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Veröffentlicht am 05.10.2020

Wie gut kennt man seine Heimat?

Lieblingsplätze rund um Dresden
1

Da ich in Dresden geboren und aufgewachsen bin und wir in unsere Kindheit fast jedes Wochenende wandern waren, dachte ich, dass ich jede Ecke und jedes Plätzchen in Sachsen kenne. Doch „Rund um Dresden“ ...

Da ich in Dresden geboren und aufgewachsen bin und wir in unsere Kindheit fast jedes Wochenende wandern waren, dachte ich, dass ich jede Ecke und jedes Plätzchen in Sachsen kenne. Doch „Rund um Dresden“ von Jan Hübler und Kirsten Balbig hat mich eines Besseren belehrt. Ausgehend vom Rathausturm im Zentrum der Stadt, stellen die beiden Autoren bekannte und unbekannte Ausflugsziele der weiteren Umgebung Dresdens vor. Diese sind in die Regionen Norden, Osten, Süden und Westen unterteilt, dadurch kann man besser erkennen, welche Ziele näher beieinander liegen und deren Besuch evtl. verknüpfen.
Sie empfehlen z.B. die Senftenberger Seenplatte, natürlich das Elbsandtein- und Erzgebirge, zeigen Schlösser und Burgen, hohe Türme und tiefe Brunnen, schlagen Touren zu Fuß oder mit dem Rad vor, ausgewählte Lädchen und Restaurants, Orte zum Zurückziehen oder um in der Menge zu baden – es sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein.
Ich denke, gerade jetzt in der Corona-Zeit und den bevorstehenden Herbstferien ist man für jedes bisher unbekannte Ausflugziel dankbar und findet in „Lieblingsplätze rund um Dresden“ genügend Ideen, um seine Heimat (neu) zu entdecken. Aber auch Urlauber die mehr als nur die üblichen Sehenswürdigkeiten besichtigen wollen, werden in diesem Buch fündig.
Mir sind allerdings auch ein paar kleine Mankos aufgefallen. Die Wanderungen werden zwar beschrieben, aber eine Tourenkarte oder zumindest die Wanderzeichen sind leider nicht erwähnt. Vielleicht könnte man das in der nächsten Auflage ergänzen. Zudem sind einige der Ziele doch ziemlich weit von Dresden entfernt und damit nicht unbedingt für einen Tagesauflug geeignet. Und ich hätte mir bei einigen Ausflugszielen ein paar aussagekräftige Fotos gewünscht, die den Ort besser charakterisieren.

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Veröffentlicht am 09.07.2020

Silverager

Nordfriesenzauber
1

Inken, Nele und Wiete sind beste Freundinnen, sogenannte „Silverager“. Sie singen gemeinsam im Husumer Shanty-Chor, wohnen zusammen und arbeiten in Inkens Restaurant „Wattparadies“.
Inkens Mann ist vor ...

Inken, Nele und Wiete sind beste Freundinnen, sogenannte „Silverager“. Sie singen gemeinsam im Husumer Shanty-Chor, wohnen zusammen und arbeiten in Inkens Restaurant „Wattparadies“.
Inkens Mann ist vor kurzem gestorben und hat vorher das ganze Geld durchgebracht - das traut sie sich aber weder ihren Freundinnen, noch ihrer Tochter zu sagen, um sein Andenken nicht zu beschmutzen, denn bis dahin haben sie eine perfekte Ehe geführt. Sie versucht um jeden Preis und gegen den Willen der Bank, ihr Restaurant zu halten.
Neles Mann ist nach einem Konkurs mit einer Jüngeren durchgebrannt und Wietes große Liebe schon vor Jahrzehnten heimlich über Nacht nach Brasilien ausgewandert. Auch Nele und Wiete haben jeweils ein Geheimnis, für das sie sich schämen und dass sie vor den anderen unbedingt verbergen möchten. Dabei wäre es so viel einfacher und vor allem befreiender, die Sorgen zu teilen. Es muss allerhand Dramatisches und Amüsantes passieren, bis endlich alle Fakten auf dem Tisch liegen und sie neu durchstarten können.

