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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.05.2024

Nur als reine Spannungs-Unterhaltung genügend

Wer das Vergessen stört
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Mit diesem Buch bin ich mir uneins. Die Autorin propagiert, Psychotherapeutin zu sein bzw. gewesen zu sein, also gewissermaßen eine Kollegin von mir zu sein. Nach Veröffentlichen von historischen Romanen ...


Mit diesem Buch bin ich mir uneins. Die Autorin propagiert, Psychotherapeutin zu sein bzw. gewesen zu sein, also gewissermaßen eine Kollegin von mir zu sein. Nach Veröffentlichen von historischen Romanen nahm sie nun einen Genre-Wechsel vor mit diesem ersten Kriminalroman, der auf wahren Fällen beruhen soll. Das fand sozusagen mein doppeltes Interesse. Nach Lektüre fällt mein Urteil allerdings sehr gemischt aus, leider.

Die Handlung in Kürze: Die Protagonistin Lily Brown, einstens Polizeipsychologin, hat sich als Psychotherapeutin in Canterbury niedergelassen. Wir lernen ihre ersten Patientinnen kennen. Da ist zum Beispiel Vera, die unter Panikattacken leidet. Oder Samantha, die von ihrem gewalttätigen Ehemann nicht loskommt. Als Vera tot aufgefunden wird und alle Welt an Selbstmord glaubt, stellt Lily eigenmächtig Nachforschungen an, nicht ohne selbst in Lebensgefahr zu geraten.

Ganz grundsätzlich ist der Krimi durchaus spannend geschrieben. Er liest sich schnell, die kurzen Kapitel verleiten zum ständigen Weiterlesen. Das psychotherapeutische Fachwissen der Autorin dient als gute Grundlage für eindringliche Schilderungen der Protagonistinnen. Dass die Behandlung von Vera im Buch so unrealistisch schnell erfolgreich als abgeschlossen gilt, war laut der persönlichen Aussage der Autorin dem Spannungsaufbau des Buches geschuldet. An anderer Stelle betont die Autorin wiederum, dass die geschilderten Interventionen ihrer realen Tätigkeit als Traumatherapeutin völlig entsprechen. Das finde ich persönlich nicht optimal, denn Leser, die selbst unter Panikattacken leiden, könnten dadurch eine völlig unrealistische Vorstellung von der in der Wirklichkeit sehr, sehr langwierigen Behandlung gewinnen. Was mich jedoch am meisten enttäuscht hat, ist der Schreibstil. Auf der einen Seite gibt es eine Fülle von Schachtelsätzen, an denen sicher viel gefeilt worden ist, die aber genau dadurch jede Ursprünglichkeit im Erzählen verloren gehen lassen. Außerdem finden sich weitschweifig dargestellte und damit unnatürliche Dialoge, die die Spannung immer wieder unnütz unterbrechen. Und leider wird in einem oftmals recht einfachen, fast möchte ich sagen schlechten Deutsch erzählt. Das ist sehr schade.

Fazit: Wer dieses Buch als reine Unterhaltung liest, ist sicher gut damit bedient. Einem etwas höheren Anspruch, sowohl inhaltlich als auch schriftstellerisch, wird das Buch leider nicht gerecht.

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Veröffentlicht am 05.05.2024

Unterschiedlich interessant, leider auf Illustriertenniveau

Nachspielzeiten
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Als Fußball-Laie (gibt es eine weibliche Form: Lain?), die aber durchaus mit Interesse gelegentlich Spiele anschaut, hat mich das immense Fachwissen, das der Autor durchblitzen lässt, sehr beeindruckt. ...



