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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.01.2019

Liebenswert, aber eher ein Vorlesebuch für Kleinere

Der Räuber Hotzenplotz: Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete
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Das vorliegende Buch wird angekündigt als eine „neue Geschichte vom Hotzenplotz“. Natürlich ein wirksamer Werbegag, dem man nicht durch falsche Erwartungen auf den Leim gehen sollte.
Der geniale Kinderbuch-Autor ...



Das vorliegende Buch wird angekündigt als eine „neue Geschichte vom Hotzenplotz“. Natürlich ein wirksamer Werbegag, dem man nicht durch falsche Erwartungen auf den Leim gehen sollte.
Der geniale Kinderbuch-Autor ist 2013 gestorben. Da kann eine „neue Geschichte“ nur auf im Nachlass gefundenen Entwürfen beruhen. Und so ist „Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete“ auch ein schmales Büchlein, das ursprünglich von Otfried Preußler als Puppenspiel geschrieben worden war und von Susanne Preußler-Bitsch zu einer Vorlese- und Erstlesegeschichte ergänzt wurde.
Seppel, Kasperl, Wachtmeister Dimpfelmoser und der Räuber Hotzenplotz passen in der Tat perfekt in ein Puppenspiel. Man sieht sie direkt vor sich auf einer Puppenbühne, klassische Figuren in einer Geschichte, in der Gut und Böse klar getrennt sind und das Böse durch kluge Rafinesse ausgetrickst wird. Einfach gestrickt, liebenswert, vergnüglich.
Besonders hervorzuheben sind die durchweg farbigen, wunderschönen, lebendigen Illustrationen von Thorsten Saleina, die das schlichte Büchlein auf beste Weise bereichern. Ich würde aus meiner Sicht die Geschichte als Vorlesebüchlein einsetzen und deshalb das empfohlene Alter auf 4-6 Jahre herabsetzen.


Veröffentlicht am 11.01.2019

Nicht Fisch und nicht Fleisch

Herbststurm
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Dies war mein erstes Buch von Angelika Felenda. Zweifellos zeichnet sich das Buch aus durch einen gekonnt-routinierten Schreibstil, dennoch habe ich zweimal mit längeren Pausen das Lesen unterbrochen ...


Dies war mein erstes Buch von Angelika Felenda. Zweifellos zeichnet sich das Buch aus durch einen gekonnt-routinierten Schreibstil, dennoch habe ich zweimal mit längeren Pausen das Lesen unterbrochen und erst nach einer Weile neu gestartet. Etwas, was mir nur ganz selten passiert. Und was ich mir nicht wirklich erklären kann, denn eigentlich ist das Buch flüssig zu lesen.
Der Kriminalroman spielt in den Kreisen russischer Exil-Monarchisten, die sich nach der Oktoberrevolution in München niedergelassen haben. Diese Zeit der galoppierenden Inflation und der stets drohenden Gefahr von Anschlägen bietet eine nicht einschätzbare und durchaus gefährliche Kulisse für die Ermittlungen des Kommissar Reitmeyer in zwei Mordfällen. Seinem jungen Assistenten Rattler, eigentlich klug und kriminalistisch sehr geschickt, wird von einer schönen Deutschbaltin der Kopf verdreht. Dazu ist zeitgleich Reitmeyers bester Freund, der Rechtsanwalt Leitner, im Auftrag einer russischen Emigrantin auf der Suche nach deren verschwundener Tochter Anja Alexandrowa. Was haben die beiden Morde mit dem Verschwinden der Russin zu tun? Und welche Rolle spielt die verführerische Deutschbaltin? Die Ermittlungen führen immer tiefer in verschiedene Milieus, in die der Armen und der ganz Reichen, die der Spelunken, der Bars, die der aufflammenden rechtsorientierten Gruppierungen und in die der Musikkonzerte für Privilegierte. Eine Auflösung bietet der Kriminalroman erst zum spektakulären Schluss.
Die Autorin fängt das Lebensgefühl dieser Zeit sehr gut ein. Sie zeichnet anschaulich und lebendig, wie die Inflation das tägliche Leben der Menschen zusehends beeinträchtigt, wie aufkeimende Fremdenfeindlichkeit und rechte Gesinnung Fuß fassen. Dennoch konnte mich das Buch nicht packen. Die Protagonisten blieben für mich bis zum Schluss blass und distanziert-fremd. Die Handlung mäandert zwischen Politik und Krimi etwas unentschlossen hin und her und geht daher weder im politischen Zeitbild noch im Krimigeschehen noch in der Psychologie der Protagonisten wirklich in die Tiefe. Manche Handlungsstränge verlaufen im Nichts. Über viele, viele Seiten hinweg fehlt jegliche Spannung. Die Vermischung von Kriminalroman und geschichtlichem Roman ist meiner Meinung nach nicht geglückt, da keines der beiden Genres optimal bedient wird: die Kriminalgeschichte wird zu langatmig dargestellt, sie wird von den geschichtlichen Aspekten fast verschluckt. Und die historisch-politische Romangestaltung bleibt letztlich zu oberflächlich, wird durch das Krimigeschehen gewissermaßen als Kulisse missbraucht. Ein Buch, das gewissermaßen nicht Fisch und nicht Fleisch ist.