„Nordfriesenzauber“ von Merle Jensen ist ein netter Sommer, Sonne, Nordseeroman mit viel Flair und sympathischen Protagonistinnen in den besten Jahren. Die Handlung ist zwar an einigen Stellen vorhersehbar, hat aber auch ein paar Überraschungen auf Lager. Alles in allem ein gelungener Mix aus Liebe, Freundschaft, Geheimnissen und hoffnungsvollem Neubeginn. 3,5 Sterne

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Veröffentlicht am 21.02.2020

Mord im Charlottenhof

Völkerschau
1

Leipziger Herbstmesse 1898: Die Stadt ist voller Fremder und Kriminalcommissar Joseph Kreiser darf endlich in seinem ersten Mordfall ermitteln. Einer der einflussreichsten Industriellen der Stadt, Carl ...

Leipziger Herbstmesse 1898: Die Stadt ist voller Fremder und Kriminalcommissar Joseph Kreiser darf endlich in seinem ersten Mordfall ermitteln. Einer der einflussreichsten Industriellen der Stadt, Carl August Georgi, wurde nach dem Sommerabschlusskonzert im Charlottenhof ermordet. Verdächtige gibt es viele, denn Georgi war ein unangenehmer Mensch, das sagt auch Kreisers Vermieterin Hannah Faber: „Georgi war ein sehr lauter Mensch, der wusste, dass er sich wegen seines Geldes alles erlauben konnte.“ (S. 40) Dabei verdrängt Kreiser fast, dass er ja auch den entflohenen „Wilden“ – einen Afrikaner der zum Ensemble der Völkerschau gehörte – suchen muss.

„Völkerschau“ ist der Auftakt einer neuen historischen Krimireihe, die in Leipzig um die Jahrhundertwende spielt.

Kriminalcommissar Joseph Kreiser ist ein Mann in den besten Jahren, der schon lange auf seine Beförderung hinarbeitet. Er ist intelligent und immer sehr korrekt. Seine Vermieterin Hannah wundert sich nur, dass er noch keine Frau gefunden und eine Familie gegründet hat. Allerdings kommt dadurch sie in den Genuss der abendlichen Zusammenfassungen seines Tages und an erste Informationen zu aktuellen Fällen. Da sie vor einiger Zeit erblindet ist und nicht mehr als Lehrerin arbeiten kann, hat sie viel Zeit zum Nachdenken und macht sich ihre eigenen Gedanken zu seinen Berichten.

Kreisers Ermittlungen gewähren einen interessanten Einblick in den Ablauf und die Organisation der damaligen Polizeiarbeit. So ist er als Ermittler nie allein unterwegs, sondern wird stets von Staatsanwalt Möbius begleitet, der die Untersuchungen und Verhaftungen rechtlich absichert bzw. anordnet.

Mit Mawuwe greift der Autor ein erschreckendes Thema auf. Mawuwe wird als Attraktion im Zoo im Rahmen der Völkerschau ausgestellt, muss sich gebärden wie und brüllen wie ein Löwe – ein „Schwarzer“ ist eben kein Mensch, sondern ein Tier. Dass er deutsch spricht, einen richtigen Vertrag hat und für seine „Arbeit“ bezahlt wird, interessiert die Zuschauer nicht. Ihnen geht es nur darum, sich zu gruseln und die „Wilden“ zu betrachten – eben sich unterhalten zu lassen.

Die Schilderungen von Hannahs Alltag, den sie mithilfe eines Hausmädchens ziemlich gut meistert, fand ich sehr interessant. Hannah beschäftigt sich u.a. mit der Frauenbewegung und Emanzipation, da sie auch als ehemalige Lehrerin immer noch dem Zölibat unterliegt und nicht heiraten darf, um ihre kleine Rente nicht zu verlieren. Das geforderte Frauenwahlrecht ist ihr dann aber doch zu modern.

Diese ganzen Informationen machen den Krimi sehr abwechslungsreich und unterhaltsam. Auch das alte Leipzig kann ich mir durch die Beschreibungen sehr gut vorstellen, das Flair, die vielen verschiedenen Menschen zur Messezeit und den dadurch herrschenden Trubel.

Georg Müller ist für mich die Entdeckung des Gmeiner Frühjahrsprogramms und ich hoffe, dass Joseph Kreiser bald wieder ermitteln darf.

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Veröffentlicht am 19.02.2020

Wer war es?

Die schönen Mordschwestern
1

„Ich habe es für Pokorny getan, und zwar aus Verzweiflung, weil ich ihn wahnsinnig liebe.“ (S. 111) sagt Gusti (Auguste Huber) 1906 zu ihrer Verteidigung im Mord-Prozeß gegen sie und ihre Schwester Fini ...