Als Fußball-Laie (gibt es eine weibliche Form: Lain?), die aber durchaus mit Interesse gelegentlich Spiele anschaut, hat mich das immense Fachwissen, das der Autor durchblitzen lässt, sehr beeindruckt. Zwar erkenne ich nicht den eigentlichen Sinn dahinter, wenn man längst vergangene Spiele in Einzelzügen wiedergeben kann und sich mit einem Gleichgesinnten darüber stundenlang austauschen kann. Doch Anerkennung für dieses reiche Detailwissen zolle ich Lucas Vogelsang durchaus. Entsprechend neugierig war ich auf die Lektüre dieses Buches, weil ich erwartete, mein rudimentäres Wissen durch die Lektüre erweitern zu können. Doch offenbar hat das Buch ein ganz anderes Ziel.
Die einzelnen Kapitel befassen sich mit verschiedenen Fußballgrößen wie Otto Rehhagel, Franz Beckenbauer, Mehmet Scholl usw. Und bei genauer Betrachtung dieser Fußballer wiederum geht es gar nicht so sehr um deren jeweilige fußballerische Leistung. Sondern eher um deren Herkunft, Werdegang, ihre Unterstützer und – vor allen Dingen – um ihr Leben nach der aktiven Spielerzeit. Unterschiedlich interessant sind diese Kapital für mich gewesen. Insbesondere das Kapitel über die Fußballer, die sich im Dschungelcamp „entblößten“ um des Geldes willen, fand ich unpassend für ein Sachbuch, das Ernsthaftigkeit beansprucht.
Der Schreibstil, den Lucas Vogelsang vorlegt, ist gewöhnungsbedürftig. Er brennt für den Fußball, das spürt man jeder Zeile an. Vielleicht schreibt er deshalb in grammatikalisch oftmals unvollständigen Sätzen, so als müsste er seinem inneren Drang so schnell wie möglich nachkommen und sein unfassbar reiches Fußballgedächtnis in größter Eile dem Leser vermitteln. Aber sowohl dieser Sprachstil als auch der Inhalt des jeweils Erzählten lassen eher an Boulevardpresse-Artikel denken als an Sachbuch. Die jeweiligen Fußballer werden ohne jegliches psychologisches Feingespür nur anhand von Äußerlichkeiten dargestellt, mehrheitlich sogar eher mit ihren negativen Seiten, ihren Alkoholabstürzen, ihr Versinken in Bedeutungslosigkeit – reißerisches Illustriertenniveau halt. Das ist zwar unterhaltsam, aber nicht das, was ich von solch einem Fußball-Fachmann erwartet hätte.

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Veröffentlicht am 01.05.2024

Brillant geschriebene, hochempathische und sorgfältig recherchierte Romanbiografie

Elizabeth II. und die Lieben ihres Lebens
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Die Aufgabe, eine Romanbiographie zu schreiben, stellt eine doppelte Schwierigkeit dar. Zum einen erfordert sie die langwierige und sehr mühevolle Recherchenarbeit, um aus allen verfügbaren Quellen verlässliche ...