Veröffentlicht am 06.01.2019

Sensibel und brutal gleichermaßen

Stella
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Als ich Takis Würger bei einer Lesung seines ersten Buches Der Club beobachten konnte, erschien er mir seltsam zwiegespalten. Einerseits unerfahren, unsicher, fast ein wenig linkisch, auf der anderen Seite ...

Als ich Takis Würger bei einer Lesung seines ersten Buches Der Club beobachten konnte, erschien er mir seltsam zwiegespalten. Einerseits unerfahren, unsicher, fast ein wenig linkisch, auf der anderen Seite auf eine vornehm-sichere und privilegierte Weise von sich überzeugt. Und ebenso zwiegespalten erscheint mir das vorliegende Buch: sowohl leise-vorsichtig, scheu, als auch von einer inhaltlichen und sprachlichen Wucht, wie sie kaum zu ertragen ist.
Der Klappentext lässt uns nur Fakten wissen: „Es ist 1942. Friedrich, ein stiller junger Mann, kommt vom Genfer See nach Berlin. In einer Kunstschule trifft er Kristin. Sie nimmt Friedrich mit in die geheimen Jazzclubs. Sie trinkt Kognak mit ihm und gibt ihm seinen ersten Kuss. Bei ihr kann er sich einbilden, der Krieg sei weit weg. Eines Morgens klopft Kristin an seine Tür, verletzt, mit Striemen im Gesicht: "Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt." Sie heißt Stella und ist Jüdin. Die Gestapo hat sie enttarnt und zwingt sie zu einem unmenschlichen Pakt.“ Was im Klappentext jedoch fehlt, ist für mich ein entscheidender Teil der Geschichte. Denn Friedrich war nicht immer so still gewesen. Seine Vorgeschichte, wie und warum es zu seiner entstellenden Gesichtsverletzung kam, wie er dadurch die Liebe seiner Mutter und noch viel mehr verlor, das ist aus meiner Sicht die Grundlage des Buches, denn es steht Friedrich im Mittelpunkt, nicht Stella. Es wird mit den Augen Friedrichs das Geschehen, sowohl das politische als auch das individuelle, beobachtet, und für den Leser wird nachvollziehbar, weshalb Friedrich eher passiv und leidend geschehen lässt, was geschieht. Seine bedürftige, obsessive Liebe zu Stella verschließt ihm die Augen vor den Wahrheiten um ihn herum.
Die Erzählweise ist besonders. Schlichte Wörter, schlichte Sätze, und dabei eine so dichte Atmosphäre schaffend und so treffgenau, wie es manch einem Autor mit vielen Wörtern und langen Sätzen nicht gelingt. „Berlin ist ein Ort, an dem sogar Friseure sagen, was sie denken.“ An anderen Stellen knallen dem Leser die kurzen Sätze nur so um die Ohren, dass man sich ducken möchte vor den Bildern, die angeschossen kommen. Ein Buch, sensibel und brutal gleichermaßen, Fakten und Fiktion genial vermischend. Ein großes Buch.

Veröffentlicht am 02.01.2019

Verspricht viel, ohne es zu halten

Die Plotter
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Das Gute zuerst: Die Buchgestaltung ist ein absoluter Blickfang! Auf dem Cover sieht man eine weiße Pompondahlie auf schwarzem Grund, ein Bild, das Reinheit suggeriert. Jedoch diese Reinheit wird zerstört, ...