„Ich habe es für Pokorny getan, und zwar aus Verzweiflung, weil ich ihn wahnsinnig liebe.“ (S. 111) sagt Gusti (Auguste Huber) 1906 zu ihrer Verteidigung im Mord-Prozeß gegen sie und ihre Schwester Fini (Josefine) aus. Joseph Pokorny ist ein selbsternannter Opernstar und Gusti ist ihm verfallen. Um ihn halten zu können braucht sie dringend Geld – immer mehr – und weiß sich am Ende nicht anders zu helfen, als eine reiche Bekannte zu ermorden, meint zumindest das Gericht. Verurteilt wird sie aufgrund von Indizien und weil sie sich in ihren Aussagen mehrfach widerspricht. Ob ihre Schwester Fini involviert oder vielleicht sogar die Täterin ist, kann nicht nachgewiesen werden. Trotzdem wird sie zu 5 Jahren wegen Beihilfe verurteilt und Gusti 20.

Nach der Verbüßung ihrer Haftstrafe geht Fini nach Wien zurück und begegnet Pokorny wieder, der bereits einen neuen Namen angenommen hat. Sie muss sich erneut damit auseinandersetzen, was damals passiert ist und will ihn dafür büßen lassen – aber wie?

In „Die schönen Mordschwestern“ verarbeitet Franz Preitler einen realen Kriminalfall, der nie richtig aufgeklärt werden konnte. Fest steht, dass die zwei Schwestern mit ihrer Bekannten einen Ausflug unternahmen und ohne sie zurückkamen. Die Bekannte wurde kurz darauf ermordet aufgefunden und alle Indizien verwiesen auf die Schwestern.

Gusti und Fini stammen aus einem winzigen Dorf und träumen wie so viele andere jungen Frauen von einer guten Anstellung in Wien, bei der sie ihren zukünftigen (vorzugsweise reichen) Ehemann kennenlernen. Mehr wollen sie nicht vom Leben. Für Gusti scheint sich dieser Traum zu erfüllen, als sie Pokorny begegnet. Er gibt sich reich und berühmt und verspricht ihr, sie als seine Ehefrau mit zu seinem nächsten Engagement nach Sankt Petersburg zu nehmen, wenn sie nur irgendwie das Geld für die Fahrkarten auftreiben kann.

Die beiden Schwestern sind sehr naiv und rennen sehenden Auges in ihr Unglück. Egal was Pokorny macht, sie nehmen ihn in Schutz. Selbst während des Prozesses, als die Sprache auf seine Vorstrafen wegen Betrug und Heiratsschwindel kommt, glauben sie es immer noch nicht.
Pokorny ist skrupellos und gierig, leidet an Größenwahn. Er sieht nicht besonders gut aus, aber er kann die Frauen um den kleinen Finger wickeln und ihnen die große Liebe vorspielen. Er sieht sich selber im Recht – schließlich zwingt er die Frauen nicht, sich in ihn zu verlieben und ihm Geld zu geben, er sieht es eher als Gegenleistung für seine Dienste und die Träume, die er ihnen schenkt.

Die Geschichte ist sehr spannend. Man weiß bis zuletzt nicht, was damals wirklich passiert ist und was Fini jetzt als Rache plant. Aber auch Pokorny ist so undurchsichtig, dass ihn zwischendurch als Täter im Verdacht hatte.

Die Beteiligten erzählen die Geschehnisse abwechselnd aus ihrer Sicht. Auch ein Zeitungsreporter und Auszüge aus dem Buch, dass dieser und Pokorny zusammen schreiben, kommen zu Wort. Dabei drücken sie sich so aus, wie es damals wahrscheinlich üblich war. Mir persönlich ist der Erzählstil dadurch zum Teil etwas weitschweifig und umständlich. Aber sowas ist ja Geschmackssache.

Zudem hätte ich mich gefreut, wenn ich am Ende noch ein paar Hintergrundinformationen bekommen hätte. Ob es den Reporter z.B. wirklich gab und die Zeitungsartikel echt sind und welche Teile der Handlung auf dem realen Fall beruhen.

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Veröffentlicht am 18.02.2020

5 Millionen Franc

Die Spionin
1

… Kopfgeld sind auf sie ausgesetzt, doch „Nancy wusste, dass sie sich vor den Deutschen und ihren französischen Handlangern fürchten und mit eingezogenem Kopf auf das Ende der Besatzungszeit warten sollte, ...