Die Aufgabe, eine Romanbiographie zu schreiben, stellt eine doppelte Schwierigkeit dar. Zum einen erfordert sie die langwierige und sehr mühevolle Recherchenarbeit, um aus allen verfügbaren Quellen verlässliche biographische Daten und Ereignisse zu sammeln, zu bewerten und als Grundlage zu bewahren. Und es erfordert das hohe schriftstellerisch-künstlerische Können, aus all den nüchternen Fakten und Tatsachen einen unterhaltsamen Roman zu schaffen mit Spannungsbögen, mit farbig-plastischen Schilderungen und vor allen Dingen mit bei den Lesern auslösenden Emotionen, wodurch die zu beschreibende Person nahbar, fühlbar, kurzum menschlich wird. Diesen mehrfachen Anforderungen ist die Autorin in perfekter Weise gerecht geworden!
Gabriele Diechler lässt uns „die Queen“ von ihrer auf die Regentschaft vorbereitenden Kindheit an, über die Inthronisation bis hin zum Sterbebett begleiten. Wir erleben, wie sie zunehmend hineinwächst in ihre vielfältigen und durch Traditionen vorbestimmten Aufgaben. Wir erleben eine Frau, die geprägt ist von unbedingter Pflichterfüllung, von der Ernsthaftigkeit, mit der sie ihre Aufgaben als Königin wahrnimmt, in aller geforderter politischer Zurückhaltung. Wir bekommen ein Gefühl für die Bedeutung der Queen für ein ganzes Land, nein, sogar für die ganze Welt. Wir erfahren Einiges über politische Zusammenhänge. Und wir begreifen, wie immens bedeutend die Regentschaft von Elizabeth II. als verlässliche Konstante für eine sich zunehmend in Wirrnissen befindliche Welt war und dass ihr Tod von sehr viel größerer Tragweite ist als wir vielleicht denken. Was wir als Leser jedoch auch erleben dürfen, ist die Frau „hinter“ der Queen. Wir erleben sie als Ehefrau, als Mutter, als Großmutter und Urgroßmutter. Wir erleben ihre Gefühle, Liebe, Ängste, Freude und Sorgen hautnah und nachvollziehbar. Sehr geschickt ist der Romanaufbau. Wie eine Klammer umfängt jedes Kapitel die Tage nach Philipps Tod, um sich dann erzählerisch in jeweilige Erinnerungen zu verlieren.
Fazit: Ein sehr berührender, bewegender und dabei auch hochinformativer Roman über eine einmalige Persönlichkeit, brillant und mit viel Empathie geschrieben und unbedingt lesenswert.

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Veröffentlicht am 26.04.2024

Sammlung von Klischees und ein offenes Ende überzeugen nicht

Die Pausenkicker – Anpfiff auf dem Schulhof
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Sammlung von Klischees und ein offenes Ende überzeugen nicht

Von diesem Buch hatte ich mir aufgrund der Werbe-Ankündigungen sehr viel mehr versprochen. „Eine Fußballserie für alle, ob Mädchen, ob Junge, ...

Sammlung von Klischees und ein offenes Ende überzeugen nicht

Von diesem Buch hatte ich mir aufgrund der Werbe-Ankündigungen sehr viel mehr versprochen. „Eine Fußballserie für alle, ob Mädchen, ob Junge, ganz egal“. Der Teamgeist soll entscheidendes Thema sein. Wunderbar, dachte ich als Lesepatin. Doch nach Lektüre des Buches war mir klar, dass ich dieses Buch nicht mit „meinen“ Kindern lesen möchte.
Es geht um eine durchschnittliche Klasse mit Kindern unterschiedlicher Herkunft mit unterschiedlichen Begabungen. So weit so gut. Einige spielen in den Pausen regelmäßig Fußball. Im Gebüsch finden sie eines Tages einen halb verhungerten Hund, den sie „Referee“ (Schiedsrichter) nennen und der eifrig verschossene Bälle wieder zurückbringt. Er wird zum Maskottchen und Klassenhund erklärt. Als die Lehrer zu einem Pausenkicker-Meisterschaftspokal aufrufen, bei dem ALLE mitspielen müssen, gibt es erhebliche Diskussionen zwischen denen, die gar nicht mitspielen wollen und denen, die gut kicken können, zwischen Mädchen und Jungen usw. Das Buch endet, bevor das entscheidende Spiel überhaupt beginnt.
Das Buch ist eine entsetzliche Sammlung von Klischees. Der Dicke isst natürlich immerzu, steht sogar mit Stulle in der Hand auf dem Spielfeld. Mädchen schminken sich, haben Handtäschchen in der Schule und interessieren sich nur für Mode. Dicke und Mädchen können nicht fußballspielen bzw. stellen sich dabei dumm an. Die Handlung als solche lässt erst einmal eine gewisse Spannung erwarten, zeigt sich aber im Verlauf uneinheitlich zusammengeschustert. So taucht zum Beispiel ein heimatloser Hund auf, der kurzerhand zum Maskottchen erklärt wird. Niemand kümmert sich darum, ob dieser Hund einen Besitzer hat. Eltern scheint es auch egal zu sein, wenn der Hund von verschiedenen Kindern nach Hause mitgenommen wird. Dass dieser Hund im Fortlauf der Geschichte nicht ein einziges Mal mehr erwähnt wird, spricht ebenso sehr für eine willkürliche Anordnung von Szenen wie die Tatsache, dass das Buch mitten in Erwartung des Pokalspiels aufhört. So soll der Verkauf der Folgebände auf recht billige Weise angeleiert werden. Teamgeist wird in diesem ersten Band nur ansatzweise entwickelt, leider auch nicht wirklich nachvollziehbar.
Dieses Kinderbuch wirkt auf mich unausgereift zusammengeschrieben, mit einem ärgerlichen offenen Ende und groben Illustrationen, die eher ins Comichafte tendieren. Mir hat das Buch leider überhaupt nicht gefallen.

