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Veröffentlicht am 15.07.2025

Eine zweite Chance für die Liebe?

Sommernächte unter dem Eiffelturm
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„Ich habe mich in den letzten Jahren ganz gut damit eingerichtet, allein zu sein.“ (S. 140) sagt Aurélie, wenn man sie nach der Liebe fragt. Auch mit dem Schreiben läuft es in letzter Zeit nicht richtig, ...

„Ich habe mich in den letzten Jahren ganz gut damit eingerichtet, allein zu sein.“ (S. 140) sagt Aurélie, wenn man sie nach der Liebe fragt. Auch mit dem Schreiben läuft es in letzter Zeit nicht richtig, dabei erwartet ihr Verlag ausgerechnet eine sommerliche Liebesgeschichte. Wie soll das gehen, wenn sie seit Jahren keine Verabredung mehr hatte? Der Versuch mit einer Dating App erweist sich als Fehlschlag, aber dann schenkt ihr der Buchhändler Mathieu das alte Tagebuch einer Widerstandskämpferin aus Nizza, welches er im Antiquariat entdeckt hat. Aurélie hatte mal erwähnt, dass ihr ein historisches Thema vorgeschwebt. Die Geschichte der Unbekannten und ihres Partners lässt sie nicht mehr los. Soll sie den Wunsch des Verlages ignorieren?

Aurélie hat sich in ihrem Leben eingerichtet. Sie wohnt in einer winzigen, dringend sanierungsbedürftigen Dachgeschosswohnung im Quartier Montmartre, unterrichtet Ausländer in Französisch und schreibt Romane – wenn sie denn endlich eine neue Idee hat. Der große Durchbruch ist ihr zwar noch nicht gelungen, aber sie hat eine kleine, treue Fangemeinde, zu der auch Mathieu gehört. Mit ihm gab es vor Jahren einen Moment, in dem es kurz so aussah, als würde aus ihnen ein Paar, doch dann verliebte er sich in eine andere. Inzwischen ist er leider schon Witwer, trauert aber immer noch um seine Frau.

„Sommernächte unter dem Eiffelturm“ ist der dritte Band der Paris-Reihe von Lily Martin, dem Pseudonym der Autorin Anne Stern. Er dreht sich um die Autorin Aurélie, die längst mit der Liebe angeschlossen zu haben scheint. Doch wenn sie ehrlich ist, hofft sie insgeheim auf Mathieu, in dessen Laden sie regelmäßig einkauft. Auch er hat Gefühle für sie, verbietet sich diese aber, weil er seiner vor zwei Jahren verstorbenen Frau nicht untreu werden oder sie zu schnell zu ersetzen will. Lieber joggt er stundenlang durch Paris, um seinem Gedankenkarussell wenigstens kurz zu entkommen. „Von Aurélie ging ein Leuchten aus, das ihn an eine Mondnacht am Meer denken ließ, wenn der Himmel sternenklar war ...“ (S. 149/150)

Der Roman versprüht einen ganz bezaubernden Charme, lässt Erinnerungen und Sehnsüchte wach werden. Ich habe mich beim Lesen nach Paris versetzt gefühlt, wo wir vor vielen Jahren eine ähnlich winzige Wohnung für den Urlaub gemietet hatten.

Ich habe mich über das Wiederlesen mit den Protagonisten aus den ersten Bänden gefreut: Lola und Fabien, Pierre Leco, Liliane und Nadim und Jacobine Simenon. Neu waren Aurélies beste Freundin Marwa und deren Mann Farid – ich bin gespannt, ob sich der nächste Band um sie dreht, denn „Paris, das ist für immer.“ (S. 318)

Eine zarte, hinreißende Liebesgeschichte mit viel Pariser Flair.

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Veröffentlicht am 10.07.2025

Mit Schirm, Charme und Häkelnadel

Miss Vergnügen
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„Früher hat man Porzellan mit Knochenmehl gebrannt, damit es härter wurde.“ (S. 42)
Als die britische Hausfrau Miss Brooks in Wien „strandet“, ist sie ihrem Schwager Bertie dankbar, dass er sie in einer ...