… Kopfgeld sind auf sie ausgesetzt, doch „Nancy wusste, dass sie sich vor den Deutschen und ihren französischen Handlangern fürchten und mit eingezogenem Kopf auf das Ende der Besatzungszeit warten sollte, aber dazu war sie nicht in der Lage. Geduld und den Kopf einziehen war ihr nicht gegeben.“ (S. 16)

Marseille 1943: Nancy ist gebürtige Australierin, ehemalige Journalistin, mit dem französischen Geschäftsmann Henri Fiocca verheiratet – ihrer großen Liebe – und arbeitet in der Résistance als Fluchthelferin. Henri unterstützt sie dabei mit Geld (sehr viel Geld). Weil Nancy den Nazis immer wieder entwischen kann, nennen diese sie bald „Weiße Maus“ – ohne zu wissen, dass sie eine Frau ist. „Ich bin eine Frau mit teurem Geschmack und reichem Ehemann. Niemand, der mich durch die Gegend flanieren sieht, kommt auf die Idee, dass ich die Weiße Maus sein könnte.“ (S. 29) Doch als die Gestapo Henri verhaftet, muss sich Nancy in Sicherheit bringen. In einer abenteuerlichen und gefährlichen Flucht gelangt sie nach England, lässt sich vom Geheimdienst anwerben und geht nach der Ausbildung zurück in die Auvergne, um mehrere tausend Partisanen anzuführen.

Imogen Kealey erzählt in „Die Spionin“ die Geschichte der fast vergessenen Topspionin Nancy Wake in Form eines biografischen Romans und orientiert sich dabei an deren Erlebnissen, auch wenn sie einige Dinge zu Gunsten der Handlung angepasst hat.

Kealey schreibt extrem fesselnd. Ich habe mit Nancy geliebt, gefühlt, gekämpft und gelitten. Sie wird als wunderschöne, leidenschaftliche, furchtlose, mutige und willensstarke Person geschildert – eine Frau mit Chuzpe. Mir hat gefallen, wie die Autorin den Zwiespalt schildert, in dem sich Nancy befindet. Sie tut alles, um die Nazis zu vertreiben aber sie sorgt sich auch die ganze Zeit um ihren Mann, weiß nicht, ob er noch am Leben ist. Dadurch gerät sie mehrfach in Versuchung, ihre Mission zu Gunsten seiner Rettung aus dem Gestapo-Gefängnis zu gefährden. Eine besondere Tragik bekommt dieser Handlungsstrang durch den deutsche Major Böhm, ihren fanatischen und sadistischen Gegenspieler. Er will sie um jeden Preis fassen und geht dafür über Leichen – auch über die Unschuldiger. Aber nicht nur Böhm, auch den Partisanen muss sie immer wieder beweisen, dass sie mindestens genauso gut ist wie ein Mann. Es fällt ihnen nicht leicht, sie als Anführerin zu akzeptieren, sie muss sich durchzusetzen. Zum Beispiel war sie berühmt dafür, dass sie ihren Gegner mit der Handkante töten konnte – dies hat man ihr weder angesehen noch zugetraut und das war ihr Vorteil. Sie setzte sich bis zur totalen Erschöpfung für die gemeinsame Sache ein und erbringt dabei fast übermenschliche Leistungen, ist sich aber auch der stets latent drohenden Gefahren bewusst. Unterstützt wird sie u.a. durch den englischen Funker Denden, ihren besten Freund. Er ist für den Kontakt nach England zu ständig, koordiniert die Nachschub-Lieferungen via Fallschirm (Waffen, Nahrung, Geld und Nachrichten) und deren Abwurfpunkte. Dass er schwul und von den anderen Männern deswegen diskriminiert wird, macht seinen Aufenthalt unter ihnen besonders brisant.
Interessant fand ich auch die Schilderungen, wie Nancy sich trotz der Kämpfe und dem Leben im Untergrund ihre Weiblichkeit bewahren konnte – sei es, indem sie Highheels aus dem Flugzeug springt, vor den Einsätzen einen roten Lippenstift namens „Victory“ aufträgt oder auf ihren Erkundungs- und Versorgungstouren immer wieder verschiedenen Tarnungen nutzt und die Besatzer so an der Nase herumführt.

Die Autorin beschönigt nichts. Das Grauen des Krieges, die Zermürbungskämpfe der Partisanen und brutalen Vergeltungsschläge der Deutschen werden sehr detailliert und aufwühlend geschildert. Sie erwähnt auch mehrfach die selbstlose Hilfe und Unterstützung der Bevölkerung, ohne welche die Kämpfer keine Chance gehabt hätten.

Mein Fazit: Eine sehr gelungene und extrem spannende Mischung aus Spionageroman und Biografie.

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