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Veröffentlicht am 24.04.2024

Episch breit und beeindruckend erzählt

Astrids Vermächtnis
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Erst als ich das Buch in Händen hielt und mich weiter über den Autor informierte, wurde mir klar, dass „Astrids Vermächtnis“ der letzte Band einer Trilogie ist mit einer Handlung, die sich offensichtlich ...

Erst als ich das Buch in Händen hielt und mich weiter über den Autor informierte, wurde mir klar, dass „Astrids Vermächtnis“ der letzte Band einer Trilogie ist mit einer Handlung, die sich offensichtlich über mehrere Generationen hinzieht. Meine Befürchtung, in Unkenntnis der beiden vorausgegangenen Bücher schwerer in diesen dritten Band hineinzufinden, stellte sich glücklicherweise schnell als unbegründet heraus. Schön ist es, das Buch in Händen zu halten. Ein farblich und gestalterisch gelungenes Cover und vor allen Dingen 650 Seiten feines, dünnes und sehr glattes Papier ließen auch haptisch ein Leseerlebnis der besonderen Art erwarten.
Die Handlung umspannt die Jahre 1936 – 1945 im kleinen Ort Blutangen in Norwegen. Die Deutschen überfallen das Land. Astrid Hekne, die Hauptperson, ausgestattet mit großem Kampfgeist, schließt sich dem Widerstand an. Ihre Kraft scheint sie von ihrer Großmutter geerbt zu haben, einer Frau, deren Denken und Handeln tief im mythischen Denken verwurzelt war. Astrids Bruder Tarald jedoch sympathisiert mit den Nationalsozialisten. Ein vor mehr als 400 Jahren von den damals lebenden Hekne-Schwestern gewebter Wandteppich enthält angeblich mehrere Weissagungen, die bis in die geschilderte Jetztzeit reichen. Astrid bewegt sich genau zwischen dieser Mystik und der harten Realität.
„Astrids Vermächtnis“ ist ein Buch, in das man sich tief hineinversenken kann. Man taucht ein in eine Geschichte, die von einer vergangenen Zeit erzählt, die noch gar nicht so lange her ist, aber gleichermaßen auch gespeist wird von der Kraft und dem mythischen Denken früherer Generationen. Es wird sehr detailverliebt erzählt, aber keineswegs langweilig. Im Gegenteil, die Handlung ist durchaus spannend, die Schilderungen der grandiosen Landschaften beeindruckend, die Darstellung der Personen eindrucksvoll und bewegend. Trotz des üppigen Buchumfangs dieser episch breit angelegten Geschichte fesselte mich das Buch durchweg, denn erzählt wird in einer intensiven, farbigen, atmosphärisch dichten und schönen Sprache, sodass das Lesen zum wahren Genuss wurde. Gerade die Verknüpfung persönlicher Schicksale und historischer Gegebenheiten, eingebunden in nordisches mystisches Denken übte auf mich eine große Faszination aus. Absolut empfehlenswert!

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