„Früher hat man Porzellan mit Knochenmehl gebrannt, damit es härter wurde.“ (S. 42)
Als die britische Hausfrau Miss Brooks in Wien „strandet“, ist sie ihrem Schwager Bertie dankbar, dass er sie in einer uralten Ferienhütte und als Make-up Artist bei der Luxus-Kosmetikfirma Très Loué unterbringt, zu deren Führungsriege er gehört. Sie kann nicht nur Tee trinken, eine merkwürdige Katze adoptieren und Sorgenpüppchen häkeln, sondern muss nach vorne sehen.
Dabei hat Bertie gerade eigene Sorgen. Im Brennofen der berühmten Wiener Porzellanmanufaktur Augarten wurden Zähne und Knochenreste gefunden, die wahrscheinlich zu seinem Chef gehören, der seit einem Ball in der Manufaktur verschwunden ist.

Miss Brooks startet bei Très Loué richtig durch und wird die persönliche Visagistin und Freundin von Stanzi, der Moderatorin des Duft Oscars. Bei der Veranstaltung gibt es ein Attentat auf den nächsten Très Loué Chef und Miss Brooks stellt sich die Frage, ob es jemand auf Très Loué im Besonderen oder Luxus-Kosmetik-Firmen im Allgemeinen abgesehen hat. Zusammen mit ihren neuen Freundinnen Stanzi und Katja, einer sehr engagierten Journalistin, stellen sie eigene Ermittlungen, denn der Polizei trauen sie es nicht zu, den Fall zu lösen.

Miss Brooks ist eine sympathische, leicht verschrobene Britin mit Ehemann und zwei längst erwachsenen Kindern. Warum sie allein in Wien und wie ihr Vornamen ist, verrät sie nicht mal Stanzi und Katja.
Die drei Freundinnen nutzen eine kleine Kneipe als Kommandozentrale, deren Kellner, der schöne Edi, Miss Brooks nicht kalt lässt – und sie ihn auch nicht. Aber da ist ja noch ihr Ehemann …
Wie man sich jetzt vielleicht schon denken kann, lebt das Buch eher von den skurrilen Charakteren und Atmosphäre Wiens, sowie einem umfassenden Einblick in die Welt der Luxus-Kosmetik- und Parfümbranche. Der Krimi kommt da manchmal etwas kurz, gerät aber nie ganz in Vergessenheit.

Cosy Crime wird ja oft mit Häkelkrimi übersetzt und ich mich sehr amüsiert, dass in „Miss Vergnügen“ die Ermittlerin auch tatsächlich häkelt und die dabei entstehenden Sorgenpüppchen an alle Menschen in ihrer Umgebung verteilt, die es ihrer Meinung nach notwendig haben – ob sie nun wollen, oder nicht.

Ein gelungener Auftakt der neuen Reihe, ich bin auf die nächsten Fälle gespannt.

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Veröffentlicht am 07.07.2025

Wissenschaft vs. Kommerz

Das Gefühl von Unendlichkeit
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„Für Zoe war Wissenschaft ein Jungensport. Wie Fußball. Alle Wissenschaftler, die ihr Vater mit nach Hause brachte, waren Männer, und so war die Arbeit untrennbar mit Männlichkeit verbunden.“ (S. 42)
Zoes ...

„Für Zoe war Wissenschaft ein Jungensport. Wie Fußball. Alle Wissenschaftler, die ihr Vater mit nach Hause brachte, waren Männer, und so war die Arbeit untrennbar mit Männlichkeit verbunden.“ (S. 42)
Zoes Vater ist ein berühmter Physikprofessor und stolz auf ihren älteren Bruder Alex, der in Stanford studiert. Dass Zoe als eine der wenigen Frauen in Harvard einen Studienplatz in Chemie ergattert hat und sich für Neurochemie interessiert, nimmt er gerade so zur Kenntnis. Hauptsache, sie hilft ihrer Mutter weiter im Haushalt.
Ganz anders ihr Mitstudent Jack, den sie im ersten Semester kennenlernt. Er bringt Zoe im Anti-Aging Projekt eines Professors unter, weil sie gut dazu passt. Doch sie entwickeln schnell eigene Ideen, diskutieren über DNA, die Seele und ewiges Leben. „Ich will nicht ewig leben. Ich will nur nicht sterben.“ (S. 90) Zoe will alle Zellen im menschlichen Körper resetten, um sie zu verjüngen (und damit auch den Menschen), und Jack macht mit. Als sie erste Erfolge erzielen, gründen sie ein Startup, damit eventuelle Patente nicht der Uni gehören. Sie suchen sich immer neue Geldgeber, Zoe wird die Geschäftsführerin und das Gesicht der Firma und Jack der wissenschaftliche Leiter des Labors. An dem Tag, an dem sie eigentlich das College abgeschlossen hätten, haben sie bereits 150 Mitarbeiter, entwickeln ein Medikament gegens Altern und jonglieren mit Millionen. Doch dann werden erste Gerüchte laut, dass die Jacks Testreihen nicht stimmen. Zoe kann und will das nicht glauben, sie vertraut ihm, obwohl sie schon lange nicht mehr in die Forschung involviert ist.

