die Dorfgemeinschaft zeitweise von der Außenwelt ab. Die Krämerin hat weniger Ware und der Fischfang gestaltet sich schwierig. Die Autorin hat eine Atmosphäre geschaffen, bei der ich den eisigen Wind im Gesicht gespürt habe. Ein Heißgetränk hatte ich beim Lesen stets parat und machte es mir unter einer kuscheligen Wolldecke bequem. Dennoch haben mich die Vorkommnisse total erschüttert und mir mehr wie einmal Gänsehaut beschert, für die nicht immer die Kälte verantwortlich war.
Es geht um Dorotheas Sohn Moses, der vor einigen Jahren als sechsjähriger sein Leben im schottischen Meer verlor. Einige Jahre später wird ein kleiner Junge am Strand von Skerry angeschwemmt, der Moses wahnsinnig ähnlich sieht. Die Lehrerin Dorothy pflegt den Jungen gesund und betrachtet ihn als Geschenk des Meeres. Ihr Verhalten wird immer sonderbarer ...
Die Geschichte versprüht Übersinnlichkeit und sehr, sehr viel Traurigkeit. Sie erzählt von unerfüllter Liebe und dramatischen Ereignissen. Die Figuren sind sehr gut gezeichnet und wirken teilweise wie aus einem Klassiker von Emily Brontë entsprungen. Schuldgefühle, Eifersucht und Missverständnisse haben mich richtig fassungslos gemacht.
Es ist eine Geschichte, die an jedem Ort und zu jeder Zeit passiert sein könnte und auch immer wieder passieren wird. Diese vielen ungesagten Worte und hoffnungslos wirkenden Situationen geben der Story neben Krimielementen auch etwas Mysteriöses.
Setting und Figurenzeichnung sind wunderbar gelungen. Der magische Schreibstil hat mich aufs weite Meer getragen.
Ich habe mitgelitten und hätte gerne Dorothea geschüttelt und sie dazu gebracht, endlich mal Klartext zu reden. So viele unnötige Sorgen hätten sich mit klaren Worten verhindern lassen. Das Ende ist sehr emotional und wie mitten aus dem Leben gegriffen.
Lange Rede - kurzer Sinn: Eine klare Empfehlung. Ich beneide jeden, der dieses Buch noch vor sich hat.
Danke, Julia R. Kelly