Das Gute zuerst: Die Buchgestaltung ist ein absoluter Blickfang! Auf dem Cover sieht man eine weiße Pompondahlie auf schwarzem Grund, ein Bild, das Reinheit suggeriert. Jedoch diese Reinheit wird zerstört, indem das gesamte Buch einschließlich Cover und Seitenschnitt dicht übersät ist mit leuchtend roten Blutspritzern. Perfekter gestalterischer Einstieg also für einen Thriller.
Für den Inhalt bemühe ich ausnahmsweise den Klappentext: Raeseng ist Killer von Beruf, seit ihn Old Raccoon als Kind bei sich aufnahm und ausbildete. Aufgewachsen an einem geheimen Rückzugsort in Seoul, einer Bibliothek voller alter Bücher, gehört er zur Killer-Elite Koreas. Denn Old Raccoon ist ein Plotter. Als Kopf der Organisation »Library of Dogs« hat er seit Jahrzehnten alle politisch gewollten Exekutionen in Korea geplant. Doch als die Macht der Diktatur schwindet, gerät auch der Einfluss der Plotter ins Wanken – und eine neue Generation beginnt, ihr eigenes tödliches Netzwerk aufzuziehen. Als Raeseng vom Plan der Plotter bei der Ausführung eines Auftrags abweicht, geraten die Dinge außer Kontrolle – und Raeseng rückt selbst an die erste Stelle der Todesliste …
Die Leseprobe, der Einstieg ins Buch, hatte mich fasziniert. Die Schreibweise wirkte auf mich ruhig und intensiv und dadurch sehr, sehr eindringlich. Allein schon die Walgeschichte, die in der Leseprobe erzählt wird, lässt den Leser nicht mehr los. Tja, das war es aber dann auch. Je weiter ich las, desto mehr verlor ich das Interesse. Ich empfand das Buch zunehmend als langweilig, schleppend – und am Ende fragte ich mich, was das ganze Buch eigentlich soll. Auch der Schreibstil, der mich zu Beginn des Buches so fasziniert hatte, verlor im weiteren Verlauf zunehmend an Intensität, wirkte teilweise fast holprig. Mag sein, dass ich aufgrund meiner mangelnden Kenntnis, Südkorea betreffend, den Sinn des Buches nicht verstehe. Vielleicht liest jemand mit entsprechendem politischen Hintergrundwissen das Buch mit mehr Gewinn. Wie auch immer - als Thriller würde ich das Buch nicht bezeichnen. Damit weckt man, wie ich glaube, völlig falsche Erwartungen.

Veröffentlicht am 31.12.2018

Gefühlstiefe ohne Kitsch

Dein Bild für immer
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Für die Lektüre dieses Buches habe ich außerordentlich viel Zeit benötigt. Was nicht daran lag, dass das Buch schlecht ist. Im Gegenteil, es lag daran, dass mich die erzählte Geschichte vollkommen verführte. ...



Für die Lektüre dieses Buches habe ich außerordentlich viel Zeit benötigt. Was nicht daran lag, dass das Buch schlecht ist. Im Gegenteil, es lag daran, dass mich die erzählte Geschichte vollkommen verführte. Sie verführte mich dazu, zeitintensiv in meinen eigenen Bali-Erinnerungen zu schwelgen. Und sie verführte mich dazu, mehrere Filme, die im Buch von Filmfreak Niklas angesprochen werden, auch noch einmal mit „Niklas“-Augen anzuschauen.
Worum geht es? Sophie‘s Verlobter Maximilian stirbt durch einen Unfall, und Sophie verliert sich nun in unendlicher Trauer, aus der sie nicht herausfindet. Eine von Maximilian gebuchte Bali-Reise tritt sie nach einigem Zögern allein an und begegnet dabei Niklas, einem jungen, begabten Fotografen, dessen Leben nach einem Trauma ebenfalls aus den Fugen geraten ist. Schließlich verlässt Sophie ihr Luxushotel und reist mit Niklas auf einer Fototour über die Insel. Zwei vom Schicksal verletzte Menschen, die sich mit einer Schutzmauer umgeben haben…
Man könnte sicher sagen, dass die Geschichte vorhersehbar ist. Stimmt. Man könnte auch sagen, dass die ziemlich schlichte Geschichte lebt durch die perfekt gelungenen, lebendigen, bildhaften Schilderungen der unglaublich schönen Naturkulisse auf Bali. Auch das stimmt. Was aber den Schreibstil der Autorin auszeichnet und sie damit die Grenzwanderung zum Kitsch ohne Absturz erfolgreich bestehen lässt, ist der Humor, sind die witzigen Dialoge, die genau an den richtigen Stellen dem Buch eine gewisse Würze geben. Kurzum: Eine leicht lesbare Geschichte mit Gefühlstiefe und Humor.
Schön wäre es allerdings, wenn die Autorin nicht regelmäßig scheinbar und anscheinend verwechseln würde.