Zoe und Jack sind keine einfachen Charaktere. Jack gibt nichts über sich, seine Familie oder Herkunft preis. Dazu arbeitet im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Umfallen. Er ignoriert seine Diabetes, fällt mehrfach ins Koma, aus dem Zoe ihn kaum wieder wach bekommt, ist dann aber nach einem Apfelsaft wieder fit. Da habe ich mich schon gefragt, ob das wirklich so funktioniert.
Zoe ist ehrgeizig, strukturiert und zielorientiert, aber bei ihren Eltern hat man das Gefühl, wieder in die 50er Jahre zurückversetzt worden zu sein. Ihre Mutter ist Hausfrau und sieht ihren Lebenssinn darin, ihren Mann und dessen Studenten zu bekochen und ihnen das Essen bis an die Uni hinterher zu tragen. Kein Wunder, dass sie das auch von ihrer Tochter erwartet und ihr Vater Zoe als Wissenschaftlerin nicht ernst nimmt. „Sie spürte die Angst ihrer Mutter vor ihrer Selbstständigkeit und die Selbstsicherheit ihres Vaters, der entweder nicht bemerkte, dass seine Tochter ihn ignorierte, oder es war ihm egal.“ (S. 50)

Austin Taylor hat es mit mir dem Buch nicht leicht gemacht. Obwohl sie einen wirklich spannenden Schreibstil hat, habe ich es nach dem ersten Drittel weglegt und überlegt, ob ich wirklich weiterlesen will. Neben den Unstimmigkeiten in Zoes und Jacks Charakteren wird es im letzte Drittel auch noch etwas wirr, plötzlich kommen Rückblicke in verschiedene Zeitebenen und ich verstehe ehrlich gesagt auch das Ende nicht.
Außerdem ist mir der Roman viel zu wissenschaftlich. Taylor gibt detaillierte Einblicke in Biochemie, Genetik und Philosophie und die Gründung und Finanzierung von Startups. Man muss wahrscheinlich von Fach sein, um alles zu verstehen.

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Veröffentlicht am 03.07.2025

Das Gespenst vom Prater

Der Totengräber und die Pratermorde (Die Totengräber-Serie 4)
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„Das war kein Trick, kein Kunstblut. Der Zauberer Charles Banton hatte seine Assistentin tatsächlich entzweigesägt.“ (S. 26)
Als bei der ersten Vorführung der „zersägten Jungfrau“ die Assistentin des Zauberers ...

„Das war kein Trick, kein Kunstblut. Der Zauberer Charles Banton hatte seine Assistentin tatsächlich entzweigesägt.“ (S. 26)
Als bei der ersten Vorführung der „zersägten Jungfrau“ die Assistentin des Zauberers stirbt, wird Oberinspektor Leopold von Herzfeldt mit den Ermittlungen beauftragt. Er ist nicht sonderlich begeistert, dass Julia Wolf, Fotografin beim Neuen Wiener Journal, vor ihm am Tatort war und den Zauberer und seinen Assistenten bereits befragt hat. Als Julia noch Tatortfotografin des Wiener Polizeipräsidiums und mit Leo zusammen war, haben sie oft gemeinsam ermittelt, doch jetzt ist sie eine Zivilistin. Also bittet er den Totengräber Augustin Rothmayer um Hilfe.
Banton ist überzeugt, dass sein Konkurrent, der Große Bellini, den Trick sabotiert hat. Also sucht Leo ihn in seinem Theater im Prater auf. Wieder war Julia vor ihm da, aber sie lässt sich von einem Gerücht ablenken. Im Prater sind in den letzten beiden Monaten mindestens vier Mädchen verschwunden. Leo tut das als unwichtig ab, bis die ersten Leichen auftauchen und eine Gemeinsamkeit mit der toten Assistentin aufweisen. „Im Prater gibt es Menschen, die sind Monster, ich bin mir sicher. Die schrecken von nichts zurück, auch nicht vor Mord und Totschlag.“ (S. 366)

Auch der vierte Teil der Reihe von Oliver Pötzsch ist wieder extrem spannend, ein bisschen gruselig und verbindet Wiener Flair und Historie mit für die damalige Zeit modernsten Ermittlungsmethoden und gerichtsmedizinischen Untersuchungen. Rothmayer und Leo schreiben zusammen ein Buch für die praktische Polizeiarbeit und wenden ihr erarbeitetes Wissen bei der Aufklärung des Falls an. So kann Rothmayer mit Maden, Larven etc. die Todeszeitpunkte der Leichen bestimmen, und Leo nutzt Fingerabdrücke für die Täterbestimmung.

Für zusätzliche Spannung sorgen die privaten Verwicklungen der Beteiligten. Julia ist mit dem Pianisten Felix liiert, will aber nur eine lockere Beziehung, während er immer eifersüchtiger und besitzergreifender wird. Irgendwie kann sie Leo eben doch nicht vergessen. Leo trauert Julia hinterher. Er kann sich nicht vorstellen, dass sie die Trennung wirklich ernst meint. Und Rothmayer verzweifelt an seiner Ziehtochter Anna. Die kommt langsam in die Pubertät, schämt sich für ihn und sich treibt sich mit Jungs rumt, wenn bisher auch nur, um mit ihnen Fußball zu spielen. Außerdem regt es sich über die Bestattern und ihre Geschäftsgebaren auf ...

Und dann sind plötzlich alle in den Fall involviert und in Lebensgefahr, den der Große Califati, der Geist eines vor Jahren verstorbenen Zauberkünstlers (oder doch jemand ganz Irdisches?!), ist hinter ihnen her. Eine atemlose Jagd durch den Prater beginnt.

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Veröffentlicht am 29.06.2025

Eine Liebe über den Tod hinaus?

Bis mein Herz wieder schlägt
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„Du darfst nicht für diese Momente mit mir leben. Es geht nicht, dass du lieber hier bist als dort, wo du hingehörst.“ (S. 272)
Emery ist fünf, als ihr Herz zum ersten Mal stehenbleibt. Für einige Sekunden ...

„Du darfst nicht für diese Momente mit mir leben. Es geht nicht, dass du lieber hier bist als dort, wo du hingehörst.“ (S. 272)
Emery ist fünf, als ihr Herz zum ersten Mal stehenbleibt. Für einige Sekunden ist sie klinisch tot – und findet sich in einer Art Zwischenwelt wieder. Dort begegnet sie Nick, einem Mann, der sie an die Hand und ihr die Angst vorm Sterben nimmt. Doch dank der Herzdruckmassage ihrer Mutter kehrt Emery ins Leben zurück. Im Krankenhaus diagnostizieren die Ärzte einen seltenen, unheilbaren Herzfehler: Emery kann jederzeit sterben, aber auch zurückgeholt werden.
Für ihre Eltern und ältere Schwester ist ein echter Schock. Fortan bauen sie ihr Leben um Emery herum, beschützen sie aus Angst vor dem nächsten Vorfall übermäßig. Nur Emery selbst fürchtet sich nicht. Früh erkennt sie, dass sie ihr Schicksal nicht beeinflussen kann. Mehr noch, mit der Zeit beginnt sie diese Auszeiten vom Leben zu genießen, weil sie Nick dann wiedersieht. Denn längst ist da mehr zwischen ihnen.
Irgendwann erzählt er ihr, dass sie ist die Einzige, die ihn mehr als einmal besucht. Gemeinsam rätseln sie, warum das so ist. Soll nicht nur er ihr helfen, sondern sie auch ihm? Oder sind sie vielleicht füreinander bestimmt? Je älter Emery wird, um so schwerer fällt es ihr, und die Zwischenwelt wieder zu verlassen.

Beim ersten Mal versteht Emery noch nicht, was mit ihr passiert. Als sie von Nick erzählt, glaubt ihr niemand, also erwähnt sie ihn nie wieder.
Ich konnte gut nachvollziehen, warum Emery beginnt, gegen die Ängste und Verbote ihrer Eltern zu rebellieren. Als Erwachsene lebt sie kompromisslos im Moment – weil jeder der letzte sein könnte. Sie treibt durch die Welt, Jobs und Männer, ohne irgendwo anzukommen. Dabei vergisst sie, dass sie nicht allein ist – und dass das Leben, das sie so unerschrocken lebt, auch Verantwortung mit sich bringt. Ihr bester Freund Colin bringt es schließlich auf den Punkt: „Ich habe das eher Gefühl, du läufst vor dem Leben davon.“ (S. 139)

„Bis mein Herz wieder schlägt“ von Becky Hunter ist ein extrem berührendes, fast philosophisches Buch über das Leben und Sterben, Angst und Mut, Familie und Freunde – und die Liebe. Ein Buch, das mich am Ende fast zu Tränen gerührt hat.

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